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R ü s t u n g   2 0 0 8

 

 

Kontrollpunkt: Neben...

15. Dezember 2008

Bei tragischen Vorfällen mit einer nachträglichen Belehrung daherzukommen, ist immer mehr als eigentlich unangebracht. Wenn wir es trotzdem tun, bitten wir um Nachsicht; vielleicht muss das aber sein:

  • Vor einiger Zeit erschoss ein Bundeswehr-Soldat an einem Kontrollpunkt im Norden Afghanistans eine Frau und zwei Kinder, die sich in einem Auto, ungeachtet der Stop-Hinweise des Kontroll-Punktes, diesem bedrohlich näherten. Nach den allgemein gültigen “Rules of Engagement” (ROE) darf ein Soldat eine solche Verhaltensweise als “hostile intent” auffassen und sich selbst verteidigen. Dem (oder den) Soldaten, die danach das Feuer eröffneten, darf direkt kein Fehlverhalten attestiert werden.

Wenn man den Verantwortlichen in der Bundeswehr-Führung jedoch Übles wollte, würde man zunächst das “Weißbuch 2006” zur Hilfe nehmen. Auf S. 110 heisst es:

  • “Da in Stabilisierungsoperationen an Land häufig Aufgaben im Nahbereich wahrgenommen werden müssen, z.B. in Form von Patrouillen oder dem Besetzen von Kontrollpunkten, haben der persönliche Schutz und die Ausbildung zum lageangepassten Verhalten der hier eingesetzten Soldatinnen und Soldaten hohe Priorität.”

Hierzu muss man den Autoren des Weißbuches zunächst ankreiden, dass sie einen wichtigen Faktor unerwähnt lassen: Die entsprechende Ausrüstung der Soldaten und Soldatinnen für z.B. das Besetzen von “Kontrollpunkten” (Checkpoints).

Unterstellt man, dass das Weißbuch das natürlich einschliessen wollte, fragt man sich, ob bei dem ersten dementsprechenden deutschen Vorfall (man erinnert sich an die enstprechenden amerikanischen “Erfahrungen” im Irak) alle Massnahmen ergriffen worden sind, um ein “lageangepasstes Verhalten” der Soldatinnen und Soldaten zu ermöglichen:

  • U.E. mitnichten: Checkpoints müssten, um unbeabsichtigte “Tötungen” auszuschliessen, mit Ausrüstungen belegt werden, die auf andere denn tötliche Weise den gewünschten “Effekt” erzielen. Mit anderen Worten: Ehe tötliche Schüsse fallen, ist z. B. ein “Nagelbrett” über die Fahrbahn zu ziehen, die einen denkbaren “hostile intent” stoppt.

    Voraussetzung für ein solches (verniedlichend zu nennendes) “state-of the-art”-Checkpoint-Verhalten wäre, dass Planer von operationalen Missionen das Problem erkennen, das entsprechend ausgebildete Personal und die Ausrüstung dafür bereitstellen und keine Operation zulassen, die gegen die bisher gewonnenen Erkenntnisse spricht.

Ganz problematisch wird die Geschichte, wenn man die seit Juni 2008 gültige “Druckschrift Einsatz Nr. 03” zu Rate zieht. Aus den Grundsätzen des “Humanitären Völkerrecht(s) in bewaffneten Konflikten” wird jedem einzelnen Soldaten bedeutet, dass “er” “persönlich für die Einhaltung der Regeln des humanitären Völkerrechts verantwortlich” ist.

Somit wäre folgendes “Kontrollpunkt”-Szenar für einen ganz “gemeinen” Bw-Soldaten erkennbar:

  • Schütze Michael sieht, dass die “Konstruktion” seines Kontrollpunktes nicht den “state-of-the-art-Vorgaben” entspricht. Er verweigert den Befehl und landet wo?

Das Deutsche Heer muss sich fragen lassen, ob es solche “Nebensächlichkeiten” wie die immerhin im “Weißbuch” erwähnten “Kontrollpunkt”-Fähigkeiten wirklich “im Griff” hat.

{Liebste Macht, verhindere bitte, dass Nebensächlichkeiten obwalten}

 

BONN: +270% (bitte unbedingt Nachtrag “Beichte” beachten)

5. Dezember 2008

Am 17. Dezember d.J. soll der Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestages einen Rüstungsauftrag durchwinken, der zunächst unspektakulär erschien. Beschafft werden soll ein 3. Flottenversorger, der im wesentlichen ein Nachbau der zwei sog. Einsatzgruppenversorger (EGV, 1. Los) der Klasse 702 (BERLIN, seit 2000 im Dienst, und FRANKFURT AM MAIN, seit 2002) darstellt.

Im April d.J. hatte die NDR/Radio-Reihe “Streitkräfte und Strategien” (Andreas Flocken) schon darauf hingewiesen, dass sich ein seltsames Verhalten der vom BMVg um ein Angebot gebetenen Werften (Lürssen, Flensburger, TKMS Emden, Peene) zugetragen hatte. Keine wollte im Wettbewerb anbieten, aber als ARGE (Arbeitsgemeinschaft) schon, mit dem Preisschild von 245 Mio. EUR (so noch im Bundeswehrplan 2009, Anl. 6):
http://www.ndrinfo.de/programm/sendungen/streitkraeftesendemanuskript72.pdf

Damals hiess es von Amtsseite, man wolle sich eine solche Kartellbildung nicht gefallen lassen.

Spektakulär ist, dass jetzt in der Beschaffungsvorlage für den 3. EGV die Preisflagge plötzlich bei 350 (dreihundertfünfzig) Mio. EUR flattert. Dieser Preis ist zu vergleichen mit dem des 1. Loses EGV: 130 (einhundertdreissig) Mio. EU: + 270 %!

Verständlich ist, dass das Werften-Kartell den Haushältern mit dem Hinweis auf die baulichen Änderungen im Vergleich zum 1. Los EGV
(die Gunther Brückner sehr gut beschreibt
http://www.europaeische-sicherheit.de/Ausgaben/2007/2007_04/03_Br%FCckner/2007,04,03, 03.html )
diesen 220 Mio.-Preissprung nicht wirklich erklären kann. MdB Alexander Bonde (GRÜNE) resigniert, man müsse nun den saftigen “Preis für die Zulassung eines Angebotsmonopols” zahlen.

Nicht auszudenken ist, wenn sich die führenden politisch Verantwortlichen infolge der Monopolbildung für eine europäische Ausschreibung über die EDA entschlossen hätten; wahrscheinlich läge der Wettbewerbspreis unter 130 Mio. EUR. Den 3. EGV, der wohl auf BONN getauft wird, hat man aber zum Kriegsschiff erklärt und somit die vertraglichen Vorschriften der EU (Amsterdamer Vertrag, Artikel 296, b) seicht umschifft. So kann die BONN das Flaggschiff für Berliner Rüstungspolitik werden, die schäumende Bugwellen strudelt.

{Bekommt man auf Werften-Papiere nicht auch fette Steuerabschreibungen?}
P.S.: Im “Bundeswehrplan 2009” (Anl. 6; die Planung reicht bis 2013!) heisst es:
“Nicht einplanbar war eine im Blick auf das geänderte Einsatzprofil der Schiffe erforderliche eigenständige Hubschrauberleitfähigkeit für die beiden EGV des 1. Loses”.

 

A400M: vor der Tür

1. Dezember 2008

Die FDP-Bundestagsfraktion hat mit ihrer Anfrage “Konsequenzen aus langwieriger Verzögerung des Transportflugzeuges Airbus A400M”
(
http://dip21.bundestag.de/dip21.web/search/find_without_search_list.do?selId=16864&metho d=select&offset=0&anzahl=10&sort=3&direction=desc )
dem Verteidigungsministerium Fragen gestellt, die fordernd sind.

Die Antworten des BMVg auf die 39 Fragen sind doch leseneswert:

  • Während Airbus zuletzt 9 Monate +3 Risiko angegeben hatte, führt das BMVg die Einschätzung der OCCAR (Europäische Rüstungsorganisation zur Vertragsabwicklung gemeinsamer Rüstungsprojekte, falls die Zustimmung der Vertragspartner vorliegt) an, die von einem 18-monatigen Lieferverzug ausgeht (Antwort 1);
     
  • Der Erstflug des A400M sollte programmgemäß im Januar 2008 stattfinden; die OCCAR sieht ihn nicht vor Sommer 2009 (Antwort 6);
     
  • Bisher hat Airbus nur Probleme mit dem Triebwerk eingestanden. Nun liest man, das es auch reichlich sonstige Probleme gibt mit

    - der Laderaumausstattung,
    - der Navigationsanlage,
    - dem Flugmanagement-System,
    - dem militärischen Missionsmanagement-System,
    - der Selbstschutzausstattung (Antwort 3);
     
  • Beachtlich ist die Festlegung, dass das Verteidigungsministerium Ansprüche aus der “vertraglich vereinbarten Entschädigung für einen verspäteten Zulauf” nicht nicht aufzugeben bereit ist (dies gilt auch für das Kündigungsrecht, dass für jede einzelne Maschine gilt. Das meint man aber so nicht, siehe Antwort 30);
     
  • Aus der Antwort 18 darf man schliessen, dass Airbus in Hinsicht auf ein ordentliches Berichtswesen nicht vertragsgemäss gehandelt hat;
     
  • Was in den letzten 8 Antworten zum Thema DIRCM
    (passiver - jamming - oder aktiver - Laserstrahl - Selbstschutz gegen vom Gegner am Boden abgeschossenen (Schulter)-Luftabwehrraketen)
    dargelegt wird, ist eigentlich einer gesonderten Betrachtung wert:

    - Ab 2016 “könnten” die ersten Flugzeuge mit dem passiven DIRCM-Jammer ausgeliefert werden (Antwort 36);

    - Das zerstörfähige DIRCM-System wird für das Ende der nächsten Dekade angepeilt. Vielleicht hilft uns ja ein DIRCM-Experte, uns von dem oberflächlichen Eindruck zu heilen, dass fertige Laser-DIRCM-Systeme sozusagen schon jetzt vor der Tür stehen.

{Schön, was wirklich vor der Tür steht ...}

 

HERON TP: ******* (und Korrektur 24.11)

20. November 2008

Man möge uns nachsehen, wenn wir aus wackeliger Position einen Schuss ins Blaue feuern. Zumindest eine einzige Stimme haben wir dafür, dass sich in der deutschen Rüstungspolitik eine bedeutsame Entscheidung abzeichnet:

  • Für die Fähigkeitslücke “Abbildende Aufklärung in der Tiefe des Einsatzgebietes” wird nicht das von der Luftwaffe seit Jahren gewünschte U.S-System PREDATOR (genauer REAPER) zur Beschaffung vorgeschlagen, sondern das spät ins Rennen gegangene, israelische Muster HERON TP.

Da das in Koblenz beheimatete (zivile) “Bundesamt für Wehrtechnik und Beschaffung” (BWB) für Rüstungsentscheidungen als sog. Bedarfsdecker die zentrale Beurteilungskompetenz hat, die Vorlage für die Rüstungsabteilung des Verteidigungsministeriums schreibt, und letztlich der beamtete Staatssekretär Wolf entscheidet (gestern?), wird die Luftwaffenführung als “Bedarfsträger” unsanft düpiert.

U.E. wäre eine HERON-Entscheidung eher politisch beabsichtigt, denn militärisch/technisch begründet:

  • Die grundlegenden Leistungsparameter von REAPER und HERON TP liegen nicht signifikant auseinander. Die technische und operative Reife des U.S.-Systems ist aber weit höher einzustufen;
     
  • Beim Kleingedruckten tut sich eine schwierige Frage auf:

    - Der REAPER wird von Kunden wie UK und Italien zentral von einem in den U.S.A. gelegenen Flugplatz gemeinsam mit den U.S.-Kameraden über das U.S.-SAT-Netz weltweit geflogen. Das mögen die Deutschen gar nicht. Soweit wir gelernt haben, wollen sie autonom vom schleswig-holsteinischen Jagel üben, wobei die Frage der SAT-Anbindung (Technik, Kosten) uns nebulös ist.

    - Dieser Aversion kommt HERON entgegen. Weit hinter der Sichtreichweite (BLOS = behind line of sight) fliegt es autonom eine einzuprogrammierende Aufklärungsschleife ab, und startet und landet automatisch. Das kann man von Jagel ohne Probleme leisten, ist aber halt fliegerisch/kriegerisch nicht so ambitiös.

    Natürlich weisen HERON-Befürworter darauf hin, dass ihr System, falls die entsprechenden Apparate eingebaut werden, ebenso SAT-gesteuert werden kann. In wie weit das wiederum Teil der deutschen Kauflösung ist, muss recherchiert werden.
     
  • Wer als Aussenstehender vermuten würde, dass es im Verteidigungsministerium zwei sich heftig bekämpfende Fraktionen gibt - “Warfighter needs” gegen “Other than that” (Politik, Industrie, Standort etc.) - könnte das niemals beweisen.

    Verschwörungstheoretisch ist das allerdings ganz einfach:

    Weil die 2. Tranche der “Dolphin”-U-Boote nicht geschenkt wurde, ist ein langfristiger Offset-Deal zwischen Deutschen und Israelis abzuarbeiten. Deshalb boomt die deutsch-israelische Rüstungszusammenarbeit (z.B. EUROSPIKE). “Normal” wäre die Erklärung, dass die israelische Rüstungsindustrie so export-orientiert ist wie die Rüstungsindustrien so vieler Länder (einschliesslich der deutschen).

Sorry, wenn wir so hilflos sind, keine Antworten haben. Und die Kameraden, die “im System” den vollen Überblick (?) haben, werden sich wahrscheinlich totlachen, wenn sie diesen ****** lesen.

{Hat Nina Ruge das erfunden?: “Es wird alles gut”}
(P.S. So wichtig ist das Ganze auch wieder nicht: 2010 soll ein Flieger auf den Hof gerollt werden, 2013 weitere ganze VIER - so what)

(Korrektur 24.11.: Wir haben gelernt, dass die BWB-Entscheidung für HeronTP von der verantwortlichen amtlichen Seite des BMVg intensiv hinterfragt wird; die Entscheidung wird voraussichtlich erst Mitte Dezember fallen). So endet ein trigger-happy “Schuss ins Blaue”.

 

A400M: Dezember (und Korrektur 7.11.)

6. November 2008

Wenn der ehrwürdige “Club der Luftfahrt von Deutschland” in sein Godesberger Haus einlädt, um Norbert Kolvenbach, Chef des Bonner EADS-Büros, zum Thema A400M zu präsentieren, lässt man sich das natürlich nicht entgehen. Wie gewohnt sitzt man eng gepfercht im Bibliotheks-Zimmer, ist sich aber immer sicher, dass man wenige kleine Goldkörnchen schürfen wird:

  • Die statischen Test sind alle gut verlaufen;
     
  • Man lernt, dass
    - der EUROFIGHTER 40.000,
    - der AIRBUS A 380 70.000,
    - der A400M aber 140.000 sog. (Computer-Software) “lines of codes” hat, was die Notwendigkeit 100%iger Fehlerfreiheit nicht gerade erleichtert.
    (Korrektur 7.11.: Unser Fehler: Die Kolvenbach-”lines of codes” bezogen sich nur auf die der Triebwerks-Regelung, nicht z.B. auf die lines of codes der Avionik! (die sind im Millionen-Bereich) Sorry)
     
  • Ende Oktober d.J. hat man immerhin 14 h Bodenläufe mit dem an eine C 130 angeflanschten TP-400-Triebwerk erreicht, auch mit 100 % Schubleistung, und hofft nun, Ende dieses Monats zum ersten Testflug abheben zu können;
     
  • Mittels grafischer Daten-Darstellung wird nahegelegt, einen durch die Triebwerksprobleme verursachten Zeitverzug von 16 Monaten anzunehmen. Kolvenbach macht aber deutlich, dass er von speziellen Schuldzuweisungen gar nichts hält; auch andere Bereiche hätten zu den Verzögerungen (derzeit 9 Monate Verzug und 3 Monate weiteres Risiko) beigetragen. Seine “lessons to learn” zu dem bisherigen Verlauf des Gesamtprojekts sollte man sich eigentlich besorgen; sie sind absolut plausibel und auch selbstreflektierend;
     
  • Diese Botschaft halten wir für überschriftsreif:
    Aus der bisherigen Praxis der kommunizierten Wasserstandmeldungen will die EADS heraus. Derzeit findet intern eine “Review” des tatsächlichen Sachstandes des Programms statt, die erstmals von externen (nicht Programm-abhängigen) Experten durchgeführt wird, deren (schonungsloser) Bericht für den Dez. 08 erwartet wird;
     
  • Zum Abgang war es auch noch schön: Unsereins stand mit einem Nicht-Zunennendem und dem sympathischen Gerhard Hegmann (Financial Times) zusammen. Der hat in der “Flight” (war gesteckt) gelesen und recherchiert noch, was der amerikanische Mil-Transporter-”Monopolist” LOCKHEED MARTIN (gegen den das A400M-Projekt politisch-strategisch ja aus der Taufe gehoben war) in seinen berüchtigten “Stinktier”-Hallen (skunk works) zusammenzimmert: Eine aufgepumpte Version der C-130 J, vornehmlich aus GFK (glasfaser-verstärkten Kunstoffen), die die Zuladungskapazität des A400M erreicht (80.000 lbs, rund 36 t).

    Über die finanziellen Konsequenzen haben wir auch diskutiert. 1,4 Mrd. EUR sind schon futsch. Kommt noch 1 Mrd. EUR hinzu? Oder noch mehr? Neu war unsereins, dass Verteidigungsminister Jung auf den Gallois-Bettelbrief (ebenso gesteckt) geantwortet hat, dass er die Ertragsbilanz der EADS sehr wohl kenne!! Hackt die französische Regierung von ihrer Bestellsumme (50) die ersten nicht-gelieferten Exemplare ab?

{Bilanzen zieht man entweder zu früh oder zu spät}

 

Drs. 16/10377: VS-NfD (Nachtrag 6.11.: Die Antworten des BMVg)

5. November 2008

Wer sich die Bundestags-Drucksache 16/10377 ablädt,
http://dip21.bundestag.de/dip21.web/search/find_without_search_list.do?selId=16009&method =select&offset=0&anzahl=10&sort=3&direction=desc ,
wird eine “komisch” erscheinende “Kleine Anfrage” der FDP-Bundestagsfraktion zur “Einsatzorientierung der Ausrüstung der Bundeswehr in Afghanistan” lesen. In 27 Fragen wird klitzeklein nach Ausrüstungs-Einzelheiten gefragt, bei denen die meisten Zeitgenossen sich fragen werden, was das denn bedeuten soll.

Nach der ersten Nachdenk-Welle wird natürlich sehr schnell klar, dass hier gezielt nach konkreter Kampffähigkeit im tödlichen Gefecht gefragt wird. Man darf unterstellen, dass die Formulierer der Fragen die Antwort bereits antizipiert haben.

Lt. o.a. Bundestagsdokumentation gilt die FDP-Anfrage als “beantwortet”. Das ist leider nur die halbe Wahrheit. Tatsache ist, dass das BMVg mit Schreiben von Staatssekretär Wolf mitgeteilt hat, dass die Antwort auf die kämpferischen Fragen schlicht als “geheime” Verschluss-Sache eingestuft worden ist (VS-NfD). Verschwörungstheoretisch ahnt man sofort, warum.

Unsereins hofft, in absehbarer Zeit die “geheime” Antwort zu haben, damit die interessierte Öffentlichkeit um die materielle Voraussetzung für wirkliche Gefechtsfähigkeit der Bundeswehr im Einsatz weiss.

{Geheimnisse halten der Wirklichkeit niemals stand}

Nachtrag 6.11.: Heute hat uns ein lieber Kollege von den Print-Medien angerufen und die Antworten des BMVg auf 16/10377 durchgereicht (dicken Dank). Die Qualität bitten wir zu entschuldigen, aber man kann es gerade noch lesen:
Antwort der Bundesregierung auf 16/10377 (pdf)

 

HTH: grauer Star (und Nachtrag 28.10.)

27. Oktober 2008

Wer sich für die Gesetzmässigkeiten der Rüstungsbeschaffung interessiert, wird ein neues ‘Studienobjekt haben, den “Schweren Transporthubschrauber” (Heavy Transport Helicopter, HTH). Bereits 2002 wurde im BMVg ein Analyse-Team beauftragt, die “Systemfähigkeitsforderung” (SFF) zu entwerfen.

Nachdem Generalinspekteur Schneiderhan am 8. 12. 2006 die “SFF für den operativ-taktischen Lufttransport der Bundeswehr” genehmigt hatte, wurde damit auch der hausinterne Auftrag vergeben, bis Ende des Jahres 2008 eine “Abschliessende Funktionale Forderung” (AF) für den HTH zu schreiben. Weil die Chancen, dieses eingestufte Papier (wenn es termingerecht vorgelegt wird) zu ergattern, sehr gering sind, schreiben wir uns den Kern der Problematik selber.

Liest man
http://www.defenseindustrydaily.com/the-european-heavy-lift-helicopter-program-03394/
und sonst noch einige deutschsprachige Archiv-Artikel (von einem lieben Freund “beigestellt”), beschränkt sich das HTH-Problem auf die Abmessungen des Laderaums:

  • 3,1 m breit, 2,75 m hoch, rund 10 m lang.

Deutsche und französische Militärs, die in Sachen HTH mindestens seit 2005 intensiv zusammenarbeiten, haben diese Maßvorgabe ausgetüftelt: Der DINGO und das französische Auto VBL (und der VAB) sollen vom HTH (In-door, siehe Nachtrag) weggeflogen werden können.

Zu dumm, dass durch die Vorgabe dieses Raummaßes aufgemotzte “Ladentisch”-Versionen wie der vom U.S.-MarineCorps bestellte CH-53 K (ab 2015 einsatzbereit) oder das Papier-Upgrade des CH-47 keine Chance haben. Beim russischen Mi-26, der als Heli-Weltmeister locker alle Forderungen erfüllen würde, orakelt die Fachwelt, dass die “Westernization” zu teuer würde (?).

Wenn Franzosen und Deutsche sich nun zur Neu-Entwicklung entschlössen, stellt sich die Preisfrage. Alexander Weis, Chef der Europäischen Verteidigungsagentur (EDA), wird mit 2 Mrd. EUR vermeldet. Im Nov. 2007 schätzt das BMVg allerdings 5 Mrd. EUR Entwicklungskosten und einen Systempreis von 80 Mio. EUR für den HTH. Nach dem für die EADS “mindset”-prägenden A400M-Desaster darf man aber davon ausgehen, dass EUROCOPTER bei einer Beauftragung eher ordentlich hoch in die Kalkulation geht (wir haben schon 10 Mrd. EUR vernommen).

Aus Heli-Industrie-Sicht stellt sich natürlich die Frage, ob man sich bei den Konditionen dieses komischen Nachfragers Militär/Staat mit seinem marginalen und kippeligen Bedarf (100, 200?) überhaupt aus dem Bett bewegt (Man weiss: Wenn die Militärs das “Auto” übernehmen, sind die richtig pingelig).

Anfangs der A400M-Entscheidung konnte man (wen?) noch begeistern, den Amis (wie bei Zivil-Flugzeugen) nun in der Militärtransport-Sparte kräftig Konkurrenz (und Knete) machen zu können. Reicht die sarkozy’sche Ambition (mit deutscher Hilfe) für die Heli-Version?

Aus rein operativ-taktischer Sicht könnte man allerdings auch die Frage stellen, ob der Transport bestimmter “hoher” Autos die sinnstiftende Begründung für eine Luftkutsche ist, die von 2020 bis bummelig 2060 der ambitionierte “Chopper” ist (immer mit dem Kosten-Auge betrachtet).

{Ist der Star evtl. grau?}
Nachtrag 28.10.: Das Wichtigste haben wir vergessen, sorry: Die entwicklungs-billigen Upgrade-Muster (CH 53K etc.) können einen DINGO natürlich unterhalb auf den Haken nehmen, was Taktiker nicht so schön finden. Ein saftiger Neu-Entwicklungspreis würde also nur der “In-door”-Lösung zu schulden sein.

 

Raketenabwehr II: oder so

23. Oktober 2008

In Fortführung der Berichterstattung des DWT-Symposiums “Missile Defence” (MD) mögen wir nicht über die speziellen (technischen) Vorträge berichten. Aber der letzte Absatz aus dem Vortrag von Karl J. Dahlem, LFK Lenkflugkörpersysteme (MBDA), ist doch von allgemeinem Interesse:

  • Deutschland beherrsche sehr viele der notwendigen Technolgien für MD, müsse aber die finanziellen Mittel für Forschung und Technologie vermehren.

Die Vorstellung wäre doch sehr kühn, wenn man an ein Szenar denkt, in dem MD im nationalen (deutschen) Rahmen skizziert werden sollte. Der europäische Verbund wäre schon realistischer. Aber wer schwingt sich auf, ein europäisches MD-System anzuschieben? Schöne Frage, nächste Frage. Aus dem gerade laufenden Vortrag lernen wir, dass, auf deutsche Initiative, ein Projekt “Early Warning Radar” im Rahmen der Europäischen Verteidiungsagentur (EDA) geplant ist. Man könnte schon wieder einen Studienauftrag vergeben:

  • Situation und Entwicklungsmöglichkeiten europäischer MD-Ambitionen, Projekte und technologische Fähigkeiten (oder so)

Nun sind wir bei dem Tagesordnungspunkt “Podiumsdiskussion”:
 

  • Oliver Thränert, Stiftung Wissenschaft und Politik, schiebt MD den U.S.A. zu und hält von deutschen und europäischen MD gar nichts;
     
  • Gunnar Denecke, Auswärtiges Amt, meint, dass man die vielfältigen Auswirkungen einer MD bedenken müsse; alle Beteiligten müssten einbezogen werden (nennt Russland). 2. Punkt: Auswirkung auf Rüstungskontrolle; MD und Rüstungskontrolle gemeinsam betrachten. Verweis auf Steinmeiers Rüstungskontroll-Initiative in der NATO vom letzten Jahr;
     
  • Oberst Udo Ratenhof hebt Gemeinsamkeit mit AA hervor, aber gibt auch “kleine” Differenzen zu; plädiert für die Aufrechterhaltung militärischer Kräfte für symetrische Bedrohungen. Die U.S.-Entscheidung für MD in Europa wird als “Geschäftsgrundlage” betrachtet. Man habe noch genügend Zeit, eine strategische Entscheidung zu fällen (nicht 2009).
     
  • Auf die Frage des Moderators, General Both, “sind Sie zufrieden mit der deutschen Position”, antwortet

    - Gunnar Dennecke: Bündnis hat sich mit Bukarest-Beschlüssen gut positioniert; “Gründlichkeit” ist wichtig; MD nur in Kooperation schaffen, sonst nicht;

    - Oberst Ratenhof meint, Deutschland spiele zwar keine Führungsrolle, habe sich aber im Vergleich zum letzten Jahr verbessert.

Abschliessend plädiert General Both für eine richtig aktive Rolle Deutschlands.

{Also, dann mal los!}

 

Raketenabwehr I: Wahlkampf

22. Oktober 2008

In der Godesberger Stadthalle veranstaltet die “Deutsche Gesellschaft für Wehrtechik” (DWT) wieder einmal ein spannendes Symposium: Missile Defence/Theatre Missile Defence” (im folgenden MD). Wenn nicht alles täuscht, ist dieses Thema bestens geeignet, im aufkommenden Wahlkampf eine grosse Rolle zu spielen. Wir versuchen wieder, “live” mitzuschreiben (keine Allgemeinplätze, keine Spezial-Vorträge).

Nach den einleitenden Bemerkungen des fachlich Leitenden, Brigadegeneral Jochen Both, Stabsabteilungsleiter im Führungsstab der Luftwaffe (Fü L III), trägt vor

  • Generalleutnant Heinz Marzi, Stellvertreter des Inspekteurs der Luftwaffe.
    Thema: “Missile Defence - Perspektiven aus Sicht der Streitkräfte”:

    Hinweis auf entsprechenden Absatz in der NATO-Erklärung, Budapest, des Weißbuches, der Konzeption der Bundeswehr.

    Federführung bei NATO: NATO Air Defence Committee.

    Lw trägt mit 24 Patriot-Batterien zur NATO MD bei, 12 werden auf PAC 3 aufgerüstet. Fregatten der Klasse F 124 können mit ihrem Radar detektieren.

    Marzi verteidigt deutsche Mitarbeit in den NATO-Gremien: Wer nicht mitmacht, kann auch seine eigenen Interessen nicht einbringen; Bw macht aktiv mit.
     
  • Mark Jenkins , Division Chief Europe, U.S. Missile Defense Agency.
    Thema: “MD Aktivitäten der USA”:

    Iranische Langstrecken-Rakete (ICBM) wird für 2010 - 2015 erwartet.

    35 von 43 MD-Test werden als erfolgreich verbucht, 11 von 11 in 2007, 2008.

    Die MD-Anlagen in Polen und Tschechien sollen 2013 operabel sein.

    Die NATO-Dezember-Tagung 08 wird die europäischen MD-Optionen beraten.
     
  • Dave Kiefer, stellv. Programm-Manager des NATO-ALTBMD-Büros.
    Thema: “NATO Active Layered Theatre Missile Defence”:

    Das ALTBMD-Büro beschäftigt sich seit 2005 mit MD für die Streitkräfte, nicht NATO-Bevölkerung/Territorium; Abdeckung gegen Raketen bis 3.000 km (!) Reichweite.

    (zukünftige) MD-Systeme: THAAD, AEGIS SM3, MEADS, Horizon Fregatte.

    Klar ist, dass das NATO-ALTBMD-Büro noch zaghaft in der Experimentier-Phase werkelt, Architekturen malt und Schnittstellen kompatibel schrauben muss.
     
  • Alain Houles, NATO C3 Agentur.
    Thema: “MD - An Approach by NATO”:

    NATO studiert genau, was das U.S.-System in Polen/Tschechien für eine territoriale Abdeckung bedeutet.

    Für einen territorialen Schutz in Europa werden vier Architektur-Optionen empfohlen.

0.45 Uhr: Da heute (23.10) das DWT-Symposium von 8.30 bis Mittag fortgeführt wird, müssen wir schleunigst die Augen schliessen.

{Bis heute früh und später ...}

 

FUCHS 1A8: schlau

16. Oktober 2008

Vorgestern hat RHEINMETALL in Bad Godesberg ein gepanzertes Fahrzeug neu vorgestellt, dass vor 30 Jahren erstmals an die Truppe ausgeliefert wurde: Den Transportpanzer FUCHS des Rüststandes “1A8”.

U.E. ist das vielleicht banal erscheinende Thema schon der Beachtung wert:

  • Wir sind auf den FUCHS aufmerksam geworden, weil dieser Oldtimer in den Erfahrungsberichten aus Afghanistan als einziges Fahrzeug von den Kommandeuren gelobt und von den Soldaten ge”liebt” wird;
     
  • Rund 1.000 dieser Transportpanzer verschiedenster Varianten hat die Bundeswehr in ihrem Bestand. Die Instandsetzung ist eingespielt und die Ersatzteillager sind proppevoll;
     
  • Von dem 1.000-Bestand sind ab 1995 rund 125 Fahrzeuge auf den Rüstzustand “1A7” angehoben worden (verbesserter Schutz, neue 9t-Achsen, Bremsen, Fahrwerk). Derzeit sind 65 Füchse im Kosovo-Einsatz und 67 in Afghanistan (vorwiegend 1A7);
     
  • Der für 21 Fahrzeuge beauftragte Rüststand-Aufwuchs auf “1A8” wird derzeit durchgeführt. Er dauert bei 1A7 4 Monate und kostet etwa 350.000 EUR. Wird ein FUCHS unterhalb des Rüststandes 1A7 überholt, sind 6 Monate und etwa 700.000 EUR zu veranschlagen. Augenscheinlich wird durch das Upgrade u.a. eine sehr hohe Schutzstufe und Verbesserung der Nutzlast erreicht;
     
  • Derzeit gibt es den FUCHS für 35 spezielle Aufgaben in den Streitkräften (z.B. den ABC-Spür-Fuchs). Nach Angaben von RHEINMETALL gibt es einen Bedarf für 350 modernisierte Fahrzeuge für den Zeitraum über 2020 hinaus (den haben sie wohl vom Heer gehört?).

Die Bundeswehr hat 1.000 uralte Autos in ihrem Bestand, deren Konstruktionskonzept (Mercedes Benz) legendär ist und zukünftig wohl nur vom BOXER geschlagen werden kann. Die Streitkräfte haben einen massiven Bedarf an wirklich guten “Autos”. Man sollte u.E. sehr genau abwägen, wie man mit den vielen Füchsen pfleglich umgeht.

{Richtige Füchse sind schlau!}

 

A400M/ÖA: Wenn>dann (+ Gallois-Brief)

30. September 2008

kann man auch hier diskutieren:
http://www.defpro.com/groups/group/geopowers_com/

Wenn man Öffentlichkeitsarbeit (ÖA), Presse- und Informationsarbeit, für einen Konzern wie die EADS betreibt, ist man bestbesoldet und sollte eigentlich insbesondere in der  Krisenkommunikation fähig sein.

Ein Lehrbeispiel, wie man es wirklich nicht machen sollte, hat die EADS am 25. 9. 08 geliefert. Der zuletzt für Ende 2008 angekündigte Erstflug des A400M wurde ohne neues Datum mit einer kurzen Pressemitteilung verschoben:
http://www.eads.net/1024/de/pressdb/pressdb/EADS/20080925_a400m_first_flight_delayed.ht ml

Wenn man solche Krisenmeldungen zu verfassen hat, ergibt sich die Frage: Soll man die Gründe dafür nennen oder nicht? Wenn man sie nennt, sollten sie der Wahrheit verdammt nahe kommen.

Nur aus übergeordneten Gründen (Regress) muss man sich bei der EADS dafür entschieden haben, die Schuld für die Verschiebung des Erstflugs auf die Triebwerkhersteller zu laden. Normalerweise gehen sich die befreundeten Rüstungskonzerne gar nicht öffentlich an die Kehle, aber diesmal muss dem A400M-Triebwerk-Konsortium EPI (ITP Spanien, MTU Deutschland, Rolls-Royce UK und Snecma Frankreich) der Kragen geplatzt sein. Snecma-Eigner SAFRAN hat für das EPI auch am 25.9. eine Pressemitteilung herausgegeben, die ganz konkret und sachlich die EADS-Beschuldigung kontert:
http://www.safran-group.com/article.php3?id_article=2351&lang=en

Weil die SAFRAN-ÖA gegen die der EADS mit konkreten Angaben abhebt, gewinnt sie Glaubwürdigkeit.

Man muss allerdings hinterfragen, ob ein Konzern wie die EADS überhaupt an ÖA interessiert ist. Welche Bedeutung hat die Öffentliche Meinung in Bezug auf das harte (core) Eigeninteresse? In Hinsicht auf den Aktienkurs schon etwas, aber wirklich? Es reicht, wenn man die Hohe Politik hinter sich kriegt (Brief von EADS-CEO Gallois vom 30. Juli an die beteiligten Verteidigungsminister, siehe Nachtrag).

Strategisch hat die Frage natürlich einen einfaches “Backfire”: Wenn die Europäer eine eigene Rüstungsbasis haben wollen, dann müssen sie dafür auch dementsprechend bezahlen, CASH!

{Drück’ Dich nicht vor ganz einfachen “Wenn>dann”-Sätzen}

Nachtrag 6.10.08: Louis Gallois’ Brief in Sachen A400M an die Verteidigungsminister der Bestell-Nationen, vom 30. Juli 2008.

 

Bundeswehrplan 2009: druckbar

6./7. August 2008

Dank unseres liebsten Besten (und 4 Decryptern) können wir heute das wichtigste Dokument von und über die Bundeswehr bieten:

Nachtrag/Änderung 7.8.08: Nein, der Schönheitsfehler, dass die gestrige (gelöschte) PdF-Version nicht druckbar war, konnten wir dank 4-facher Hilfe beseitigen (Danke und Gruss, 4x!).

{Geduld ist ganz wichtig!}

 

Re: Rüstungswünsche: mail

30. Julie 2008

Wir haben uns sehr über die Rückmeldung eines einsatzerfahrenen Troopers zum Thema Rüstungswünsche gefreut. Es sei nur “ein kleiner Teil” seiner Wunschliste (vielleicht bekommen wir ja den Rest):

  • “- Warum haben unsere Patrouillenfahrzeuge denn keine stabilisierten Waffen? Sollen wir daneben schießen? Wie einfach wäre es, dem Dingo und dem Fennek solche zu gönnen! Warum nur Gramawa und MG3? Kaliber 50 hat deutlich mehr Durchsetzungsfähigkeit. Aber das spiegelt wohl doch wieder, dass wir ja auch nur harmlose Einsätze fahren...

    - Es wird Zeit, dass wir uns von der Illusion GFF 1 (Eierlegende Wollmilchsau mit 3 Wochen Durchhaltefähigkeit in CH-Innenraumabmaßen und -Leichtgewicht) verabschieden. Wir brauchen zwar schmale kleine Fahrzeuge, die uns auch in verwinkelte Täler Badakshans fahren, aber mit Schutz und Stauraum. Diverse interessante ESBs aus dem 14. Kontingent erzählen nett darüber, was wir für Fahrzeuge und Fähigkeiten benötigen. Ich erinnere mich da gerne an einen Vortrag in kleiner Runde, wo ein nicht näher genannter OTL in Windeseile nicht weniger als 16 Fähigkeitlücken in Feyza aufzählte! Wir werden nie (!!!) in Feyza oder sonstwo eine Hubschrauberverlegung machen können, bevor wir keine neuen Großraumhubschrauber (jenseits 2024) haben. Ich spreche jedem aus der Seele, wenn ich mir eine Neuauflage des TPZ in etwas schmalerer Version wünsche! Und für kleine Operationen wäre z.B. der Eagle IV nicht schlecht, aber bitte, liebes BWB, nicht wieder die Billigvariante mit weniger Motorleistung und Zuladung.

    - Ein einheitliches Fernmeldekonzept würde uns freuen! Warum laufen auf diversen Übungen alleine 4 (!) Telefonnetze parallel (Bigstaf, VoIp, Autoko, SATCOM)? Auch wenn Autoko das älteste ist, es funktioniert! Ebenso wäre es klasse, wenn wir unsere VHF Kapazität erhalten würden (immerhin weit verbreitet), das sackschwere SEM 70 möchte ich aber keinem meiner Jungs mehr auf den Bauch schnallen (der Rücken ist ja schon mit einem viel zu kleinem Rucksack besetzt). Der taktische Wert eines Funkgerätes, was nicht weiter sendet, als ich einen Stein werfen kann, ist eh gleich null. Alternativen wie Tetrapol ist zwar klasse, aber nicht Soldatensicher oder gar kompatibel mit anderen Nationen. Kurz: Kryptiert, VHF, regulierbare größere Reichweite, leicht, in jedem Auto, kleines Head-set (Blue tooth?). Über weitere Distanzen haben wir zur Zeit kein Konzept. Bei Übungen wird regelmäßig das private Handy genutzt, im Einsatz sogar Roshan!!!! Kein Zustand. Spezialisierte Kräfte brauchen dazu FUNK. SATCOM ist Müll. Wetter, Berge, Wald, alles verhindert die Verbindung, und man muss sich aus der Deckung begeben, um Meldungen abzugeben.

    - Ein Stratairmedevac, der in Masar landet, wäre klasse. So können die Deutschen noch nicht mal einen Amerikaner ausfliegen, da dieser in Usbekistan unerwünscht... Lasst uns endlich Termez dichtmachen.”

Unser herzlicher Dank gilt auch dem 2. Wünscher:

  • “... unter Qualität versteht man "die Gesamtheit der Merkmale einer Einheit bezüglich Ihrer Eignung, festgelegte und vorausgesetzte Forderungen zu erfüllen", wobei im Sinne des umfassenden Qualitätsmanagements unter Einheit nicht nur Produkte, sondern auch Prozesse und Organisationseinheiten gemeint sind. Die Forderungen kommen im selben Deutungsbereich von allen Interessenpartnern. Ziel des Qualitätsmanagements ist es nun, mit geeigneten Methoden die größtmögliche Übereinstimmung herzustellen.

    Mich solchermaßen dreist an Vorlesungsunterlagen anlehnend, möchte ich mir wünschen, dass in der militärischen Beschaffung endlich umfassende (!) Kompetenzen des Qualitätsmanagements aufgebaut werden und nicht nur möglichst viel diesbezügliches Buzzword-Bingo gespielt wird. Beherrschte und transparente Prozesse, kontinuierliche Verbesserung und das Eliminieren von Verschwendung (damit ist nicht das (physische) Eliminieren von Herrn Jung und seiner Staatssekretäre gemeint), wären das nicht großartige Ziele für die Beschaffung? Die deutschen Automobiler machen es seit Jahren vor und prosperieren -sagen wir mal- trotzdem sie deutscher Politik ausgesetzt sind.

    Im Verteidigungsministerium wie auch bei den deutschen Rüstungsunternehmen passieren Anfängerfehler, dabei sind die Methoden der Aufdeckung und Vermeidung seit über 20 Jahren bekannt und seit mindestens 10 Jahren Common Sense in den Branchen, in denen auch mal Wettbewerb herrscht. Der Methodenkasten QM hat sich zu höchster Effizienz und Effektivität erhoben. Korvetten, die nicht mal ihre spezifizierte Geschwindigkeit erreichen? Der im Qualitätsmanagement ausgebildete angehende Ingenieur (im Endstadium) lacht sich tot, weil es zum Weinen echt nicht mehr reicht.

    Ich wünsche mir eine große QM-Abteilung im Verteidigungsministerium, besetzt mit hervorragend ausgebildeten Qualitätern, die 1. zu den Lieferanten gehen und dort wirken, die 2. den Laden selber auf Vordermann bringen. Das ist mein Wunsch! Der Rest würde sich meiner bescheidenen Meinung nach von selber ergeben.”

Danke, der Fun-Faktor bei der Arbeit vervielfacht sich enorm, wenn man solche e-mail bekommt!

{Wünsche muss man wenigstens aussprechen}

 

Rüstung, reloaded: Tartaren

29. Juli 2008 (Sorry - Sommer-spät, 11.15)

Liest man, was im Bundeswehrplan 2009 konkret zu den Projekten der einzelnen Fähigkeitskategorien der Bundeswehr ausgeführt wird, findet man reichlich beruhigende Texte (der Blick auf die Zulauf-Daten ist schon erheblich nerviger). Pickt man sich Tartaren-Meldungen heraus, hat man folgendes:

  • Führungsfähigkeit:

    - Das Informationssystem, welches alle Teilstreitkräfte verbinden soll, hat 2005 mit seiner 1. “Ausbaustufe” begonnen; in 2014 soll immerhin die 2. Ausbaustufe nutzbar sein. Man darf aber sicher sein, dass dann das System immer noch nicht wirklich funktioniert;

    - Mit SVFuA (Streitkräftegemeinsame verbundfähige Funkgeräteausstattung) soll eine neue Generation von Funksystemen eingeführt werden:
    Bis 2015 soll der Einstieg in eine Anfangsaustattung erreicht werden.”
     
  • Nachrichtengewinnung und Aufklärung:

    - Während gerade mit dickem Beifall die weltraumgestützte Radar-Aufklärung SAR-Lupe gefeiert wird, konnte das Projekt MUSIS (Multinational Space-based Imaging System) sowie die SAR-Lupe-Nachfolge “nicht zeit- bzw.umfangsgerecht abgebildet werden.”

    Die Folge:
    “Damit ist die erforderliche verbindliche Mitwirkung in der multinationalen Zusammenarbeit MUSIS für DEU in 2008 nicht möglich.”
     
  • Wirksamkeit im Einsatz:

    - Das Projekt “Support Jammer” (elektronische Kampfführung bei Luftkriegsoperationen) schliesst die “Fähigkeitslücke mit deutlichen Auswirkungen auf die Durchsetzungsfähigkeit” mit Anfangsausstattung erst ab 2016;

    - Der mobile Flugabwehrschutz und der für die “leichten Kräfte waren nicht einplanbar”;

    - Bei dem Thema Luftzielflugkörper (Marine, SM 2, ESSM) weist man darauf hin:
    “Die erkannte Fähigkeitslücke zur Teilnahme an der Abwehr taktisch ballistischer Flugkörper wird mit diesem Vorhaben nicht geschlossen.”

    - Das Projekt “Autonomous Underwater Vehicle” (Zukunft pur) musste “zunächst zurückgestellt werden”;

    - Für das weltweit einzigartige IDAS-System (U-Boot-FK-Verschuss) steht erst ab 2012 die Entwicklung an.
     
  • Unterstützung und Durchhaltefähigkeit:

    - Für das geänderte Einsatzprofil der im permanenten Dienst befindlichen 2 Einsatzgruppenversorger ist die geforderte “eigenständige Hubschrauberleitfähigkeit” nicht einplanbar;

    - Die 3D-Geländedaten versorgen die Bw mit digitalisierten Geländeinformationen:
    “Die Gebietsabdeckung wird bis 2017 (!) schrittweise ausgebaut”;

    - Das taktisch nicht unwichtige “Lastengleitfallschirmsystem” wird immerhin schon 2014 eingeführt.
     
  • Überlebensfähigkeit und Schutz

    - Für die aktive Abwehr von vom Boden abgefeuerten Flugabwehr-Raketen (MANPADS) sollen Flugzeuge wie die A 310, A 400 M etc. mit DIRCM (Directed Infrared Counter Measures) geschützt werden. Nach dem Bundeswehrplan 2005 sollten sie dieses Jahr zulaufen, im BwPlan 2009 ist nun 2014 verzeichnet;

    Für den schon Jahrzehnte und über 2020 hinaus im Einsatz befindliche TORNADO wird nun immerhin für 2014 ein Flugkörperwarner eingeplant. Aber: “die erforderliche Entwicklung ist im nächsten Planungszyklus neu zu betrachten” (es scheint die Dinger nur in Hollywood-Filmen zu geben!).
     
  • Mobilität:

    - Weitere Triebwerksumrüstungen der CH-53-Flotte sind auch im nächsten Jahr zu prüfen, “da ansonsten nach 2010 eine Reduzierung der operativ/taktischen Lufttransportfähigkeit eintritt”;

    - In der Frage der “Gesicherten Militärischen Seeverlegefähigkeit” (GMSV) gibt es zwar eine “erkannte Lücke”, die aber noch “ergänzend zu untersuchen” ist (!?). M.a.W.: Die Marine muss ihren fertigen Schubladenentwurf darin halten.

Eigentlich müsste sich eine (teilstreitkraftfreie) Truppe zusammensetzen, alle Daten analysieren und den Versuch einer kritischen Überprüfung/Priorisierung beginnen. Aber wer hat daran ein Interesse, dafür ein wenig Geld?

{Rheinisches GG: Art. 1, 2, 3, 4, 7, 8, 10 (und 11)}

 

Bundeswehrplan 2009: cover

28. Juli 2008

Hurra, endlich haben wir das u.E. wichtigste Dokument, welches jährlich höchstamtlich über wichtige Bereiche der Bundeswehr detailliert berichtet: Der “Bundeswehrplan 2009”, erlassen am 10. Juni 2008 von Wolfgang Schneiderhan, Generalinspekteur der Bundeswehr.

Im Vergleich zum BwPlan 2008 ist die sowieso ziselierte Sprache jetzt etwas zurückhaltender. Klar ist, dass man zunächst lobt und vor allem auf das zentral einschränkende Moment der Finanzen hinweist (S. 3):

  • “Da die finanzielle Ausstattung der Bundeswehr absehbar nicht ausreicht, um alle erforderlichen Projekte zum Schliessen vorhandener Fähigkeitslücken auf kurze bis mittlere Sicht und in erforderlichem Umfang realisieren zu können, ist zwangsläufig die zeitlich und umfängliche gestaffelte Projektrealisierung in streitkräftegemeinsamer Betrachtung so zu steuern, dass eine Ausstattung erreicht wird, die einen ausgewogenen Fähigkeitsaufwuchs über das gesamte Aufgabenspektrum der Bundeswehr ermöglicht. Die hierzu erforderliche Priorisierung führt zu den zeitlich gestaffelten Ausrüstungsstufen Anfangs-, Grund und Zielausstattung.”

Allerdings geben die Priorisierungs-Planer auch eine Verfahrensweise zu, die eigentlich ganz hochdramatisch ist (S. 3):

  • “Das planerische Vorziehen von Projekten, die vornehmlich die Forderungen aus den derzeit laufen Einsätzen erfüllen, darf insgesamt weder zu einer Deformation des Fähigkeitsprofils noch zur Erosion bereits vorhandener Fähigkeiten führen.”

Entcodiert heisst dies: Die Doktrin vom absoluten Vorrang des Einsatzes gibt es eben nicht. Ein konkretes Beispiel (S. 14):
“Unzureichende Betriebsmittel für das Feldlagermaterial im Einsatz führen zu vergleichbaren Substanzverlusten wie bei den Kasernen West.”

Nach dem Motto “die Letzten beissen die Hunde” sind Rüstungsinvestitionen aufgrund der Pflichten-Kaskade der Verteidigungsausgaben der Bereich, den es trifft (S. 24):

  • “Bei vielen Ausrüstungsvorhaben sind erneut erhebliche Verschiebungen zwischen ambitionierten ersten Zeitplänen und zeitlich deutlich gestreckten Realisierungen bei teilweise erheblich gestiegenem Finanzbedarf festzustellen.”
     
  • Erstmals nennt der Bw-Plan den Umfang der “weiteren” Rüstung, der “begründet”, finanziell aber nicht abgedeckt ist (S. 29):
    21 Mrd. EUR (der Zeitraum ist nicht genau identifizierbar); die dazugehörige Tabelle zeigt in den Jahren 2011 bis 2013 ein jährliches “Defizit” von mehr als 2 Mrd. EUR.

Eine weitere wichtige “Doktrin”-Frage ist die Regelung des Verdrängungswettbewerbs zwischen Rüstungs- und Forschungs-/Entwicklung-/Erprobungs-Ausgaben (FEE). Einerseits werden 300 Mio. EUR jährlich für wehrtechnische Forschung und Entwicklung gefordert, andererseits aber entschieden (S. 25):

  • “Eine weitere Erhöhung der FEE-Dotierung wäre jedoch unter den derzeitigen Rahmenbedingungen nur zu Lasten von Beschaffungsprojekten realisierbar. Da angesichts der finanzplanerischen Enge im Sinne des Fähigkeitszuwachses vordringlich auf “Output” gesetzt werden muss, sind Verdrängungen im Bereich der militärischen Beschaffungen jedoch nicht vertretbar. Die meisten neu angemeldeten Entwicklungsprojekte konnten daher nicht oder nicht bedarfsgerecht (zeitlich und umfänglich) eingeplant werden. Erforderliche Anpassungen sind für den BwPlan 2010 erneut zu überdenken.”
     
  • Die Folgen sind ganz konkret (S. 26):
    Die Empfehlungen des Wissenschaftsrates zur Neuordnung der wehrwissenschaftlichen Institutsforschung “wurden wegen des Vorrangs bei Beschaffungen nicht berücksichtigt.”

Wer sich mit der Forderung vorwagt, dass die Stabilisierungskräfte (wie z.B. in AFG) “richtig” kämpfen sollen könnten, findet im BwPlan keine Entsprechung (S.41):

  • “Die Stabilisierungskräfte werden mittelfristig eine ihrem Aufgabenspektrum weitgehend entsprechende Ausstattung erhalten. Allerdings wird die Fähigkeit zu robusten Einsätzen von Stabilisierungskräften mit einer hinreichenden Anzahl moderner Führungsmittel und Gefechtsfahrzeuge erst in der langfristigen Perspektive entscheidend verbessert werden können.”

    Auf S. 43 heisst es:
    “Bei den Landstreitkräften kann im Systemverbund ‘Division Eingreifkräfte’ bis 2015 eine Anfangsbefähigung mit 2 Gefechtsverbänden mit Defiziten bereitgestellt werden.”

{Beate empfiehlt: “Schwach anfangen - stark nachlassen”}
(P.S.: Wir arbeiten so an der pdf-Version; hat jemand einen Hinweis auf das ultimative OCR-Programm? - Danke, insbesondere an meine Hard-Cover-Friends)

 

Rüstungswünsche: überlisten

23. Juli 2008

Es wird wahrscheinlich von manchem Zeitgenossen schon mehr als politisch inkorrekt empfunden werden, wenn sich unsereins über Rüstungswünsche Gedanken macht. Das Rational dafür möchten wir nicht beschreiben, aber es gibt eins.

Dies ist ein unvollkommener Anfang, verbunden mit der Einladung, selbst Beiträge an uns zu e-mailen (gewünschte Anonymität ist gesichert):

  • Nicht-lethale “Wirk”mittel:

    Nach unserer Erinnerung gibt es sogar Kongresse zu diesem Thema. Man müsste eigentlich besonderen Nachdruck in seiner Forschungspolitik darauf legen. Wie wäre zu beurteilen, wenn die Luftwaffe bombenähnliche Systeme abwirft, die gegnerische Kräfte (und Zivilisten) für Stunden ausser Gefecht setzen? Oder sind durch das C-Waffen-Übereinkommen derartige Vorstellungen illusorisch?
     
  • Über die Waffenlücke des Heeres im Reichweitenband von 2 - 10 km haben wir uns schon ausgelassen.
     
  • Im Bereich der Aufklärung und Überwachung klaffen u.E. erhebliche Lücken. Ob es um den Nah- oder Fernbereich geht: die angebotenen Trägerkonzepte für die bereits perfekten Sensoren sind eher steinzeitlich. Sind die Leichter-als-Luft-Plattformen völlig ausgereizt? Liegt im Patentamt nicht irgendeine verrückte Geschichte?
     
  • Auf der diesjährigen EUROSATORY haben wir per glücklichem Zufall unseren Experten von AIM getroffen, der vor ungefähr einem Jahr auf einer DWT-Tagung sehr konkret die technologischen Grundlagen für die Detektion von Sprengstoffen auf grössere Entfernung angesprochen hatte. Unsere Nachfrage nach dem Fortgang der Sache erbrachte wenig erfreuliches: Die Wissenschaftler hätten sich des Themas bemächtigt - gemeint war die Zeitachse.

Hoffentlich sind nicht alle Experten im wohlverdienten Urlaub, die uns ihren Beitrag zur Wunschliste schreiben.

{Man muss die Physik überlisten!}

 

Ausstattungslücken: Otto

15. Juli 2008

Generalleutnant Wolfgang Otto, Befehlshaber des Heeresführungskommandos in Koblenz, hat sich am 30. Mai d.J. in seinem Kommandeurbrief Nr. 6 zum Thema “Disziplin, Bekleidung, Ausrüstung” ausgelassen. Gleich der 1. Satz lautet:
“Im Einsatz gibt es kaum eine Nation, deren Soldaten so individuell gekleidet auftreten wie unsere Frauen und Männer.”
Es gäbe Teileinheiten, “bei denen im Gefechtsdienst der Unterschied zwischen Kombattanten und marodierenden Banden schwer wahrzunehmen ist”.

Natürlich ist der Grundsatz richtig, dass das Erscheinungsbild der Truppe hinsichtlich der sichtbaren Bekleidung schon einheitlich sein sollte. Andererseits gilt die Selbstverständlichkeit, dass der Dienstherr verpflichtet ist, seinen Soldaten eine ordentliche Bekleidung und Ausrüstung zur Verfügung zu stellen. Logisch ist, dass, je grösser die Versäumnisse des Dienstherrn sind, die Soldaten umso heftiger zur Selbsthilfe greifen.

Geradezu wunderbar tritt General Otto den Beweis an, dass das marodierende Bekleidungsgehabe der Truppe berechtigt ist. In der Anlage zu seinem Kommandeurbrief Nr. 6 dokumentiert er über 8 Seiten die geradezu lächerliche Situation:

  • 19 (!) Positionen der persönlichen Bekleidungsstücke sind nach den Feststellungen der Truppe ungeeignet;
     
  • 16 Teile der Ausrüstung werden kritisiert;
     
  • Was die Realisierung der Abhilfe angeht, wird sehr oft entweder auf das Jahr 2012 verwiesen oder es ist tröstlich zu lesen:
    “Maßnahme abhängig von der Verfügbarkeit der HH-(Haushalts)Mittel”.
     
  • Wer die Einzelheiten lesen mag, möge die Anlage des Otto-Briefes als pdf abladen.

Liest man den strammen Otto-Brief angesichts der Lücken-Dokumentation, versteht man die Welt nicht mehr, denn General Otto befiehlt:
“Unterrichten Sie ihre Soldaten über den Stand zur Optimierung der dienstlichen Bekleidung und Ausrüstung und treten Sie gemeinsam mit mir dem aus Unkenntnis abgeleiteten Empfinden einer Minderausstattung entgegen.”

Die Zurruhesetzung von Generalleutnant Otto dürfte sooo lang (hoffentlich) nicht mehr dauern.

{Schreib nicht - man erkennt Dich}

 

Heron TP vs. Predator: Qual

9. Juli 2008

13 Tage vor Angebotsabgabe für das Bw-Beschaffungsvorhaben “UAV Male” (Unmanned Aerial Vehicle, Medium Altitude Long Endurance) hat RHEINMETALL gestern per Pressegespräch in Bad Godesberg seinen Kandidaten HERON TP vorgestellt. Damit wird ein Rennen in der Bw-Fähigkeitslücke SAATEG (System zur Abbildenden Aufklärung in der Tiefe des Einsatzgebietes) spannend, weil dem von der Luftwaffe eindeutig favorisierten Kandidaten PREDATOR B (REAPER) ein Konkurrent entgegengestellt wird, der lt. RHEINMETALL “die spezifischen Anforderungen der Bundeswehr in vollem Umfang erfüllt und darüber hinaus weitere erhebliche Vorteile besitzt”:
http://www.rheinmetall-defence.com/index.php?fid=4723&qid=&qpage=0&lang=2&query=Her on%20TP

Kern von SAATEG ist die Aufgabe, ein Gebiet von 100 x 100 km in einer Einsatztiefe von > 500 km per Tageslicht-Kamera, Infrarot und Radar aufzuklären, zu überwachen. Für 2010 soll eine “Anfangsausstattung” von 5 Flugeräten mit 2 Sätzen Bodensegment zum Preis von geplanten 161 Mio. EUR beschafft werden.

U.E. geht es der Luftwaffe vor allem darum, den operativen Betrieb eines Male-UAV zu erlernen (die Briten und Italiener haben mit dem PREDATOR schon angefangen!). Wichtiges Detail dabei ist, dass das U.S.-System zentral von einem U.S.-Flugplatz (Nellis AFB?) geflogen wird, über U.S-SATCOM gesteuert, von einer Bodenmannschaft irgendwo auf der Welt nur gestartet. Gestern nutzte ein israelischer Ex-General diese “Abhängigkeit” als Argument für HERON TP; das System startet und landet automatisch und fliegt einen vorprogrammierten Kurs (es soll aber auch SATCOM-gesteuert fliegen können). Eine nationale Satelliten-Anbindung ist aber augenscheinlich nicht im SAATEG-Paket enthalten. Somit steht Programmfliegen in “eigener Hand” gegen “abhängiges” Freifliegen weltweit.

Charmant sind zunächst die deutschen rüstungsindustriellen Aspekte der Ausschreibung:

  • DIEHL hatte vor rund 1,5 Jahren von RHEINMETALL die PREDATOR-Lizenz (GENERAL ATOMICS) übernommen, aber den Vorbesitzer im Boot gehalten. Vor einem halben Jahr hat RHEINMETALL dann die Kooperation gekündigt. Jetzt ist DIEHL allein Verfechter für den REAPER;
     
  • RHEINMETALL hat erst gerade (2.6.08) seine Male-Kooperation mit dem israelischen UAV-Spezialisten MALAT (IAI, Israel Aerospae Industries) bekanntgegeben, der die HERON TP (auch HERON 2 oder EITAN) vollständig liefern würde. Für die wichtige Frage der deutschen Wertschöpfung nennt RHEINMETALL einen Anteil von 30 %.

Spannend ist der internationale Aspekt:

  • Am 5. Juni 08 hat die EADS (F) vermeldet, dass das von ihr angebotene, im Pressetext ungenannte, Male-System seine “Flight Aceptance Operations” den Franzosen vorgeflogen hat. Unter dem Kürzel SIDM haben sie (noch) einen, den Deutschen vergleichbaren, Interims-Bedarf. U.E. ist das EADS-SIDM-Angebot die besagte HERON TP von IAI MALAT.

Wenn die SAATEG-Beschaffungsvorlage wie geplant zum Ende dieses Jahres den Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestages erreicht, wird sich zeigen, ob die Luftwaffensoldaten oder die nicht so sehr miliär-fachlich operierenden Rüstungsbeschaffer gewonnen haben. Die Preisfrage steht noch aus.

{Nicht jede Wahl ist Qual}

 

EUROSATORY: bangen

19. Juni 2008

Sorry, wenn wir gestern total offline waren; die Fügung von freundschaftlichen Begegnungen und sonstige Zwänge spielen mit einem Zeitball. Und dazu hat man noch den Eindruck, nicht genügend Eindrücke bekommen zu haben:

  • Vorab: Liebe Gemeindemitglieder haben uns Links zum französischen Weißbuch gesendet:
    http://www.botschaft-frankreich.de/article.php3?id_article=3329 (der Link zur 48-seitigen englischen Zusammenfassung bleibt uns ein Rätsel).
     
  • Durch ZETROS ausgelöst, finden wir die wohl bald fallende Entscheidung des BMVg hinsichtlich schwerer, geschützter LKW spannend, denn die Bw-Referenzentscheidung wird als Qualitätssiegel angesehen. Dass MAN mitbietet, ist klar. Noch zu klären ist, ob die zum FIAT-Konzern gehörige IVECO ihren TRAKKER ins Rennen schickt. Immerhin hat man diesen Träger für die Verlastung des ABC-Dekontaminierung-Sets TEP 90 ausgewählt (73 Systeme, 86 Mio.EUR). KRAUSS-MAFFEI-WEGMANN (KMW) hat sich die Italiener als Lieferanten des Untersatzes für ihre Aufbauten ins Boot geholt für eine neue 18 - 25 Tonnen LKW-Palette (z. B. Ex-GRIZZLY);
     
  • Bis 2009 wird man warten müssen, ob der gepanzerte “Jeep”-Typ von KMW und RHEINMETALL mit Namen AMPV (Armoured Multi-Purpose Vehicle) die bessere Alternative zum EAGLE IV (incl. Nachfolge V) wird, von dem die Bw ja gerade 200 Exemplare gekauft hat.

    Kritiker sagen, man bräuchte 4 Jahre für die Entwicklung eines solchen Autos. AMPV-Vertreter antworten darauf, dass
    - man schon etwa 1 Jahr an dem AMPV gearbeitet hat,
    - Ende 2008 die erste Wanne fertig ist,
    - die wesentlichen Komponenten (Antrieb etc.) in wenigen Wochen bekanntgegeben werden (Einzelradaufhängung und selbsttragende Struktur ist gebucht; Sorry gegen DAIMLER-Auskunft, der FUCHS hat natürlich eine Starrachse),
    - im 1. Quartal 2009 der 1. Prototyp vorgestellt wird und die firmen-interne Erprobung beginnt; Anfang 2011 könnte dann die Serienfertigung der Bw-Nachfrage von 500 Stück beginnen.
     
  • Ein guter Freund und Experte der Landsystem-Szene fand uns in der Raucher-Galerie (in der Sonne vor den Hallen) und konstatierte die “Schutz-Epidemie”, die vor 2 Jahren auf der EUROSATORY so nicht festzustellen war. Benklich sei dabei aber, dass die “Stiftung Waffentest”-Kriterien für Ansprengungen (NATO-STANAG 4569) entweder ignoriert werden oder getrickst wird, und weitergehende Schutzanforderungen beiseite gelassen werden. Es ist nicht anzunehmen, dass solche “störenden Nebensächlichkeiten” bei Beschaffungen mit Hoflieferanten-Umfeld eine Rolle spielen.

    Der jetzt verbreiteten Schutzmedizin passiver Art steht die Szenerie des aktiven Schutzes gegenüber. Vor ca. 4 Jahren hatte sich unsereins mit dem
    “seltsamen” Angebot der IBD (Ingenieurbüro Deisenroth) beschäftigt. Dort ist man heutzutage ganz entspannt. X Firmen bauen inzwischen die Boxen des AMAP (Advanced Modular Armour Protection) auf ihre Autos, um Bedrohungen schwierigster Art wunderwaffenmässig abzuschütteln. Der jetzt im rheinischen Lohmar angesiedelte Schmiede wird man wohl das weltweite Alleinstellungsmerkmal ankleben müssen ( www.ibd-deisenroth.de ).
     
  • Die deutsche Messe-Präsenz in Paris hat sich sichtbar verstärkt. Die führenden Firmen weisen einen Auslandsanteil im Umsatz aus, der generell über 50 % liegt, so auch RHEINMETALL. Dort hat uns interessiert:

    - Das neu benamste CRAM (Counter Rockets, Artillery, Mortars)-Projekt NBS (bekannt als SKYSHIELD); mit einer speziellen Munition des ‘Typs AHEAD schiesst man asymetrische Bedrohungen ab.

    In diesem Frühjahr hat man in der Türkei testgeschossen. Nun liegen die Ergebnisse bei der IABG, die gutachterlich mit ihrem BNS-Tool (Bewertungs- und Nachweis-System) ganz zeitnah ihre “Stiftung Waffentest”-Expertise abgeben wird. Der Erfolg hängt wohl im wesentlichen von der richtigen Wahl der AHEAD-Munition ab, von der es 3 Geschoss-Typen (35 mm) gibt:
    1. schwer
    2. leicht
    3. Standard (152 Pellets, je 3,3 Gramm)
    Im Frühling 2009 soll der Bundestag über eine Beschaffung von 2 Systemen entscheiden; unklar ist, ob 1 (!) Bw-Feldlager geschützt wird und mit dem zweiten Ausbildung betrieben wird oder 2 (!) Bw-Standorte in AFG geschützt werden (ab 2010).

    - Wenn der “leichte Panzermörser WIESEL 2 die “Hacken runter” fährt, ist er in ca. 30 sec. feuerbereit und schiesst, alle Soldaten inboard mit ABC- und Klimaschutz, auf 30 m genau. Wenn man sich zum Auftrag entschlösse (2 Führungssysteme und acht (!) Mörser sind in der Planung), wird man bis 2011 warten müssen, bis das System einsatzbereit ist.

Für die Soldaten wünschte man sich, dass das Jahr 2011 schon da und mancher eiserne Kamerad vor Ort wäre.

{Wie immer: Bangen und Hoffen}

 

ILA: dit un dat

30. Mai 2008

Für Luftfahrtbegeisterte ist die alle 2 Jahre stattfindende “Internationale Luftfahrt-Ausstellung” (ILA) eigentlich Urlaub in  Berlin. In zwei Tagen plus Nacht-An- und Abfahrt hat unsereins letztlich dies erfahren:

  • DIEHL Defence verfolgt eine offensive Firmenstrategie. “Stück für Stück” will man neue technologische Kompetenzen aufbauen und integrieren.

    Unser besonderes Interesse galt der Entwicklung lenkbarer Mörser-Munition. Unter dem Projektnahmen GMM (Guided Mortar Munition) wird die 120mm-Granate für den “omnidirektionalen Flug” mit Laser-, GPS/Inertial-Steuerung plus optionalem Infrarot-Suchkopf entwickelt. In 2 bis 3 Jahren könne das intern als “hochpriorisierte” Projekt im Bereich der als teuer eingestuften “Serien-Fertigmachung” sein.
     
  • Bei dem mit 3 Mrd. USD am Weltmarkt (12 Mrd. USD ohne Russland und China) beteiligten EADS-Flugkörperteil MBDA haben wir nach dem “Wolf-Brief” in Sachen MEADS gefragt. Nein, die Kosten seien zu einem sehr niedrigen Prozentsatz gestiegen und man erfülle vor allem 98 % der geforderten Leistung!
     
  • Seit der D/U.S.-Erprobung der Schubsteuerung von militärischen Jet-Antrieben (X 31) und den dadurch vor 2 Jahren bei der ILA von MIG gezeigten Flugkunststücken fasziniert uns die Schub-Vektor-Steuerung. Bei EUROJET (trilateraler Firmenverband der Triebwerkhersteller des EUROFIGHTERS) zeigt man nach 8 Jahren Entwicklungsarbeit, dass das EJ2000-Triebwerk (mit der Thrust Vectoring Nozzle) 20 Kilonewton seitlichen Schubs entwickeln kann.
     
  • Die Lübecker Marine-Schmiede GABLER hat uns TRIPLE M gezeigt: Für die Seerohrtiefe bietet man Maschinenkanonen und sogar eine enorm leistungsgesteigerte Drohne des Typs ALADIN an (die gefaltete VOLANS landet allerdings nicht wieder in dem kohlefaser-verstärktem Abschuss-Behälter). Die U-Bootfahrer mögen das System aber aus einem “kulturellen” Grund nicht: Alles an Bord muss aus Stahl sein.
     
  • In Sachen “abbildende Aufklärung in der Tiefe (SAATEG)” haben wir in der Vergangenheit oft die Kritik daran gehört, dass sich die Luftwaffe zu deutlich für den PREDATOR B ausspreche. Von einem XXL aus der Spitze deutscher Beurteilungskompetenz haben wir gelernt, dass das U.S.-Muster dem israelisch getragenen Muster HERON TP in den militärischen Fähigkeiten gar nicht so unterlegen sei. Ausserdem würden politische und andere “strategische” Gründe für diese Alternative sprechen.

    Absolut neu war für uns, dass jetzt RHEINMETALL mit dem israelischen Partner IAI die HERON TP der Lufwaffe andient; bisher haben wir immer die EADS als IAI-Partner zugeordnet. Unser lieber “Berater” aus der Wissenschafts-Szene hat uns das vor Ort so erklärt: Die französisch-israelischen UAV-Kooperationen seien gescheitert, die EADS drücke ihr Projekt ADVANCED UAS in die Szene. Damit würden die französischen Streitkräfte noch etliche Jahre auf ihr hochfliegendes UAV warten müssen.
     
  • Ganz stolz präsentierte der Inspekteur des Heeres, Generalleutnant Budde, seinen PR-Slogan “Ein Stück des Himmels gehört dem Heer”. Getuschelt wurde, dass er für seine ILA-Monster-Show auch den allerletzten Helikopter aus der Truppe gekämmt habe. Das Gerücht, dass die Budde-Show seinen Luftwaffen-Kameraden, GenLt Stieglitz, masslos geärgert habe, bestätigte General Budde auf seiner Presse-Konferenz: “Er habe niemanden ärgern wollen”:

    - Neu: Seit dem 28.5. fliegt die KZO nach langer Zeit wieder “erfolgreich”;

    - Eine interessante Neuigkeit bot Budde zum CH-53-Nachfolgeprojekt HTH/FTH (Heavy/Future Transport Helicopter), das nur transatlantisch durchführbar ist (derzeit wird augenscheinlich das Team BOEING/EUROCOPTER favorisiert):
    Die Industrie fordere, dass mindestens 450 - 500 Maschinen fest geordert werden müssten, bevor man den Auftrag annähme. Unser wiss. Berater meint, dass dieser Bedarf transatlantisch gar nicht besteht.

    - Zum seit 3 Jahren leidigen Thema NH 90/TIGER haben wir gelernt, dass in 2010 14 NH 90 zulaufen sollen. Aktuell besteht aber ein spannendes Problem:
    Bis zum Beginn seines Sommerurlaubes will Gen. Budde die Liste auf seinem Schreibtisch haben, die alle sog. “non-compliances” des NH 90 beinhaltet. Eine von ihm klar als hinnehmbar bezeichnete Minderleistung nannte er konkret: wenn der Kaltstart der Turbine bei minus 40 Grad nicht nach 90 Sekunden, sondern erst nach 125 gelänge, könne man ein Auge zurdrücken. Zu anderen Leistungsmängeln wollte der Heereschef sich nicht äussern. In der Diskussion und um Nachgespräch ist unsererseits aber der Eindruck entstanden, dass es sich bei (wievielen?) der restlichen non-compliances nicht um Kaltluft-Probleme handelt; Ende des Jahres stehe die Entscheidung zur Freigabe der Abnahme an (die Luftwaffe ist materialverantwortlich).

{Von der ILA muss man sich erholen}

 

Luftwaffen-Betrieb: Blindflug

27. Mai 2008

Es wird wohl noch ungefähr eine Woche dauern, bis die Antworten des Verteidigungsministeriums auf die “Kleine Anfrage” der FDP-Bundestagsfraktion zum Thema “Einschränkungen des Übungsbetriebes der Luftwaffe” unter Drucksache 16/9250 hier eingestellt werden:
http://dip21.bundestag.de/dip21.web/search/find_without_search_list.do;jsessionid=C75B41C AC45C7D4EB1BF42531FC40035.dip21?subjectId=4

Man kann das Informationspaket 16/9250 zweiteilen:

  • 1. die Geschichte der Bundeswehr-Feuerwehren (BwF):

    - Ende 2003 entscheidet der Europäische Gerichtshof zum Thema Arbeitszeitbestimmungen;

    - Im April 2004 erhebt der Führungsstab der Luftwaffe den Warnfinger erfolglos (erst in 2007 sieht der Rest der Verteidigungsbürokratie “Klarheit ... durch die hinreichende Verdichtung der Strukturänderungen und Stationierungsentscheidungen” (Frage 9);

    - In 2007 fallen für die fliegenden Kampfverbände 0 Flugausfall-Tage aufgrund der Technik, 25 wegen des Wetters, und 154 wegen der Nicht-Verfügbarkeit der Feuerwehr an (!);

    - Die tapferen BwF werden jetzt nicht nur durch die Republik gejagt, um hier und da Flugbetrieb zu erlauben, sondern verlieren auf einen Schlag ungefähr 600 EUR/Monat durch entfallende Überstunden;

    - Den Rest der europäischen Luftwaffen betrifft das Problem nicht, den sie haben alle militärisches Feuerwehr-Personal;

    - Der trostlose Zustand der BwF-Fahrzeugflotte ist ein eigenes Kapitel.
     
  • 2. die Geschichte der Qualität der Ausbildung der Piloten:

    Die Zahl der Flugstunden/Jahr bei den Kampfverbänden betrug

    - 2006: 40.801
    - 2007: 36.193
    - 2008: 30.902 (geplant).

    Rechnet man mit den Angaben zu Frage 3, dass für den Jetflugbetrieb in 2008
    - mit TORNADO 229 Mio. EUR,
    - mit Phantom F-4F 37 Mio. EUR und
    - mit EUROFIGHTER 117 Mio. EUR, insgesamt also 383 Mio. EUR zur Verfügung stehen, kann man die “Sinkrate” der Aufwendungen für den Jetflugbetrieb grob rückrechnen (12.394 EUR pro Jet/h in 2008):

    - 2006: 505,7 Mio. EUR
    - 2007: 448,6 Mio. EUR
    - 2008: 383,0 Mio. EUR.

    In der Antwort zu Frage 7 (Kompensations-Maßnahmen) findet man die tolle Formulierung “Priorisierung fliegerischer Kernaufträge”.

Wenn Flugplätze tagelang geschlossen werden und Kampfpiloten nur noch geradeaus fliegen lernen können, dann ahnt man, wie sehr unsere Regierung die Luftwaffe mag.

{Blindflug hat Zukunft}

 

Landrüstung: Aktien

22. Mai 2005

Wer die europäische Landrüstungs-Szene betrachtet, wird nicht umhinkönnen, die gestrige Meldung (unserer Sponsoren) KRAUSS-MAFFEI/WEGMANN und RHEINMETALL zur Kenntnis zu nehmen. Angekündigt wird ein militärisches “Auto” (AMPV) für 2011, welches einige Militärs am liebsten schon heute hätten:
http://www.rheinmetall-defence.com/index.php?fid=4709&lang=2
(wir haben den Rheinmetall-Link gewählt, weil er den direkten Zugang zur Information ermöglicht)

Man mag uns Sponsorship, Nationalismus oder Goldrandlösungs-Hype unterstellen: Die Deutschen bauen nun einmal die besten “Autos”; es mag sein, dass sie hier und da etwas zu spät kommen. Wie auch immer - entscheidend ist die Zukunftsperspektive:

  • Die panzerbauendene EU-Industrie sieht quantitativ so aus;
     
  • Wie sich die Deutschen in dieser europäischen Gemengelage schütteln werden, definieren britische und französische Rüstungsentscheidungen:

    - Hatte man noch befürchtet, dass die britische FRES-Entscheidung (mit “heimlicher” französischer Verquickung) zur Dominanz führen würde, ist nun der amerikanische Maulwurf (MOWAG) der Hit: Der nur auf dem Papier existierende PIRANHA V ist der Briten erste Wahl.

    - Wenn dieses Auto in den Umfängen produziert werden würde, wie es die ursprünglichen UK-Planungen vorsahen, wäre allen Europäern die Qual der Wahl erspart. Insider meinen aber ganz entspannt, dass es sich, angesichts der UK-Haushaltsprobleme, um Beschaffungen handelt, die in der Grössenordnung von 120 Autos liegen, die nun 2014 realisiert werden sollen!

Man muss ja den Glauben an die “Goldrand”-Lösung zugunsten des Lebens der Soldaten nicht aufgeben; im Dschungel der nationalen Arbeitsplätze fällt einem das schon schwer.

Das Rennen um die Land-Pole-Position scheint noch immer offen.

{Aktien-Analysten sind die wahre Bedrohung}

 

MEADS: denkbar

4. Mai 2008

Wer morgen den SPIEGEL aufschlägt, wird über die Ausstiegserwägung des Bundesverteidigungsministeriums aus dem insgesamt 4 Mrd. USD-schweren Entwicklungs-Projekt MEADS lesen (Medium Extended Air Defense System).

Autor Alexander Szandar zitiert aus einem Brief, den Rüstungsstaatssekretär Rüdiger Wolf den Berichterstattern zum Einzelplan 14 im Haushaltsausschuss (MdB’s Kahrs, Jaffke-Witt, Kalb, Koppelin, Lötzsch, Bonde) zugesandt hat. Einen Tag (!) nach einer Sitzung der Rüstungsdirektoren der am Projekt beteiligten Nationen (U.S.A., D, I) erfahren die Haushälter über das Raketen/Luftabwehr-Projekt,

  • dass “die Realisierung des MEADS Programms im geplanten Zeit- und Kostenrahmen mit einem erheblichen Risiko verbunden sei”:
    - “... Managementdefizite in Verbindung mit technologisch wie auch kostenseitig deutlich unterschätztem Entwicklungsaufwand, insbesondere bei den Radargeräten”,
    - die mit “Mitteln der Managementreserve” eingeleiteten Gegenmassnahmen hätten “nicht den erwarteten Erfolg gebracht”.

Bisher war von den MEADS-Kommunikatoren immer nur verlautet worden, dass alles in bester Ordnung sei. Zieht man die jüngst erschienenden U.S.-Papiere bei, lernt man:

  • Der amerikanische Rechnungshof (GAO = Government Accountability Office) handelt MEADS ( http://www.gao.gov/new.items/d08467sp.pdf , pdf-S. 158 f.) bezüglich der “Reife der Technologie” für 6 “kritische” Bereiche so ab:

    - Die Bereiche Starter-Elektronik und Raketen-Integration seien entwickelt;

    - Der Radarfrequenz-Manager (Exiter), das Kühl- und der “Slip ring” für die Energie- und Kühlversorgung des Radars seien fast fertig enwickelt; nur die Transmitter/Receiver-Module, T/R) für das Radar seien “immature”.

    - Die Programm-Offiziellen würden aber erwarten, dass zum Produktionsstart in 2013 alle Baugruppen funktionsfähig seien.
     
  • Dem 2007-Jahresbericht des U.S.-Verteidigungsministeriums über ausgewählte Beschaffungsprogramme
    http://www.defenselink.mil/news/Apr2008/d20080408sars.pdf
    kann man entnehmen, dass die Kosten für die MEADS-Feuereinheit seit 2004 um 37,7 % gestiegen sind.

(Exkurs:
Mindestens einen Punkt versteht unsereins nicht:
Vor einiger Zeit hat die EADS vermeldet, dass die ansonsten in der Community hochgelobten, von den U.S.-Kollegen beneideten Radar-T/R-Module in Ulm bereits in die Produktion gehen würden?? Hat jemand Ahnung?)

Aus dem Wolf-Brief geht hervor, dass die deutsche Amtsseite von den Problemen keinerlei Ahnung hatte, und nun “mit Hochdruck in die Analysephase eintritt”; man will die Haushälter “unaufgefordert unterrichten.

Zitatwürdig ist die Drohpose im Staatssekretär-Brief, der uns als Beleg für die “Wolf-Strategie” gilt:
Wenn “keine geeigneten Maßnahmen zur Einhaltung” der im Vertrag “festgelegten Rahmenbedingungen (Kosten, Leistung, Zeit) getroffen werden, müsste den Auftragnehmern in letzter Konsequenz auch die Möglichkeit der Prüfung eines Programmabbruchs als denkbare Option vor Augen geführt werden (mit der Analyse des entsprechenden Abschnittes im MEADS-Vertrag, Haushaltsausschuss, Drs. 15/2894 wird man sich noch beschäftigen können).

In diesem Zusammenhang sollte man sich die Erklärung anschauen, die GAO-Direktor Michael J. Sullivan im U.S.Parlament abgegeben hat. Die Tabelle 1 (pdf-S. 6) kann man sich ausschneiden:

  • Die Entwicklungskosten der grossen U.S-Waffenprogramme sind um 40 % gestiegen (MEADS mit seinen 37,3 % liegt also “normal” im Rennen);
     
  • Die 95 Rüstungsprogramme weisen in 2007 einen Gesamtumfang von 1,6 Billionen USD auf; die geschätzen Beschaffungskosten weisen eine Kostensteigerung von 295 Mrd. USD aus, 26 % ab 1. Kostenschätzung:
    http://www.gao.gov/new.items/d08674t.pdf

Nach hiesigem Erkenntnisstand sind ausser den Amerikanern nur noch die Briten so detailliert auskunftsfreudig gegenüber den Steuerzahlern. Man stelle sich vor, unsere Regierung wäre so offenherzig (hier würde das Norwegen-Foto unserer Kanzlerin passen).

{Lerne: Denkbares muss vor Augen geführt werden!}

 

Streumunition: 1984

21. April 2008

Am vergangenen Freitag hat das Auswärtige Amt noch eine Pressemitteilung rausgehauen, die wahrscheinlich allgemein informierte Staatsbürger nicht sachlich, sondern marketing-mässig von der Friedfertigkeit des Aussenministers und der Politik der Bundesregierung überzeugen soll:
“Bundesregierung setzt sich für umfassendes Verbot von Streumunition ein”:
http://www.auswaertiges-amt.de/diplo/de/Infoservice/Presse/Meldungen/2008/080418-Verbot -Streumunition.html

Man kann nicht bestimmen, ob die Macher des Auswärtigen Amtes wegen des Wochendes oder vorsätzlich nicht einen “erklärenden” Hinweis (Link) an die Postierung der Online-Presseerklärung geheftet haben, der die Friedensbotschaft differenziert und konditioniert:
http://www.auswaertiges-amt.de/diplo/de/Infoservice/Presse/Meldungen/2007/071107-Streum unition.html (siehe dort den zweitletzten Link “Deutschlands 8-Punkte-Position zu Streumunition”).

Der Streit zwischen der deutschen amtlichen Position und den Streumunitions-Aktivisten liegt schon lange nicht mehr im Ob, sondern im Wie?:

  • Die (wie auch immer grosse) Fraktion der Streumunitions-Gegner will jedes Geschoss töten, welches mehr als ein gelenktes “Streu”-Teil enthällt. Das vorgebrachte Gegenargument einer 99%igen Funktionssicherheit solcher “Streu”munition wischen sie mit nicht so leicht entkräftbaren Argumenten vom Tisch (demnach hätte etwa die auf 2 präzise Submunitions-Anteile optimierte SMART-Munition keine Chance);
     
  • Wer die regierungsamtliche “8-Punkte”-Position intellektuell richtig vereinnahmt hat, weiss, dass der SMART-Horizont unter dem Banner der “alternativen Wirkmittel” beste Beschaffungschancen hat (allein die definitorische Schöpfung des Begriffs “alternative Wirkmittel” ist George Orwell’s “1984” verdächtig).

    Die Ziff. 3, 4, 5, 7 und 8 sind ein Leckerbissen für interpretationsfreudige Anhänger des “kräftigen Sowohl als Auch”-Prinzips (Glückwunsch an die smarten Schreiber).

Man muss trunken, halb irre, paranoid obsessiv oder so sein, wenn man sich dieser “Szene” widmet: Ach, der Aussenminister ist immer so beliebt.

{Hast Du dem Idioten geglaubt, dass das Alles so leicht sei?}

 

Wolf-Strategie: Elch

11. April 2008

Nach dem Jurist Rüdiger Wolf (56) seit 1. Januar 2008 als neuer (beamteter) Staatssekretär des Verteidigungsministeriums für die Bereiche Rüstung und Haushalt verantwortlich zeichnet, ist es höchste Zeit, sich mit seinem Profil zu beschäftigen.

Grundlage unserer Darstellung ist seine (u.E. erste wichtige) Rede auf dem 5. Symposium des Bundesverbandes der Luft- und Raumfahrtindustrie in Bad Godesberg am 29. Februar 2008, deren Abdruck hier zu finden ist (4 Seiten):
http://www.behoerden-spiegel.de/Internet/sub/d7e/broker.jsp?page=9&all=true&uCon=d7e50 dde-d7ae-711a-3b21-718a438ad1b2&uTem=aaaaaaaa-aaaa-aaaa-bbbb-000000000011&pages ize=10&_ic_print=true

Um den Kern der Wolf-Strategie einzufangen, empfehlen wir die AAE-Methode (Ausschneiden - Aufkleben - Einrahmen), nämlich:

Seite 2, ab Überschrift “Aspekte der Bundeswehrplanung” bis Ende des Absatzes “Mit anderen Worten” (nicht nur dieser Text enthällt eine wenig codierte, von Amtsseite geäusserte Kritik an der Rüstungsindustrie, die ihresgleichen sucht).

Damit Sie für AAE vor dem Wochenende noch genügend Antrieb haben, zitieren wir den von uns favorisierten Kern:

  • “Bedarfsgerecht ist eine Ausrüstung dann, wenn sie

    - einsatzreif ist,
    - der geforderten Qualität entspricht,
    - rechtzeitig in hinreichendem Umfang geliefert wird,
    - versorgt werden kann,
    - und über den gesamten Lebenszyklus wirtschaftlich nutzbar bleibt.”

Angesichts der “konzeptionellen Reinheit” der Wolf-Strategie werden sich (negativ) betroffene Rüstungsstrategen schon ihre Argumentationslinien zurechtlegen:

  • Nein, nein, der Wolf macht sich das geradezu populistisch einfach. Die Blödheiten der Amtsseite kehrt der massiv unter den Teppich;
     
  • Der Wolf ist nicht der Erste, der amtsantritt, um die Welt zu verbessern; er kann aus dem systemischen Geflecht auch nicht entfleuchen (augenzwinkernd hat der als 3. Listenpunkt (S.2) immerhin die “Erfordernisse der Rüstungsindustriepolitik” eingerückt);
     
  • Wenn alle Stricke reissen, müssen wir den Quertreiber über den “Kellner vom Koch” ausmannöverieren; den Jung kann man leicht einsacken.

Diese AAE-Massnahme fürs Wochende ist doch wirklich einfach und leistbar, und dienstlich! Wenn Sie dann noch Ihre wirklich Lieben AAE-rahmen, knutscht Sie der Elch!

{Wolf und Elch liegen friedlich miteinander}

 

CSAR: Rette Dich

10. April 2008

In der zivilen Welt gilt es als ausgemacht, vielfältige Mittel für die Rettung in Not befindlicher Mitmenschen bereitzustellen. Dazu gehören natürlich auch Hubschrauber, die das Kürzel SAR (Search and Rescue) am Heck tragen. Für Soldaten ist die Vorstellung noch grausamer, einen verletzten Kameraden verrecken zu lassen, auch in gegnerischem Gebiet; das Kürzel dafür lautet CSAR (Combat Search and Rescue).

1996 begann die Bundeswehr mit dem Aufbau einer CSAR-Einheit (Luftwaffe); stationiert ist sie derzeit in Schönewalde/Holzdorf (Brandenburg), und übt unentwegt mit dem Hubschraubertyp UH-1D. Die CSAR-Fähigkeit soll nicht nur in der Lage sein, Piloten und Spezialkräfte aus gegnerischem Gebiet zu retten, sondern auch deutsche Staatsbürger, die aus Krisengebieten evakuiert werden müssen; bei humanitären Katastrophen werden CSAR-Kräfte ebenfalls eingesetzt.

Die bisherige Geschichte der Bw-CSAR kann man dank des  verdienstvollen “Quengelns” der FDP-Bundestagsfraktion sehr gut nachvollziehen. Abzuladen sind dazu ihre Anfragen vom 20.2.2007 und 12. März 2008:
http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/16/043/1604354.pdf
http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/16/085/1608516.pdf

Wir beschränken dieses abenteuerliche Beispiel deutscher Rüstungspolitik auf diese Kurzgeschichte; man sollte dabei nicht vergessen, dass es sich um ein “hochpriorisiertes” Vorhaben handelt:

  • Im Jahr 2001 sollen lt. Beschaffungsplanung im Jahr 2007 die ersten 6 NH-90 CSAR ausgeliefert werden, die so ausgelegt sind, dass sie einen der insgesamt 8 (acht) vorgesehenen CSAR-Rüstsätze aufnehmen können (Komponenten des CSAR-Rüstsatzes siehe Ziff. 20 der Drucksache 16/8516);
     
  • In 2002 lehnt der Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestages das mit EUROCOPTER Deutschland (ECD) ausgehandelte CSAR-Paket ab (die damalige Begründung fehlt uns leider; kann jemand helfen?);
     
  • Im Mai 2003 legt ECD “ein neues, von der Preisgestaltung signifikant höheres Angebot” vor, mit einer Preissteigerung von ca. 16,5 Mio. EUR, für die ECD “keine nachvollziehbaren Begründungen” liefern konnte. Im Herbst 2004 werden die Gespräche mit ECD abgebrochen (Ziff. 13 der Drs. 16/4354).

    Ab Anfang 2005 ermittelt das BMVg “Einsparpotenzial”, aber “erste Verhandlungen auf dieser Basis haben aufgrund der Preisvorstellungen der Industrie noch nicht den gewünschten Erfolg gebracht. Weitere Verhandlungen werden in diesem Jahr (2007) folgen, so dass mit einem Zulauf der ersten NH90 mit CSAR-Fähigkeit voraussichtlich ab 2011 gerechnet werden kann” (Ziff. 13, Drs. 16/4354).

    Ein Jahr später verschiebt sich (in Drs. 16/8516, Ziff. 5) der erste Zulauf der NH90 CSAR auf das Jahr 2014. Wenn man genau liest, ist dies aber dem “Schätz-Angebot” von NH-Industries (NHI) vom Nov. 2007 zu entnehmen, welches nach Beurteilung des BMVg die operationellen Anforderungen dazu noch “nicht erfüllt” (Ziff. 10, 16)!
     
  • Rand-Informationen:
    - Italien und Portugal haben ihre NH90 CSAR-Pläne “aufgegeben oder zurückgestellt”;
    - Frankreich fliegt den EC725 CSAR bereits im Einsatz;
    - Deutschland ist “zurzeit die einzige Nation, die die Integration eines CSAR-Rüstsatzes in den NH90 beabsichtigt” (Ziff. 14, Drs. 16/8516);
    - “Die Bundesrepublik Deutschland hat zur Bereitstellung dieser international kritischen Ressource im Rahmen seiner internationalen Verpflichtungen in NATO und EU die Rolle der Lead Nation übernommen (Drs. 16/8516, FDP-Vorbemerkung);
    - “Ein gemeinsames Zentrum der EU im Bereich CSAR war in diesem Rahmen (Beschluss des deutsch-französischen Verteidigungsrates vom 22. Januar 2003) nicht zur Realisierung zu bringen” (Ziff. 22, Drs. 16/8516).

Bevor man angesichts solcher Geschichten “ausser sich” gerät, sollte man das “Interessen-Bekundungsverfahren” praktizieren:

  • Die hoflieferantende Industrie hat alle Hände voll, als Nr. 1 der Welt die Kunden des boomenden zivilen Marktes zu bedienen, mit ordentlichen Gewinnspannen versteht sich. Wenn mir als ECD/NHI ein knickeriger Mini-Kunde mit popeligen 8! Rüstsätzen kommt, falle ich doch nicht in Ohnmacht und lege auch noch Geld drauf. Wenn mir dazu auch noch die technische Kompetenz fehlt, die wahnsinnsgeschraubten Forderungen der Militärs zu erfüllen, habe ich schon gar keine Lust mehr, mich mit diesem Kunden ernsthaft zu beschäftigen.
     
  • Die vom Einsatz-Paradigma noch nicht so recht erfassten Beschaffer amtlicherseits haben nicht wirklich realisiert, dass sie mit ihren Mini-Aufträgen nicht als die grossen Demandeure bei der Industrie auftreten können (siehe das “Kunden”-Gefasel). Traditionell von der Politik an den heimischen (monopolisierten) Anbietermarkt gefesselt, trauen sie sich ohne ein Machtwort des Verteidigungsministers nicht wirklich, der Hochglanz-Industrie erstmals die Zähne zu zeigen (Staatssekretär Wolf zeigt immerhin erste verbale Ansätze). Ob die Parlamentarier sich zu so einer “Combat”-Lösung bereit fänden, darf man auch bezweifeln.

Dieses “Gefecht” muss man nun nur noch den Soldaten “vor Ort” erklären.

{Rette sich - wer kann}

P.S.: Wer sich am NH90 CSAR (“Hochglanz”-Mockup von 2003!) erfreuen will, muss sich dies anschauen:
http://www.b-domke.de/AviationImages/NH90/6268.html

 

Defence Blog: Vorschuss

4. April 2008

Zum gutgelingenden Wochende sollte man sich in Ruhe anschauen, was die zwei Bonner Youngster Luca Bonsignore und Christian Windeck als Beta-Version ins Netz gestellt haben:

Nach der notwendigen Registrierung zeigt sich ein konzeptionell gut und breit aufgestellter Internet-Auftritt, der eher auf die internationale Rüstungsindustrie zielt. Die “Defence Professionals” bieten mit ihrem Portal vor allem eine kommunikative Vernetzung der Rüstungs-Community, die die bisherigen Anglo-Adressen nicht leisten. Zu 15 speziellen Themen der Rüstungs- und Luft- und Raumfahrt-Industrie gibt es z.B. Blog-Möglichkeiten, die sich zu einem informativen Forum entwickeln könnten.

Unsereins wird mit einem Blog-Cluster unter http://www.defpro.com/groups/ mitsurfen (das aus unserem Logo gerade die Buchstaben Pow (Prisoner of war) ausgeschnitten wurden, ist eine nette tiefenpsychologische Fügung).

{Lorbeerkränze können jetzt auch als Vorschuss beantragt werden}
(P.S.: Hoffentlich sehen wir uns Montag ausgeruht im Dienst!)

 

CH-53: knistert

2. April 2008

Sorry, wenn wir uns schon wieder mit der anscheinend kleinkarierten Frage des CH-53-Problems beschäftigen und so spät sind. Zunächst nachzutragen ist, dass

- die FDP-Bundestagsfraktion eine zweite Kleine Anfrage (wegen Unzufriedenheit mit der ersten) gestellt hatte:
http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/16/078/1607884.pdf )

- die Antwort des BMVg darauf zwar die Drucksachen-Nr. 16/8225 hat, aber immer noch nicht auf
http://dip21.bundestag.de zu finden ist

und
deshalb hier gelagert ist.

Der Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestages hatte in seiner 55. Sitzung am 8. November 2007 das BMVg zu einem Bericht aufgefordert, ob nicht noch 10 CH-53 G auf den Rüststand CH-53 GA “produktverbessert” werden sollten (zusätzlich zu den vorgesehenen 40, deren “Produktverbesserung” (PV) für 550 Mio. EUR für 2011 bis 2014 beschlossen ist).

Nun sollte man annehmen, dass die verantwortlichen Heeresführer auf diese “Steilvorlage” des Haushaltsausschusses das Tor des Monats schiessen. Nein, daneben: Im letzten Absatz des 2,5seitigen Berichts des BMVg heisst es:

  • Ein solcher Bedarf ... ist derzeit allerdings weder festgestellt noch im Bundeswehrplan vorgesehen. Dementsprechend ist dieses Erweiterungsprogramm auch nicht im Haushalt 2008/41. Finanzplan veranschlagt. Eine Beauftragung im Jahre 2008 scheidet daher aus.”

Wenn man bedenkt, wie zentral die militärische Fähigkeit (incl. Leistung für humanitäre Katastrophen) ist, dass das geplante Nachfolge-Projekt “Future Transport Helicopter” (FTH) für 2020 in den Sternen steht, der CH-53 bis 2030 im Service sein soll, alle Prognosen für Heli-Transportbedarf steigen, und die CH-53-Flotte der Bundeswehr (80 verfügbare Systeme) gerade den jetzigen Mindestbedarf abdeckt, zeigt ein genauerer Blick auf den Zustand der Flotte wenig erbauliches:

  • Unter dem Projektnahmen “Sicherstellung der Einsatzbereitschaft” (SdE) werden von 2005 bis 2012 immerhin noch alle 82 Maschinen im “mechanischen” Anteil des SdE-Programms neuvernietet, korrosionsgeschützt und zellenverstärkt;
     
  • Für den “elektrischen Anteil” der SdE kommen im Zeitraum 2005 bis 2010 nur noch 42 Maschinen in Frage. 40 CH-53 werden also nicht neu verkabelt, erhalten keine neuen Relais und Schalter und keine elektronische Rotorblatt-Kontrollanlage (in dem 42-SdE-Elektrik-Paket sind die 20 Muster des Typs CH-53 GS enthalten);
     
  • Von 2011 - 2014 sollen, w.o. bereits dargestellt, 40 CH-53 produktverbessert (PV) werden; sie sind dann für Einsätze wie in Afghanistan tauglich. Festzuhalten ist, dass die folgenden Modifikationen für die PV nicht beauftragt worden sind:

    - Hindernis-Warnsystem,
    - Zielerkennung Freund/Feind (ZEFF),
    - Personal Locator System (PLS),
    - Link 16,
    - Behördenfunk (BOS)

    Ausserdem verbleibt, dass die 20 CH-53 des Musters GS damit nicht auf den Rüststand GA gehoben werden.

Bei den Marinefliegern (Seenot-Rettung) brennt die Hütte jetzt schon. Lt einem Bericht der “Kieler Nachrichten” (online nicht zu finden) vor einigen Tagen liegt die Soll-Stärke der SEA KING-Flieger bei 50 %, Erleichterung werde nicht vor 2009 eintreten; der Nachwuchs gehe lieber zur Bundespolizei usw.

{Bei einstürzenden Altbauten knistert es vorher deutlich hörbar}

 

MH-90: Transrapid?

28. März 2008

Liest man, was Kajo Jung auf seiner “inoffiziellen Seite der Deutschen Marine” zum Thema MH-90 zusammengetragen hat
http://www.die-marine.de/daten/mh90.htm ,
lernt man, dass die navalisierte Version des Militärhubschraubers NH 90 (MH-90) schon einmal auf das Jahr 1999 verschoben werden musste, und “nunmehr ab 2007 prognostiziert” wird.

Im Erlass des Generalinspekteurs “Bundeswehrplan 2008” liest man zum MH 90, dass er - nicht wie im Bundeswehrplan 2005 noch für 2007 mit 1,397 Mrd. EUR - sondern auf 2011 mit 1,529 Mrd. EUR (+ 9,4 %, 51 Mio. EUR/Stück) veranschlagt ist.

Die nächste Station unserer MH-90-Reise ist das “Jahresendgespräch 2007”, welches Wolfgang Legien mit dem Inspekteur der Deutschen Marine, Vize Admiral Wolfgang Nolting, geführt hat (“Wehrtechnik” IV/2007, S. 90). Nolting antwortet zur Frage nach dem MH-90 ganz codiert:
“Ich hoffe, dass die parlamentarische Billigung für ein neues Luftfahrtzeugmuster im nächsten Jahr erfolgen kann. Dieses setzt allerdings voraus, dass ein voll funktionsfähiges, den Bedürfnissen der Marine entsprechendes Muster auf dem Markt verfügbar ist.”

Auf den von EUROCOPTER (EC) beizubringenden MH-90 treffen die Nolting-Kriterien eindeutig nicht zu (dagegen behauptet www.nhindustries.com , dass eine italienische Navy-Version des NH-90 schon 2005 geflogen sei, und im August 2007 die niederländische Version).

Der weltweit führende Hubschrauber-Hersteller unter dem Dach der EADS zwingt die deutsche Marine-Führung, sich nach Alternativen umsehen zu müssen. Dazu kommt, dass der (politisch) entscheidende XXL des BMVg den MH-90 als “Goldrandlösung” bereits definitiv begraben hat.

Man könnte der Deutschen Marine bei ihrer Auswahl eines Alternativ-Musters ja gern mit halbgaren Ratschlägen helfen (darauf freuen die Verantwortlichen sich ganz besonders), aber dazu müsste man wenigstens die entsprechenden Hangar-Maße der F-123 etc. kennen (zu den folgenden Daten haben uns wieder liebe Kameraden geholfen):

  • EUROCOPTER versucht natürlich, seine COUGAR (AS 532) als Ersatz anzupreisen. Weil man dieses Muster aber nicht in den Hangar “falten” kann, dürfte das kein ernsthafter Kandidat sein;
     
  • Die italienischen Freunde von AGUSTAWESTLAND bieten ein ganz beachtliches Portfolio (U.S.-Präsidenten werden bald im modifizierten EH 101 fliegen). Die seit 1999 von diesem Hubi-Typ navalisierte AW101 sieht in ihrer Broschürenfassung
    http://www.agustawestland.com/dindoc/AW101_Maritime_web.pdf (3,5 MB) richtig proper aus. Unsereins vermutet aber, dass die “Faltmaße” dieses Musters nicht in den Hangar von F-123 etc. passen;
     
  • Die U.S. Navy bricht gerade ihren vielfältigen Bestand an Hubi-Mustern auf den Standard MH-60R herunter, dessen Faltmaße stimmen müssten, der Leistungs-Rest höchstwahrscheinlich auch (dieses Bild passt lieblich zum EADS/U.S.-Tanker-Deal).

Angesichts des Lagebildes darf man erwarten, dass

  • die Marine-Führung im Jahr 2008 mit Sicherheit keine Beschaffungsvorlage für eine MH-90-Alternative im Haushaltsausschuss plazieren wird (da werden Gelder frei!),
  • das bürokratische Gerangel die Zeit über jede Gebühr dehnen wird,
  • und statt 1999 oder 2007 in den Jahren nach 2015 irgendwann ein Marinehubschrauber auf der F 123 (oder im Seenot-Rettungsdienst) landen wird, der nicht wie der (N)MH-90 aussieht.

{Plane nur mit wirklicher Kompetenz (schreibe Transrapid-Vergleich!)}

(P.S.: Zur Entspannung ins schöne Wochenende reicht das doch wohl (oder)?):
http://shock.military.com/Shock/videos.do?displayContent=164333&ESRC=dod.nl

 

Waffenlücke: Wahnsinn

13. März 2008

Wenn sich Halbgares im Kopf zusammenbraut, liebe Kollegen (wie z.B. Thomas A. Meuter) und extrem sachkundige Kameraden (Danke) unsereins mit gutem Rat Hilfe leisten, kann man sich an die “Welt da draussen” mit der Bitte um Nachhilfe wenden, ggf., ob das Thema, aus welchen Gründen auch immer, klar verfehlt ist.

Die Fragestellung lautet:

  • Ist im Kontinium einer spezifizierten1) Waffenwirkung im Bereich der direkt sichtbaren (und nicht direkt sichtbaren) Bekämpfung von sog. “weichen und halbharten” Zielen im Entfernungsspektrum von 1 km - 10 km (+) eine Waffenlücke vorhanden (gemeint ist insbesondere das Feld der “asymetrischen” Kriegführung)?

    1) d.h. geradezu “panische” Beachtung des Genfer Zusatzprotolls von 1977: Vermeidung von “Kollateralschäden”, siehe auch “hearts and minds”.

Zunächst werfen wir einen Blick auf das derzeitige Waffenarsenal:

  • Der Bereich 0 - grob 1 km ist abgedeckt: Leichte Maschinengewehre (Kaliber 7,62 mm, schwere Maschinengewehre (Kal. 12,7 mm), entsprechende Scharfschützen-Gewehre. Granatmaschinen-Waffen (Kal. 40 mm) wirken bis 1,2 km zwar effektiv, aber weniger “spezifiziert”;
     
  • Im 2 km-Bereich muss man beachten, dass die alte, als “Panzer-Abwehr-Rakete” eingestufte MILAN (2) in ihrer “Zweitrolle” bisher zu grob 80 % gegen weiche und halbharte Ziele tatsächlich eingesetzt worden ist (sie war nicht im Arsenal der Norwegischen QRF im Regional Command North ISAF, ist aber im Bw-Bestand noch mit grob 10.000 Exemplaren gebucht). Mit einer Gefechtskopfmasse von rund 2 kg Sprengstoff ist sie allerdings auch nicht gerade “spezifiziert”;
     
  • Im 2-6(8)-km-Bereich dominiert der Mörser. Üblicherweise soll 1 “Salve” (!) verschossen werden, was bedeutet, dass jeweils 4 Schuss von 4 Mörsern mit einer Ablage von 30X30 m (mit wieviel Gechtskopfmasse?) unspezifiziert einschlagen.

    Die “Mörser”-Lage der Bundeswehr darf man als bekannt voraussetzen: Konzeptionell und praktisch ist dieses Reichweiten-Band total unterbelichtet. Modernste “Rucksack”-Mörser-Technologie findet nicht statt; allenfalls betreibt man sophistische Goldrandlösungen auf Blechdosen.

Kann man aus dieser Lage die idealtypischen Forderungen an die deutsche Rüstungsindustrie ableiten (aufgrund der Drangsal muss man auswärts einkaufen?)?:

  • Im 2km+-Reichweiten-Band müsste eine grob 30mm-Rakete physikalisch machbar sein, die mit einer dementsprechend zugemessenen Sprengstoffmasse von ca. 500 Gramm es einem “Gewehr”-tragenden Soldaten ermöglicht, den Gegner im direkt gerichteten Schuss präzise auf Abstand zu halten;
     
  • Im Reichweiten-Band von 2 - 10 km wird wahrscheinlich nur die ballistische Bekämpfung (Top attack) helfen:

    - Zunächst ist die genaue stationäre Bekämpfung gefragt; die pysikalischen Grenzwerte dafür sind nicht besonders herausfordernd;

    - Die waffentechnische Herausforderung ist, im dementsprechenden Reichweitenband eine technologische Antwort zu bieten, die mobile Ziele (mit dem entsprechenden “Record”) bekämpft.

Sorry, wenn man mit solchen Ergüssen die Bühne betritt, muss man gewahr sein, dass Zeitgenossen einem derart Mores lehren, dass es einem die Sprache verschlägt. Schliessen Sie sich an!

{Du musst nur einen Wahnsinns-Kumpel haben}

 

KC-45A: Rechnung (+ Nachtrag 4.3.)

3. März 2008

Auf dem Gebiet der Fragen von strategischen Rüstungsentscheidungen kann die U.S. Air Force für sich beanspruchen, eine Guinness-World-Record-Eintragung für sich zu buchen:
Aus ganz allein sachlichen Gründen des “more” entscheidet sich die Teilstreitkraft, gegen jedwedes “nationales Interesse”, den Auftrag für die Zukunft der unglaublichen U.S.-Tanker-Flotte von bummelig 580 Flugzeugen zunächst auf 179 KC-45A-Muster auf
http://www.northropgrumman.com/kc45/ zu entscheiden
(weiterführend ist
http://www.defenselink.mil/transcripts/transcript.aspx?transcriptid=4163 und
(verschwöhrungstheoretisch hatten wir eben noch einen 16-seitigen Af.Mil-Link zu einem pdf zum Thema KC-X, aber der ist u.E. weg - detailliert war ein tolles Tableau zur Entscheidung. Auf
www.af.mil , suche z.B. KC-X; siehe Nachtrag).

BOEING hat augenscheinlich 40.000 amerikanische Arbeitsplätze versprochen,
http://www.defenselink.mil/transcripts/transcript.aspx?transcriptid=4163
Northrop Grumman bietet 25.000 (Link s.o.).

Natürlich ist die Endgültigkeit dieses Themas noch in ganz nassen Tüchern, aber die Tatsache, dass die U.S.A ihr 2. oder 3.grösstes Rüstungsprojekt aus dem europäischen Airbus-Projekt A330 (MRTT) füllen könnten, ist für die EADS, Europa, und die U.S.Politik von ganz neuem Format.

Die “Balance” der bisher für die Amis favorisierten, transatlantischen Ausgaben-Rechnung müsste “umschlagen”: Steht Europa plötzlich in der Schuld  des “Offset”?

{Rechnungen mach ich, wie es mir beliebt}

Nachtrag 4.3.:

Hier ist das “verschwörungstheoretisch verschwundene” KC-X--Papier:
http://www.amc.af.mil/shared/media/document/AFD-070227-044.pdf

 

CH-53: schmerzlich

21. Februar 2008

Man muss gar kein entsprechendes Zitat von Verteidigungsminister Jung suchen, um den Beweis dafür zu führen, dass der oberste Grundsatz gilt, dass für die Bundeswehr im Einsatz alles getan wird. Dieser hehre Schwur ist eigentlich selbstverständlich und wahrscheinlich jedem interessierten Bundesbürger auch gegenwärtig.

Vertieft man sich allerdings in die Nachprüfung, ob das Verteidigungsministerium diesen “heiligen” Grundsatz in den entsprechenden Einzelfragen auch durchdekliniert, ist wohl Zweifel berechtigt. Die FDP-Bundestagsfraktion hat am Beispiel des schweren Transporthubschraubers vom Typ CH-53 vorexerziert und zwei Kleine Anfragen gestellt (die 2. ist nachgeschoben worden, weil die 1. (Drucksache 16/7588) von der Bundesregierung als “teilweise unzureichend” betrachtet wird, “bzw. .. keine eindeutige Auskunft” gegeben worden sei. Seit gestern liegen nun die 35 Antworten des BMVg auf die 2. Anfrage der FDP-Fraktion (nur die Fragen in:
http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/16/078/1607884.pdf ;
in einigen Tagen werden die Antworten an gleicher Stelle zu finden sein).

Nach aller Logik gesteht das BMVg in der Antwort zu Frage 11 ein, dass der “heilige Schwur” nicht wirklich eingehalten wird:

  • “Der aus der Konzeption der Bundeswehr (KdB) abgeleitete Auftrag lässt sich unter den gegebenen Rahmenbedingungen (Infrastruktur, Personal und Haushaltsmittel) mit den für die Zielstruktur des Heeres in 2012 vorgesehenen 80 Lfz CH-53 ... hinreichend erfüllen.”

Liest man die Antworten auf die 2. FDP-Anfrage genauer durch, erkennt man, auf welchen wackeligen Füssen die weltweit dringend nachgefragte Hubschrauber-Fähigkeit des Exportweltmeisters steht:

  • Von den insgesamt 80 CH-53 haben nur 20 den Rüststand, der für Auslandseinsätze gefordert ist: das Typmuster CH-53 GS;
     
  • Von den restlichen 60 normalen CH-53 werden bis zum St.Nimmerleinstag in 2014 40 Maschinen auf den Rüststand CH-53 GA gebracht (beginnend ab 2011). Da es sich dabei im wesentlichen um eine “qualitative Verbesserung der Avionikausrüstung” handelt, werden die 20 GS-Versionen der CH-53 im harten Einsatz “allein” bleiben;
     
  • Der Bestand der einsatztauglichen CH-53 GS wird dadurch reduziert, dass daheim Ausbildung betrieben werden muss (1.000 Flugstunden/Jahr = ca. 8 Flgz.)); nach Abzug der in der Überholung befindlichen und für potentielle Evakuierungsmassnahmen vorgehaltenen CH-53 GS verbleibt ein Pulk von 6 CH-53 GS für den Einsatz in Afghanistan, genauer: die Mindestforderung nur für das zu verantwortende “Regional Command North” von ISAF. Mit anderen Worten: Für den “Friedensbetrieb” im Norden AFG ist die Bundeswehr bereits “am Anschlag”; jede zusätzliche Forderung würde die Überdehnung beweisen; siehe dazu auch Antwort auf Frage 9: “Eine Abdeckung des gesamten Einsatzraumes RC North mit diesen begrenzten Mitteln ist allerdings unrealistisch”);
     
  • Hochinteressant ist die Antwort auf Frage 22:

    “Zurzeit verfügt die Division Luftbewegliche Operationen (DLO) lediglich über zwei Luftfahrzeugführer (LFF) mit der Qualifikation Fluglehrer/BIV (Bildverstärker)/Gebirge. Mit diesem Ausbilderkern werden innerhalb der Verbände diese Fähigkeiten aufgebaut. Im ISAF-Einsatz kann diese Fähigkeit jedoch nicht durchhaltefähig bereitgestellt werden ... Absicht DLO ist es, ab April 2008 durchhaltefähig eine ausgebildete Besatzung für ISAF stellen zu können.”

    Etwas polemisch dürfte man feststellen, dass sich die 80 Maschinen-starke CH-53-Flotte des sehr potenten Bündnispartners Deutschland letztlich auf einen einzigen Hubschrauber reduziert, der rundum einsatzfähig ist.

Ist das CH-53-Feld das einzige, auf dem man den “heiligen Schwur” hinterfragen kann? Es wird Hunderte von führenden Einsatzsoldaten geben, die mit ihren von manchen als “pea nuts” angesehenen Forderungen täglich verzweifeln. Abhilfe könnte nur ein dramatischer Ukas des Ministers bringen, der mit donnernder Deutlichkeit den “heiligen Schwur” jedem Verantwortlichen den Platz Eins in die Birne schreibt, nachhaltig und ohne den leisesten Widerspruch.

{Sun Tsu sagt: Führung ist Eindeutigkeit; jeder Verstoss wird schmerzlich geahndet}

 

SysFla: extraordinär

19. Februar 2008

Eher zum Ende dieses Jahres wird den Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestages eine sog. “25 Mio.-Vorlage” erreichen, die das Kürzel SysFla trägt. Nachgefragt werden 900 Mio. EUR für die “Projektierung” des stationären Kostenanteils für ein System der Flugabwehr, das bis Ende 2014 aufgebaut werden soll. Für die mobile Fla-Fähigkeit wünscht man sich zusätzliche 420 Mio. EUR im Zeitraum 2009 bis 2014, die aber bisher nicht im Bundeswehrplan des Generalinspekteurs abgebildet worden sind. Letztlich schlägt das SysFla bei Heer, Marine und Luftwaffe bis zum Jahr 2019 mit 3,6 Mrd. EUR zu Buche.

In der “Abschliessenden funktionalen Forderung” (AF), dem sozusagen begründenden Grundsatz-Dokument, vom Generalinspekteur am 15. Febr. 2007 unterzeichnet, wird SysFla so begründet (kursiv v. Verf.):

  • “Das System Flugabwehr (SysFla) ist Bestandteil der aktiven Luftverteidigung (LV) in der unteren Abfangschicht und dient dem Schutz in allen Bereichen, in denen die weitreichende, bodengebundene LV auf Grund von Geländegegebenheiten, mangelnder taktischer Beweglichkeit, Verwundbarkeit durch Waffenwirkung feindlicher Landstreitkräfte, Verfügbarkeit und Effizienz diesen nicht ausreichend sicherstellen kann. Dies gilt insbesondere für hoch mobile Truppenteile (TrT) bzw. mobile Einrichtungen in Phasen hochintensiver, konventioneller Gefechtsführung sowie für Einzelobjekte.

    Es befähigt zur Abwehr von Luftkriegsmitteln im Nah- und Nächstbereich und wirkt hierin gegen das gesamte Zielspektrum der Luftkriegsmittel in Flughöhen bis 5.000 m und einer Trefferentfernung bis 10.000 m ...”

Weil ja noch etwas Zeit zur Diskussion ist, darf man sich anfangs locker positionieren:

  • Aus dem gesamten SyFla-Konzept muss man die asymetrische Komponente herausnehmen (was seitens des BMVg auch getan wird): Das Skyshield-System von RHEINMETALL. Das bis 2009 mit 50 Mio. EUR geförderte Projekt verspricht mit Waffe und Munition eine Leistung, die weltweit (insbesondere von Israel) dringend nachgefragt wird: C-RAM (Counter unguided rockets, artillery projectiles, mortar shells);
     
  • Der mit 47 sehr ambitiösen Leistungsforderungen belegte Rest von SysFla gehört eher in die Kategorie der “hochintensiven, konventionellen Gefechtsführung”, die natürlich einer bedrohungsgerechten Herleitung bedarf. Die zwei Diskutanten-Lager kann man schon heute ausmachen:

    - Nie mehr wird ein symetrischer Krieg von der Bundeswehr auszufechten sein, in dem man für das volle Spektrum von offensive vers. defense auf allen kleinsten Abschnitten gerüstet sein muss. Die Luftwaffe hat die Luftherrschaft herzustellen - und deshalb wird das Heer auf einen friedlichen Himmel vertrauen können;

    - Die “Paranoiker” der “ungewissen Zukunft” werden dagegenhalten, dass der Verlust von “Teil”-Fähigkeiten letztlich im Verlust von Gesamt-Fähigkeit endet.

U.E. ist die SysFla-Debatte ein exemplarisches Beispiel dafür, welchem langfristigen Trend diese Republik folgen will. SysFla wäre bummelig in 2020 relevant und hätte eine Wirkungsdauer von 25 Jahren. Eigentlich darf man sich (trotz fortgeschrittenen Alters) nicht um Perspektiven herumdrücken, die bei 2050 liegen (wer Enkelkinder hat, dürfte damit keine Schwierigkeiten haben).

{Ja, die Zukunft ist eine extraordinäre Kategorie}

 

A400M: besänftigend

14. Februar 2008

Gerhard Morsch wollte gestern “Optimismus rüberbringen”: “Es ist nicht alles so schlecht, wie die Gazetten berichten”. Im “Club der Luftfahrt” ( www.club-der-luftfahrt.de ) präsentierte der Projektleiter A400M des Bundesamtes für Wehrtechnik und Beschaffung (BWB, in Koblenz) mit dem Titel “Die ersten A400M Flugzeuge zum Anfassen” einen sehr besänftigenden Ausblick über die Zukunft des Militärtransporters:

  • Die Verschiebung des für den Jan. 2008 geplanten Erstfluges um 9 Monate (+ 3 Monate “Risiko”) sei für Deutschland “nicht so tragisch”; die für April 2012 versprochene Anfangskapazität (IOC) von 12 Flugzeugen könne gehalten werden. In 2015/16 könne man bezüglich aller Lieferzusagen wieder ins Lot kommen;
     
  • 2 Jahre hätten die Nutzer-Staaten erfolglos über ein gemeinsames MRO-Konzept (Maintenance, Repair, Overhaul) verhandelt (der gemeinsame Standort wäre ein Schnäppchen). Diese oder nächste Woche würden die Deutschen entscheiden, wer die nationale Ausschreibung gewonnen hat. Von den sechs Anbietern kommen zwei aus der Heimat: EADS und Lufthansa-Technik;
     
  • Die Frage nach den zu erwartenden Betriebskosten konnte Direktor Morsch nicht beantworten. Man wolle aber “dramatisch” unter die der C-160 TRANSALL kommen;
     
  • Der neue deutsche Schützenpanzer PUMA sei zwar nicht in der 1996 vereinbarten Cargo-Load-Liste verzeichnet. Seit einer Woche läge dem BWB aber eine Studie vor, die den PUMA-Transport bestätige. Man müsse allerdings Platten zur Lastverteilung unterlegen, die in der Marge des Transportgewichts von 32 t enthalten seien;
     
  • Ebenfallls kurz bevor stehe der Erstflug einer C-130 HERCULES, in die eine komplette Einheit des Turboprop-Antriebes (der A400M) zu Testzwecken eingerüstet worden ist. Hier merkte man doch, dass der BWB-Direktor andächtig wurde. Sein besonderer Hinweis, dass das Getriebe als Problemzone “nicht zu unterschätzen” sei, bestätigt alte Unkenrufe der “Gazetten”.

{Optimismus ist halt abgrundtiefes Vertrauen zu den obwaltenden Mächten}

 

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