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D e u t s c h l a n d - aktuell

 

 

Verschwörungstransparenz: Aua

27. November 2009

Einen Begriff hat Verteidigungsminister Freiherr zu Guttenberg für die Informationspolitik des Verteidigungsressorts geschmiedet, der nicht mehr einholbar ist: TRANSPARENZ. Denkt man systemisch, muss der ihm auf die Füsse fallen.

Betrachtet man das Feld der Meldungen und Kommentare nach der BILD-Bombe von gestern
http://www.bild.de/BILD/politik/2009/11/26/bomben-video-kunduz-in-afghanistan/verschwieg -minister-jung-die-wahrheit-ueber-die_20bombardierung.html,

muss man sich u.E. lagegerecht sortieren:

  • BILD hat den Teil (oder noch mehr?) des 20. Kontingent-Lageberichts des deutschen Oberkommandierenden des Regionalkommandos Nord, AFG (RC North), ergattert, den nur die Feldjäger beigesteuert haben. Sie haben mit CD’s und Videos und tausend Anlagen Zusammenhänge des von Oberst Klein auf die zwei von den Taliban gekaperten Tanklastzüge am 4./5. September 09 dokumentiert. Dieser 20. Kontingent/Feldjäger-Bericht lag ab dem 14. September 2009 dem Einsatzführungsstab im BMVg (Vorsitz Generalinspekteur) vor;
     
  • Man muss sich jedoch vor Augen führen, dass diese 20. Feldjäger-Dokumentation nur die einzelnen Meldungen belegen, die die die Feldjäger nach dem 5. Sept. fast in Echtzeit nach Berlin gekabelt haben.

In manchen Kommentaren geistert nun schon die Verschwörungstheorie herum, dass die “führenden Militärs” der Politik vorsätzlich entscheidende Meldungen von der Front vorenthalten haben. Klar ist, dass diese Art von “Verschwörungstheorie” für das Ansehen der führenden Militärs tödlich wirken muss.

“Melden macht frei” - jeder Bw-Sozialisierte kennt diesen Spruch; und dass das “Meldewesen” der Bundeswehr (bis Berlin) absolut intakt und hervorragend ist, beweisen alle Kontingentberichte incl. des besagten 20ten. (dessen Gesamtfassung wir gerne hätten).

Sorry wegen der langen Vorrede:

  • Aus der Korrektheit des militärischen “Meldewesens” müsste man zwingend schlussfolgern, dass der Generalinspekteur seinem Minister sehr zeitnah (5. Sept.) die Feldjäger-Meldungen hinsichtlich ziviler Opfer nahegebracht haben müsste
    (und man sollte bitteschön nicht jeden 15-Jährigen zum Taliban stilisieren, wenn man wissen muss, dass dieselben per Kalashnikow Betende aus der Moschee zum Benzinklau befohlen haben - könnten? Und diese durchschimmernde Häme, dass es schon die “Richtigen” getroffen habe, ist unerträglich);
     
  • Wenn herauskommen sollte, dass “die Militärs”, aus wie auch immer deklarierten Gründen, politisch “brisante” Informationen absichtlich vorenthalten haben, könnte Ex-Verteidigungsminister Jung (zu unserem Leidwesen) unangefochten aus dem Ring steigen. Und der Schaden für das Label “Militärische Führung” wäre extraordinär.

Im Übrigen weiss Freiherr zu Guttenberg wohl sehr genau, dass er gerade an seiner ersten Klippe ganz elegant vorbeischrammt:

  • Frisch im Amt hatte er, nur aufgrund des “NATO-Berichtes”, Oberst Klein die militärische Angemessenheit seiner Entscheidung attestiert (wie Schneiderhan);
     
  • Seit gestern will er “selbstverständlich auch eine Neubewertung der Vorfälle vornehmen auf der Grundlage der Berichte, die mir einer Gesamtschau gegeben sind” ( www.bundeswehr.de  - man ist gespannt).

In der Frage des soldatischen Selbstverständnisses kommt damit eine erhebliche (alte) Frage auf die Truppe zu:

  • Wann “kündige” ich meinem Kameraden die Gefolgschaft?
     
  • Gestehe ich meinem Kameraden zu, dass er in einer unvorstellbar “brenzlichen” Situation einen “fahrlässigen” Fehler begangen hat? Und stehe ich ihm - nur in der gebotenen Distanz - so bei?
     
  • Ist die Informationsarbeit des BMVg in der Lage, diese Zerissenheit kommunikativ zu vermitteln?
    (komplizierte Sachverhalte sind der Feind jeglicher Informationsarbeit).

{Krisenkommunikation: gestehe Hilflosigkeit ruhig ein - aua}

 

AWACS-Halbwahrheit: Original

18. November 2009

Nach Betrachtung der ARD-Tagesschau (und sonstiger Nachrichten-Produzenten?) wird der deutsche Michel zu dem Ergebnis kommen müssen, dass ein deutscher Beitrag zu dem geplanten AWACS-Einsatz zur Regelung des Flugverkehrs über Afghanistan endgültig begraben ist, so die vorgebliche Entscheidung der Bundesregierung.

(Ungenannte) Grundlage dieser Meldungen ist ein Brief von Aussenminister Westerwelle und Verteidigungsminister Freiherr zu Guttenberg an die Fraktionsvorsitzenden der im Bundestag vertretenden Parteien (incl. CSU), datiert vom 16. November.

Völlig zutreffend ist nur, dass die Verlängerung des vom Bundestag am 2. Juli 2009 genehmigten Mandats betreffend AWACS-Einsatz über AFG von der Bundesregierung derzeit “nicht beantragt” werden wird.

Was die Medien-Sensation aber zur Halbwahrheit abstraft, liest sich im Original  so:

  • “Die als langfristige Lösung vorgesehene Stationierung von NATO-AWACS in der Golfregion ist derzeit wegen stockender Verhandlungen über ein Stationierungsabkommen blockiert. Die Verhandlungen werden mit Priorität und unter Einsatz des NATO-Generalsekretärs fortgeführt. Sollten im Laufe des Jahres 2010 die noch fehlenden Voraussetzungen für einen Einsatz der NATO-AWACS geschaffen werden, wird die Bundesregierung dem Bundestag ein entsprechendes Mandat zur Billigung vorlegen.”

{Manche Medien-Wahrheit muss nicht unbedingt unsterblich sein}

 

PR-”Dienst”-Hoheit: nachblättern

18. November 2009

Die Öffentlichkeitsarbeit (ÖA) des Bundesverteidigungsministeriums steht schon sehr lange in der Kritik. Bestes Beispiel sind die vergangenen (grausigen) vier Jahre. Ex-Pressesprecher Thomas Raabe hatte intensiv gelernt (siehe Vita), dass ÖA schlicht Vorgesetzten-Marketing zu sein hat; jede dem Glanz des Ministers nicht dienliche Info muss ge-orwellt werden.

Den neuen (und vom Minister bestallten) Leiter des “Presse- und Informationsstabes des BMVg”, Steffen Moritz, hat sein Stellvertreter, Kapitän zur See Christian Dienst (von Raabe bestallt, unvergessen in seinen ÖA-”Künsten” seit dem Tod des Marinesoldaten Samuel Scheffelmeier), gleich zu Amtsbeginn ein “Friendly Fire” beschert, das zumindest gewöhnungsbedürftig ist.

In seinem (undatierten) Rundschreiben an “die Leiter der Presse- und Informationszentren” der Presseorganisation der Bw erklärt KzS Dienst seinen Kameraden und Kollegen:

  • Im zweiten Satz:

    “Bundesminister der Verteidigung Karl-Theodor zu Guttenberg legt persönlich grossen Wert auf Transparenz - auch und gerade in schwierigen Bereichen - und unterstützt eine entsprechende Informationsarbeit. (“Wir stellen uns!”).”
     
  • Im “letzten” Satz stutzt er die persönliche Wertschätzung der Transparenz des Ministers kräftig:

    “In einem Satz: Neue Transparenz ja, aber nicht zu Lasten von Schutz, Führungsfähigkeit und Erscheinungsbild.”
    (was natürliche eine Frage der “Dienst-lichen” Interpretation ist).

Weil wir das Bundesverfassungsgericht über alle Bundesorgane mögen, zitieren wir gern ellenlang aus der Entscheidung “BVerGE 44, 125 - Öffentlichkeitsarbeit” des Zweiten Senats vom 2. März 1977:

  • “Eine verantwortliche Teilhabe der Bürger an der politischen Willensbildung des Volkes setzt voraus, dass der Einzelne von den zu entscheidenden Sachfragen, von den durch die verfassten Staatsorgane getroffenen Entscheidungen, Massnahmen und Lösungsvorschlägen genügend (?!) weiss, um sie zu beurteilen, billigen oder verwerfen zu können. Auch dazu vermag staatliche Öffentlichkeitsarbeit einen wesentlichen Beitrag zu leisten. Je mehr der Einzelne auf diese Weise zur eigenen Beurteilung aufgerufen und in ihm das Bewusstsein wachgehalten wird, als selbstverantwortliches Glied der Rechtsgemeinschaft die Gestaltung, Ausformung und Konkretisierung der für alle verbindlichen Rechtsordnung zu beeinflussen und an den grundlegenden politischen Entscheidungen beteiligt zu sein, um so leichter wird es ihm, den vom Grundgesetz verfassten Staat, der ihm diese Möglichkeiten eröffnet, als seinen Staat anzunehmen.”

Wenn Öffentlichkeitsarbeit immer als so “kriegsentscheidend” dargestellt wird, ist es an der Zeit, dass der Dienstherr noch einmal nachblättert.

{Gerade im Herbst ist die Zeit, nachzublättern}

 

Kanzlerin-Rede: versprechen

4. November 2009

Die gestrige Rede von Bundeskanzlerin Angela Merkel vor dem U.S.-Parlament darf man schon als gelungene Werbeveranstaltung für die “Mittelmacht” Deutschland betrachten, so man überhaupt auf eine gewisse Reputation beim amerikanischen Bündnisführer Wert legt:
http://www.bundesregierung.de/Content/DE/Rede/2009/11/2009-11-03-rede-merkel-usa.htm l

Wenige Randnotizen erlauben wir uns:

  • Kanzlerin Merkel glaubt augenscheinlich an einen “Willen der Geschichte”:

    “... es ist wunderbar, dass die Geschichte es so wollte ...” (dass sie, mit ihrer Vita, und Fritz Stern dort waren);
    (zu gern würden wir über dieses Thema schreiben - “Willen”, “List”, “wehender Mantel” der Geschichte oder Fügung durch den ALLMÄCHTIGEN, wie z.B. von Muslimen geglaubt. Wird man dann in der weissen Jacke mit den Knöpfen hinten abgeführt?);
     
  • Im Ablauf der Iran-Passage hat uns der Atem gestockt:
    - A-Bombe ... Israel Existenzrecht abspricht ... “darf es nicht geben”;
    - Sicherheit Israels “ist für mich niemals verhandelbar ...”;
    - “Wer Israel bedroht, bedroht auch uns”;

    Und dann kommt das logisch halsbrecherische Mannöver (EF 2000 mit Nachbrenner in den abrupten Down-turn): “... notfalls mit harten wirtschaftlichen Sanktionen”. War das ein vorbedachtes Signal, dass bei “notfalls” militärischen Sanktionen man nicht soo ernsthaft protestieren würde?
     
  • Die Verpflichtung in Sachen Afghanistan mit dem schönen Begriff “Übergabestrategie” ist eindeutig genug;
     
  • Man muss es “Wink mit dem Zaunpfahl” ansehen, dass die Kanzlerin sich das “unschätzbare” Angebot von George Bush senior vom Mai 1989 als kleinen Absatz in ihrer Rede ausgesucht hat. Damals war das “Partnership in Leadership”-Angebot an Deutschland (nicht an England oder Frankreich) tatsächlich eine Bombe in der strategischen Landschaft.

    Wenn man den lesenswerten Kommentar von Anne Applebaum liest, hat man das deja vu´:
    http://www.washingtonpost.com/wp-dyn/content/article/2009/11/02/AR200911020244 9.html )

{Ich verspreche  - äääh - verspreche mich}

 

Koalitionsvertrag: Drücke

26. Oktober 2009

Uijuuhijuhii - haben die Verteidiger ein Schwein! Die List der Weltgeschichte muss ein Einsehen gehabt haben nach ihrer 4-jährigen Leidenszeit. Wir teilen die allseits vergebenen Vorschusslorbeeren und freuen uns auf (Dr. jur.) Karl-Theodor Freiherr zu Guttenberg.

Den Koalitionsvertrag der neuen Regierung, vom 24. Oktober 2009 liest man als Fachidiot wenigstens ab Seite 105. Beachtlich finden wir, dass

  • die EU-Sicherheits- und Verteidigungspolitik gewaltig nach vorn gebracht werden soll
    (unsere französischen und britischen Freunde werden zucken);
     
  • “der NATO-Rat (soll) wieder zum zentralen Ort der sicherheitspolitischen Debatte” werden (alte Schröder/Merkel-Forderung);
     
  • die “nukleare Teilhabe” endet (in CDU und CSU muss sich wohl kein “Fighter” gefunden haben, der das “Glasperlenspiel” (H. Hesse; in memoriam Klaus-Peter Stratmann) der Nuklearstrategie der FDP überzeugend erklären konnte);
     
  • die Bundesregierung das deutsche “Engagement in Afghanistan als eine Aufgabe von besonderem nationalen Interesse” definiert und “auch weiterhin einen der Bedeutung dieser Aufgabe angemessenen Beitrag leisten will”;
     
  • “zusätzliche einsatzbedingte Aufwendungen für kurzfristige und unvorhersehbare Verpflichtungen” aus dem Einzelplan 60 bezahlt werden (wenigstens etwas).

Durch Änderung der Schriftgrösse wird man das zentrale Terrain des neuen Verteidigungsministers auf 1 Seite zusammendampfen können:

  • Zum 1. 1. 2011 wird die Wehrpflicht auf 6 Monate reduziert. Das verborgenene, strategische Ziel der Wehrpflichtbefürworter ist sowieso nur noch die praktische Frage, wie man den jährlichen Ergänzungsbedarf an grob 20.000 Längerdienern bedient. Ohne Wehrpflicht, angesichts der demographischen Entwicklung, ist das ein unsicheres und teueres Unterfangen; zudem würde die Bundeswehr in ihrem Umfang von heute auf morgen von 250.000 Soldatinnen und Soldaten auf mindestens 180.000 absacken müssen (man könnte eine Vergleichsstudie in Auftrag geben);
     
  • Freiherr zu Guttenberg hat mit dem Auftrag, eine Kommission einzusetzen, die “bis Ende 2010 einen Vorschlag für Eckpunkte einer neuen Organisationsstruktur der Bundeswehr ... zu erarbeiten hat”, freie Hand für die Transformation “light” der Bw 2010+. Darüber kann man z.B. Heer und Luftwaffe zwingen, die Bereinigungen vorzunehmen, die die Marine schon geleistet hat - und noch viel mehr!
     
  • So richtig das “Attraktivitätsprogramm” ist, um so mehr wird man nach dem Preisschild fragen müssen (das ist verdammt hoch);
     
  • Die wehrtechnische Industrie wird gar nicht meckern können über den Rang, den sie im Koalitionsvertrag geniesst. Wenn es das BMVg wirklich schafft, die “wehrtechnischen Kernfähigkeiten festzulegen und umzusetzen”, dann hört endlich die Gültigkeit des bisherigen 5-seitigen Dokuments auf, in dessen Floskeln sich jeder wiederfinden konnte (findet man hier irgendwo);
     
  • Die Tranche 3b des EUROFIGHTER ist deshalb nicht tot, weil die Strafzahlungen bei Nichtabnahme so teuer wären, als liesse man sich die 37 (?) Flieger auf den Hof stellen. Die Exportanrechnung ist ein eleganter Versuch, sich aus der Klemme zu winden;
     
  • Nicht nur Tom Enders, AIRBUS-CEO, sondern alle deutschen, britischen, spanischen  und französischen A400M-Freaks, werden fassungslos sein, wenn sie diesen einen Satz lesen, der wirklich so im Koalitionsvertrag steht (wer hat den so dahinein gebracht? - kann nur die FDP gewesen sein):
    “Beim Rüstungsprojekt A 400 M besteht die Koalition auf vollständiger Erfüllung des Vertrages.”

    Sorry - nach allem, was wir zu A400M je gelernt haben, müsste die buchstabengetreue Exekution (“vollständig”) dieses “Regierungsbeschlusses” das AUS des 20 Mrd. EUR-Projektes zur Folge haben. Die Briten werden “amused” sein, Sarkozy ist nicht der Einzige, der tobt.

    Der (französische, spanische, deutsche) Lobbydruck wird jetzt erst richtig loslegen. Ob die CDU/CSU/FDP-Koalition diesen einen Satz nun wirklich soo ernst nehmen wird, muss man nicht unbedingt glauben.

{Politik ist doch nicht Physik: “Druck erzeugt Gegendruck” - Oder doch?}

 

Viel Glück, Alexander!

12. Oktober 2009, Berlin

Eigentlich müsste es ja so sein: Abendlich ist Kaiserwetter in Berlin. Auf dem stillgelegten Flugplatz Tempelhof findet eine prächtige Militärparade statt; eine Staffel EUROFIGHTER, eine Staffel TORNADO donnern im Tiefflug über Menge der Ehrengäste, an die absichtlich keine Lärmstöpsel ausgegeben worden sind. Beim abschliessenden Grossen Zapfenstreich wird verabschiedet:

  • ALEXANDER SZANDAR, der rund 20 Jahre der verteidigungspolitische Redakteur des SPIEGEL war.

Die Zusammenstellung seiner gesamten Arbeiten würde beweisen, was in einer Festrede vielleicht pathetisch klingen würde: Es geht ein Mann von Bord, den man nicht gehen lassen dürfte.

Aus langer persönlicher Erfahrung sagen wir:

  • Lieber Alexander: Allermächtigsten Dank für Deine Freundschaft und übergrosse Kameradschaft in all den schönen Jahren; das bleibt unvergessen. Bei aller egoistischen Trauer über Deinen Ausstieg freuen wir uns riesig mit Dir (und G.), dass Ihr jetzt die Freiheit vom Dienst geniessen könnt. Die hast Du Dir redlich verdient!

Die Verabschiedung der Berliner SPIEGEL-Redaktion heute wird eine saftige Party, die Gäste alle aus dem Who is Who. Auch dabei sein wird Ulrike Demmer, Alexanders Nachfolgerin; ihr werden alle das Beste wünschen - wir auch.

{Da fehlt doch Einer, verdammte Hacke}

 

BMVg-Kommunikation: Machtfrage

7. August 2009

Wenn man in die deutsche Medien-Szene (vor allem der Blogger) hineinhört, gibt es eine massive Kritik an den Kommunikationsfähigkeiten des Verteidigungsministeriums, z.B.:

  • “Die Bundeswehr” will nicht twittern;
     
  • “Die Bundeswehr” nimmt nicht an irgendwelchen NATO-Video-Projekten teil;
     
  • “Die Bundeswehr” berichtet nicht über dieses und jenes, was doch so wichtig ist.

U.E. sollte man zunächst daran denken, wie Kommunikation sich im “Top-down” gliedert:

  • Kommunikation hat strategische Bedeutung. Ihr Ziel ist Meinungsdominanz (Umfragemehrheit), ansonsten Schadensbegrenzung;
     
  • Die jeweiligen Management-Praktiken (“spin”) müssen gefunden werden.

Es gibt einen (ideologischen) “Lager”-Wettkampf:

  • Die “Überfluter”-Fraktion meint wohl, dass die tollen Videos den letzten Zweifeler überzeugen. Insgeheim hofft man auf die “breaking news”, die den eigenen Durchbruch befördern;
     
  • Die “Machthaber”-Fraktion fürchtet den “strategischen Gefreiten”, der den eigenen Verteidigungsminister in aller Kürze grundlegend blamiert.

Offensichtlich ist, dass die strategischen Implikationen der Kommunikationspolitik einem Mann wie Thomas Raabe, Pressesprecher seines Ministers, nicht unbekannt sind. In einem ist er Hardliner: Seinem Chef darf nirgendwo die Chance drohen, ein Haar gekrümmt zu bekommen. Wenn die Zahl der technischen Möglichkeiten dazu wächst, muss er folgerichtig absolut restriktiv sein.

“Die Bundeswehr”, d.h. die Kommunikations-Freaks im Apparat, würden allzu gerne kommunizieren, was das Zeug hält, aber der Raabe sitzt auf dem Dach.

{Erinnere: Kommunikation ist eine Machtfrage}

 

Wehrpflicht: wirklich?

28. Juli 2009

Entsprechend den Unwetter-Warnungen möchten wir heute eine Argumentations-Warnung herausgeben: Beschäftigen Sie sich bitte mit der Wehrpflichtfrage nur in diesem Zusammenhang:

  • Erst nach der Bundestagswahl wird das kleine Häuflein der Interessierten die Bestandsaufnahme, den Kassensturz, einfordern können, weil vorher sich dafür niemand erwärmen kann;
     
  • Sehr schnell wird sich dann die Einsicht verbreiten, dass mit den realistisch zu erwartenden Finanztrends und der tatsächlichen Situation der Transformation der Bundeswehr eine erneute, wieder grundlegende Neu-Konzeption der Bundeswehr zwingend notwendig wird.

Wenn die schmerzliche Erkenntnis für die Notwendigkeit einer erneuten Bw-Reform endlich Platz gegriffen hat, ergibt sich automatisch das Ende der Wehrpflicht.

Schon heute ist allerdings die Voraussage plausibel, dass diese Frage entscheidend davon abhängig ist, wer Verteidigungsminister wird. Bleibt es F.J. Jung, wofür allein niedrige Motive einer sachfremden Polit-Jongliererei unter vermeintlicher KanzlerIn-Regie sprechen, darf man sich getrost ins Koma versetzen.

Andernfalls besteht die Hoffnung, dass unsere Republik wenigstens noch den Anspruch aufrechterhält, sich der Wirklichkeit stellen zu wollen.

{wirklich??}

 

Beate Baumann: “Interview”

11. März 2008

Wenn ungefähr 21 Stunden nach der Rede der Bundeskanzlerin Merkel auf der 41. Kommandeurtagung der Bundeswehr der Text auf keinem der entsprechenden Internet-Kanäle zu finden ist (der letzte “Reden”- Eintrag auf bundeskanzlerin.de ist vom 5. März), muss man sich schon fragen, wer wo was wie macht.

Als Daheimgebliebener liest man natürlich http://blog.focus.de/wiegold/?p=361 und lernt, dass die Regierungschefin sich bald mit dem Generalinspekteur und den 5 Inspekteuren der Teilstreitkräfte treffen will.

Wer die Rakete zünden will, die der Kanzlerin endlich den physikalischen Zusammenhang von Aussenpolitik und der entsprechenden Sortierung der Streitkräfte erleuchtet, sollte sich unseren Vorschlag wenigstens durchlesen:

  • Entscheidend ist die Konzentration auf Beate Baumann, Leiterin des Büros der Kanzlerin (diese Empfehlung hat unsereins nicht selbst erfunden, sondern von einem wirklichen Kenner der Szene gelernt):

    - Seit 1992 ist sie allerengste Wegbegleiterin von Angela Merkel, ihr damals von Christian Wulff empfohlen;

    - Die Osnabrückerin Lehramtskandidatin (Bj. 1963) erlebt ihre politische Grundprägung in der Zeit des NATO-Doppelbeschlusses (1979 - 1983) und kommt, gegen alle Umfeldmeinungen, zur Bejahung;

    - Bei den gegoogelten Angaben zu “Beate Baumann” liest man Wikipedia, Cicero, Tagesspiegel, aber auf jeden Fall das Portrait von Christoph Schwennecke (
    http://www.sueddeutsche.de/deutschland/artikel/918/117789/?page=2 );

    Entscheidend ist der Satz: “Aussenpolitik interessiert Baumann ausserordentlich”;

    - Verbindet man die Einschätzungen, dass
    > Frau Merkel keine Affinität zu dem Streitkräfte-Gelände hat,
    > Frau Baumann einen unglaublichen strategischen Einfluss auf ihre Chefin und eine vom NATO-Doppelbeschluss geprägte, ausserordentliche aussenpolitische Neigung hat,
    dann muss man sich so sortieren, dass man
    > Frau Baumann überhaupt erreicht,
    > ihr augenscheinlich hochintelligentes, kühles Frauen-Power-Profil wie ein dichtgepacktes Minenfeld beachtet und
    > sie mit einem Situationsreport (SITREP) über das derzeitige, aber vor allem zukünftige Leistungsprofil der Streitkräfte (posture) versorgt (der “Posture-Sitrep” muss natürlich die Risiken- und Finanztrends enthalten; der Entwurf des “Bundeswehrplans 2009” wird als 1. Anlage beigefügt).

Das wäre doch eine schöne Aufgabe für den Generalinspekteur (in seiner Funktion als höchster militärischer Berater der Kanzlerin), Frau Baumann für die Vorbereitung der o.a. Generalsbesprechung diese Tischvorlage mit einem sehr vorsichtig formulierten, handgeschriebenen Anschreiben zu übersenden; besser noch: Termin ausmachen, ihr persönlich überreichen und, ganz vorsichtig, Eindruck schinden. Beate muss man die Streitkräfte-Bedeutung (vor)beibringen!

{Neuerdings hat unsereins schon einen Interview-Wunsch}

 

Bundes-Neuwahl: Hybris

23. Mai 2005

In rund 180 Tagen wird es (hoffentlich) zu Ende sein - das unendliche Gezetere in der Politik. Bis dahin wird es ein Schaulaufen geben, dass an Peinlichkeiten nichts auslassen wird. Nicht nur die Politiker werden alle Register des Unverschämten ziehen.

In den bisherigen Wahlkämpfen galt immer die Generalformel, dass an zweiter Stelle des parteilichen Leistungsprofils (performance) die aussen/sicherheitspolitische Kompetenz steht (Flut und Irak). U.E. wird die deutsche Sicherheitspolitik in diesem Bundestagswahl-Kampf die untergeordnetste Rolle spielen, die jemals zu verzeichnen war (falls der big-bang-spin ausbleibt):

  • Wen interessiert die Bundeswehr-Transformation?
     
  • Wirft die SPD die Wehrpflicht ganz eilfertig über Bord (wahrscheinlich)?
     
  • Hat jemand einen B-Plan, falls das französische Referendum zur Europa-Verfassung scheitert?
     
  • Zerreisst sich die anti-globalistische Münte-Strategie auch in eine deutlich wahrnehmbare anti-”imperialistische” U.S.-Ablehnung?
     
  • Finden sich im Anti-Lager genügend intellektuelle Köpfe, die mit Standfestigkeit glaubwürdig die Alternative formulieren können?

Seit Wochen standen wir kurz davor, mit “unserem Weißbuch” (... zur Sicherheitspolitik der Bundesrepublik Deutschland und zur Lage und Zukunft der Bundeswehr) - endlich zu beginnen. Weil in der jüngsten Vergangenheit schon ein Hauch der Bewegungslosigkeit zu spüren war, drängt uns das aufziehende Wahlgetöse umsomehr. Mit Ihrer Mithilfe (natürlich rührt sich kein “Schwein”) wird das Projekt am Ende das Bestseller-Book-on-demand.

{Sorry: Der Narziss-Hybris erliegen wir natürlich auch}

 

Kanzler-Weisung: geheim

1! April 2005

Sorry - Sie sind dem April-Scherz schon aufgesessen. Passen Sie für den Rest des Tages gut auf. Ansonsten ein schönes Wochenende ...

{Alles muss einfach, kurz und gut sein - mayday - mayday}

 

Kanzler Schröder: Nobel

4. April 2003

Gestern hat sich Kanzler Schröder “zur internationalen Lage und den Ergebnissen des Europäischen Rates in Brüssel” vor dem Deutschen Bundestag erklärt:
http://www.bundesregierung.de/servlet/init.cms.layout.LayoutServlet?global.naviknoten=413 &link=bpa_notiz_druck&global.printview=2&link.docs=477127

Zur Zentralfrage zukünftiger Sicherheitspolitik zitiert der Kanzler (S. 5) zunächst aus einem Beschluss des Europäischen Rates vom 21. September 2001 zur gemeinsamen Europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik (ESVP), wo es heisst, dass man aus der ESVP “umgehend ein einsatzbereites Instrument” machen wolle, und als Ziel die “Integration aller Länder in ein gerechtes weltweites System für Sicherheit, geteilten Wohlstand und weitere Entwicklung” genannt habe.

In einem Anflug von nur zu beklatschendem Realismus schliesst der Kanzler dann aber an:

  • “Aber wir müssen auch erkennen, dass es mit der Proklamation von Zielen nicht getan ist (!!! wie wahr !!!). Weltweite grenzüberschreitende Risiken nehmen eher zu als ab. Die Entwicklung und Verbreitung von Massenvernichtungswaffen haben ein höheres Ausmass angenommen als selbst zu Zeiten des Kalten Krieges ...
    Wir werden dem Problem der Proliferation eben nicht allein mit moralischen Argumenten beikommen können - so wesentlich diese auch sind. Vielmehr brauchen wir eine umfassende, multilaterale Politik für mehr Sicherheit und mehr Gerechtigkeit in der Welt.”

Sachlich logisch ist, dass wirksame (also über “moralische” hinausgehende) Massnahmen gegen die Weitergabe von ABC-Material eine sanktionierende Politik gegen die Proliferanten erfordern. Es ergibt sich aus der Natur der Sache, dass ABC-Material im- und exportierende Regierungen - falls überhaupt - sich nur durch massivsten multilateralen Druck beeinflussen lassen könnten. Ob die Bundesregierung mit ihren eigenen zivilen Export-Interessen genügend ”Brutalität” in ihrer Aussenpolitik aufbringt, kann vorab bezweifelt werden, denn die “Achse der ABC-Proliferateure” liest sich nicht nur wie das “Who is who” potenter Handelskunden der Bundesrepublik:

  • Russland / China / Indien / Pakistan / Nordkorea / Iran

In einem zweiten zentralen Punkt hat Gerhard Schröder seine neue Linie bestätigt, die er anlässlich seiner Pressekonferenz zum Jahresbegin 2003 verdeutlicht hatte (S. 8):

  • “Europa sollte nicht daran denken, sich für eine Rolle als ‘Weltpolizist’ zu rüsten. Aber Europa muss seine militärischen Fähigkeiten so weiterentwickeln, dass sie unserem Engagement und unserer Verantwortung für Konfliktprävention und Friedenssicherung entsprechen.”

Damit entfällt für die Bundeswehr die Rolle der Friedens”erzwingung” (Peace Enforcement), die Vorbereitung auf die Teilnahme an multilateralen Militär-Interventionen (sprich Kriegen). Wir sind sehr gespannt, ob diese grundsätzliche Richtlinien-Weisung des Kanzlers in den “Verteidigungspolitischen Richtlinien” (VPR), die Verteidigungsminister Struck nach dem Irak-Krieg unterschreiben will, ihren gebührenden Niederschlag findet.

Wenn die Bundeswehr so homöopathisch wird (nur Vor- und Nachsorge, keine “Operation”), wird sich Verteidigungsminister Struck an eine dementsprechende Reform der Bundeswehr machen müssen. Die groben Folgen kann man leicht abschätzen: Peter Struck kann nicht nur seine unbezahlbare Rüstungsplanung massiv zusammenstreichen, sondern auch alle ächt kriegsführungsfähigen Divisionen, Geschwader und Flottillen. Das Einspar-Volumen ist gewaltig.

{Jetzt bekommen wir endlich alle die Nobele Friedensdividende}

Nachtrag 8.4.2003:

Einer unserer guten Freunde hat uns auf folgendes aufmerksam gemacht (DANKE):

  • Der von uns aus der Kanzler-Rede zitierte Satz (“Europa sollte nicht daran denken, sich für eine Rolle als ‘Weltpolizist’ zu rüsten”) steht zwar so im Rede-Manuskript, ist vom Kanzler aber nicht ausgesprochen worden. Über das Warum darf trefflich spekuliert werden.
     
  • Bezüglich der NATO-Passage (S. 7: “Die NATO hat als Bündnis gemeinsamer Verteidigung und gegenseitigen Beistands keineswegs ausgedient) hat BK Schröder “freihändig” hinzugefügt, dass man bei “gemeinsamer” NATO-Politik nicht daran denke, dabei die “Hände an die Hosennaht” zu legen.

{Es gilt das versprochene Wort}

 

Bw-Memo: einverstanden?

12. November 2002

In hybrider Selbst-Überschätzung haben wir ein MEMO verfasst - sorry. Fühlen Sie sich frei, uns die Leviten zu schreiben - und wenn es nur ein O.K. (oder K.O.) ist - soviel Zeit muss sein:

Memorandum (1. Entwurf)

Dringlicher Handlungsbedarf im Bereich Verteidigungspolitik

Die Lage der deutschen Verteidigungspolitik ist durch die folgenden Faktoren bestimmt:

    1. Die finanzwirtschaftlichen Grunddaten sowie die absehbaren wirtschafts- und gesellschaftspolitischen Entwicklungslinien der Bundesrepublik Deutschland diktieren endgültig den Verzicht auf die Erwartung, dass für die Streitkräfte zusätzliche Finanzmittel bereitgestellt werden könnten, die über den bisherigen Rahmen der Finanzplanung bis zum Jahr 2006 hinausgehen. Eher ist anzunehmen, dass  Abstriche davon zu erwarten sind.

    2. Mit den verfügbaren Finanzen können keinesfalls die Ziele erreicht werden, die mit dem im Sommer 2000 vom Bundes-Kabinett beschlossenen Konzept „Eckpfeiler für eine Erneuerung von Grund auf“ beschrieben sind. Ebenso ist inzwischen eindeutig, dass die vom ehemaligen Verteidigungsminister Scharping in Aussicht gestellten „Effizienz-Gewinne“ mit einem erwarteten Umfang von ca. 600 Mio. EUR nicht realisiert werden können.

    3. Wird der vorgesehene Personal-Umfang aufrechterhalten, werden die Ausgaben dafür zusammen mit den sonstigen, unabweisbaren Aufwendungen für den Betrieb der Bundeswehr dazu führen, dass für die notwendige Modernisierung der Ausrüstung keine Finanzmittel über den derzeitigen Rahmen von rund 3,8 Mrd. EUR (2003) zur Verfügung stehen. Bereits jetzt ist der Bereich Rüstung gekennzeichnet durch enorm hohe Vertragsbindungen bereits abgeschlossener Entwicklungs- und Beschaffungsvorhaben. Selbst weitere Streckungen und Streichungen können nicht verhindern, dass selbst die verbleibenden, absolut notwenigen Modernisierungen des Materials im gegebenen Rahmen nicht finanziert  werden können. Dazu kommt, dass in 2003 wichtige Vorhaben beschlossen werden müssten; allein die Beschlussfassung für das zivile IT-Projekt „Hercules“ würde den Beschaffungs-Titel mit jährlich mehr als 300 Mio. EUR belasten.

Dieser eindeutig absehbaren Fehl-Entwicklung kann nur entgegen getreten werden, in dem die Personalkosten der Bundeswehr sehr rasch gesenkt werden. Dieser Weg ist mit ganz erheblichen Folgen verbunden, vor allem für die Berufs- und Zeitsoldaten und das zivile militärische Personal, aber auch Gemeinden, in denen die Bundeswehr ein wichtiger Wirtschaftsfaktor ist, sowie im Bereich Gesundheits- und Sozialwesen. Die schnelle Umsetzung dieses Konzeptes erfordert selbstloses Interesse in der Sache:

    Die Dienstzeit für Wehrdienst-Leistende wird umgehend auf die Dauer von vier Monaten abgesenkt. Die Ausbildung findet in wenigen Ausbildungs-Zentren statt. Durch den Verzicht auf die derzeitige Ausbildungsform der „Vermaschung“ (Ausbildung in aktiven Einheiten) werden ca. 15.000 Dienstposten im Heer frei.

    Alle nicht wirtschaftlich zu betreibenden Kasernen werden schnellstmöglich geschlossen.

Findet diese „Nachsteuerung“ der Bundeswehr-Reform nicht statt, werden sehr ernsthafte, langfristige Folgen eintreten, die jedem verantwortlichen Politiker klar sein müssen; Untätigkeit muss als bewusstes Herbeiführen der absehbaren Konsequenzen gewertet werden. Und es verbleibt nicht die Zeit, die entsprechenden Entscheidungen irgendwann zu fällen.

{ office@geopowers.com }

 

AM Fischer: immediately

1. November 2002

Leider können wir mit einer Life-Reportage des Besuches von Aussenministers Fischer in Washinton und New York nicht dienen. Wir haben uns nur die Mühe gemacht, die von
http://www.usinfo.state.gov/cgi-bin/washfile/display.pl?p=/products/washfile/latest&f=021030 07.wlt&t=/products/washfile/newsitem.shtml
vermittelten vier Seiten Wortlaut der Presse-Konferenz von Joschka Fischer und US-Aussenminister Colin Powell zu scannen. Dabei erinnern wir uns noch schwach an einen Fischer-Besuch bei Powell, bei dem die dargestellte politische Innigkeit (und personale Freundschaftelei) daheim bei den Partei-Freunden recht übel aufgenommen wurde.

  • Diesmal spricht Colin L. Powell seinen Ex-Freund mit “my colleague” an, und endet darauf: “a pleasure to have you, sir”. Sir Joschka bleibt aber bei “my friend Colin Powell”. Wir analysieren aber spitzfindig, dass er hier den Nachnahmen seines Freundes hätte weglassen müssen, um es wirklich freundschaftlich zu meinen.
     
  • Zur Irak-Frage meint AM Fischer, dass “alle relevanten Resolutionen durch das irakische Regime umgehend ausgeführt” werden müssen; bis dahin ist das die US-Position! Dann kommt aber das “disagreement about possible military action”. Schöner kann man die virtuelle Gut-Welt gar nicht verkaufen. Nur fischer’s friend bringt das 2. und 3. “immediately”:
    “And if there is immediately non-cooperation on the part of Iraq, I think, is an absolute red line and that has to come back to the Council immediately.”
     
  • Auf die Frage eines Journalisten - “is Germany in line with Russia, France and Mexico” - antwortet der grüne Rhetorik-Guru natürlich nicht. Stattdessen wünscht er sich eine “strong message” an Bagdad durch eine “agreed, common, unified position” des U.N. Sicherheits-Rates.
     
  • Auch der zweite Journalist wird frustriert gewesen sein, denn auf seine Frage, ob Fischer die derzeitigen Anstrengungen der US-Administration unterstützt, mit der Resolution zum Abschluss zu kommen, filibustert der Befragte:
    “Ich kann keine Details über die derzeitige Verhandlungssituation abgegeben, weil wir an den Verhandlungen in New York nicht teilhaben” Danach wiederholt er den Wunsch nach einem gemeinsamen Position im Sicherheitsrats.

Es ist beruhigend zu wissen, dass Politiker - entcodiert - einem Fragesteller deutlich machen dürfen, dass sie sich einen -piep-dreck um ihn kümmern. Anderseits kann man Fischers Antworten auch “entcodieren”:

  • Antwort auf die 1. Frage: Der deutsche Aussenminister ist zu feige einzugestehen, dass er “in line” ist.
     
  • Antwort auf die 2. Frage: Herr Minister Fischer will den Journalisten den unglaublichen Bären aufbinden, dass er vom Verhandlungsstand keine Ahnung hat; der deutsche U.N.-Botschafter muss demnach unglaublich schreibfaul oder strohdumm sein, ganz abgesehen von der dementsprechenden Berichterstattung der US-Presse. Oder soll dass ein “bashing” unserer liebsten französischen und englischen Freunde im Sicherheitsrat sein, die uns noch nicht einmal einen Brotkrumen an Information unter den Tisch werfen?.

{Ei, Ei, Ei, Verpoorten - Rhetorik aller Orten}

 

Regierungs-Erklärung: draufsatteln

30. Oktober 2002

So man sich den nostalgischen Luxus leistet, in der Regierungs-Erklärung des Bundeskanzlers nach Zeichen für Trends im deutsch-amerikanischen Verhältnis in der 15. Legislatur-Periode zu suchen, kann man - im Gold-Waagen-Modus - schon den Schröder`schen Gemütswallungen folgen:

  • In seiner ersten Regierungs-Erklärung vom 10. November 1998 hatte Schröder breite 22 Zeilen dem Thema Deutschland/USA gewidmet, sogar mit dem Hinweis auf das “Schriftsteller”-Wort von den “Kindern der amerikanischen Zone”:
    “Es ist eine Freundschaft, die sich bewährt hat und vor keiner Bewährungsprobe steht” (nostalgisch lesenswert, S. 20, suchen auf
    www.bundeskanzler.de ).
     
  • In der rot-grünen Koalitions-Vereinbarung für 2002 - 2006 (S. 73) sind

    - dem Thema “Transatlantische Beziehungen” doch 11 Zeilen gewidmet, und zwar mit ganz markigen Sätzen:
    “ ... enges Verhätnis zu den USA ... der zweite Pfeiler, auf dem die Freiheit und die Demokratie Deutschlands aufgebaut ist”(!)
    “ ... bleibt eine unverzichtbare Konstante deutscher Aussenpolitik”
    “... Vertiefung ... ist eine entscheidendes Ziel unserer Politik”;

    - dem Thema “NATO und NATO-Osterweiterung” auch 10 Zeilen mit Bronze-Sätzen:
    “... unverzichtbares Instrument für die Stabilität und Sicherheit Europas”
    “... Mitwirkung der Vereinigten Staaten von Amerika bleibt eine der Voraussetzungen für Sicherheit auf dem Kontinent”
    “... Bundesregierung wird sich dafür einsetzen, dass die NATO die notwendige Anpassung an das veränderte sicherheitspolitische Umfeld konsequent fortsetzt und ihre Bedeutung für die europäische Sicherheit erhält”.

Nun sollte man meinen, dass solche von roten und grünen Parteitagen abgesegneten Koalitions-Gemeinsamkeiten in ähnlichen (oder gar gleichlautenden) Formulierungen den Weg in die Regierungs-Erklärung des Kanzlers für den 29. Oktober 2002 hätten finden können. Aber es verbleiben nur 12 Zeilen mit einem relativ magerem, dehnbaren Kernsatz:

  • “Unsere transatlantischen Beziehungen ... sind von strategischer Bedeutung und von prinzipiellem Rang.”

Zudem kommt in den insgesamt gut 2,5 Seiten zum Thema Sicherheitspolitik das Wort NATO nicht ein einziges Mal vor; nur zu Beginn des Textes ist ein einziges Mal das Synonym “Atlantisches Bündnis” zu finden. Von den NATO-Lobeshymnen der Koalitions-Vereinbarung mochte der Kanzler augenscheinlich noch nicht einmal die übliche Abkürzung übernehmen.

Für uns überraschend undiplomatisch (und ohne Not) hat sich in Sachen NATO der erst am 2. November 02 einhundert Tage im Amt befindliche Verteidigungsminister Dr. Struck in diese von uns so “gefühlte” NATO-Aversion eingereiht.

Bemerkenswert ist vorerst, dass der Haussender www.bmvg.de selbst nächtens noch nicht den originalen Rede-Beitrag des Hausherrn eingestellt hat, was sicherlich nicht an den Machern von bmvg.de liegt. Immerhin gibt es dort einen halbseitigen Text, der unsere “NATO-Aversions”-These beleuchtet:

  • “Mit Blick auf den NATO-Gipfel Ende November betonte der Minister, dass es dort vor allem um die Erweiterung des Bündnisses gehe. Andere Fragen, wie die Initiative zu Aufstellung einer ‘NATO-Response Force’ kämen in Prag nicht zu Entscheidung. Er wies darauf hin, dass es ähnliche Pläne auch bei der Europäischen Union gebe, und dass man zunächst prüfen werde, ob beide Vorstellungen ‘kompatibel’ seien. ‘Zwei Eingreiftruppen, das ist nicht machbar,’ so Struck.”

Fahrensleute der Materie werden “struck by Peter” sein:

  • Die angeblich “ähnlichen Pläne” der EU sind ja das “European Headline Goal”:
    60.000 Soldaten sollen in einem potentiellen Einsatz-Radius von 4.000 km (!) innerhalb von 60 Tagen plus Luftwaffen- und Marine-Einheiten ab (Jan.!?!) 2003 einsatzbereit sein:
    Wer auch nur über eine annähernde Halb-Bildung in militärischen Angelegenheiten verfügt, wird sich höchstens vor lauter Lachen krümmen ob solcher EU-Blend-Granaten (kaum verleichbar dem jüngsten Agrar-Subventions-Kompromiss - wiederum im Sinne des “erweiterten Sicherheitsbegriffs”).
    Trotzdem ist natürlich das EU-Headline-Goal eine hochtrabende “heilige Kuh”, die in Konkurrenz zur - vom hierzulande nicht ganz unverdächtigen Rumsfeld - vorgeschlagenen NATO-Response-Force keinerlei Chance im Gefecht hätte: “nicht kompatibel”.

     
  • Wenn der deutsche Verteidigungsminister also im Deutschen Bundestag sagt, dass zwei Eingreiftruppen “nicht machbar” sind, ist das deutsche Signal eindeutig:
    Ciao, Donald.

Gemütliche “Tisch-Analysten” wie unsereins und anderswo können leicht noch “eins draufsetzen”. Peter Struck war ja vor ungefähr 2 Wochen bei seiner lieblichen Kollegin Michele Alliot-Marie in Paris. Es wäre geradezu das ideale Puzzle-Finish, wenn man ”verschwörungs”-theoretisiert:

  • Als bekannt vorausgesetzt wird die alte französische Strategie-Linie, die NATO (mit dem “stupiden” Hegemon USA) fein langsam zu strangulieren, um selbst die sicherheitspolitische Führung Europas zu übernehmen. Wenn die verdammten Krauts endlich ihren USA-Tick aufgeben würden, wärs gebacken.
     
  • Geradezu glücklich fügt sich da neuerdings, dass “Kartoffel” weder in England, Italien, Spanien, Portugal, Dänemark, Norwegen etc. sicherheitspolitisch etwas zu vermelden hat (in Rüstungs-Kooperations-Fragen - A400M, Meteor etc. - müssen sie Deal-Masse erbetteln).
     
  • Könnte mon chér Peter vielleicht mit einem “nicht machbar”-Signal die Szene aufmischen?

{Es ist zu “schön”, um falsch zu sein}

 

Regierungs-Erklärung: Elch-Test (+ Nachtrag)

29. Oktober 2002

Bei der Frage-Stellung, was auf gar keinen Fall in der heutigen Regierungs-Erklärung angesprochen werden wird, sind wir wieder bereit zu wetten. Bei dem Beweis wird wiederum deutlich, dass man - was die Sprechblasen “Verlässlichkeit” und “Nachhaltigkeit” angeht, doch sehr misstrauisch sein sollte.

Vor gut einem Jahr, am 11. Oktober 2001, hat Bundeskanzler Schröder vor dem Deutschen Bundestag eine Regierungserklärung “zur aktuellen Lage nach Beginn der Operation gegen den internationalen Terrorismus in Afghanistan” abgegeben. Was er damals vielleicht programmatisch gemeint hat, wird er so - oder in ähnlicher Form - nie mehr wiederholen oder daran erinnern:

  • “Nach dem Ende des Kalten Krieges, der Wiederherstellung der staatlichen Einheit Deutschlands und der Wiedererlangung unserer vollen Souveränität haben wir uns in einer neuen Weise der internationalen Verantwortung zu stellen. Einer Verantwortung, die unserer Rolle als wichtiger europäischer und transatlantischer Partner, aber auch als starke Demokratie und starke Volkswirtschaft im Herzen Europas entspricht.

    Noch vor zehn ´Jahren hätte niemand von uns erwartet, dass Deutschland sich anders als durch so etwas wie ‘sekundäre Hilfsleistungen’ also Infrastruktur zur Verfügung stellen oder Finanzmittel gewähren - an internationalen Bemühungen zur Sicherung von Freiheit, Gerechtigkeit und Stabilität beteiligt. Diese Etappe deutscher Nachkriegspolitik ... ist unwiederbringlich vorbei.

    Gerade wir Deutschen, die wir durch die Hilfe und Solidarität unserer amerikanischen und europäischen Freunde die Folgen zweier Weltkriege überwinden konnten, um zu Freiheit und Selbstbestimmung zu finden - gerade wir haben nun auch eine Verpflichtung, unserer neuen Verantwortung umfassend gerecht zu werden. Das schliesst - und das sage ich ganz unmissverständlich - auch die Beteiligung an militärischen Operationen zur Verteidigung von Freiheit und Menschenrechten, zur Herstellung von Stabilität und Sicherheit ausdrücklich ein ...”
     
  • “Die Bereitschaft, auch militärisch für Sicherheit zu sorgen, ist ein wichtiges Bekenntnis zu Deutschlands Allianzen und Partnerschaften” ...
     
  • “International Verantwortung zu übernehmen und dabei jedes unmittelbare Risiko zu vermeiden, kann und darf nicht Leitlinie deutscher Aussen- und Sicherheitspolitik sein ...”
     
  • “Die Bundesregierung hat immer gesagt, dass unser Hauptaugenmerk auf der Krisenprävention und Krisenregelung liegen muss. Ich sage dazu: Dies war nie eine Ausflucht, nicht auch militärisch handeln zu wollen, wenn wir es müssen.”

Wenn der Kanzler/Vize-Kanzler den Entwurfs-Schreibern für die Regierungs-Eklärung den Auftrag gegeben haben sollten, die o.a. Problematik unbedingt aufzunehmen, werden diese intelligent genug gewesen sein, eine Formulierung zu finden, die nationale und vor allem internationale Wort-Klauber in interpretative Analyse-Verstrickung stürzt.

Sollte das o.a. Thema in der Regierungs-Erklärung nirgendwo - nicht einmal ansatzweise - thematisiert sein, dürften all jene Analytiker darin die Bestätigung finden, dass sich für die Amtsdauer dieser Bundesregierung das Thema des “unmittelbaren Risikos” beweisbar erledigt hat.

Wir machen diesen Punkt zum sicherheitspolitischen “Elch-Test”.

{Be SMART enough to have ESP}

Nachtrag 30. Oktober 2002

Unsere gestrige Preview der Regierungs-Erklärung hat sich zur “intelligenten” Lösung geneigt, denn zum Thema des “unmittelbaren Risikos” (sprich des anteiligen Blutzolls und seiner absehbaren Unvermittelbarkeit in der rot-grünen Parlaments-Mehrheit, so ein Bundeskanzler dafür nicht in der Minderheitsposition führt) hat sich der Kanzler über etliche Zeilen ausgelassen:

  • “Meine Damen und Herren, auch wenn wir, infolge unserer wiedererlangten staatlichen Einheit und Souveränität, wiederholt unsere nunmehr selbstverständliche Bereitschaft unter Beweis gestellt haben, gegebenenfalls auch unseren militärischen Beitrag für Frieden und Sicherheit zu leisten, ist sich die Bundesregierung doch bewusst: Sicherheit ist heute weniger denn je mit militärischen Mitteln - geschweige denn, mit militärischen Mitteln allein - herzustellen. Wer Sicherheit schaffen und aufrecht erhalten will, der muss einerseits Gewalt entschieden bekämpfen. Aber er muss andererseits auch das Umfeld befrieden, in dem Gewalt entsteht: durch präventive Konfliktregelung, durch Schaffung sozialer und ökologischer Sicherheit, durch ökonomische Zusammenarbeit und durch das Eintreten für Menschen- und Minderheitsrechte. Einer solchen, präventiven und umfassend ansetzenden Aussen- und Sicherheitspolitik bleibt die Bundesregierung verpflichtet.”

Natürlich sind die ersten drei Sätze die nett klingende Alt-Weisheit des “erweiterten Sicherheitsbegriffs”, den der Kanzler zu Beginn seines “internationalen Teils” in der Regierungs-Erklärung als “Leitmotiv” der Regierungspolitik vorstellt (wer je sich dem Ressourcen-Bedarf für die Erfüllung dieser Heilsbotschaft gedanklich genähert hat, wird wie Angela Merkel, Johannes zittierend spötteln, dass dieses “Reich nicht von dieser Welt” ist).

Und was werden die Analytiker in den Amtsstuben in ihre Berichte schreiben, wenn sie den vierten Satz im Gesamtzusammenhang einordnen sollen? Direkt abgeleitet lautet er:
Die Bundesregierung bleibt der Sicherheitspolitik im “erweiterten Sinne” verpflichtet, allerdings ohne die “Einmischung” von (absehbar tödlichen) Kriegsmitteln.

{Clausewitz ist tot - und mir ist auch schon ganz schlecht}

 

FAZS: Konsequenz

28. Oktober 2002

Sorry, wenn wir heute nur eine ganz dünne Meldung bringen:

  • Wie das ZDF in seine Nachrichten-Meldungen von der “Frankfurter Allgemeine SonntagsZeitung” (FAZS) übernommen hat, soll das Verteidigungsministerium für das Haushaltsjahr 2003 den “Kollekten-Beitrag” in Höhe von 500 Mio. EUR erbringen.

Damit würde genau der Beitrag fällig werden, den wir duselig vor knapp 14 Tag prophezeit haben (ein blindes Huhn ...). Dennoch ist noch nicht aller Tage Abend:

  • Nicht sicher ist, ob der Finanz-Minister bereits jetzt über die Daten der Steuer-Schätzung im Nov. 2002 verfügt:
     
  • Offen ist, ob er für 2003 einen geänderten Haushalts-Entwurf vorlegt, der die korrigierten Wachstums-Erwartungen einrechnet (die letzten Finanz-Pläne gingen immer von optimistischen 2,5 % aus!);
     
  • Ob es nicht mehreren roten und grünen Sozialpolitikern (Sopos) auffällt, dass die “Verteidiger” relativ ungeschoren davonkommen. Wer für die familienfreundliche Eigenheim-Subvention kämpft, wird wenig Verständnis dafür haben dürfen, dass die Verteidiger - vom 1,5 Mrd. DM (767 Mio. EUR) etatisierten “Anti-Terrorprogramm” nach einem 500 Mio. EUR-Kollekten-Beitrag - immer noch ein Plus von 267 Mio. EUR zu verzeichnen haben! Im parlamentarischen Sprach-Gebrauch heisst das, dass “Begehrlichkeiten” geweckt werden;
     
  • Völlig unklar ist die emotionale Wirkung der Mid/End-November-Festspiele, wenn der Verteidigungsminister die Rüstungs-Review zur Hand hat. Da die Bilanz der Scharping-Enronitis fürchterlich sein wird, ist ein “Backlash” bei den Zivilmacht-Politikern kaum auszuschliessen; un-entgeltliche, pre-emptive PR-Strategien werden gern entgegen genommen.
     

U. E. steht Minister Struck vor einer strategischen Grundsatz-Entscheidung:

  • Entweder er bevorzugt eine Informations-Politik a lá Rühe/Scharping, die sich mit Vertuschungen und Verklärungen zu versuchen hilft,
     
  • oder er rettet sich in die - genausowenig erfolg-versprechende, aber ehrliche - Position des Etat-Einzelkämpfers, der schmerzlich mit ansehen muss, wie ihn seine “alten Kameraden” verraten.

Im besten Falle könnte Peter Struck seine eigene Verantwortlichkeit erkennen und mit den ihm zugestandenen Ressourcen zu einer nur bitteren “Reform der Reform” aufbrechen, die seine Kameraden erheblich düpieren, die Bundeswehr aber retten würde.

{Es gibt schon einen Unterschied zwischen Rache und Konsequenz}

 

SWP: Artenschutz

25. Oktober 2002

Wenn die “Stifttung Wissenschaft und Politik” (SWP) Papiere herausgibt, sollte man sie auf jeden Fall kurz überfliegen. Denn der durch die Bundesregierung finanzierte “Denk-Panzer” hat immer den Vorschuss eines über Jahrzehnte erarbeiteten Renommés. Leider hat sich die unter dem Direktorium von Altmeister Christoph Bertram arbeitende Crew nicht dazu durchsetzen können, Studien gleich vollständig ins Internet zu setzen, was technisch eine Kleinigkeit wäre - siehe www.swp-berlin.org

Deshalb findet man die SWP-Studie (S 34, Okt. 2002, Berlin) von Cord Meier-Klodt nur als Zusammenfassung. Er hat “während eines Forschungsaufenthaltes” an der SWP die 21-seitige Studie
“Einsatzbereit in der Krise?
- Entscheidungsstrukturen der deutschen Sicherheitspolitik auf dem Prüfstand”
verfasst; seit September 2002 ist der Angehörige des Auswärtigen Amtes Leiter der Abteilung für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit an der deutschen Botschaft in Moskau.

Es geht dem Autor “um die sicherheitspolitische Handlungsfähigkeit Deutschlands”, fürwahr kein anspruchsloses Thema. Auf drei Feldern müsse “zunächst das eigene Haus bestellt werden” (S.21):

  1. “Reform des Parlamentsvorbehalts zum Streitkräfteeinsatz”

    Auf fünf Seiten handelt Meier-Klodt sehr sauber ab, dass es ein sog. “Entsende-Gesetz” (Parlaments-Beteiligungs-Gesetz) geben müsste. Derzeitige Lage ist, dass die Abordnung eines einzigen Soldaten - z.B. zu einem “Fact Finding Team” oder innerhalb eines Personal-Austausch-Programms (PEP) - gar nicht möglich ist, ohne dass der Bundestag dem zugestimmt hätte.

    Die zarte Wirklichkeit sieht anders aus:
    - Zaghafte Ansätze des Verteidigungsministeriums, bei den Koalitions-Verhandlungen das Thema aufzubringen, sind in (realistischer) Erwartung der Verhandlungs-Lage in der Akten-Mappe verblieben. Denn die etwas erstarkten GRUENEN fordern statt der Kanzler-Mehrheit für Bundeswehr-Einsätze eine Zwei-Drittel-Mehrheit des Parlaments. Da Aussenminister Fischer nicht die Absicht erkennen lässt, Staatsmann zu werden, dürfte auch keine Engagement seinerseits für diesen Punkt zur “sicherheitspolitischen Handlungsfähigkeit” zu erwarten sein.
     
  2. “Vernetzung der Akteure: Neugestaltung des Bundessicherheitsrats”

    Zur organisatorischen und operativen Gestaltung des “Bundessicherheitsrates” werden ebenfalls sachliche Vorschläge unterbreitet. An den Beschreibungen des Authors zur bisherigen Situation des Bundessicherheitsrates ist ablesbar, dass jegliche organisatorische Führungs-Fähigkeit des vom Bundeskanzler geführten Kabinetts-Ausschusses fehlt.

    Hätte der Bundeskanzler nur ein Mittelmass an Interesse an “sicherheitspolitischer” Handlungsfähigkeit der Regierung, würde er den jetzigen Zustand schleunigst beseitigen. Andererseits ist u.E. ebenso eindeutig, dass der bisherige Bundessicherheitsrat für die “Zivilmacht Deutschland” völlig ausreicht.
     
  3. “Strategie und Entscheidungskriterien: Leitlinien deutscher Einsatzbereitschaft”

    Wieder fünf Seiten widmet Meier-Clodt den sehr kritischen neuen Herausforderungen wie
    - Kampfeinsatz der Bundeswehr;
    - Leitlinien der Einsatzbereitschaft und
    - Bundeswehrreform.
    Mit feinsten Formulierungen wie
    - “oder zur Sicherung anderer vitaler Interessen”,
    - “advanced expeditionary warfare” oder
    - “eine stärker global ausgelegte, im gesamten Spektrum der Möglichkeiten, einschliesslich des Kampfeinsatzes, agierende Einsatz-Armee”,
    bewegt sich der Aussenamts-Bedienstete auf die Frage zu, “ob die Richtung stimmt”.
    Mit anderen Worten: muss man lesen!

Ganz grimmelig wird es in den “Schlussbemerkungen” des SWP-Praktikanten:

  • “Insofern nehmen alle drei Hausaufgaben in mancher Hinsicht aufeinander Bezug und verstärken sich gegenseitig. Dementsprechend sollten sie auch gemeinsam und zügig (sic) angegangen werden. Der Beginn der neuen Legislaturperiode ist dafür der geeignete Zeitpunkt.”
     
  • “Prozedural könnte es sich als sinnvoll erweisen, frühzeitig nach der Regierungsbildung eine Klausur-Tagung “Sicherheitspolitik” unter Leitung des Bundeskanzlers ... einzuberufen ...”
    (Lieber Cord, eher geht die Welt unter)

Vielleicht geht auch die Welt eher unter, als dass sich die Sicherheitspolitiker der Opposition mit diesen Themen beschäftigen und entsprechend operativ umsetzen. Allein unser Ratschlag, die Mechanismen der Spass-Gesellschaft endlich auch für die Sicherheitspolitik zu erkennen, müsste eigentlich Zehntausende EUR wert sein - aber er bleibt bei uns - wie immer - kostenlos (= wertlos).

Noch etwas gehört zum Vorgang:

  • Ohne jeden Zweifel gehört einiger Mut dazu, sich als AA-Bediensteter derart zu exponieren (alte U-Boot-Fahrer-Weisheit: “Don’t expose the boat”); hoffentlich gibt die “Stahlhelm-Fraktion” nachhaltigen Feuerschutz.

{Hoch lebe der Artenschutz im AA}

 

Tagesverlauf: impressiv + Nachtrag

16. Oktober 2002

Wenn uns gar nichts mehr einfällt, verfallen wir in die Roman-Version und schreiben Tagebuch:

  • Zu bester US-Zeit (hier gegen 3.00) sind wir fasziniert von CNN:
    Larry King mit Gast Harry Belafonte, der US-Aussenminister Colin Powell ganz mächtig angerempelt hat (sitzt im “House of the Masters” etc.). Zur Sache gab es von Harry nur einen Kommentar: Wenn’s durch die U.N. geht, ist alles o.k. Bewundernswert auch das durchgängige Empowerment des Kultstars. Es ist nicht so, dass nur in Europa Menschen leben, die glauben, dass der Mensch den Menschen retten kann.
     
  • Auch sehr spät haben wir (wahrscheinlich Wiederholung) der deutschen (unverwechselbaren) Vorzeige- Inspektorin auf n-tv mit Herrn Koschwitz gelauscht. Frau Kraatz-Wadsack (richtig?), B-Waffen-Inspektorin der U.N. im Irak vor 1998, haben wir schon auf vielen TV-Kanälen bewundert. Leider haben wir in keinem der Interviews mitbekommen, wo sie beschäftigt ist. Eines ist uns jedoch zu Ohren gekommen: Es gibt eine(n) Verifikations-Experten(in) in Diensten der Bundeswehr, dessen (deren) Mithilfe für die neue Mission U.N.-Chef Hans Blix dankend abgelehnt hat - nicht wegen der Person.
    Neu war für uns die Aussage von Frau Kraatz-Wadsack, dass die B-Waffen-Inspekteure nach 1991 viereinhalb Jahre (!) benötigt haben, der irakischen Regierung deren B-Waffen-Programm konkret nachzuweisen.
     
  • Militär-Analysten empfehlen wir
    www.time.com/time/magazine/printout/0,8816,364387,00.html
    Mark Thompson hat für das TIME-Magazin “The Tools of War” beschrieben, im wesentlichen eine JDAM-Geschichte mit den Daten
    - 7 % Präzisions-Munition im Golf-Krieg 1991,
    - 30 % im Kosovo,
    - 60 % in Afghanistan,
    - 100 % in den ersten Tagen eines Angriffes gegen den Irak;
    heutige Treff-Genauigkeit: fast 100 % innerhalb des Zielkreises von 10 Fuss.

    Drei KH-11-Satelliten und drei Lacrosse-Satelliten klären täglich über dem Irak auf.

    Nach den derzeitigen Plänen sollen die US-Angreifer auf reguläre irakische Truppen nur dann feuern, wenn die als erste schiessen; die irakische Armee soll so intakt bleiben für den Zusammenhalt des Landes in der Post-Saddam-Ära.

    Im Golfkrieg 91 hat die US-AirForce 2.400 Einsätze geflogen, um einen einzigen Scud-Launcher zu zerstören.
     
  • Lektüre-Muss ist das SPIEGEL-Interview mit dem irakischen Vize-Präsidenten Taha Jassin Ramadan, lt. SPIEGEL “derzeit engster Vertrauter Saddams”:
    http://www.spiegel.de/spiegel/0,1518,218234,00.html

    Saddams Supervize redet von
    - Israel: “das illegale zionistische Gebilde”;
    - irakischer Demokratie: “Wir hingegen haben ein Parlament, wir haben Parteien und Gewerkschaften”;
    - ALLAH: “Ramadan: (lachend) “Mein Gott, das ist ja nicht mal Wunschdenken” (so würde nie ein gläubiger Muslim reden);
    - den arabischen Nachbarn: “Wenn Sie mich aber fragen, wie ehrlich es jeder einzelne dieser Staaten meint, dann kann ich nur antworten: Das weiß allein Allah”;
    - den Deutschen: “Die Araber sind den Deutschen traditionell stärker verbunden als anderen Nationen Europas ... die Deutschen sind hier nie als Imperialisten aufgetreten” (sorry, aber nicht wenige Araber sind den Deutschen sehr verbunden, weil sie Millionen Juden ermordet haben).

    Das Interview beweist eindrucksvoll, dass sich die irakische Intelligenzia ausser Landes aufhält.

Man kann nicht behaupten, dass der Tag ganz und gar nutzlos verlaufen sei. Lieblich augenzwinkernd gestehen wir aber ein, dass wir “faul und nutzlos” sind.

{Für den “Rest” des Tages reicht die Vorstellung nicht}

Nachtrag 17. Oktober 2002

Ein lieber User hat uns mit folgender Information geholfen:

Frau Kraatz-Wadsack ist Veterinärin in der Bundeswehr; Dienstgrad: Oberfeld-Veterinärin.

 

VM Dr. Struck: Randnotiz

15. Oktober 2002

Ohne Zweifel ist es ein Vergnügen, den Verteidigungsminister Dr. Peter Struck in TV-Interviews zu “folgen”. Am 11. 10. 02 strahlte PHOENIX erstmalig aus, Wiederholung am 14. 10.02. Natürlich hatte die freundliche Moderatorin (leider haben wir den Namen noch nicht drauf; Nachtrag: Gabi Dietzen - sorry) die Sonntags-Ausgabe der FAZ (6. 10. 02) gelesen. Dort war berichtet worden, dass die Generalität der Bundeswehr dem Verteidigungsminister einen “Brand”-Brief geschickt habe.

Unser geschätzter Verteidigungsminister anwortet darauf (rechtsanwaltlich korrekt), dass er diesen “Brief” nie erhalten habe; der Abspann dieser TV-Sequenz ist köstlich genug.

Natürlich wusste Dr. Struck ganz genau, dass es kein “Brief” war, sondern folgendes:

  • BMVg-Staatssekretär Biederbick hatte gegen Ende Sept. 02 in einer Sitzung darum gebeten, alle Gesetzes-Vorhaben und sonstige Initiativen zu benennen, die in der neuen Legislatur-Periode anstehen.
     
  • Diesen Auftrag haben die Militärs zum Anlass genommen, einen “Besinnungs-Aufsatz” zur Lage der Bundeswehr zu schreiben und damit einen Wunschzettel, den selbst der Weihnachtsmann - bei allem Wohlwollen - nicht erfüllen kann.
     
  • Den Schriftsatz hat die Sonntags-FAZ gekonnt abgefangen. Allerdings ist leider in der Wahrnehmung der Leser daraus ein “Brief” der Generalität geworden, der den Verteidigungsminister Struck nach seinem eigenen “korrekten” Bekunden nie erreicht hat.

Nun mag jeder selbst entscheiden, welcher Tatbestand für den “Polit-Dschungel” entscheidender ist: Die “gekonnte” Halbwahrheit des Ex-Rechtsanwaltes oder der “Besinnungs-Aufsatz” der Militärs. Wir legen das Schwergewicht auf das Besinnungs-Phänomen:

  • U.E. ist der deutschen Generalität (sorry, wegen der Verallgemeinerung) augenscheinlich irgendwie die Fähigkeit abhanden gekommen, den klassischen Dreiklang: Sachstand - Beurteilung - Empfehlung analytisch und widerspruchsfrei zu Papier zu bringen und diese Klarheit auch “mannhaft” zu vertreten.
     
  • Ist es Meuterei, dem Dogma von der Vereinbarkeit von Auftrag, Fähigkeiten und Mitteln in seiner jetzigen und absehbaren Einzel-Konfiguration auch noch das Amen mit Wehrpflicht, Landesverteidigung samt finanzwirtschaftlicher Wirklichkeit hinterherzujagen? Und das bei garantierter Meinungsfreiheit aufgrund des Beamten-Status?

Wenn selbst auf die reine Sach-Kompetenz der Militärs kein rechter Verlass ist, darf man sich getrost angenehmeren Themen zuwenden.

{Very sorry, crazy battle}

 

Prognose: Zicken-Alarm

14. Oktober 2002

Schon diese Woche wird sich zeigen, welche Position Verteidigungsminister Struck verloren hat: In der Person des Fraktions-Vorsitzenden im Zentrum der Macht, jetzt um seine Ressort-Belange bangender Einzelkämpfer, vom Macht-Seismographen Schröder ohne Dank und Rückhalt verlassen. Bisher geht es um ein auszugleichendes Haushaltsloch von 10 - 14 Mrd. EUR; werden es bald 20 Mrd. EUR - so aus 3. Quelle aus dem BMF - sein? Wie hoch ist die Einspar-Summe, mit der das BMVg beizutragen hat (es hält einen Anteil von rund 10 % am Gesamt-Haushalt)?

Wir schanzen dem Ex-Fraktions-Vorsitzenden trotzdem einen guten “Wirkungs-Faktor” zu und taxieren die Militär-Kollekte auf die Hälfte: 500 Mio. EUR; das wäre ein Mords-Erfolg!

Auf der Suche nach Spar-Opfern hilft ein Blick in den Verteidigungshaushalt für 2003 (Epl. 14, Anlage zur Drucksache 14/9750, hier S. 127). Der einzige Posten, der signifikant aufwächst, ist der Bereich “Beschaffungen” (konkret: Rüstung):

  • Rüstung in 2002: 3.508 Mio. EUR;
  • Rüstung in 2003: 4.049 Mio. EUR (+ rund 500 Mio. EUR).

Wer voreilig glaubt, dass er die Sparmine gefunden hat, sollte nicht vergessen:

  • Bereits nach dem jetzigen Stand ergibt eine kritische Überprüfung der Rüstungslage, dass man noch nicht einmal mehr eine Patrone bestellen kann;
  • Im Verteidigungsministerium heissen die entsprechenden Fachtermini:
    - signifikante Überplanung,
    - enorme Bindungsstände (die man noch nicht einmal dem Finanz-Ministerium verraten will).

Angesichts der Lage wird man aber prognostizieren müssen, dass der für 2003 system-immanent (anhebende Bugwelle der 3. Waffen-Generation) um 500 Mio. EUR  steigende Rüstungshaushalt nicht ungeschoren gelassen werden kann: die Hälfte des Steigerungs-Betrages würde ein Spar-Opfer von 250 Mio. EUR erbringen. Natürlich würde dies bedeuten, dass das BMVg ganz massiv bereits bestehende Rüstungs-Verträge (vor allem Luftfahrzeuge, sprich EADS/MA und EUROCOPTER) nachverhandeln muss.

Für die restlichen 250 Mio. EUR Spar-Opfer haben wir die Wehrpflicht “ausgeguckt”:

  • In 2002 sollten lt. Haushalts-Plan 107.000 Grund-Wehrdienstleistende (GWDL) und freiwillig zusätzlichen Wehrdienst leistende (FWDL) bezahlt werden; in 2003 noch 94.500 GWDL und FWDL (S. 24, Epl. 14);
  • Tatsächlich im Dienst sind derzeit 80.000 GWDL und 23.000 FWDL;
  • Die Zahl der Dienstposten (Besetzung einer Funktion für 12 Monate) für GWDL und FWDL beträgt lt. Haushaltsplan für 2003: 80.000 Stellen;
  • Die Kosten der Besetzung eines Dienstpostens für GWDL belaufen sich auf ca. 11.500 EUR.

Falls man in 2003 also 20.000 GWDL-Dienstposten nicht besetzt und dementsprechend weniger Wehrpflichtige einzieht, wären 230 Mio. EUR einzusparen. Da die Wehrpflicht ganz allgemein als “Auslauf-Modell” angesehen wird, würde sich der Protest gegen diese “schleichende” Massnahme sicher recht moderat ausnehmen (nach dem Motto: die “Eingeweihten wissen es eh’, den Rest der Öffentlichkeit schert es nichts). Ausserdem winkt in 2003 das Wehrpflicht-Urteil des Europäischen Gerichtshofes!

Natürlich ist unsere Prognose ein recht einfacher halbe/halbe Mix, den man so ausdifferenzieren könnte, bis garantiert jederman zippt/zappt. Warten Sie bitte aber erstmal auf die Presse-Konferenz des Bundesverbandes der Luft- und Raumfahrt-Industrie (BDLI) in dieser Woche. Gegen dessen Analyse-Kompetenz sind wir ein wahrer Dreck, denn Rainer Herterich, nicht nur Vorsitzender dieses bedeutenden Verbandes, sondern auch Co-CEO der noch bedeutenderen EADS, wird u.a.

  • eine Neugewichtung des Verteidigungs-Etats fordern mit über 30 % Investitions-Ausgaben (derzeit irgendwo bei 25 %) von einem insgesamt höheren Verteidigungs-Haushalt.

Mit aller Geduld warten wir auf den Tag, an dem eine ganze Reihe von Verteidigungs”fürsten” den Knall gehört haben, ihren “Rock” ausziehen und realistische, d.h. sehr unbequeme Konzepte unterstützen:

{Zicken-Alarm is out}

 

Regierungs-Erklärung: Hurraah

9. Oktober 2002

Es steht Ihnen noch bevor, die Regierungs-Erklärung zum Thema “Deutschland in Europa und der Welt” (14 S.) lesen zu müssen. Wir mögen uns heute mit wenigen Teilen beschäftigen:

  • “NATO und NATO-Osterweiterung”
    “Die durch die Allianz gewährleistete Mitwirkung der Vereinigten Staaten von Amerika bleibt eine der Voraussetzungen für die Sicherheit auf dem Kontinent.”
    (nur ein Wort ist falsch: nicht “bleibt eine”, sondern “bleibt die Voraussetzung ...”).
     
  • “Zivile Krisenprävention”
    Wunderbare Aufgabe für das Joschka-Ministerium (er kriegt noch den Friedens-Nobel-Preis!):
    “Die Stärkung der Zivilgesellschaften und der friedensbereiten Kräfte in Konflikregionen ist ein elementarer Bestandteil jeglicher Konfliktprävention und Krisenbewältigung ...
    Die Bundesregierung wird einen ressortübergreifenden Aktionsplan zur ‘Zivilen Krisenprävention, Konfliktlösung und Friedenskonsolidierung’ erarbeiten.”
     
  • “Kampf gegen den Terrorismus”
    Zwar ist die Bundesregierung “entschlossen, den Kampf gegen den internationalen Terrorismus im Rahmen der weltweiten Koalition fortzuführen und wo erforderlich zu intensivieren”, aber: “Die Wahrung der Menschenrechte und rechtsstaatlicher Standards muss gewährleistet sein”.
     
  • “Menschenrechte”
    “Die Bundesregierung misst der weltweiten Durchsetzung von Menschenrechten zentrale (!) Bedeutung zu. Internationale Friedenssicherung kann nur mit Schutz und Umsetzung von Menschenrechten erfolgreich sein. Menschenrechtliche Grundnormen sind unantastbar und dürfen unter keinen Umständen außer Kraft gesetzt werden. Um Menschenrechtsverletzungen zu verhindern und zu ahnden, setzt sie sich dafür ein, dass diese Thematik bei internationaler Sicherheitszusammenarbeit stärker berücksichtigt wird.”
    (heisst: Verstehen Sie bitte den markigen “Menschenrechtsschutz” so nicht - er wird durch “Dampf-Plauderei” gewährleistet).
     
  • “Bundeswehr und internationale Einsätze”
    “Die Bundesregierung wird die umfassende Reform der Bundeswehr fortsetzen und - wo erforderlich - konsequent weiter entwickeln. Aufgaben, Struktur, Ausrüstung und Mittel der Bundeswehr werden wieder (!) in ein ausgewogenes Verhältnis gebracht ...
    Aufgaben der Bundeswehr sind Landes- und Bündnisverteidigung und internationale Konfliktverhütung und Krisenbewältigung (zivile? - d. Verf.) im Rahmen der Charta der Vereinten Nationen ...
    und nun hat man aufzuhorchen:
    “Die Gewichtung dieser Aufgaben hat grundlegenden Charakter für die künftige Rolle und die materielle Ausstattung der Bundeswehr.”

Wir halten diese Erklärung - im Zusammenhang mit dem “zivilen” (und sonstigen) Duktus der Krisenpräventions-Befriedung - für die “richtige” Leitlinie, die von VM Struck in Auftrag gegebene Revision der Rüstungsplanung durchzuführen. Nach Durchsicht unserer immer wieder gern zitierten “Wesentlichen Gross-Vorhaben”, gepaart mit unseren entsprechenden Finanz-Deckungs-Rechnungen, haben wir die Einsparungen parat, damit die Bundeswehr schön friedlich und zivil wird und andererseits hinsichtlich “der Mittel ... wieder in ein ausgewogenes Verhältnis gebracht wird”. Wir streichen aus der Liste der Wesentlichen Gross-Vorhaben (WGV) halt diese bösartige “Kriegsführungs”-Fähigkeit:

  • “weiträumige Aufklärung” (AGS): bringt lt. Plan erst ab 2008 etwas, zudem wenig, ist in Wirklichkeit aber ein ganz dicker Brocken;
  • Breguet 1150 SIGINT-Nachfolge: weg damit
  • MPA 2000: spart erheblich - weg damit;
  • A400M: politisch sehr delikat, aber 40 reichen vollauf. Falls doch 73 aufgrund politischer Zitterei, entspräche das dem perfekten Selbstmord vor laufender Kamera;
  • ETrUS: versenken;
  • Luftverteidigungs-Systeme: nur keinen Einstieg - unbezahlbar. MEADs, taktische Raketen-Abwehr, alles töten;
  • Fregatte 125, ebenfalls mit taktischer Raketen-Abwehr: versenken;
  • Korvette 130: zurückrudern um jeden Preis;
  • U 212: auf gar keinen Fall ab 2009 ein 2. Los;
  • Eurofighter, NH 90, MH 90, Tiger: Der Industrie Daumenschrauben ansetzen, dass das Blut spritzt;
  • Iris-T: das wollt und könnt ihr doch nicht streichen?!
  • Meteor: sachlich keine Chance, aber es blairt andauernd;
  • PARS 3 LR: Kleinvieh macht auch Mist;
  • GTK: nur ein paar dieser Wägelchen.

Wegen mangelnder Daten können wir mit Streichungs-”Vorschlägen” unterhalb der WGV-Ebene nicht dienen. Falls uns einmal ein Geistes-Gefährte mit Infos helfe könnte, würden wir das glatt nachholen - auch, wenn es noch als Landesverrat angesehen wird (in welch’ herrlicher Prolem-Losigkeit muss man doch im Straf-Vollzug leben dürfen).

Wenn Sie dann unserer Kaspareien ganz überdrüssig sind, verlangen Sie bitte wenigstens vom Verteidigungsminister - irgendwann im November 02 -, dass er seiner rechtsanwaltlichen Sozialisation folgt und die ungeschönte Wahrheit, ohne Tricks, den Staatsbürgern mit und ohne Uniform vorlegt. Der Staat ist nicht die Beute der Mächtigen, sondern zu Dienst und Wahrheit am Bürger verpflichtet.

{Hurrahh - Hurrahh - Hurrah}

 

Bundestag: Stühle rücken

9. Oktober 2002

Es ist ein etwas komplizierteres Stühlerücken als die “Reise nach Jerusalem”; auf die wenigen Stühle kommen zuviele Sitz-Ansprüche:

  • Vorsitz im Verteidigungs-Ausschuss
    Falls die SPD den Posten anstrebt, dürfte es MdB Reinhold Robbe werden. Der Verlagskaufmann, der in der letzten Legislatur-Periode über die Landesliste Niedersachsen in den Bundestag einzog, wird wohl nicht Vorsitzender der Arbeitsguppe Sicherheitsfragen der SPD-Fraktion (AGS) werden, weil sein Fraktionskollege Peter Struck das nicht mag.
     
  • Um den Vorsitz in der AGS müht sich, auch vergebens,
    - der Lehrer Gerd Höfer, MdB des Wahlkreises 127, wegen nicht-politischer Probleme;
    - für Frau Verena Wohlleben, MdB aus Bayern, mag keiner eine Lanz brechen.

    Beste Chancen hat der 52-jährige VHS-Manager Rainer Arnold, Landesliste Baden-Württemberg.

Brigitte Schulte wird ihren Posten als Parlamentarische Staatssekretärin im BMVg verlieren und es wahrscheinlich nicht auf einen der Stühle mit dem Label “Vizepräsident des Deutschen Bundestages” schaffen.

Volker Kröning soll seinen Sitz im Haushalts-Ausschuss mit der Funktion des Berichterstatters für den Bereich des Verteidigungs-Haushaltes verlieren und in den Auswärtigen Ausschuss wechseln. Damit wird der Verteidigungs-Minister nicht nur den bissigen Oswald Metzger (vormals MdB der GRÜNEN), sondern auch den unbequemen, eigensinnigen Volker Kröning los. Wer auf diese Stühle strebt (oder gestrebt wurde), wird man sehen.

{Musik aus}

 

Mega-Runner: Wehrpflicht?

7. Oktober 2002

Wenn man genauer hinschaut, bietet unsere Republik schon eine spannende Show:

  • Bundeskanzler Gerhard Schröder bringt als Rau-Nachfolger für das höchste Amt die smarte Renate (Schmidt) ins Spiel (Sie ist telegen, Frau, ein Mords-Geschoss - Gerhard, Du bist unübertroffen);
     
  • für “Bruder” Johannes, der immer für eine “Friedens-Dividende” gut war, ist die echt-blonde Renate (nach eigenem Bekunden bei N-24-TV) die ideale Nach-Besetzung:
    - als Präsidentin der Kriegsdienst-Verweigerer ruft Sie gerade zum e-mail-Bombardement, insbesondere gegenüber der SPD, aber auch den Grünen, für die Abschaffung der Wehrpflicht auf:
    www.zentralstelle-kdv.de

So Sie aus Gründen einer Kriegstauglichkeit der Bundeswehr auch gegen die Wehrpflicht sein sollten, müssten Sie sich argumentativ gegen den “Renate”-Ansatz wappnen. Wir empfehlen auch die Suspendierung der Wehrpflicht, weil wir hässliche “Krieger”, nicht Kriegsdienst-Verweigerer, sind. Aus unendlichen Diskussionen sind uns die Argumente des Pro und Contra nicht ganz verborgen geblieben. Ohne jeden Zweifel hat die Wehrpflicht jede Menge Pro-Argumente zu verzeichnen; es ist im Grunde genommen eine 51:49 oder 49:51-Geschichte.

Unbestreitbare Tatsache ist, dass kein Verteidigungsminister neuerer Zeit es gewagt hat, in seinem Hause den Auftrag zu erteilen, eine reine Fakten-Rechnung aufzulisten, welche Kosten die Wehrpflicht tatsächlich generiert. Seit einem Jahrzehnt dürfen die Verteidigungsminister dieser Republik ungestraft jeglichen Sach-Beweises behaupten, dass eine reine Freiwilligen-Armee teurer als der derzeitige Mix aus rund 190.000 Berufs/Zeitsoldaten und rund 110.000 Wehrpflichtigen ist. Diese Schlitz-Ohren rechnen natürlich immer die gleichen Kopf-Stärken der Streitkräfte hoch. Geflissentlich wird dabei unter den Teppich gefegt, dass ein Wehrpflichtiger einen bestimmten Fach-Dienstposten in den Streitkräften nur ein paar Monate besetzten kann, während ein Zeitsoldat rund zwei Jahre dort gehalten werden könnte. Aber die typischen Diskussions-Duftmarken liegen abseits solchen Kleinkrams:

  • 1. Lieblings-Argument für die Wehrpflicht ist die “Brücke zur Gesellschaft”:
    - die Wehrpflicht verbindet die Zivil-Gesellschaft mit den mordgierigen Rambos und weich-spült sie “schön friedlich”;
     
  • Dahinter steckt die “Reichswehr”-Mythologie: Ohne Wehrpflicht würden die Ku-Klux-Clan-Rambos (die Berufs/Zeitsoldaten der Bundeswehr) nichts anders tun, als Tag für Tag “ihre Pistolen ölen”, um auf “verdammte” Rote und Grüne während eines Parlaments-Überfalls zu ballern;
     
  • Wenn man sich durch den Wust dieses Schwachsinns gearbeitet hat, bleibt bei den Insidern nur die unglaubliche Furcht über, dass ohne die Wehrpflicht der Nachwuchs für die Freiwilligen ausbleibt. Dazu sind die folgenden Facts dienlich:
    - Im Jahr 2003 sollen lt. Haushaltsplan 2003 107.000 Wehrpflichtige einberufen werden. Dies kostet den Steuerzahler grob 15.000 EUR (das BMVg meint 11.500 EUR) pro “Nase”, zusammen rund 1,6 Mrd. EUR (reine Personal-Kosten). Begibt man sich nun (folgerichtig) auf den Weg, die “Werbungskosten” der Wehrpflicht (1,6 Mrd. EUR) auf den “gewonnenen” Längerdiener umzurechnen (lt. Weizsäcker-Bericht “9.000 Soldaten”; S. 64), dann ergibt diese (polemische) Rechnung, dass ein durch die Wehrpflicht geworbener Längerdiener die Bundeskasse schlichte 177.777 EUR kostet.
     
  • Für eine vermutete Nachwuchs-Problem bei einer Bundeswehr ohne Wehrpflicht haben wir ein ganz “einfaches” Rezept: Wie bei den Polizeien der Länder und dem Bundes-Grenzschutz besolden wir die “Men in Fleck” nach A 7 (mit Anwärter-Zuschlägen, die zurückzahlbar sind, falls der Freund von den Fahnen eilt, wie dass die Polizei wunderbar vorexerziert).
     
  • Alle unseren Rechnungen verstehen sich natürlich bei einer Bundewehr mit rund 200.000 Soldaten/tinnen, wobei wir Nachruck auf eine “paritätische” Werbestrategie hinsichtlich der Soldatinnen legen.
     
  • Dazu gehören natürlich Werbe-Massnahmen, die sich an den bisherigen Erfahrungen der Wehrpflicht orientieren:
    - Warum ist die allgemeine Erkenntnis, dass sich Wehrpflichtige nur innerhalb der ersten vier Monate als “Freiwillig Längerdienende” (FWDL) einschreiben? Ist ganz einfach: In den 3 Monaten der Grundausbildung erfahren sie eine Welt, die gänzlich anders ist als die bisher erlebte - “Sie lernen stehen, gehen, laufen, grüssen, Biwak, gutes Essen, Schiessen, Unterricht, Kameradschaft - und das Soldaten-Gesetz” (Definition eines XL-Insiders).
     
  • Nach dieser 3-monatigen Grundausbildung, die wahrlich in jeder Phase durchorganisiert ist, folgt eine Phase der Wehrpflicht, die nur noch als “Hängen im Schacht” definiert werden kann. Nach Darstellung unseres XL-Insiders mag kein “Bedarfs-Träger” innerhalb der Streitkräfte einen Wehrpflichtigen, “wenn er ehrlich ist”.
     
  • Letzlich ist der Wehrpflichtige in der Bundeswehr nur “2 Monate in der Produktion”, letzlich ein sehr teuerer Angestellter.

Natürlich ist es schon längst viel zu spät, zu diesem Thema einen Stein ins Wasser zu werfen. In den Koalitions-Verhandlungen sind die jeweiligen Kämpen mit ihren (geschickt hingebogenen) Argumentations-Strategien schon aufgetreten und haben die (in der Sache richtigen) Reform-Pflänzchen Grüner Provinienz schlicht zertreten.

Aufgrund der uns ansonsten vorliegenden Informationen sinken unsere Hoffnungen ganz erheblich, dass der neue Verteidigungsminister die “Zeichen der Zeit” erkennt. Warum - in aller Welt - sollte man deutsche Verteidigungspolitik wirklich ernst nehmen?

{Was man nie gemocht hat, mag man - aller Wahrscheinlichkeit nach - auch in Zukunft nicht}

 

BK Schroeder: Top down

12.Sept. 2002

Es ist ein hervorragendes Privileg der Herrschenden, die Untertanen mit Aussagen auf Fährten zu locken, die in der Irrenanstalt enden, wenn man plausibel bleibt. Jüngstes Beispiel ist unser Kanzler mit seiner Irak-Policy:

  • Bei der Betrachtung des TV-Films über die Ausführungen von Gerhard Schröder über die Präsidiums-Sitzung der SPD vom Montag musste man völlig baff sein: Mit dem Kommunikativ-Charme einer Zarah Leander erzählt der Kommunikations-Champion den Journalisten, wie es mit den Regeln der Freundschaft aussieht:
    - Es sei zu der ganzen Entwicklung der Sache gekommen, weil man die Cheney-Rede analysiert habe, die den US-Wandel beinhalte;
    - Dann habe man sich für die Signalisierung der Schröder-Postition entschieden, weil der US-Präsident - der alte Freund - sowieso wisse, was man denke;
    - alles sei nach den sowieso jederman klaren Regeln abgelaufen, die eine zutiefst und innige Freundschaft prägen.

Mit Verlaub: selten haben wir eine dreistere Interpretation der Regeln der Freundschaft erlebt. Ausserdem wird es Historikern vorbehalten bleiben, über die Stichhaltigkeit der Argumente des deutschen Kanzlers zu urteilen:

  • Normalerweise sollte jederman vorsichtig sein, doktrinäre Erklärungen über die Entwicklung der Zukunft abzugeben;
     
  • Immerhin setzt unser deutscher Genius dem US-Regierungs”wahnsinn” die genauso waghalsige Prognose entgegen, dass der US-Kurs im nahöstlichen Desaster enden muss und die Assoziation von “Abenteuer” nahezulegen ist.

Nach dieser lange Vorrede (sorry) mögen wir zum Knackpunkt kommen: Wir empfehlen, dieses argumentative “Vorgeplänkel” des Kanzlers zu vergessen. Jedem Analytiker stellt sich das Problem, die strategischen Grund-Parameter seines Untersuchungs-Gegenstandes zu erkennen, weil es nur zwei Muster gibt: Top down oder bottom up. Logisch: Weil es einem “naturgemässen”, inhärenten Grundgesetz entspricht, ist es in aller Regel der Top-down-Ansatz (wenn man zur Idiotie neigen mag, liebt man den Mix).

Die Fragestellung lautet: Ist Schröders Irak-Politik ein Wahlkampf-Gag oder mehr?
Wir haben die entsprechenden TV-Passagen gut im Film: Er hat nicht einen Augenblick “gezwinkert” - er meint es ernst. Die folgende Analyse beruht nicht auf irgendwelcher Nasenpobelei, sondern stützt sich auf die Darlegungen eines roten Super-XXL’s der Regierung, dessen Ernsthaftig- und Nachdenklichkeit ausser Zweifel steht und dessen Nähe zur Kanzler-Denkwelle unbestreitbar ist. Danach gilt:

  • Jede Regierung, jede Partei wird, falls deutsche Soldaten an intensiveren Kriegs-Handlungen teilnehmen, unter einen immensen innenpolitischen Druck geraten, falls Leichen-Säcke in der Grössenordnung 10-20-30-40+ per Transall unter “Tagesschau”-Licht in Köln-Wahn “anlanden und unter BILD-”Kuratel” stehen: “Holt unsere Jungs heim!”.
     
  • Gerade weil der Kanzler seine “Vertrauens-Frage” nicht wegen der GRÜNEN, sondern aufgrund der Unwägbarkeiten in seiner eigenen Partei gestellt hat, würde eine solche Situation die SPD vor eine Zerreissprobe sondergleichen stellen. Natürlich hat der lieblich-ehrenvolle Abgang der zu achtenden SPD-MdB Christa Lörche, wirkliche Pazifistin, die SPD ihres Problems nicht enthoben. Wer glaubt denn, dass der “allmächtige” Münti dafür gesorgt hat, dass alle SPD-MdB-Kandidaten für 2002-2006 zur Stahlhelm-Fraktion gehören?
     
  • Was ist, wenn der worst-case durch die Entscheidung dieser oberblöden Wähler eintritt: Zwang zur Grossen Koalition, SPD unter Kanzler Stoiber? Und dann deutsches Soldaten-Blut unter UN-Flagge zu Diensten der USA, die den Krieg nur führen, damit ein Bush-Bruder in Florida wieder Gouverneur wird? Haaallo - ist da jemand? Haben Sie den Knall gehört? Das war die “Grosse Kloalition”!
     
  • Was soll man denn sagen, wenn Elder-Statesmen wie Helmut Schmidt meinen, dass die Amis auch einen ordentlichen Blutzoll der Deutschen auf dem irakischen Schlachtfeld wollen?

Man kann nun wirklich in der Weltpolitik nicht soweit gehen, den Fortbestand der mehr als 100-jährigen SPD dem Lodern von Bush-Feuern zu opfern. Welches Szenar man auch immer wählt - es endet in einem unendlichen Dilemma für die SPD. Somit ist die Schroeder’sche Version nur folgerichtig, ganz abgesehen davon, dass sie auch unglaublich trendy ist. Bitte seien Sie vorsichtig bezüglich eiliger Schluss-Folgerungen: Wenn die blöden Amis so sind, wie sie sind, dann werden sie uns auch aus der potentiellen Tinte helfen: Sie haben den Welt-Rettungs-Tick! Dann gibt es wieder Schokolade - und Zigaretten - auch für Sozialdemokraten!

{Sun-Tsu sagt: alles ist einfach - denke nur}

 

Bw: InterFAF?

7. Dezember 2001

Brav nach Richtlinien-Kompetenz hat Bundeskanzler Schröder als Erster die Richtung zur Frage einer deutschen Beteiligung an einer UN-Truppe für Afghanistan vorgegeben: Falls eine deutsche Rolle als Teil einer europäischen Lösung gesucht werde, will es weder noch wünscht es oder wäre dazu in der Lage, sich einer Beteiligung zu verschliessen. Über den Chor der anderen Experten berichtet SPIEGEL Online:

  • Aussenminister Josef Fischer habe sich noch am 5. 12. jeder Aussage verschlossen; ansonsten müsse erst der Welt-Sicherheitsrat entscheiden.
  • Überraschend wird der als Pazifist gelabelte MdB Ströbele nun als “grüner Eisbrecher” gefeiert, denn gegenüber NDR4 hat er seine Zustimmung unter Einhaltung “ganz wichtiger Voraussetzungen” signalisiert
  • Als Bedenken-Träger geriert sich überparteilich die versammelte Mannschaft der Verteidigungspolitiker samt Bw-Verbandsvorsitzendem Gertz mit Hinweis auf kaum verfügbares Personal und Geld.
  • Der Ressort-Verantwortliche wird wie folgt zitiert:
    “Dagegen betrachtete Bundesverteidigungsminister Scharping die Umsetzung solcher Gedankenspiele als “nicht unproblematisch”. Scharping sagte der “Frankfurter Allgemeinen Zeitung”, dass Deutschland ein unmittelbares Interesse an der der Terrorbekämpfung und ein mittelbares (sic) an der Stärkung der Vereinten Nationen habe: “Vor allem aber haben wir begrenzte personelle militärische und finanzielle Mittel, mit denen wir haushalten müssen.”

Deutlich absehbar ist, was von Seiten der UN kommen wird: Eine Resolution des Sicherheitsrates nach dem Muster InterFET (International Force East Timor) www.un.org/Docs/scres/1999/99sc1264.htm :

  • Am 15. Sept. 1999 beschloss er (wahrscheinlich erstmals) mit der Resolution 1264 einen sog. “robusten Friedenseinsatz”: Eine multinationale Streitmacht unter einer einheitlichen Kommando-Struktur hatte den Frieden und die Sicherheit in Ost-Timor wieder herzustellen und war vom Sicherheitsrat authorisiert, “alle notwendigen Massnahmen” durchzuführen, um das Mandat zu erfüllen”. Wie üblich wurden alle Staaten aufgerufen, dazu beizutragen, sei es durch Personal, Material oder andere Ressourcen. Die Kosten hatten zunächst die truppenstellenden Staaten zu tragen; der Generalsekretär sollte ein Konto  eröffnen, von dem die finanziellen Beiträge zu den durchführenden Staaten zu überweisen waren.
     
  • Bei InterFET war Australien “Lead”-Nation einer Koalition von Beitragswilligen (coalition of the willing): UK, CND, US, F, NZL, Phil, Thai; die Bw war mit 2 Transall/MEDEVAC vertreten. Klar ist, dass nicht “Europa” Lead-Nation sein kann, sondern nur ein Staat.
     
  • Ein “Friedens”-Einsatz (peace keeping) mit “Blauhelmen” wird InterFAF nicht, sondern ein friedens-erzwingender Kampfeinsatz mit einem nicht unerheblichen Gefährdungspotential für die körperliche Unversehrheit der Soldaten.

Da die Deutschen sich vor Beginn des Bürgerkrieges und neuerdings verstärkt als Liebling der Afghanen titulieren lassen, könnten sie gar in Bedrängnis kommen, als “Lead”-Nation erbeten zu werden. Der auch vom verantwortlichen Minister gepflegte Eindruck, dass die Bw die Soldaten nicht habe, hat kein geringerer als der Heeres-Inspekteur Gudera vor vier Tagen widerlegt:

  • Am 3. 12. vermittelte er in Bonn zum Thema “Heer der Zukunft” vor dem “Förderkreis Deutsches Heer” zunächst auch, dass man “an der Grenze angelangt” sei. Danach äusserte er aber, dass man noch über eine “nationale Reserve” verfüge. Wie gross diese wiederum ist, lässt sich nur aus den von Gudera genannten Zahlen rückschliessen:
    - 25.000 Soldaten seien in dem Balkan-Kreislauf (7.500 stationiert, 7.500 in Einsatz-Vorbereitung, 7.500 gerade zurück - rechnerisch also eigentlich nur 22.500);
    - Das Heer verfüge (jetzt) über 37.000 einsatzbereite Soldaten und man wolle die Zahl von 60.000 erreichen (Zeitpunkt nicht genannt).

Dem unbedarften Zuhörer erschliesst sich so eine “nationale Reserve” von 12.000 Soldaten. Dazu stellt sich natürlich die noch dümmere Frage, wozu wir uns ein Millionen-Heer von Reservisten leisten.

Da wir aber einen Verteidigungsminister haben, der unmittelbares und mittelbares so gut zu unterscheiden weiss, werden wir auch zu der Frage nach dem Umfang der “nationalen Reserve” nur eine mittelbare Antwort erwarten dürfen.

{Militärs bilden immer Reserven - Zivilisten sind eher reserviert}

Nebenbei: Zu Fragen UN/Terror/Afghanistan sehr empfehlenswert:
http://www.uno.de/frieden/afghanistan/index.htm

 

D-Sicherheitspolitik: Masterplan

5. Dezember 2001

Was wir schon immer wissen wollten, aber uns nie getraut haben zu fragen: Warum ist deutsche Aussen/Verteidigungspolitik so erfolgreich? Obwohl ohne Nuklear-Waffen, ohne Militärmacht, ohne permanenten Sitz im UN-Sicherheitsrat etc. - trotzdem wieder bei den “grossen Drei in Europa”, vielleicht darüber? Die Antwort ist ganz einfach: Die Deutschen haben eine kuschelige Aussenpolitik:

  • Beispiel Afghanistan: Als einziges Land sind sie in allen Anrainer-Staaten diplomatisch vertreten.
  • Beispiel Nah-Ost: Den Israelis schenken wir U-Boote mit Torpedo-Rohr-Durchmessern, aus denen nukleare Marschflug-Körper verschossen werden können. Gleichzeitig verweigern wir den “konventionellen” Typ dieses U-Bootes den USA zur Weitergabe an Taiwan. Andererseits haben wir natürlich auch für die Palästinenser via EU einige Milionen über, die unkonditioniert vergeben werden - alles ganz “liebe” Projekte wie Kultur und Bildung etc.
    Bei allen islamischen/arabischen Staaten kommt den Deutschen eine Grund-Sympathie zu pass, deren Wurzeln kein Mensch ansprechen mag: Holocaust.
  • Beispiel USA: Erst geben wir “uneingeschränkte Solidarität”, dann kommt punktgenau in der Haushaltsdebatte der Aufschrei, dass bei einer “Ausweitung” des Krieges gegen den Irak uns alles “um die Ohren fliegt”, seit Monaten wohlwissend, dass vom US-Präsident über alle Stationen runter dieses angekündigt ist. Natürlich ist das nicht nur für den “Binnen-Konsum”, sondern auch für die Diplomaten-Tribüne. Schon heute kann man Wetten abgeben, dass die Regierung nicht aussenbords springen wird, wenn es denn Ernst wird.
  • Beispiel Kolonial-Vergangenheit: Bis auf vernachlässigbare Kleinigkeiten haben wir eine “weisse Weste”.
  • Images:
    - Goethe, Beethoven, Kant und Hegel, wenn es sein muss auch Nietzsche
    - Mercedes, Mittelstand und penibel genau
    - gemütlich und trinkfest
  • und nicht zu vergessen: Ein dickes Scheckbuch.

Was die Deutschen dagegen aus der Negation schöpfen, ist:

  • Nirgendwo ein etwas härteres Wort in der Diplomatie; geradezu stoisch vermeidet man kleinste Konflikte - “Zurückhaltung” ist alles;
  • Ohne einen Hinweis plumpsen “französische” oder “britische” Konzepte hintüber;
  • Militärisch ist man immer “Gutmensch”:
    - Man schiesst nicht, sondern baut Brunnen, Häuser etc.
    - Kauft fast nie wirkliche Kampfkraft, sondern betreibt nationale Rüstungs-Politik für Kernkapazitäten mit hilfreichen Nebeneffekten für smarten Rüstungs-Export
    - ist dennoch am ersten Tag in Kandahar dabei mit kernigen KSK-Kräften, ohne dass das Verteidigungsministerium dazu ein einziges Wort sagen würde.

Irgendso muss es sein: das Geheimnis des Erfolges deutscher Sicherheitspolitik - German Masterplan! Trotzdem - jede Belehrung ist willkommen. Auch für die Frage, ob es denn immer so reichen wird.

{Flexibilität ist eine besondere Form der Labilität - oder umgekehrt?}

 

Krisen-Spezial-Kommando: Angefordert

19. Oktober 2001

Die rührende TV-Bericht-Erstattung von gestern über den deutschen Beitrag zum Krieg in Afghanistan ist zu Ende. Wir werden nicht (nur) mit ABC-Spür-Panzern davon kommen, die dort sowieso nicht gebraucht werden. Nach unseren Informationen aus Berlin (wie gestern die “Braunschweiger Zeitung”, zitiert auf Spiegel Online) haben die USA ganz konkret das Krisen-Spezial-Kommando (KSK)
z. B.
http://home.nexgo.de/gssw1997/ksk/
der Bundewehr angefordert; und Sanitätskräfte.

Nimmt man das Versteckspiel wörtlich, was sich in der Regierungs-Presse-Konferenz am Mittwoch, den 17., abgespielt hat, dann hatte die US-Regierung bis zu diesem Tag keine konkrete Anforderung gestellt. Also wäre die Anforderung auf Do., den 18., zu terminieren. Nach Darstellung des Regierungssprechers ist der weitere Vorgang, dass das Bundeskabinett  am kommenden Mittwoch (24. 10) zu entscheiden hat; natürlich kann es auch eine Sonder-Sitzung vorher geben, und dann die Sonder-Sitzung des Bundestages, der sich ab heute eigentlich für 14 Tage in die Wahlkreise verabschiedet, sitzungsfrei hat.

Sicher ist mit der Anforderung des KSK durch die US-Regierung das “Ende der Fahnenstange des Kampfes um die Freiheit” (unbekannte Zitat-Stelle) noch nicht erreicht; wir hatten am 11./12. Sept. darauf verwiesen
(DSO:
http://home.t-online.de/home/dso-presse/dso/index_net_klk.html).
Unsere diesbezüglichen Wünsche werden wir am Beschluss-Tag des Parlaments beigeben.

{Oh’ List der Geschichte - so walte doch fort - oder was?}

 

ZEIT: Fiesling Kujat

16. Okt. 2001

Die “Wochenzeitung für Politik, Wirtschaft, Wissen und Kultur” - die ZEIT - gilt seit Jahrzehnten zu recht als ein “Aushängeschild”. Aber das muss ja nicht für absolut jeden Artikel gelten. Was soll’s, wenn einer der zwei “Herausgeber und Chefredakteure”, Dr. Michael Naumann, in ZEIT 42 (11. 10. 01), auf Seite 12 (!) sich selbst auf “hervorragendste” Weise positioniert. Mit seinem Titel “General Ypsilon Eins” verpasst er General-Inspekteur Harald Kujat eine vermeintliche Klatsche, die tief blicken lässt:

  • Kujat muss ein absolut fieser Typ sein:
    “ehrgeizig”, “macht sich aus dem Staube”, “hat nie auch nur eine Brigade geführt”, ist 1982 aus der SPD ausgetreten, als Kohl Kanzler wurde, hat “vor zwei Jahren den Primat der Politik an sich gerissen und nicht mehr abgegeben”;
  • betrieb “geschickte Pressepolitik”, “redete die Armee herunter auf das Niveau eines wehrlosen, finanziell ausgebluteten Haufens”, nannte die Spitze des BMVg einen “Chaosladen” und fiel dem Kanzler in den Rücken;
  • hat sich die Auto-Kennziffer Y-1 ”gesichert”, verstösst gegen die Innere Führung, hat den Vortrag eines Heeres-Inspekteurs hintertrieben, masst sich Kenntnisse des Staatsrechts an, lebt im “haushaltspolitischen Wolkenkuckucksheim”, verschärft den “Konflikt zwischen Scharping und Kanzleramt und isoliert den Minister, treibt ihn in ein “Debakel”, schadet dem Ruf der Armee durch sein “Karrierespiel”.

Das überhaupt Allerfieseste dieses abgrundtief zu verabscheuenden Militär-Monsters Kujat deckt der beste Investigativ-Journalist aller Zeiten, Dr. Michael Naumann, gekonnt auf:

  • Dieser hundsgemeine Kujat hat dies alles von langer Hand ganz genau “angelegt”, also mi¥ Vorbedacht gehandelt, was in Verbindung mit dem niedrigen Motiv der Karriere-Geilheit glatter Mord an dem Verteidigungsminister ist: “Der Verlierer heisst Rudolf Scharping”.
  • Wir freuen uns riesig, das Dr. Naumann den Mut hat, den Bundeskanzler aufzufordern, Kujats Karriere-Komplott zum Vorsitz des NATO-Militär-Ausschusses “in letzter Minute” zu verhindern.

Lieber Herr Kultus-Staatsminister a. D., Herausgeber, Chefredakteur, lieber Herr Dr., erlauben Sie uns bitte, Ihnen unsere allertiefste Anerkennung zu zollen:

  • selten haben wir ein Zeugnis journalistischer Kunst gesehen, welches so tiefste Sachkenntnis beweist;
  • wohl noch nie hat ein Mensch mit so edelstem Charakter (wir erinnern uns an einige Ihrer herausragendsten Taten) die tiefsten Abgründe menschlicher Gemeinheit so gnadenlos ehrlich aufgezeigt wie Sie;
  • bitten wir Sie, all denen, die Ihnen bei dieser herausragenden Arbeit geholfen haben, unseren tiefsten Speck zu übermitteln;
  • erlauben wir uns, eine europaweite Initiative zu gründen, die Ihnen zur Anerkennung Ihrer genialen Leistung zur Verleihung des Kuhblitzer-Preises verhilft.

Abschliessend dürfen wir die Hoffnung zum Ausdruck bringen, dass die Führung der ZEIT in absehbarer Zukunft Sie aus allen lästigen Pflichten entlässt, damit Sie so befreit alle ihre hervorragenden Leistungen ganz direkt zu Stuhle bringen können.

{Der schönste Terror ist der Ego-Fundamentalismus}

 

38. Kdr.-Tagung der Bundeswehr in Leipzig: Kommandeure klatschen nicht (immer)

16. November 2000

Generale, Admirale, alle Kommandeure und Dienststellenleiter ab Brigade/Regiments- und vergleichbarer Ebene der Marine aufwärts und die Spitzen der Bundeswehrverwaltung und des Ministeriums: Aufmarsch der AmtsCremé der Bundeswehr incl. MdB’s und ehemaliger General-Inspekteure - rund 650 Gäste. Vom 13. 11., 9.30 bis 14. 11., 16 Uhr im CongressCentrum auf dem neuen (tollen) Leipziger Messe-Gelände.

Sinn und Zweck: “... dient dem General-Inspekteur der Bundeswehr zur Standortbestimmung und zur Information der Kommandeure über Entwicklungen im Führungsstab der Streitkräfte” (BMVg). Bisher im Zwei-Jahres-Rythmus, erste Abweichung Leipzig, zweite Abweichung: Augenscheinliche Spontan-Interaktion auf dem Podium zwischen Scharping und Kujat: 2001 findet die 39. statt.

Sachsens Ministerpräsident Prof. Biedenkopf grusswortet ebenso wie Leipzigs OB Tiefensee hervorragend, letzterer mit dem Joke, Kujat könne ein heisser Kandidat für den nächsten OB-Kandidaten werden.

Rede des General-Inspekteurs

Folgt Rede des Generalinspekteurs (GI) Harald Kujat: Dauer 95 min., Seitenumfang 21,5 Seiten. Redner-Begabung leider unzureichend; Informationswert für Zuhörer, denen man intensives Mitkoppeln der bisherigen offiziellen Darstellungen zur Bw-Reform unterstellt: über marginal.

Unsere Auswahl wichtiger Rede-Passagen:

S.:3: „Will  Deutschland in Europa und darüber hinaus die Rolle spielen, die seiner Lage und seinen Interessen, dem Gewicht eines 80-Millionen-Volkes in der Mitte Europas entspricht, dann müssen auch seine Streitkräfte von Grösse, Umfang, Ausrüstung und Fähigkeit entsprechend ausgestaltet sein.“

Kommentar:
Das ist ‘halt das typisch (deutsche) “Design by Mordsmolli”. Würden wir realistisch “Design by Hans Eichel” und Fähigkeiten reformieren, sähe die Bw-Reform anders aus. Aber es ist ja alles finanzierbar - o.k.

S. 4: Nach Abschluss der Streitkräfte-Strukturreform der NATO werden dem Bündnis neun verlegefähige Korpsstäbe, davon mindestens drei mit hoher Bereitschaftsstufe, und mindestens 27 Divisionen mit entsprechenden See- und Luftstreitkräften zur Verfügung stehen.“

Kommentar:
Nun wissen wir zum ersten Mal, wieviel Divisionen die NATO haben soll. Und dann können wir uns mal die potentiellen Gegner anschauen.

S. 4: (D-Beitrag zum EU-Headline-Goal): „Das Heer stellt  dazu einen Divisionsstab mit Divisionstruppen und eine mechanisierte Brigade.“

Kommentar:
Lt. BMVg-Angaben stellen wir von den 50-60.000 Heeres-Soldaten für die EU-Streitmacht “ca. 20 %” (Informationen zur konzeptionellen Neuausrichtung), d.h. ca. 10-12.000 Heeres-Soldaten. Da eine Brigade etwa 3.500 Soldaten umfasst und “Divisionstruppen” und ein Divisionsstab mit etwa 2.000 Soldaten veranschlagt werden müssten, erhebt sich die Frage, wie die Bundeswehr auf einen Anteil von 10-12.000 kommen will. Na gut, nach 2003 haben wir noch viel Zeit.
Dazu kommt: Es wird sicher keine “mechanisierte” Brigade sein, sondern eine “luftmechanisierte” der “Division Luftbewegliche Operationen” (DOL). Begründnung: Aus unserem Interview mit dem GI wissen wir, das er das Bw-Problem strategischer Verlegefähigkeit löst, in dem er die Waffengrösse dem Flugzeug (Transall) anpasst: vorgezogen werden alle Beschaffungen von Waffen-Systemen der “Wiesel-Klasse”. Und schon ist das Eu-Problem gelöst - die NATO-Zusagen allerdings wohl kaum, es sei denn, wir kommen überall mit der DB hin.

Ab Seitenmitte 5 bis Seitenmitte: Ausführungen zur NATO: „bleibt das Fundament“ – „bleibt auch für Krisenoperationen die erste Adresse“ ... Auch für Operationen in politischer und strategischer Verantwortung der Europäischen Union bleibt die Nutzung von Kräften und Mitteln der NATO die erste Option, der autonome Einsatz ... vor allem politische Funktion der NATO ...

Kommentar:
Das hat man in letzter Zeit selten erlebt: Ein deftiges Bekenntnis zur NATO, ihrer politischen Bedeutung usw. (kann man beispielsweise beim V-Min. lange suchen).

S. 6: „Dieses bedeutet zuallererst die Beseitigung von Fähigkeitslücken, wie sie in der Defence Capabilities Initiative der NATO identifiziert wurden. Dazu hat sich Deutschland politisch verbindlich verpflichtet.“
S. 9: „Strategische Verlegefähigkeit und taktische Mobilität sind zentrale Elemente des neuen Fähigkeitsprofils der Bundeswehr.“
S. 10: „Unabhängig davon wird auch in Zukunft die Masse unseres Materials auf dem Seeweg in das Einsatzgebiet verlegt und auf der Schiene und der Strasse transportiert werden müssen. Deshalb gilt es, auch die Fähigkeit zum strategischen Seetransport aufzubauen, sowie mit Verbündeten zusammenzuarbeiten, die bereits Erfahrungen auf diesem Gebiet haben.“

Kommentar:
“Strategische Verlegefähigkeit” geniesst innerhalb der “Defence Capabilities Initiative” (DCI) der NATO allerhöchste Priorität. Und bei den NATO-Verlege-Forderungen geht es nicht um 60 Tage wie bei der EU, sondern um 7  bis 21 Tage. Nachweisbar ist, dass Deutschland seine politisch verbindlichen Verpflichtungen in keineswegs hinreichender Weise einlösen kann, es sei denn, man kommt mit dem SchienenTransport (vgl. dazu
LuftTransport / SeeTransport ).

S. 13: „Bis zum Jahresende wird ein Material- und Ausrüstungskonzept erarbeitet...

Kommentar:
Das wird die wirkliche “Priorisierungs-Konferenz”. Korken knallen lassen können jetzt schon die Hersteller von Rolling Airframe Missile (RAM), Iris-T, ELOKA-Produzenten für CH-53, Tornado und Eurofighter, Hersteller von Kollisionswarnanlagen und Eurocopter, die den NH-90 in der Version für bewaffnete Rettungseinsätzeherstellen. Alle werden auf s. 12 f. namentlich erwähnt.

S. 14: „Es ist meine feste Absicht, die Investitionsquote in den folgenden Jahren um jeweils 0,7 bis 1 Prozent zu steigern und letztlich den Wert von 30 Prozent zu erreichen.“

Kommentar:
Dazu braucht’s rund fünf Jahre oder mehr: Leider ist General Kujat nur bis 2003 im Dienst.

S. 14: Vor allem wird damit sichergestellt, dass die Bedarfsermittlung in der Analysephase strikt dem fähigkeitsorientierten Ansatz in meiner gesamtplanerischen Verantwortung folgen wird. Der Führungsstab der Streitkräfte hat bereits in der Übergangsstruktur ....

Kommentar:
Allein das ist ein Grund, dass all die Mächtigen, denen Macht entzogen wurde, nicht klatschen. Denn die Zeiten der eigenbrödlerischen Inspekteure von Heer, Luftwaffe, Marine und Sanitätswesen sowie deren Eiferer ist vorbei - und das wurde zeit.

Nach der Rede gab’s keinen  Beifall. Absolut richtig ist, dass in dieser Situation traditionell nicht geklatscht wird; mit der Ausnahme der 37. Kdr.-Tagung (Hamburg, Dez. 99): Der in der Truppe allgemein beliebte GI Peter von Kirchbach (Spitzname TeddyBär) hält eine Rede, nach der ihm “ErmunterungsBeifall” gespendet werden muss.

Die Gründe für die kühle Distanz zum neuen GI durch die hohe militärische Führung ist schnell erklärt: Sie werden Kujat nie richtig mögen, weil

  1. er nur einmal eine “schlappe” Kommandeurs-Verwendung beim LuftwaffenAusbildungsRegiment 1 in Appen innehatte;
  2. im Geruch steht, zu sehr politisch gezogen worden zu sein;
  3. die einjährige Fleissarbeit der Generalität zur Reform der Bundeswehr (siehe Kirchbach’s “Eckwerte”) von Kujat verworfen wurde (dabei wird vergessen, dass der Entwurf noch den Hinweis enthielt, dass das Konzept absolut nicht finanzierbar sei - der Absatz wurde später gestrichen);
  4. er als “Königsmörder” von Troupier Kirchbach verdächtigt wird (jemand am Tatort gewesen?).

Wer Kujat kennt, wird anders urteilen: hochgradig analytischer Kopf, gradlinig, international militärpolitisch erfahren wie kein zweiter, besonders bescheiden und ehrlich freundlich, dabei geradezu gemütlich und gelassen: das ist nicht das Bild eines typisch deutschen Generals. Aber welch’ ein Zufall: just in time auf dem Hügel.

Während der Klausur-Phase (Ausschluss der Presse) hat GI Kujat in 4h15min augenscheinlich Punkte gemacht. In der anschliessenden Pressekonferenz des GI kann er vor allem die Fragen nach den Finanzen aufrollen und vermelden, dass das nur zum Schluss der Klausur durch einen Diskutanten thematisiert wurde.

Rede des Aufsichtsrats-Vorsitzenden der GEBB

Wir überschlagen dieses Kapitel, weil die Teilnehmer die tollen, modernen (englischen) WirtschaftsBegriffe so recht nicht verstanden haben und echt beeindruckt waren, dass der Vortragende vermelden konnte, schon einmal bei einem sehr bekannten und riesig grossen Autokonzern 40.000 Arbeitsplätze wegrationalisiert zu haben (wir melden uns freiwillig zur Rednerschulung).

Rede des Bundespräsidenten Johannes Rau

Da die Rede schon vorher vorliegt, kommt ein sachkundiger Offizier zu dem Urteil: “Ein verhaltenes Plädoyer für die Wehrpflicht”. Bei den Wehrpflicht-”Ideologen” ist gedämpftes Entsetzen festzustellen, dass die Wehrpflicht-Thematik aufgefrischt wird. In der späteren Pressekonferenz des V-Min Scharping wird dieser erklären, dass er ganz auf der Linie des Bundespräsidenten läge (so ist es uns in Erinnerung geblieben).

Da der Wortlaut des “Wehrpflicht”-Abschnittes der Präsidenten-Rede alles andere leichtgewichtig ist, wird er hier im Wortlaut wiedergegeben:

“Angesichts der neuen Situation darf sich niemand darüber wundern, dass inzwischen die Frage lauter gestellt wird, ob und in welcher Form die Wehrpflicht fortbestehen soll.
Die Wehrpflicht gibt es ja nicht um ihrer selbst willen. Wenn die Gründe, die für sie sprechen, nicht mehr gelten sollen, dann müssen wir neu nachdenken. Wir machten uns unglaubwürdig, wenn wir an Positionen festhielten, die sich unter veränderten Bedingungen nicht mehr halten lassen.
Unglaubwürdig machte sich die Politik aber genauso, wenn sie weiter gültige Einsichten, die für die Wehrpflicht sprechen, dem Zeitgeist opferte.

Mir scheint besonders wichtig, dass diese Frage, die für die Zukunft der Bundeswehr und für die Lebensplanung so vieler junger Männder so grosse Bedeutung hat, offen diskutiert wird.

Diese Frage verdient die politische Debatte, wenn nötig auch den politischen Streit und nicht nur öffentliche Spekulationen und Mutmassungen. Die Zukunft der Wehrplicht ist eine Frage, die politisch gestaltet und nicht durch Gerichte entschieden werden sollte. Die politische Bewertung und Entscheidung darf nicht durch vermeintliche oder tatsächliche Sachzwänge ersetzt werden.”

Kommentar:
Wichtig ist, dass Bundespräsident Rau in dem vorherigen Abschnitt der Rede deutlich seine Position beschreibt:
“Sie alle wissen, ich gehöre zu den Anhängern der Wehrpflicht.”
Andererseits enthällt der hier zitierte Wortlaut ausreichend Stoff dafür, Wehrpflicht-”Gegner” nicht zu diskriminieren. Dies dürfte der Fall sein, wenn man der Argumentation des Verteidigungsministers folgt:
“Nicht nur im Geiste der preussischen Heeresreformer ist Wehrpflicht der Ausruck gemeinsamer Verantwortung für die gemeinsame Sicherheit. Wenn unser Land geistig zurückfallen wollte in Zeiten, in denen man bezahlte Söldner eine bezahlte alleine verantwortlich (Wortlaut der Rede-Nachschrift, kein Schreibfehler von uns) machen wollte, dann muss man um die Folgen wissen. Auch um die Folgen des Aufgebens einer staatlich, öffentlich garantierten Integration”.

Also: Falls man als Wehrpflicht”gegner” im Rau’schen Sinne jemand ist, der geistig in die Zeit des Söldnertums zurückfällt, dann ist dies eine Etikettierung, die genauso falsch ist wie die polemische Verknüpfung, dass die Einführung der Wehrpflicht in Deutschland im Jahr 1935 “Ausdruck gemeinsamer Verantwortung für die gemeinsame Sicherheit” war.

Aus dem Gesamt-Zusammenhang lässt sich das folgende entscheidende und grundsätzliche Argument des Verteidigungsministers für die Wehrpflicht herleiten - und das ist ganz hohe Staatsphilosophie (die Definition ist aus Scharping- und Kujat-Sätzen der Kdr-Tagung zusammengeklebt):

  • Die Wehrpflicht ist Ausdruck gemeinsamer Verantwortung für die gemeinsame Sicherheit unseres Staates. Sie garantiert staatlich institutionalisierte Integration und wirkt den allseitigen Individualisierungstendenzen in unserer heutigen Gesellschaft entgegen. Die Bundeswehr wird ohne Wehrpflicht zu einer “Agentur für äussere Sicherheit”, an die die Bürgerinnen und Bürger ohne eigenes Engagement die Lösung staatlicher Zukunftsfragen abschieben können. Diesem Zeitgeist gilt es, sich zu widersetzen.

{es gibt Argumente, die sind so falsch, dass noch nicht einmal das Gegenteil davon richtig ist}

Rede des Verteidigungsministers Rudolf Scharping

Neues hat die Rede nicht erbracht, nur die wieder erlebte Erkenntnis, dass man auch bekanntes gut vortragen kann. Aber Vorsicht: Mehrfach blitzte deutlich das “Sonnenkönigs-Syndrom” durch, auch als Stoiber-Effekt bekannt: Der Redner badet schon selbst und reflektiert seine rhetorische Wirkung und dann ist es nicht mehr weit zum Abflug. Zu den Einzelheiten:

  • S. 2: Die Münchner Wehrverwaltung darf sich warm anziehen: Scharping hat festgestellt, dass sie mit “900 Menschen auf deutlich über 80.000 Quadratmetern Bürofläche” arbeitet: “Das ist unwirtschaftlich” (vielleicht ist das ja auch eine interessante Inmobilie?).
     
  • S. 4: Im Zusammenhang mit Problemen unserer Verbündeten und Freunde hinsichtlich deren Berufsarmeen: Absage, und dann: “Das sage ich den Surfern auf den ‘Wellen des Zeitgeistes’ “.
     
  • S. 6: Bei dem geplanten Umfang der zivilen Mitarbeiter geht es nicht um 80-90.000 Personen sondern um Dienstposten.
     
  • S. 7: Nachlesenswert ist Scharping’s Rechnung, wie er auf 1 Mrd. DM Effizienz-Gewinne kommen will - sie ist plausibel. Interessant sind die von ihm genannten Rahmen-Daten:
    1. Der rechnersiche Wiederbeschaffungswert des Liegenschafts-Vermögens der Bundeswehr beträgt deutlich über 100 Mrd. DM.
    2. Bis vor kurzem waren es noch 9, jetzt sind es 7-8 Mrd. DM, die der Verkauf der zwischen 1991 und 2000 aufgegebenen Liegenschaften erbracht haben soll. Nach unseren Daten waren das folgende Schritte bei den Standortschliessungen:
    Stoltenberg: von 750 auf 650;
    Rühe: von 650 auf 600
    noch Abwicklung Scharping bis 2000: 50
     
  • S. 8: Wir sind eben grossartig: “Ich treffe allerdings mittlerweile alle meine Kollegen mit der regelmässigen Frage, wie macht ihr das in Deutschland ... dürfen wir eure Erfahrungen anzapfen und nutzen” (die Briten machen so etwas ja überhaupt nicht und die Amis haben ja auch keine Ahnung - und die anderen auch nicht - basta).
     
  • Was eine der zentralen Fragen einer Kdr-Tagung angeht, die der “Mitarbeiter”-Motivation, war durchgängig die typisch soldatische Formel zu hören: “... ich erwarte von Ihnen ...”
    Reicht das?

Von der anschliessenden Pressekonferenz sind die folgenden Highlights zu vermelden:

  1. Zur A400M-Problematik siehe Commercial Approach;
     
  2. Da Bundeswehr-Verbands-Chef Oberst Gertz direkt vor der Kdr.-Tagung Scharping Versagen vorgeworfen, die Bw-Finanzierung als “unseriös”  bezeichnet und das Fehlen von Beförderungen beklagt  hatte, schoss der Dienstherr verdeckt zurück: es sei nicht seine Aufgabe Verbandvorsitzende zu befördern.
  3. Die FDP bekam mächtig etwas ab: Ihr Anti-Wehrpflicht-Beschluss muss den Minister mächtig auf die Palme gebracht haben. Urteilt man nach den Gegenattacken von Scharping, beruht der FPD-Beschluss auf nur einem Argument der Gelben: der fehlenden Wehrgerechtigkeit. In absehbarer Zukunft wollen wir doch einmal nachprüfen, ob das wirklich so ist.

{wir freuen uns schon auf die Reden der nächsten Kdr.-Tagung - gegen hohes Honorar beraten wir Redner!}

 

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