Google
Search WWW Search geopowers.com

News 2000

US-Verteidigungsminister der G.W. Bush-Administration: Donald H. Rumsfeld

27. 12. 2000

Donald H. Rumsfeld, 68, ist der designierte Verteidigungsminister des gewählten Präsidenten George W. Bush. Von der Website des US-Verteidigungsministeriums
http://www.defenselink.mil/specials/secdef_histories/bios/rumsfeld.htm haben wir eine 2,5 seitige Vita gezogen, deren wichtigste Punkte “übersetzt” werden:

  • am 9. Juli 1932 in Chicago geboren,
  • graduiert an der Princeton University,
  • Pilot und Ausbilder bei der U. S. Navy,
  • Assistent zweier Kongress-Abgeordneter,
  • 1960 - 62: Mitarbeiter einer Chicagoer Investment-Bank,
  • 1962: Abgeordneter des US-Repräsentanten-Hauses, 3mal wiedergewählt,
  • 1969: Assistent von US-Präsident Nixon und Direktor des “Office of Economic Opportunity”,
  • danach Berater von Nixon und Direktor des “Cost of Living Council”,
  • Febr. 1973: US-Botschafter bei der NATO,
  • Aug. 74: Leiter des “Übergangs-Teams” des damals neu-gewählten Präsidenten Gerald Ford, Assistent des Präsidenten, Direktor des “Office of Operations” des Weissen Hauses und Koordinator dessen Mitarbeiter-Stabes (war einer der engsten Mitarbeiter von G. Ford),
  • 20. November 1975: Vereidigung als Verteidigungsminister (im Alter von 43 Jahren, bis heute der “jüngste” ins Amt gewählte Secretary of Defense - SoD),
  • 20. Januar 1977: Nach 14 Monaten Ende der Amtszeit durch Beginn der Carter-Administration,
  • Kurze Zeit als Dozent an der Northwestern University,
  • 1977 - 1985 Präsident und CEO der G.D. Searle and Company, Illinois, ein Konzern im Bereich der Gesundheitsvorsorge,
  • danach mehrere leitende Positionen in verschiedenen Firmen,
  • Nov. 1983 - Mai 1984: Sonder-Botschafter des US-Präsidenten R. Reagan im Mittleren Osten.

Rumsfeld’s inhaltliche Positionen werden wie folgt beschrieben:

  • Konzentrierte sich mehr auf die politische Seite seines Jobs als Minister. Mehr als jeder seiner Vorgänger war er “umherstreifender” (roving) “Botschafter” seines Ministeriums, viele Reisen inner- und ausserhalb der USA (viele Reden, Diskussionen usw.).
     
  • Obwohl er die Entspannungs-Politik von G. Ford unterstützte, trat er gegen den “graduellen” Niedergang der Verteidigungsausgaben an. Er unterstützte Vorhaben wie den B-1-Bomber, das U-Boot-Programm Trident sowie die MX-Rakete.
     
  • Rumsfeld beachtete insbesondere die NATO, nahm an allen Sitzungen teil und betonte die Wichtigkeit der NATO hinsichtlich ihrer Abschreckungs-Funktion gegenüber der Sowjet-Union.
     
  • Nach 1979 war er Gegner des SALT-II-Vertrages mit der UdSSR.

Noch genau können wir sagen, dass von dem noch amtierenden US-Verteidigungsminister Cohen am 5. April 1999 eine Experten-Gruppe (Advisory Panel) zum Thema Massen-Vernichtungs-Waffen eingesetzt wurde, deren Mitglied Rumsfeld war.

Was wir nur aus der (schwachen) Erinnerung wissen (und noch nachtragen werden) ist die Tatsache, dass es zum Thema Raketen-Abwehr einen “berühmt-berüchtigten” “Rumsfeld-Report” gibt, der eine sehr “interessante” und zentrale Argumentation enthällt: Wenn jemand erkannter massen eine Fabrik baut, in der rechnerisch soundsoviele Raketen gebaut werden könnten, dann wird er auch genau das tun! Richtig? - Falsch?

Nun müsste man in Sachen Rumsfeld wie wild recherchieren, z. B. ob er der erste US-SoD ist, der mit Unterbrechung zweimal Verteidigungsminister wurde - ob er Bücher geschrieben hat, SoD-Memoiren und what have you.

Wir bedauern nun all’ die Aussen- und Verteidigungsminister, die zum Silvester-Himmel schauen und in jeder Rakete eine von (Mc) Donald’s Abwehr-Raketen vermuten.

{Wir legen uns erstmal hin}

 

Britische Parlamentarier: Unerbittlich

27. 12. 2000

Die birtischen Parlamentarier haben wieder zugeschlagen: Der Ausschuss für “Public Accounts” (Rechnungsprüfungs-Ausschuss) hat einen 17-seitigen Bericht über das Finanz-Management des britischen Verteidigungsministeriums im Kosovo vorgelegt:
http://www.publications.parliament.uk/pa/cm/cmpubacc.htm

Das Papier liest sich wie eine Lehrstunde in Murphy’s Law (alles, was schief gehen kann, geht auch schief):

  • Ziff. 31: Die Betten für die Soldaten waren nicht nur zu kurz, sondern hatten auch die Eigenart, unter Belastung zusammenzubrechen. Aber durch den “Local Commander” sind neue Betten als “key morale raiser” (unsere Übersetzung: Schlüssel-Moral-Heber”) nachgefragt worden.
     
  • Ziff. 39: Beim Einsatz der “Harrier” (senkrecht-startendes Kampf-Flugzeug) gab es “unerwartete Probleme”: Die montierten Raketen, die nicht abgeschossen wurden, litten unter der Nähe zu Hitzequellen und durch Vibrationen. Innerhalb von zwei Monaten war die Hälfe der Raketen “unserviceable” (un-servierbar?).

Da sind wir doch stolz auf unsere Bundeswehr. Vergleichbares passiert da überhaupt nicht. Alles ist bestens, nicht geht schief - keine Probleme. Zumindest: man hört nichts, wir hören nichts.

Sind die Engländer nun so blöd (sorry) und wir so gut - oder untersucht das bei uns niemand richtig?

{Sun Tsu sagt: Untersuche nichts genau - es bringt Dir nur Arbeit und Ärger}

 

UAV-Dienstreisen nach Namibia?

19. 12. 2000

Im meerumschlungenen Schleswig- Holstein gibt es die wunderschöne Meldorfer Bucht. Sie hat nur zwei Nachteile: Sie gehört nicht zum die gesamte Nordsee umfassenden “Naturpark Wattenmeer” und hat “ewigen Bestandsschutz” für die Bundeswehr! Und die hat hier ein ideales Gelände, um z. B. die zukünftig ausserordentlich wichtigen UAV’s (Unmanned Aerial Vehicles, Drohnen) zu erproben: Das Wattenmeer bietet die Gewähr, dass man abgeschmierte Teile in Ruhe einsammeln kann.

Nun droht Ungemach. In Berlin verhandeln Bundestags-Abgeordnete, die SH-Landesregierung und Vertreter des BMVg über Einschränkungen bezüglich des Tief-Flugs (hässlich z. B. über Helgoland), des Schiessens in die Meldorfer Bucht und der Erprobung “hinter dem Deich”. Würde Friedrichskoog die UAV’s nicht mehr erproben können, gibt es eine Alternative: Nur noch in Namibia gibt es ein so schönes Wattenmeer. Unrichtig ist das Gerücht, dass Frau Simonis die höheren Dienstreise-Kosten aus der Landeskasse bezahlen will. Richtig dagegen ist - wussten Sie das? -, dass es Wale in der Nordsee gibt: sog. Schweinswale - werden ungefähr so gross wie Delphine - sollen pussierliche Tierchen sein.

Es gibt augenscheinlich ein ernsthaftes Problem für die UAV-Fans: Nach den international gültigen Luftverkehrs-Regeln dürfen pilot-lose Luftfahrzeuge nur in einer Höhe über 60.000 feet (18.288 m) frei fliegen oder über dem für das Militär vorbehaltenen Sperrgebieten. So schrauben etwa die US-Militärs in einem Sperr-Gebiet das mit grosser Reichweite hochfliegende UAV “Global Hawk”auf die Höhe von 60.000 feet und lassen es dann über den Atlantik und zurück fliegen. Falls die Europäer auf dem Gebiet UAV mithalten wollen, müssten sie sich demnach nach einem Übungsgelände umschauen. Und dann müsste noch ein Weg gefunden werden, den Luftfahrt-Behörden eine Muster-Zulassung für pilot-lose Flugzeuge abzuringen.

Hat jemand Vorschläge?

 

Panzer - Panzer - Panzer

(10. 11. 2000) mit 3 Updates

Falls entsprechende Fragen bei Günter Jauch gestellt werden:

  • Die Bundeswehr, Abteilung Heer, hatte mal 2125 Leopard II-Panzer;
    jetzt sind’s noch 1804, von denen 723 langzeit-gelagert sind.
    2 Leo’s Typ II sind als Test-Panzer “ausgesondert”
    (falsch: KWS-Typen): in der Türkei (1 Leo II zurück).
    Noch aktiv sind 424 Leo I - 1000 eingemottet
    (falsch: rund 500) und 107 zur Verfügung der Hauptabteilung Rüstung/BMVg
     
  • 108 Leo II sind an die Spanier “vermietet” - noch kostenlos (bis die Amerikaner Santa Barbara kaufen)
    160 Leo II sind an die Schweden vermietet, bis sie ihre bekommen;
    51 Leo II haben die Dänen aus Bw-Beständen gekauft;
    Polen möchte 108 Leo II haben - zu Freundschafts-Konditionen.
     
  • Da es der Türkei auch an Barem mangelt, kommt eine für Beteiligte heikle Option auf:
    Sie könnten ca. 250 gebrauchte Leo II der Bundeswehr kaufen wollen - nicht nur der GAU für Krauss Maffei/Wegmann (KMW), sondern auch Grüne und Struck’s Freunde.
     
  • Mit den Norwegern ist der Deal mit 52 Bw-Leo II geplatzt. Die niederländischen Reste waren nicht nur billiger, sondern auch geringer verschlissen.
     
  • Die Gerüchte-Küche brodelt:
    Der Fennek - gepanzertes Späh-Fahrzeug für die Zukunft (von KMW) - kommt ins Visier: Zu schwer - zu wenig Minenschutz - und zu teuer
    (falsch: siehe unten). Die EADS/EuroMissile wittert mit dem Späh-Satz ATM Morgenluft - fehlt nur noch der fahrbare Untersatz, in den die “multispektrale Antenne” eingebaut wird.
    Das Gepanzerte Transport Kampf-Fahrzeug (GTK), ebenfalls KMW, kämpft  auch gegen sein Gewicht. Sicher ist nur das 1. Los (oops)
    (Berichtigungen kommen)

Update 14. 12. 2000

Auf Nachfrage haben wir Antwort bekommen - und oben rot geändert):
Wenn wir dann irgendwann unseren Kommunikations-Test der Öffentlichkeitsarbeiter der WT-Industrie und das Ranking veröffentlichen, wird er sicher einen Spitzen-Platz einnehmen:
Alexander Reinhardt, Krauss-Maffei Wegmann:

  • Der eine Test-Panzer, Typ Leo II, ist aus der Türkei schon zurück;
  • Die zwei Test-Panzer sind kampfwertgesteigerte (KWS) Typen;
  • Es sind nicht 1.000 Leo I eingemottet;
  • Der “Fennek” entspricht den deutsch-niederländischen Forderungen nach Gewicht (10t-Klasse, Minenschutz sowie dem Budget); er ist dementsprechend auch zertifiziert worden. “Unser Informant soll aus der Mottenkiste kommen, in der er seit drei Jahren sitzt” - Recht hat er!
  • Die Infos zum GTK kommen noch per Post - weil wir kein Fax haben.

2. Update 17. 12. 2000

Mitte Nov. 2000 (Hess. Rundfunk) hatte sich SPD-MdB Manfred Opel das GTK vorgenommen: Zu gross, zu schwer, zu teuer. Das “Imperium” schlug zurück: “In Herrn Manfred Opel äussert sich ein seit langem gekannter Einzelkritiker dieses Projekts, der jedoch eine Einzelmeinung repräsentiert, die von der überwiegenden Mehrheit im Parlament nicht mitgetragen wird.” Und zur Sache:

  1. “Überragender Schutz ... bisher in keinem anderen Fahrzeug dieser Klasse erreicht ..
  2. “Ein sehr grosses Transport- und Nutzraumvolumen.”
  3. “Exellente Mobilität ...”
  4. “Der Preis ... gilt als besonders attraktiv...”
  5. Die Niederlande treten bei.        Peng.....

Und auch für Rheinmetall ist eine Watsch’n dabei: Deren Vorstandsvorsitzender Klaus Eberhardt hatte der FAZ (15. 11. 2000) allerlei Ungenauigkeiten zum Thema Krauss-Maffei Wegmann erzählt. In vier Punkten wurde er von den Münchnern ausgezählt; die zwei erwähnenswerten:

  1. Eberhardt erzählte der FAZ von Gesprächen mit KMW: “Es hat zu keiner Zeit irgendwelche Gespräche ... Derartige Gespräche sind nie geführt worden.”
  2. “KMW ist in der jetzigen Konstellation nicht verkäuflich”.      Aua ....

Vielleicht geht die Story weiter. Unser Freund aus der Mottenkiste hat sich gemeldet und gar fürchterliche Rache angekündigt. Schau’n mer mal, was er zu patschen hat.

{Sun Tsu sagt: Schenke Gerüchten keinen Glauben; sie könnten falsch sein. }

 

PzPzPz-News 2001: Motten-Kugeln (3. Update)

29. Januar 2001

Wir kommen zum (vorläufigen) Ende unserer Mottenkisten-Geschichte: Die gar fürchterliche Rache hat sich im wesentlichen in alten Formeln gehalten:

  • Preis bei 2,5 - 3 Mio DM,
  • ist geschoben bis 2005,
  • hat keine Seilwinde,
  • schützt nicht gegen die Claymore-Mine etc. etc.

Alert ist der Kammerjäger Reinhardt von KMWEG.de; hat die Motten-Klatsche gleich parat:

  • Fennek ist in der Mitzeichnung, Preisverhandlungen sind abgeschlossen (verrät er aber nicht - müsste u. E. bei 1,9999999Mio DM liegen, alle Forderungen erfüllt;
  • d. h.: was nicht gefordert ist, kann auch nicht ange”mottet” werden, siehe Claymore-Mine (gefordert war z. B. Schutz gegen Mine, Typ DM 31);
  • NL und D werden 616 Stück ordern; die Belgier stehen mit 39 und die Luxemburger wollen mit 40 Stück (!) (die Konten-Bewegungen) ausspähen;
  • mit den fröhlichen Fennek-Nachrichten können die GTK-Dämpfer abegefedert werden: die Vorserie 2004 wird aufgehoben, dafür bleibt es aber bei der Serie 2006.

Eines haben wir wieder bestätigt gefunden: Prof(i)essional hat etwas mit Profil zu tun.

Rumsfeld’s Rules: “Know your customer”

 

Ergebt Euch - Andersen! (neuerdings “Accenture” - kommt wohl von Adventure)

(12. 12. 2000)

Die “2. Berliner Konferenz “Kooperation Bundeswehr und Wirtschaft” wird ein Miss-Erfolg werden müssen. Keiner hört zu, weil alle den Abdruck des Artikels von Dipl.-Wirtsch. Ing. Heinz-Jürgen Weiss, Geschäftsführer der Athur Andersen Business Consulting GMbH und Mitglied der Geschäftsleitung von Athur Andersen Deutschland, lesen:
“Defense Value Added - Die Bundeswehr als effizienter Konzern” (8 S.):
http://www.welt.de/daten/2000/12/13/1213pod209052.htx .

Hier die Kurzfassung:

 Selten ist die Kritik eines anerkannten Experten so harsch gewesen:

  • “Trotz aller bisherigen und geplanten Bemühungen, das Handeln der Bundeswehr wirtschaftlicher zu gestalten und betriebswirtschaftliches Gedankengut im Wehralltag zu verankern, ist an dieser Stelle festzuhalten, dass bisher noch kein den Wandel förderndes, integrierendes Value-based Leadership-Konzept zur Schaffung und Management einer wertorientierten Bundeswehr vorliegt.”

Weiss will die “Integrierte Konzernsteuerung” auf die Bundeswehr anwenden. Das geht nämlich so:

  • “Verschiedene Stakeholder (nicht steak-holder! d. V.) wie Staat (security for money), Bündnispartner (security for value), Steuerzahler (value for money), Soldaten und zivile Mitarbeiter (value for employment) sowie die Verteidigungsindustrie (money for value)” stellen “erhöhte Anforderungen” an die Bundeswehr.
     
  • “Oberziel und Ausgangspunkt einer Bundeswehrstrategie, ihrer Implementierung und -steuerung ist die stetige Einsatzbereitschaft, deren Wert für die Stakeholder im folgenden als Defense Value bezeichnet wird.”
     
  • “Um die Durchgängigkeit von der strategischen, obersten Führungsebene bis auf die operative Ebene sicherzustellen, ist ein Drei-Ebenen-Modell konzernspezifisch individuell auszugestalten. Auf der Portfolioebene an der Konzernspitze erfolgen strategische Grundausrichtung und Ressourcenallokation. In den Verantwortungsbereich des hiermit betrauten Top-Managements fallen u. a. die Fixierung einer risikoadäquaten Renditeforderung für die zur Verteilung anstehenden Mittel, aktives Portfoliomanagement ... Hier liegen die operativen Werttreiber.”
     
  • “Zur Unterstützung der angestrebten Durchgängigkeit des Steuerungsmodells eignen sich Balanced Scorecards sowohl zur Herleitung als auch zur Darstellung und somit Kommunikation relevanter Werttreiber.”
     
  • “Betriebswirtschaftliche Methoden, die in diesem Bereich Anwendung finden, sind Prozesskostenrechnung oder Benchmarking von Dienststellen oder mit dem Leistungsstand der Bündnispartner beispielsweise im Rahmen der Defense Capabilities Initiative (DCI) der NATO.”
     
  • “Die Konzeption einer integrierten Bundeswehrsteuerung nach dem Defense Value Added bleibt jedoch unvollständig, sofern die Bundewehr nicht proaktiv - etwa im Rahmen einer einzurichtenden Steakholder Relations-Funktion - über den Zielerreichungsgrad der Stakeholderansprüche berichtet. Langfristig ist ein testierter Jahresbericht anzustreben, wobei dem Internet ... “
     
  • “Langfristig machen die angestellten konzeptionellen Überlegungen eine Anpassung der Organisationsstrukturen im Sinne des “structure follows strategy-Paradigmas” notwendig ...”
     
  • “Im Interesse eines pragmatischen und zielorientierten Vorgehens gilt es sich von wissenschaftlich-ideologisch geprägten Diskussion um Managementmethoden zu lösen. Die aus der Vision/Mission des die einheitliche Leitung ausübenden Verteidigungsministers abzuleitende Strategie ist widerspruchsfrei (im Original nicht unterstrichen - d. V.) bis auf die Prozessebene herunterzubrechen ... “(im Original leider nicht fett).

Die Folgerungen, die aus diesem glänzenden Konzept zu ziehen sind, sind für uns eindeutig klar:

  • Bringt die Bundeswehr an die Börse - meine Güte, gibt das eine Anschubfinanzierung (siehe UMTS)! Und was kriegt die Rüstungsindustrie für ein “money for value”!
     
  • Lassen wir den Verteidigungsminister endlich “proaktiv” seine “Vision/Mission widerspruchsfrei herunterbrechen” (bitte nicht “heraus”)!
     
  • Warnen müssen wir allerdings vor dem Versuch, aus dem Text des Artikels eine sicher in millionenfacher Auflage zu verkaufende Phrasen-Dreschmaschine für Consultants zu entwickeln - denn wir arbeiten schon dran.
     
  • Wenn Sie die konzeptionelle Reinheit dieses Konzepts nicht verstehen, belegen Sie bitte die entsprechenden Kurse an der Volkshochschule.

{Sun Tsu sagt: “Wenn Du etwas nicht verstehtst, muss es nicht falsch sein”}

 

Krauss-Maffei/Wegmann: offen für die Aufnahme

Bisher für hoch-zugeknöpfte Informationspolitik bekannt, zeigt Krauss-Maffei/Wegmann jetzt ganz neue Seiten, die wir allerdings recht spät bemerkt haben:
Auf ihrer Website
www.kmweg.de haben sie am 30. 10. 2000 als einziges aller betroffenen Unternehmen eine Presse-Mitteilung zu der Strategie-Erklärung von Schröder/Scharping/WT-Industrie abgegeben:

  • “Die gegenwärtige Zusammenarbeit mit anderen Unternehmen bei Grossprogrammen im In- und Ausland wird im Sinne strategischer Allianzen weiter ausgebaut. Dabei werden wechselseitige Beteiligungsmöglichkeiten in verschiedenen Geschäftsfeldern in die Überlegungen mit einbezogen.
    Krauss-Maffei Wegmann ist zudem als führender europäischer Systemhersteller von gepanzerten Rad- und Kettenfahrzeugen
    offen für die Aufnahme geeigneter Partner.”

Ob sich die Rheinmetall DeTec als “geeigneter Partner” erweist und gestrenge Aufnahme finden wird? Wohl kaum, denn sie bezeichnen sich als “das führende europäische Systemhaus auf dem Gebiet der Heerestechnik” (so der stellv. Vorstands-Vorsitzende Ulrich Grillo in einer Rede in Koblenz im November). Er hat richtig festgestellt, dass die Branchen-Konsolidierung weitergehen wird und sich darin alle Beteiligten einig seien. “Es geht also nicht mehr um das Ob, sondern nur noch um das Wie und Wann.”

Schade, dass wir keinen Blick in die Kriegskasse der Familie Bode werfen können. Wenn die Familie Röchling gerade den Wert ihres Anteils an Rheinmetall ermitteln lässt, könnte es ja etwas werden mit der “feindlichen” Übernahme der Rheinmetall DeTec durch die KraussMaffianer.

{Scherz beiseite - wir wissen nur das, was wir wussten}

 

Wehr(un)gerechtigkeit: Seltsames von der F.D.P.

Wie soll so ein dummer Durchschnittsbürger wie unsereins die FDP verstehen? Unter der Flagge des FPD-Fraktionsreferenten Oberst i.G. Eggelmeyer segelt ein Papier (1.11.2000), das nachweisen will, dass eine schreiende Wehrungerechtigkeit bestehe

  • (”Schon heute geht nicht einmal mehr jeder zweite junge Mann zur Bundeswehr”)

und für das Jahr 2006 bei der dann-Bw-Struktur prophezeit, dass

  • “nur 21,7% der zum Wehrdienst heranstehenden Männer tatsächlich zur Bundeswehr einberufen werden können.”

Der letzte Satz ist der bekannte Urschrei: “Von Wehrgerechtigkeit kann also nicht mehr gesprochen werden!” (fett!).

In unserer staatstreuen Hilflosigkeit wenden wir uns dem 10-seitigen “Hintergrundpapier zur Wehrgerechtigkeit” zu, das “Der Bundesminister” seit dem 15.11.2000 auf bundeswehr.de versendet. Auf Seite 8 ist die wunderbare Tabelle, die leider nicht die derzeitigen Jahre zeigt, aber erkennen lässt, dass - durch vielfältige Umstände beeinflusst (siehe u. a. Aufzählung) - von etwas mehr als 400.000 Wehrdienstpflichtigen nur grob jeder Vierte in 2005 ff. tatsächlich Wehrdienst leistet. Zum Vergleich: Bei Eggelmeyer wäre es 2006 gut jeder Fünfte.

Die erste Erklärung ist, dass der FDP-Experte den Wehrdienst-Verweigerer-Trend auf 265.000 (57,6 %) in 2006 hochschraubt, während der Bundesminister 2005 nur 38 % Zivis sichtet.

Den zweiten Punkt kann aber nur liberaler Nachhilfe-Unterricht erklären:
Wenn von einem Gesamtaufkommen eines Jahrganges von 100 %

  • 4 % nicht gemustert werden,
  • 22 % nicht wehrdienstfähig (aufgrund ihrer körperlichen Verfassung) sind,
  • 3 % Wehrdienstausnahmen sind,
  • rund 3 % externer Bedarf (Polizei, BGS etc.)
  • 6 % Ergänzungsbedarf (sich als Zeitsoldaten verpflichtende) und
  • 38 % als anerkannte Kriegsdienstverweigerer gerechnet werden,

dann sind das nun mal zusammen 76 %, die keinen Wehrdienst leisten. Kann man aber dieses Gesamtbild als Wehrungerechtigkeit hinstellen?

{da muss man halt’ ganz liberal sein}

 

Haushaltsdebatte: Fieber-Thermometer

Haushaltsdebatten sollten Referenz-Modelle parlamentarischer Auseinandersetzung sein. War die am 29. Nov. über den Verteidigungshaushalt erhebend?

  • Opposition:
    Zwei Jahre nach Ende einer 16jährigen Verantwortung sollte man sich Felder aussuchen, die nicht von eigenen Minen verseucht sind. Und die gibt es. Unsere Empfehlung: ZEN - Zuschauen, Entspannen, Nachdenken.
     
  • Minister Scharping:
    Rudolf Scharping hätte allen Grund, souverän und mit seinem sonoren Sound seine schöne Vision abzuspulen - hat er ja auch teilweise geschafft. Aber seit der Kommandeur-Tagung wird er bei solchen Punkten wie Wehrpflicht, Standorte oder sonstiger Einzelkritik schnell gallig und nimmt Kriegspose ein. Und schon ist alles zerschossen, was er vorher aufgebaut hat.

{Sun Tsu sagt: “Wer keinen Streit beginnt, wird nicht getadelt”}

 

News von Kujat, Stützle und den Repräsentativ-Deutschen

Die Verteidiger waren wieder fleissig: Dreimal Neues auf bundeswehr.de - und was uns davon wichtig erscheint:

  • Interview des Berliner “Tagesspiegel” (26.11.2000) mit dem General-Inspekteur, Harald Kujat:
    “Die Reform ist finanzierbar. Das habe ich immer gesagt.”
    “Die Ausplanung der materiellen Seite kann aber erst Anfang nächsten Jahres abgeschlossen werden ...”
    “Im Übrigen wird der Bundeswehrplan 2002 bereits Mitte 2001 vorliegen ...”
    (Standorte): “Ende 2000 werden wir so weit sein, dass wir mit den Ländern, den Gemeinden, den Betroffenen reden können. Im ersten Quartal 2001 werden dann die meisten schon viel klarer sehen ...”
     
  • Interview des Wirtschaftsmagazins “Die Telebörse” (48/2000) mit Walther Stützle, Staatssekretär für Rüstung (Überschrift: “Bund will Rüstungs-AG”):
    “Es ist die Pflicht der Bundesregierung, die Rahmenbedingungen dafür zu schaffen, dass bestimmte Fähigkeiten der deutschen Industrie nicht preisgegeben werden ...”
    “Aber die HDW ist eine erstklassige Adresse, und die muss sich mit der anderen erstklassigen deutschen Adresse -Thyssen-Krupp - an einen Tisch setzen, um eine gemeinsame Strategie zu entwickeln ...”
    Die Telebörse: “Die Familie Röchling lässt offenbar gerade den Wert ihres Anteils an Rheinmetall ermitteln - um zu verkaufen oder zu akquirieren?
    Stützle: ... “Ich bin mir sicher, dass die Familie Röchling vor grösseren Entscheidungen den wichtigsten Rheinmetall-Kunden im Wehrtechnik-Bereich, nämlich die Bundesregierung, konsultieren würde ...”
    “Diese Konzentration ist nicht nur gut, sondern auch geboten. Denn als Kunde, der Treuhänder von Steuergeld ist, bin ich daran interessiert, auf Herstellerseite optimale Strukturen zu haben, die wiederum positive Auswirkungen auf die Kostenstrukturen und damit auf die Angebotspreise erwarten lassen.” (wollen wir’s mal hoffen)
     
  • 2.000 Repräsentativ-Deutsche haben EMNID im August den “Sicherheitstrend 03/2000” bestimmt:
    “Vertrauen in Einrichtungen des öffentlichen Lebens”: Bundeswehr rangelt sich von Platz 3 auf 2 mit Wert 50,1 vor die Polizei mit 50.
    Die Wehrpflich-Zustimmung bröckelt, aber auch die zur Berufsarmee. Wehrpflicht/Ja geht von 67/Aug. 99 über 61/65/61 auf 56, Berufsarmee von 37/28/38 auf 33.

    Stichwort Wehrpflicht: Sachkundige Beobachter in Berlin gehen davon aus, dass die Wehrpflicht-Debatte wieder steigt; Anhaltspunkte sind:
    - Die Präsidenten-Rede auf der Kommandeur-Tagung,
    - Die Bewegungen bei der CDU, Beispiel Koch/Hessen: Wenn die CDU tatsächlich die Absicht hat, muss sie sich selbst warm anziehen, denn sie muss von der schimmernden und unbezahlbaren 300.000-Wehr Abstand nehmen, von der - was immer das heisst - “Landesverteidigung” und landet bei der Weizsäcker-Kommission. (wir glauben: eher geht die Welt unter ...). Heute (28. 11.) haben wir mit einem CDU-Insider gesprochen: man glaubt es kaum - wir liegen richtig.

{ ... und Tschüss .... }

 

Rede-Analyse: Kanzler Schröder vor NATO-Parlamentariern

Kanzler Schröder hat am 21. Nov. 2000 anlässlich der 46. Jahrestagung der NATO-Parlamentarier-Konferenz in Berlin eine 4-Seiten-Ansprache gehalten. Da der Bundeskanzler lt. Grundgesetz die Richtlinien-Kompetenz hat, ist es geboten, seine Reden zum Thema Sicherheitspolitik zu analysieren. Klar ist, dass ihm die Rede geschrieben worden ist - trotzdem kann ein solcher Text Strömungen zeigen, die wichtig sind. Beispiel: Im kommenden Weissbuch 2001 wird sich zeigen, ob das AA oder das BMVg gewonnen hat: Beide streiten sich nämlich, was zuerst kommt: EU oder NATO. Wenn “Enkel”-Politiker ein deutliches, echtes NATO- sprich auch US-Bekenntnis ablegen, dann hat dies erhebliche, grundlegende Bedeutung (Gesamttext unter www.bundesregierung.de ):

“Europäische Einigung und Atlantische Allianz werden auch in Zukunft die tragenden Säulen deutscher Aussenpolitik bleiben ...
... werden wir nicht vergessen, dass die NATO in dieser Zeit erfolgreich Frieden und Sicherheit gewährleistet hat ...
... Für die Sicherheit Europas bleibt die starke und dynamische transatlantische Partnerschaft auch in Zukunft
unverzichtbar (dies ist ein Schlüsselwort - vgl. alle vorangegangenen Weissbücher). Dazu gehört eine substantielle militärische Präsenz der USA in Europa (!). Die Allianz war für Deutschland stets mehr als ein bloßes Militärbündnis ... (weiterlesen: man glaubt es kaum) ... Um diese Werte leben zu können, sind wir Mitglied der NATO und deshalb übernehmen wir Verantwortung im Bündnis.”

Die Aufgabe lautet: Suchen Sie in den Reden verantwortlicher Sicherheitspolitiker (Aussen- und Verteidigung) nach solchen Passagen. Falls Sie sie nicht finden, dürfen Sie daraus schliessen, dass Sie es nicht mit überzeugten Atlantikern zu tun haben.

S. 2: (Balkan): ... “Dabei bleibt eine Beteiligung unserer transatlantischen Partner (oho - vergisst Canada nicht) wesentlich ...”

S. 3: “Nur mit einer sicherheitspolitisch starken, einer militärisch handlungsfähigen Europäischen Union an der Seite der NATO und einer effizienten europäischen Sicherheits- und Verteidigungsidentität innerhalb der NATO werden wir zukünftige Herausforderungen als transatlantische Partner erfolgreich bewältigen können.”
(whow - ist nicht zu toppen)

S. 4: (Vgl. Cohen-Rede in Birmingham - teilweisen ex-US-Kritik an ESDI): “Ich freue mich, dass die amerikanische Regierung dies nach ursprünglicher Zurückhaltung nun ebenso einschätzt und dass ihre Unterstützung für die Europäische Sicherheits- und Verteidigungspolitik bekräftigt hat.”
(Klasse: Persönliche “Betroffenheit” erklären und den “Gegner” umarmen - Quetsch)

“Für die Bundesregierung ist in diesem Zusammenhang von Bedeutung (!), dass die europäischen NATO-Mitglieder, die nicht der Europäischen Union angehören, in geeigneter Weise in die Europäische Sicherheits- und Verteidigungspolitik einbezogen werden. Wir setzen uns mit Nachdruck dafür ein. Ebenso halten wir eine enge und kontinuierliche Abstimmung zwischen NATO und Europäischer Union für unverzichtbar.”
(das sind zwei ganz wichtige Problem-Felder des Themas - man kann sich vorstellen, wie die Analytiker in den entsprechenden Staaten - auch in Frankreich - die Textstelle markieren - man muss allerdings dazusagen, dass die entsprechenden Kämpfe im wesentlichen ausgetragen worden sind und höchstens die Nachhut zu sichern ist)

“Vor dem Hintergrund des veränderten Sicherheitsumfeldes ist es besonders wichtig, die militärischen Fähigkeiten der Allianz an die neuen Aufgaben des Bündnisses anzupassen. Daher haben wir beim NATO-Gipfel in Washington die Initiative zu Berbesserung der Verteidigungsfähigkeiten beschlossen, deren Umsetzung inzwischen auf gutem Wege ist.”
(Vorsicht - das ist Glatteis. Die Defense Capabilities Initiative (DCI) enthällt einen riesigen Wunschkatalog der Militärs, den die Europäer nie und nimmer bezahlen werden - inklusive Raketen-Abwehr!)

Aber Gerhard ist der absolute Fuchs. Lassen Sie sich den darauffolgenden Satz auf der Gehirnplatte zerschmelzen:

“Wir werden allerdings nicht alles gleichzeitig machen können.”
(Haben Sie da nicht auch Verständnis für den Ärmsten? Das sind rhetorische Spitzenleistungen. Bestes Beispiel dafür, dass die Darlegung von Problemen schlicht Mitleid erregt und Verständnis erzeugt.)

Nächster Satz: “Vordringlich erscheint mir, dass sich die Allianz zunächst auf die Bereiche konzentriert, die für die Erfüllung der neuen Aufgaben zentral sind. Für die deutschen Streitkräfte stehen dabei strategische Aufklärung, Transport, und Kommunikationsfähigkeit im Vordergrund.”
(Ja, da ist der kluge Rat für die Lösung des Problems - es macht ja nichts, wenn die Einzelpunkte wiederum hochdramatisch sind - das ist Dattelkram, Peanuts, etwas für Erbsenzähler)

S. 4: “Ein historischer Schritt war die Aufnahme von Polen, der Tschechischen Republik und Ungarns in die NATO. Ihre parlamentarischen Vertreter begrüsse ich besonders (!). Wir haben den Beitrag dieser Staaten zur deutschen Einheit nicht vergessen (!). Ohne sie, aber auch ohne die Unterstützung unserer Partner in der Allianz (!), wäre die Herstellung der staatlichen Einheit Deutschlands nicht gelungen.”
(Das sind sog. Bronze-Sätze. Wenn der Redner dabei mit seiner Körpersprache und Stimmlage auch noch verdeutlich, dass er das ehrlich meint, ist das die Sahne)

“Dabei möchte ich besonders betonen: Niemand in Europa sollte der Offenheit der NATO für neue Mitglieder misstrauisch begegnen. Dies gilt auch und gerade für Russland ...
Die NATO hat 1997 mit Russland eine umfassende Zusammenarbeit vereinbart. Sie ist von grosser (ich hatte erst “grösster” geschrieben) Bedeutung für den Aufbau einer dauerhaften europäischen Friedensordnung. Der Bundesregierung liegt sehr daran, diese Zusammenarbeit auf der Basis der Grundakte von 1997 auszubauen ...”
(unsere russische Sicherheitspolitik: ist doch sauber gesagt - oder möchten Sie etwas drauflegen? Könnte missverstanden werden!)

Und nun kommt der Abgesang:
“Die Herausforderungen an das Nordatlantische Bündnis bleiben zahlreich (!). In der Vergangenheit hat die Allianz stets die Fähigkeit bewiesen, sich an ein verändertes Umfeld anzupassen. Dies wird nach meiner festen (!) Überzeugung auch in Zukunft der Fall sein, wenn wir alle hierzu unseren Beitrag leisten. Dann wird die NATO handlungsfähig bleiben und ihre beispiellose (!) Erfolgsgeschichte fortsetzen können.”
(den nächsten Absatz mögen wir gar nicht zitieren, weil es dann zu perfekt wird - die NATO-Parlamentarier werden in ihrer “wichtigen Rolle” angesprochen)

Also wirklich - der Redenschreiber ist absolute Spitze (man müsste den Reden-Entwurf mit den Marginalien von Gerhard haben). Aber es gilt so, weil’s der Kanzler so gesagt hat - {basta}

 

Kurzweiliges aus der V-Szene

  • Krauss-Maffei/Wegmann
    Das stolze Münchner “System-Haus” müsste eigentlich zufrieden in die Runde schauen:
    Die Griechen kaufen den Leo II, 40 werden in München gebaut; der Rest dient zum Aufbau hellenischer Industrie-Kapazität.
    Deutsche und Niederländer rangeln darum, den Norwegern 50 gebrauchte Leo II zu verscherbeln. Die Gebrauchten sollen, wenn die Nordsee-Scheichs wieder Geld haben, fast auf Schweden-Niveau hochgerüstet werden; ebenso die Dänen-Leos, die dann wohl zur Landesverteidigung verplant werden.
    Die Spanier lassen Deutsche und Amerikaner weiter zappeln: Nichts rührt sich in Sachen Santa Barbara.
    Der Clou sind die News aus der Türkei: Die Hektiker in Sachen Panzer-Export können sich getrost in den Mehr-Jahres-Schlaf kuscheln, denn die Türken werden wegen Geldmangel ihre Panzer-Pläne auf Eis legen.
     
  • Scharping/EADS
    Die EADS verwirrt den Verteidigungsminister: Einerseits klagt “Tom” (Clancy) Enders, der Bund solle nun endlich mal Bestellungen abgeben, andererseits möchte der gleiche Laden den NH 90 später ausliefern, weil das Zivil-Geschäft sagenhaft brummt. Dass die Verirrung leicht aufzuheben ist, wird den Minister wohl nicht erreichen: Und wenn 10.000 Hubschrauber verkauft werden, hat T.C. Enders keine müde Mark in seiner Divisionskasse, denn er ist für Raketen, Elektronik und Communications verantwortlich - und da ist absolut Ebbe.
    (natürlich besteht der V-Min auf pünklicher Lieferung seiner Hubis).
    Aufgrund der prallen Auftragsbücher für Luftfahrzeuge veranstaltet die EADS HeadHunting bei den Zuliefer-Firmen - der Effekt ist vorhersehbar. Experten raten: Greencards müssen her. Als spezielles Zielsuch-Gebiet wird Russland empfohlen (die Antonov-Leute wissen, wie man Transportflieger baut!).
     
  • Scharping/Standorte
    Was wir mal gemeldet haben, verdichtet sich: V-Min Scharping wird nicht bis Juni 2001 warten, dass Gewitter über sich zu zünden. Da die Feinausplanung der neuen Bw bis Ende des Jahres fertig sein soll, wird er die Standort-Schliess-Briefe an die Minister-Präsidenten der Länder im Laufe des Januar 2001 verschicken können, um dann im März endgültig zu entscheiden (sind da nicht irgendwo irgendwelche Wahlen?).
     
  • Scharping/A400M/C-17
    Wie bereits berichtet: Scharping ist Commercial-Approach-Fan. Er will den Flieger bezahlen, wenn der auf den Hof kajohlt - und steht damit in der Kunden-Crew allein. Und er meint, dass die Industrie seine Strategie torpediert. Und nicht nur das: Sie haben die A400M-Preise inzwischen nach oben korrigiert:
    Für die 73 deutschen A400M wird jetzt eine Preisspanne von 16,5 - 19 Mrd. DM genannt (die Spanne von 226 - 260 Mio. DM pro Flugzeug ergibt sich aus den unterschiedlichen Ausrüstungsvarianten). Eingeschlossen in diese Preise ist ein (niedrig angesetzter) System-Zuschlag von 10 %.
    Zur Erinnerung: Der 1998er Preis lautete über 80 Mio. US$.
    Aber das ganze ist keine Preissteigerung - wir haben den Schuldigen:

{es ist - wieder - Duisenberg!}            (pardon, Daniel Duisentrieb?)

Fast hätten wir das einleuchtende Argument des Ministers gegen die C-17 vergessen:
“Wir wollen weder auf die Falklands noch nach Guayana”. Recht hat er!

 

Scharping’s A400M-10 Mrd.-Coup

V-Min. Scharping hatte auf der 38. Kommandeur-Tagung einen brandneuen Hit verkündet. In der Rede vor den Kommandeuren noch wundervoll verklausuliert, in der Presse-Konferenz detailliert:
Min Scharping und Min Eichel haben einen Weg gefunden, die A400M-Hydra grundsätzlich in den Griff zu bekommen (die folgende Prozedur hat Scharping so natürlich nicht dargelegt, ist aber “prozess-immanent”):

  1. Problematik: Die A 400M ist nicht in der Finanzplanung. Lösung: “Commercial Approach”, d.h. - wie von uns prognostiziert - die Entwicklungskosten finanziert AMC. Der im Jahr 2007 (geplante 1. Lieferung A400M) amtierende und spätere Verteidigungsminister bezahlen die Entwicklungskosten über den Lieferpreis. Damit wird die dann amtierende Bundesregierung festlegt.
     
  2. Problematik: Da dies eine langfristige, nicht erlaubte Bindung der Bundesrepublik Deutschland, der Regierung im Jahr 2007, des Haushalts-Ausschuss im Jahr 2007 ist und weitreichende Verpflichtungsermächtigungen bis über das Jahr 2015 abgegeben werden, ist die Vorgehensweise hochproblematisch. Andererseits besteht in 2001 die Notwendigkeit, eine bindende Vertragsunterschrift unter den A400M-Vertrag zu leisten. In den Haushalt 2001 wird eine ganz geringer Mio. DM-Betrag (derzeit 0) eingestellt, der die “Verpflichtungskette 2007” mit entsprechender “Erklärung” haushaltsrechtlich erlaubt.
     
  3. In der Pressekonferenz in Leipzig (14. 11. 2000) hat V-Min Scharping ausserdem deutlich gemacht, dass er nicht wisse, ob dieser deutsche Ansatz bei den anderen A400M-Staaten durchsetztbar ist.
     
  4. Ausserdem wies Scharping sehr deutlich darauf hin, dass die Industrie den Commercial Approach überhaupt nicht möge und in allen Parlamenten dagegen Lobbying betreibe.

(Ergänzung 19. 11. 2000)

Minister Scharping hat es geschafft: Der Haushaltsausschuss hat ihm eine VerpflichtungsErklärung von 10 Mrd. DM quergeschrieben. Nach der “Welt” vom 18. Nov. 2000 (S. 2) muss das Ganze mit einem Mordskrach in der Koalition verbunden gewesen sein. Die Einzelheiten müssen wir noch recherchieren, aber klar ist folgendes:

  1. Die Haushälter mussten querschreiben, obwohl der “Bundeswehrplan 2002”, sprich die Rüstungsplanung über 15 Jahre, noch nicht vorliegt. Die Planer können sich drehen und wenden wie sie wollen: Die A400M sprengt alles.
     
  2. Verpflichtungsermächtigungen (VE) dürfen immer nur einen gewissen Prozentsatz der zukünftigen Haushalte umfassen. Nimmt man auf der Zeitachse die VerpflichtungsErmächtigungen nur des Luftwaffen-Titels zusammen (Eurofighter, NH 90), müsste sich bereits eine kritische Grösse ergeben, die die A400M-VE nicht zulässt.
     
  3. Die Höhe der A400M-VE von 10 Mrd. DM deckt den Finanzbedarf für 73 A400M keinesfalls ab. Dividiert man den Betrag durch 73 (zu beschaffende Flugzeuge), dann erhält man den Wert von  137 Mio. DM. Ohne dazuzurechnende Entwicklungskosten kostet das A400M nach Firmenangaben jedoch 80 - 83 Mio. US$ (Preisstand 1998!). Den deutschen Gesamtbetrag beziffern Experten auf 18 Mrd. DM.
     
  4. Lt. Pressemitteilung des BMVg “Scharping zieht positives Fazit” ist dann auch die “Erläuterung” der VE wichtig:
    “Die Beschaffungsentscheidung ist noch nicht gefallen. Der Titel wird vorsorglich und ohne Vorentscheidung über den Einzelplan 14 in den Jahren nach dem geltenden Finanzplan (sprich 2004, d. Verf.) aufgenommen, um internationale Vereinbarungen und Verträge abschliessen zu können sowie den vom Bundesministerium der Verteidigung verfolgten “Commercial Approach” zu unterstützen.”

(Ergänzung 20. 11. 2000)

Unsere Recherche zum Thema A400M erbringt die folgenden Neuerungen/Präzisierungen:

  • Der Beschluss des Haushalts-Ausschusses hat ein Face-Saving auf allen Seiten erbracht. Weder wird die Vertrags-Gestaltung zwischen den Kunden und der Industrie präjudiziert noch der Haushalts-Ausschuss, der davon ausgeht, dass die Höhe der Verpflichtungs-Ermächtigung auf eine Beschaffung von 50 A400M hinausläuft. Wenn das BMVg die “Beschaffungs”-Vorlage schreibt, wird die Begründung der Anzahl 73 ein Hauptkapitel werden. Andererseits sinkt durch die “Ahnung”, dass die Deutschen auf 50 reduzieren könnten, die Gesamtzahl der Optionen auf 200. Wer von den anderen Staaten auch noch reduzieren möchte, sollte Eile an den Tag legen, denn die von Airbus Military Company (AMC) genannte untere Schmerzgrenze für eine wirtschaftliche Produktion liegt bei 180!
     
  • Klar ist, dass alle Träume von einer Gesamt-Finanzierung des A400M aus einem anderen Haushaltstitel dahin sind. Bezüglich der Entwicklungskosten-Finanzierung haben Verantwortliche noch nicht die “Stealth”-Techniken erkannt, die anwendbar wären.
     
  • Der “Commercial Approach” bedeutet: Möglichkeit der Finanzierung der Entwicklung über Mischmodelle (Firmen/Darlehen-Kapital mit Zinsgrössen von rund 5 %), aber auch: Völlige Freiheit von AMC, den Flieger so zivil auszurüsten wie immer möglich; die Arbeitsanteile nach Wirtschaftlichkeit und nicht nach Nationen-Anteil zu vergeben; die Entwicklungskosten wie beim Kauf durch Airlines abzufahren (ca. 20 % Abschlagszahlung bei Options-Vertrag) etc.
     
  • Mit der 10 Mrd. DM VE sind die Deutschen auf einmal an der Spitze des A400M-Zuges. Die Franzosen haben bisher nur das Geld für 25 Flieger in der Planung. Seit kurzer Zeit sitzt deshalb Herr Horn (ex BWB) als oberster Schlachtenlenker dem in Permanenz tagenden “Interim International Project Office” für das A400M in Toulouse vor. Optimisten gehen davon aus, dass der Vertrag während der Luftfahrtschau in Le Bourget (17. - 24. Juni 2001) champagnerisiert wird.

 

Ergänzung 17. 12. 2000:

“You cannot be serious”

Die englischen Freunde von http://defence-data.com stellen immer einen “Feature Article” in das  Schaufenster ihres ansonsten hervorragenden, aber auch irgendwie 300 engl. Pfund teueren Info-Dienstes. Die Dezember-Story, die wir abgegriffen haben, ist einfach herrlich: “A400M - Come Back When You’re Serious” - gemeint sind die Deutschen! (http://defence-data.com/current/pageda06.htm

Denn auf Baroness Symon’s Tisch (Stützle’s engl. Gegenstück) liegt die “heisseste Kartoffel”, die A400M-Vorlage. Die Franzosen haben inzwischen 15 Mrd. FFr freigeschaufelt und aus Berlin kommen keine “wirklichen Antworten”. Zwar wird in der Geschichte nirgendwo erwähnt, dass VMin Scharping die 10 Mrd. DM-Verpflichtungs-Ermächtigung beigebracht hat, dafür regnet es aber derbe:

  • Weil kein Pfennig (für Entwicklungskosten) im Haushalt 2001 steht, antwortet eine “Bundestags Quelle”, dass wegen des Wahlkampfes 2002 auch kein Geld drin sein wird.
     
  • Die Briten (und Franzosen) seien “worried” über die Berliner Ansicht, keinen Pfennig bis zur Lieferung zu bezahlen (Commercial Approach). Und schön: “But, naturlich, they want the workshare that 73 aircraft will give - 32 per cent give or take.”
     
  • “Dummerweise” haben die Recherschisten einen Verteidigungs-Experten des Bundestags gefragt, der ausgesagt hat, dass die Deutschen die A400M erst nach 2015 haben wollen. Original-Ton defence-data: “Huh? Hang on a minute ... und dann kommt der (von Tennis-Legende John MacEnroe) stammende Ausspruch: “You cannot be serious.” (Ganz so “dumm” ist der Bundestags-Experte ja nicht, weil die “Nach-2015-Kiste” unfalsch ist, denn die “Trall wieselt” bis 2020 und zum Ende der  15-Jahres-Rüstungsplanung - 2015 - ist wieder Geld da).
     
  • Und wenn die A400M-”Aktien” fallen, steigen immer die der C-17 (“...the time will come to say ‘A plague on both your houses’, and hop on a plane to Long Beach”).

Irgendwann wird klarer werden, wer hier welche Karten spielt. Wir meinen das ganz liebevoll: Wenn man es mit den Briten hat, muss man ganz früh aufstehen. Und bei den Germanen weiss man das nie: Sind die nun so blauäugig blond oder ganz durchtriebenene Clausewitze?

{Sun Tsu sagt: “Und wieder sehen wir betroffen - den Vorhang zu - und alle Fragen offen”}

 

Nikolaus-Tag - die letzte Haushaltsausschuss-Sitzung
(Update: 4. 12. 2000)

Ausser der A400M-Schlacht gibt es aus der Haushalts-Ausschuss-Sitzung noch zu vermelden:

  • Die gültige Fassung des Einzelplans 14 wird Mitte/Ende Dezember 2000 vorliegen
     
  • Die Verteidiger bekommen 59 Mio. DM als Duisenberg-Trost (Euro/$-Kurs-Ausgleich)
     
  • Die GEBB hat nun einen eigenen Titel von 30 Mio. DM und wird dafür vom Bundesrechnungshof geprüft (sog. g’schlampert-Siegel)

Zum letzten Mal in 2000 hat der Haushalts-Ausschuss am 6. Dezember getagt. Auf der Tagesordnung standen:

  • Beschaffung des in den Airbus 310 einbaubaren Rüstsatzes für Luftbetankung (A310 MRTT) mit einem Volumen von 218 Mio. DM (2001 bis 2004). Damit ist das sog. A-Kit (Einbau fester Installationen) in vier Airbus abgedeckt. Die mobilen B-Kits sind mit 37,3 Mio. DM veranschlagt.
     
  • Kampfwert-Anpassung/Erhaltung des Tornado: Neues Display/Darstellung der Bedrohungs-Lage (186 Mio. DM) und Radar-Warngerät (208 Mio. DM). Die Ausgaben sind für die Entwicklung und die Serien-Vorbereitung gedacht; dieses Programm läuft bis 2005. Danach muss es noch Euro-Nachschub geben. Beteiligte Firmen sind Astronautics, Celsius, Dornier, Panavia und VDO.
    Das 1. Los beinhaltet 92 Tornado, 2. Los später.
    Insgesamt werden
    145 Tornados der Luftwaffe und 25 der Marine kampfwert-gesteigert (man kann auch sagen, dass dies der Endstand der Zahl der Tornados in der Zukunft sein wird).
     
  • Projekt EURODASS: Registrierung/Bekämpfung von Bedrohungen für den EuroFighter:
    Volumen insgesamt: 2,9 Mrd. DM (Haushalt 2001: 367 Mio. DM für Forschung und Entwicklung, 2 Mio. DM für Beschaffung)
    Das Vorhaben ist relativ kompliziert:
    EURODASS beinhaltet die ersten drei Ausbaustufen (vor allem Registrierung der Bedrohung), die noch nicht fertig entwickelt sind.
    Die zusätzlichen vier Ausbaustufen (Bekämpfung der Bedrohung) sind auch nicht fertig entwickelt, sollen aber nach 2010 die endgültige Konfiguration darstellen.
    Die ersten EUODASS sollen ab 2006 eingebaut werden, also nicht in die erste Tranche der EuroFighter-Produktion.
    Nach 2010 soll es für die letzten vier Ausbaustufen noch einen Euro-Nachschlag geben.

Zusätzlich auf die Tagesordnung sind gekommen:

  • Bau eines neuen Wehrforschungs- und Erprobungsschiffes (Nachfolger “Planet”), hauptsächlich für die Erprobung der neuen U-Boot-Tropedos:
    Bau 2001 - 2003; Werft: Thyssen-Nordseewerke, insgesamt 176 Mio. DM.
     
  • 27.000 Stück DM53-Munition für den Leopard II mit der L55-Kanone: 172 Mio. DM.
    Das rettet von den weltweit zwei verbliebenen Zünderherstellern einen: Rheinmetall.

{Sun Tsu sagt: “Klein einsteigen - gross rauskommen”}

 

Scharping’s GB-Besuch: nix - oder?

“bundeswehr.de” hatte am 30.10. 2000 gemeldet, dass Verteidigungsminister Scharping vom 30. bis 31. Oktober 2000 auf Einladung seines britischen Kollegen Geoffrey Hoon in GrossBritannien einen offiziellen Besuch abstatten “und dort sowohl politische Gespräche führen als auch von britischer Seite in die Leistungsfähigkeit und Besonderheiten ihrer Streitkräfte eingewiesen werden” würde.

Der Meinungsaustausch sollte “Fragen der europäischen und transatlantischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik sowie die bilateralen militärpolitischen Beziehungen” beinhalten, “insbesondere die Europäische Sicherheits- und Verteidigungspolitik (ESVP) in Verbindung mit dem Prozess des European Headline Goals, die Schaffung eines Europäischen Lufttransportkommandos ...”

Besucht werden sollten

  • “Her Majesty’s Naval Base Clyde in Faslane/Schottland ...
  • die “Royal Air Force in Waddington” sowie
  • das “Permanent Joint Headquarter” in Northwood.

Wir Daheimgebliebenen haben dann auf www.mod.uk die Presse-Mitteilung der Briten lesen dürfen:

  • (posted at 12.23, 31/10/2000, Press Release Nr. 286/00, Category: Air Force News)
    Eine Acht-Zeilen-Meldung: Hoon und Scharping werden RAF Waddington, Lincolnshire, am Abend besuchen: Folgt Beschreibung von Waddington: “eyes and ears” der RAF, sprich Nimrod, Airborne Warning Aircraft) ... that’s all: nix von Clyde in Faslane oder PJHQ Northwood, geschweige denn irgendwelche politischen Erfolgsmeldungen von ESVP oder gemeinsamem Luft-Transport-Kommando.

Dann haben wir gespannt auf “bundeswehr.de” geschaut: gar nix, kein Wort, kein Byte. Auf telefonische Nachfrage erklärt ein Sprecher des BMVg:

  1. Es sei nicht üblich, nach einem Event irgendwelche Erklärungen abzugeben.
    (Leider stimmt das nicht: 1. Beispiel: Scharping traf Andrej Niolajew (MiP “095”, 14. 9. 2000): halbe Seite Nachklapp mit Erfolgsmeldungen. 2. Beispiel: Nachklapp von VMinister Scharping und Kollege de Grave,NL, MiP “097”, 15. Sept. 2000): 3/4 Seite Nachklapp mit Mords-Erfolgsmeldungen.)
  2. Der Minister sei anschliessend in die USA gereist und man müsse die GB-Ergebnisse abwarten. O.K.

Nächste Frage ist:
Waren unsere britischen Freunde ‘mal wieder recht faul, den deutschen Besuch zu würdigen? Sorry, falsch. Nach einem EU-Meeting hatte Geoffrey mit seinem französischen Kollegen M. Alain Richard geplaudert:
Deshalb gab es am 25.9. 2000 die eine Seite umfassende Presse-Erklärung der Briten unter “mod.uk” mit einem Super-Statement von Geoffrey, deren letzter Satz lautet: “We work well together during crises because of the efford we put in during peacetime.” Und damit nicht genug: Man konnte sich mit Click auf eine summarische Auflistung hieven, in der auf
vier Seiten die britisch-französische Kooperation der Verteidigungsministerien abgefeiert wurde (absolut lesenswert - wird man neidisch!).

Nach längerem Nachdenken, ohne auch nur annähernd dabei gewesen zu sein, stellen wir per Tisch-Analyse fest, dass alle naheliegenden Folgerungen an der Wahrheit vorbeiführen:

{Die Ergebnisse des Scharping/Hoon-Treffens sind streng geheim}

 

Scharping verkürzt Zeit für Dauer-Feuer

Verteidigungsminister Scharping hat angeordnet, die “Ausplanung der Feinstrukturen der Teilstreitkräfte” bis Ende Nov./Anfang Dezember in sofern abzuschliessen, dass das Stationierungskonzept fertiggestellt und kurz vor Weihnachten an die Ministerpräsidenten verschickt werden kann. Nach der “Weisung zur Ausplanung der Streitkräfte der Zukunft” (WASK) des General-Inspekteurs Harald Kujat vom Aug. 2000 war als Termin für das “Erstellen eines Grobentwurfs für die Stationierungsplanung” der 31. 12. 2000 genannt worden. Die Stellungnahmen der Länder-Chefs sollten nach der WASK bis zum 31. März 2001 “verarbeitet” werden, die Stationierungs-Entscheidungen sollten bis zum 1. 7. 2001 fallen.

Augenscheinlich hat Minister Scharping nach Beratung eingesehen, dass er sich nicht bis zu diesem Termin dem Dauer-Feuer der Standort-Debatte aussetzen darf.

 

A400M ohne Triebwerk?

Die Airbus Military Company (AMC) hat  hinsichtlich der Auswahl für das Triebwerk der A400M, dem zukünftigen europäischen Luft-Transporter, versucht, die Entscheidungsgewalt an die Regierungen zurückgegeben. Noch auf der ILA, Berlin (6./12. Juni) hatte AMC stolz verkündet, man werde das Triebwerk ohne Einspruchsrecht der Regierungen firmenseitig auswählen.

Auf der ILA präsentierten sich für das A400M-Triebwerk

  1. das M138-Konsortium (Snecma, MTU, FiatAvio und ITP/Spanien = Turbo Prop International - TPI) und
  2. Rolls-Royce (RR) mit dem BR700-TP.

Dann hatte aber die Britische Regierung signalisiert, dass es ohne Rolls-Royce nichts gibt; die RollsRoyce-Beteiligung wurde in das Farnborough-MoU wörtlich eingefügt. Danach haben sich die Konkurrenten RR und TPI auf ein gemeinsames Angebot an die AMC für ein No-Name-Drei-Wellen-Triebwerk geeinigt. Dieses Angebot hat die AMC die vergangenen Tage vom Tisch gefegt. Auf demselben liegen aber noch, befristet bis zum 31. 10. 2000, die “alten” Angebote M138 und BR 700TP. Das Begehren von AMC, die Regierungen mögen doch nun über die Triebwerksfrage entscheiden, haben aber die Regierungen ihrerseits abgelehnt.

Am 24. 10. 2000 soll AMC nun über die (verbleibenden) Angebote von RR und TPI entschieden haben. Von seiten AMC Deutschland konnten wir bis zum 29. 10. 2000 keine Verifikation unseres Berichtes erhalten. Man hat dort keine neuen Informationen zu dieser Frage. So auch MTU. RR hüllt sich erklärter massen in Schweigen.

Neu (30.10.2000):

Welche Entscheidung AMC am 24. 10. auch immer ¥etroffen haben mag: Nach neuesten Informationen wird es in naher Zukunft zu einer Entscheidung kommen, die offengelegt wird. Klar ist, dass weder RR noch TPI Schaden nehmen, denn

  1. haben beide vor Abgabe ihres gemeinsamen No-Name-Triebwerkes ein “Re-Teaming” vereinbart, d.h. beide werden entweder das M138 oder das BR700-TP gemeinsam bauen
     
  2. hat sich lt. “Statement of Principles” aller A400M-Kunden der “Hauptauftragnehmer verpflichtet, bei der Vergabe von Arbeitsanteilen an die beteiligten Industrien die Abnahme-Menge der einzelnen Nationen zu berücksichtigen, vorausgesetzt, dass dadurch keine gravierend nachteilige Auswirkung auf die Wirtschaftlichkeit des Programms hervorgerufen wird.” (Bericht des BMVg zum Sachstand des Vorhabens ‘Zukünftiges Transportflugzeug der Bundeswehr’) (Ende ‘Neu’)

Hinter alledem verbirgt sich allerdings die Performance-Frage des NewComers in Sachen Militär-Transport-Flugzeugbau AMC: Das Triebwerk ist nur in Verbindung mit dem Getriebe und dem Propeller zu sehen, insgesamt in Hinsicht auf die Konstruktion des Flügels und des gesamten Flugzeuges, vor allem sein gesamtes Leistungs-Spektrum betreffend. Tatsache ist, dass die AMC in allen Bereichen gewaltig rudert; sie erbringen nicht die versprochenen Leistungen.

(Neu: 30.10.) Die Beweisführung dafür ist relativ einfach, zunächst. Nach der A400M-Broschüre von (ex) DaimlerChrysler Aerospace vom Juni 2000 ist der auf Seite 4 aufgezeigte Vergleich von A400M und Konkurrent Antonov AN-70 die Performance beider Flugzeuge sehr nahe beieinander, allerdings mit einer Ausnahme:

  • Die A400M benötigt für ihr Leistungs-Spektrum Triebwerke mit einer Wellen-Leistung von
    “4x9.500 SHP”, also insgesamt 38.000 Shaft-Horse-Powers;
  • Die An-70 wird mit “4x14.000 SHP angegeben.

Das würde bedeuten, dass die A400M mit 38.000 SHP die gleichen Leistungen wie die AN-70 mit insgesamt 56.000 SHP erbringt! Auf Ihr Auto übertragen heisst das: Sie fahren einen Porsche!

Und nun verkomplizieren wir die Sache vollends:

  • Lt. Firmen-Prospekt Turbo Prop International über das Triebwerk M138 hat dieses
    “11.000 shp”, allerdings mit einem Wachstumspotential von “40 % über den derzeitigen Anforderungen” (welche immer das sind - vielleicht 9.500? - dann wären es 13.300!)
  • Lt. Firmen-Prospekt Rolls-Royce über das Triebwerk BR700-TP hat dieses
    “ungefähr 13.000 shp”.

Nach dieser Verkomplizierung machen wir es uns wieder einfach: Wir schätzen, dass das BR700-TP von RR und TPI gemeinsam gebaut wird. Oder sollen wir doch lieber das M138 nehmen? Mit 40 % Wachstumspotential hätte es 300 shp mehr als die “ungefähren” 13.000 von RR. Nein, wir machen es wie beim Auto-Kauf: Die Gattin entscheidet. (Ende Neu)

Insider meinen allerdings: Wenn im Jahr 2009 die A400M statt - wie in den Referenz-Daten von 1999 versprochen - statt 780 km/h nur noch 700/km/h schnell fliegt und nur noch eine Steigleistung von “hau mich blau” m/min. schafft - es - auf deutsch gesprochen - keine deutsche Sau mehr interessiert, die sich gerade an einer Eiche reibt. Für das MRCA Tornado waren auch mal 33 Instandsetzungs-Stunden pro Flugstunde versprochen worden - jetzt sind es 85.

{Lao-Tse sagt: So what?}

 

A400M: Nun mit Triebwerk und Portugal

30. 11. 2000

Alain Fluorens, Präsident der Airbus Military Company (AMC), hat’s verkündet:
“Wir sind sehr zufrieden, mit dem, was bei einer komplexen und anspruchsvollen Untersuchung herausgekommen ist. Die sehr eingehende Untersuchung dreier möglicher Alternativen ist beendet worden und das Resultat ergibt für die A400M technisch und kaufmännisch das bestmögliche TriebwerK.” (
www.airbusmilitary.com).

Triebwerksname: TP400 (10.000shp; M88-Basis mit 3 Wellen).
Hersteller: Konsortium von RollsRoyce, MTU, Snecma Moteurs, FiatAvio, Industria de Turbopropulsores and Techspace Aero. Auch die Türkei wird zur Mitarbeit eingeladen.

Was man bei AMC nicht erfährt ist, dass 1. das TP400 teurer als M138 und BR 700 TP ist, 2. das Gewicht des Entwurfes um 40 kg reduziert werden und 3. die Baulänge verkürzt werden muss.

Die Tatsache, dass Portugal mit drei Bestellungen für das A400M aufwartet, hebt man sich wahrscheinlich für später auf. Lt. AMC-Presse-Mitteilung sollen 2007 die ersten Lieferungen der A400M erfolgen.

Aus heutiger Sicht wird Ende Januar 2001 der Vertrag ausgehandelt sein. Etwa im Mai fetzt es im deutschen Haushaltsausschuss; im Juni in Le Bourget gibt’s den Champus.

{Prost dem kommenden weltweit grössten Hersteller von Militärtransportern/Luft}

 

Die “Lessons of Kosovo” des britischen Verteidigungs-Ausschusses

Wir hätten gern eine perfekte Übersetzungsmaschine: Wir würden durchlaufen lassen und als pdf-Datei veröffentichen (mit Copyright-Erlaubnis):

14. Report des “Select Committee on Defence” des “House of Commons”: “Lessons of Kosovo”.
Ein halber Aktenordner voll (leider umständlich herunterzuladenden) Textes - auf den ersten Blick - excellenten Materials: die Japaner würden sagen: ein Must read! - oder besser Must download):
www.parliament.the-stationery-office.co.uk/ (>> Fourteenth Report)

Da gibt’s nur ein: Gratulations - Hut ab - vor solcher politischen Leistung. Und schau’n wir nach Berlin - und sonst wo in deutsche Landen??

{man wird ja wohl den Krieg nicht ernst nehmen, um mehr Frieden zu wollen}

 

Scharping’s Halbzeit-Bilanz: nichts neues

Verteidigungsminister Scharping hat sich für den Papier-Krieg entschieden:

  1. Am 11. 10. 2000 hat er die 41-seitige Schrift “Grobausplanung - Ergebnisse und Entscheidungen” (wieder ohne Datum) vorgelegt.
  2. Am 24. Oktober 2000 wird anlässlich seines 100. Truppenbesuches (an der Führungsakademie (FüAkBw) in Hamburg-Blankenese seine Halbzeit-Bilanz vorgelegt:
    32 Seiten plus 19 Anlagen.
  3. Am 14. 12. 2000 wird das Weissbuch 2000 (in einer nicht brennbaren Fassung) gezielt unter den Tannenbaum geworfen (wird nichts draus wegen der Öl-Preise - WB 2001 kommt im Febr. 01).

Die Halbzeit-Bilanz ist für interessierte Beobachter der Verteidigungspolitik eine Halbwert-Bilanz. Von den 138 Ziffern sind nur die folgenden bedenkenswert:

  • Ziffer 9: Die Bundeswehr-Reform “stellt eines der grössten Reformvorhaben dieser Bundesregierung dar”. Wer sagt’s denn, dass Reformen Geld kosten müssen?
     
  • Ziffer 28: “Die Beteiligung Russlands an einer Friedenslösung im Kosovo ist zum grossen Teil ein Erfolg deutscher Politik.” (Wir sind halt’ schon Klasse)
     
  • Ziffer 32: “Das neue Strategische Konzept (der NATO, d. Verf.) trägt unverkennbar deutsche Handschrift.” (Historiker aufgepasst: Wer nach Beispielen neuen deutschen Grössenwahns sucht: das ist eins. Und für Kritiker: Wir haben die Schuldigen!)
     
  • Ziffer 37: “Die Bundeswehr nimmt bei der Umsetzung der DCI einen Platz im vorderen Bereich innerhalb des Bündnisses ein.”
    ist zu vergleichen mit der Ziffer 68:
    “Die Bundeswehr, seit Jahren unterfinanziert, hat lange Zeit von der Substanz gelebt. Gegenüber wichtigen Verbündeten ist Deutschland damit weit zurückgefallen.”
    (ein später Sieg für Walter Ulbricht: Das ist ein konkretes Beispiel für “Überholen ohne Einzuholen”!)
     
  • Ziffer 43, Abs. “Europäisches Luft-Transport-Kommando”:
    “Der Aufbau eines Europäischen Luft-Transport-Kommandos ist das Ergebnis einer deutsch-französischen Gipfel-Initiative.” (die lieben Luftwaffen-Chefs der ‘European Airgroup’ sind immer noch bei den Abstimmungsgesprächen; Briten und Franzosen mögen nicht, dass die Deutschen Zugriff auf ihre Flugzeuge bekommen, ohne selbst etwas einzubringen).
     
  • Das schärfste Ding ist die Ziffer 134:
    “Die Bundeswehr gewinnt unter dem Strich mit all diesen Massnahmen finanzielle Gestaltungsfreiräume, die es mittelfristig erlauben, jährlich
    rund zwei Milliarden DM mehr als bisher für die Erneuerung ihrer Ausrüstung aufzuwenden.”
    Tatsache: In der “Ausgabenbereichsschichtung” für die (34.) mittelfristige Finanzplanung des Bundes, Einzelplan 14, Bereich “Militärische Beschaffungen neu”, Papier des Führungsstabes der Streitkräfte des BMVg an den Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestages, Bonn, 28.8.00, Beilage 1 zu Anlage 2, sind verzeichnet:
    “Mehreinnahmen: 2001: 1,000 Mrd. DM; 2002: 1,2 Mrd.; 2003: 1,2 Mrd.; 2004: 1,2 Mrd.
    (na’ da soll mir noch einmal einer sagen, dass das nicht alles Mordsmollies sind!))

{was sagt Sun Tsu zum Papierkrieg?: “Das Subtile ist Stille, das Geheimnisvolle ist Bewegung”}

 

Transatlantische RüstungsKooperation (Background siehe IndustrieTrends)

Sperrt sich die Bundesregierung?

(Stand: 28. September 2000)

US-Aussenministerin Madeleine K. Albright hat am 24. Mai 2000 anlässlich des NATO-Minister-Treffens in Florenz die Defense Trade Security Initiative (DTSI) bekanntgegeben.  um

  • einerseits der Scheren-Entwicklung in der transatlantischen RüstungsKooperation entgegen zu wirken, die durch europäische und amerikanische Trends ausgelöst worden ist (siehe Background),
  • andererseits aber die Politik der Nicht-Weitergabe von Rüstungstechnologie (Non-Proliferation) durch die International Traffic in Arms Regulations (ITAR) so weit wie möglich aufrecht zu erhalten (www.secretary.state.gov und www.pmdtc.org).

Bereits Monate vor dieser DTSI-Initiative hatte Verteidigungsminister Geoffrey Hoon mit seinem US-Kollegen Cohen während der Wehrkunde-Tagung in München am 5. Februar 2000 die
“Declaration of Principles for Defense Equipment and Industrial Cooperation”
unterschrieben
(Wortlaut des Textes in Englisch unter GrossBritannien /Dokumente).

US-Verteidigungsminister Cohen hat während seines Australien-Besuches mit seinem Kollegen John C. Moore am 17. Juli 2000 ein 7-seitiges “Statement of Principles for Enhanced Cooperation in Matters of Defense Equipment and Industry” (SOP) unterschrieben, dass im Vergleich zu der US/GB-Deklaration fast wortgleich ist.
(Die Abschnitt-Überschriften des SOP siehe unter Anmerkung 1).

Da die DTSI an alle NATO-Partner gerichtet ist, stellt sich die Frage, welche Position die deutsche Bundesregierung dazu hat. Zunächst ist der Zusammenhang zu sehen, der mit der Unterzeichnung des
RahmenÜbereinkommens zwischen D, F, I, Sw, Sp und GB über “Massnahmen zur Erleichterung der Umstrukturierung und der Tätigkeit der europäischen Rüstungsindustrie”
durch Verteidigungsminister Scharping während der Luftfahrtschau in Farnborough am 27. Juli 2000 gegeben ist. Dieses RahmenAbkommen regelt praktisch die gleichen Fragen wie das US/Aus-SOP (siehe die ausführlichere Abhandlung unter
ESDI).

Nach dem Stand der Recherche vom 28. August bis 4. Sept. ergab sich folgendes Bild (die Darstellungen sind praktisch wörtliche/schriftliche Aussagen mehrerer höchst-amtlicher Stellungnahmen, die zur Vermeidung von Beschädigungen Unschuldiger unerwähnt bleiben):

  • Zuständig ist das Auswärtige Amt, nicht das Bundeskanzleramt. Das Wirtschaftsministerium soll erst zu einem späteren Zeitpunkt einbezogen werden.
     
  • Von generell gut informierter Seite hatte es zuerst geheissen es, dass ”eine umfassende Bewertung der DTSI und ihrer praktischen Auswirkungen erst vorgenommen werden kann, wenn konkrete Ausführungsbestimmungen erlassen worden sind.
     
  • Die nächste amtliche Stellungnahme lautete:
    “Erste Gespräche dazu (DTSI) wurden zwischen Vertretern der USA und des Auswärtigen Amtes geführt. Zur Zeit läuft ein Analyseprozess.
    Eine Prüfung des Vorhabens muss auch innerhalb der EU erfolgen.”
     
  • Die letzte variiert etwas:
    Aus deutscher Sicht sei DTSI “als partielle Erleichterung der Kooperation mit unseren atlantischen Partnern grundsätzlich zu begrüssen.” Noch seien einige ausstehende Fragen zu klären; dies werde in Koordinierung mit den anderen EU-Mitgliedstaaten erfolgen.

Neuester Stand: 7. September 2000

  • Das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie hat uns eine briefliche Stellungnahme auf unsere Anfrage vom 16. August geschickt; die entscheidenden Auszüge:

    “... Bislang ist die US-Seite
    noch nicht mit konkreten Gesprächswünschen in dieser Angelegenheit an die Bundesregierung herangetreten.
    Da das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie für Fragen der Außenwirtschaftspolitik zuständig ist, ist es - zusammen mit den ebenfalls betroffenen Ressorts Auswärtiges Amt und Bundesministerium der Verteidigung - mit der Angelegenheit befasst.
    Es trifft daher nicht zu, wenn auf der Internetseite von GeoPowers davon die Rede ist, dass ‘das Wirtschaftsministerium erst zu einem späteren Zeitpunkt einbezogen” werde. Es bleibt abzuwarten, ob und (in) welcher Form die US-Seite die Initiative, welche unmittelbar nur das US-Exportkontrollrecht tangiert, weiter betreiben wird.””

Unsere Anmerkung dazu ist:

  • Dass “das Wirtschaftsministerium erst zu einem späteren Zeitpunkt einbezogen” werde, ist nicht unsere Feststellung, sondern die von uns belegbare Auskunft eines authoritativen Amtes der Bundesregierung vom 18. August 2000.
  • Aus der Stellungnahme des Wirtschaftsministeriums ergibt sich z.B. die Frage, ob überhaupt schon Gespräche geführt worden sind. Dies müssten eigentlich die US-Amerikaner beantworten können. Stand 21. 9. 2000: Die US-Botschaft in Berlin hat Stellung genommen: Es sind Gespräche geführt worden!
  • Also ergibt sich in Hinsicht auf das “zuständige “Ministerium:
    {I’m still confused, but on a very much higher level! - sorry}

Bewertung

  1. Die amerikanische DTS-Initiaive ist eindeutig eine bilaterale Angelegenheit, bei der zwischen den USA und dem jeweiligen befreundeten Staat (erstmalig mit GrossBritannien, dann mit Australien) eine Deklaration/SOP unterzeichnet und dann erst die “Ausführungsbestimmungen” wiederum bilateral vereinbart werden.
     
  2. Alles weist darauf hin, dass entweder das Auswärtige Amt mauert oder AA und Bundeskanzleramt eine politische Linie fahren, die die französische Regierung (siehe Farnborough-Abkommen) nicht verärgert (Wahrscheinlich hat Frankreich auch ein Verhandlungsangebot der US-Regierung erhalten; dies konnte bisher nicht genau ermittelt werden). 
    Die englische Regierung als Mitunterzeichner des “Farnborough”-Abkommens und ordentliches NATO-Mitglied zeigt, dass man transatlantisch und europäisch operieren kann. Sie hat mit Sicherheit ihr damaliges Vorhaben “Deklaration” nicht der Prüfung durch die EU unterworfen (
    ... weil sie schlau sind - und BAE Systems ist happy).
     
  3. Besonders heikel ist die Situation der EADS. Mit ihrem Firmensitz in den Niederlanden ist sie noch nicht einmal von dem Farnborough-Abkommen gedeckt, denn die niederländische Regierung ist bisher nicht Mitglied. Aber es gibt die “EADS Deutschland”. Für die Firmen-Strategie ist aber ganz wesentlich, durch ein US-SOP den einfachen Zugang zum transatlantischen Markt und US-Firmen zu haben. Vielleicht tut der EADS die niederländische Regierung den Gefallen, bald ein SOP mit den USA abzuschliessen? Zur Position der EADS/DCS siehe das Interview mit Dr. Thomas Enders.
     
  4. Mit Sicherheit ist ein US/D-SOP aber auch wichtig für die “kleinen”, aber äusserst  kompetenten Firmen wie Diehl VA oder STN Atlas, vor allem für die derzeitigen und zukünftigen Mitarbeiter, Gerhard.
     
  5. Im Herbst 1998 hat eine US-Initiative im Rahmen der “International Cooperative Opportunities Group” (ICOG) zu den “Grundsätzen für eine erneuerte transatlantische Kooperation” geführt. Sie ist von den  Rüstungsdirektoren der USA (Jacques Gansler), Frankreichs (Jean-Yves Helmer), GrossBritanniens (Sir Robert Walmsley)und Deutschland (Dr. Martin Guddat) unterzeichnet. Der Text enthält 12 Prinzipien, aus denen man ohne grosse Not entweder das Farnborough-Abkommen oder die US/GB/AUS-Principles walzen kann. Wer hat denn da geblockt, weitergeschlafen? Der Text ist uns freundlicherweise vom BMVg zur Verfügung gestellt worden. Historikern stellen wir ihn gern zur Verfügung.

Anmerkung 1

Das 10 Abschnitte mit 41 Ziffern umfassende SOP zwischen den USA und Australien regelt bilateral die Fragen der

  • Harmonisierung der militärischen Forderungen und des Beschaffungsprozesses (II),
  • Forschung und Entwicklung (III),
  • Regelung nationaler Anforderungen, Sicherheit der Versorgung (IV),
  • Verkäufe und Export-Verfahren (V),
  • Sicherheit der Informationen (VI),
  • Eigentümer-Rechte an den Unternehmen und die körperschaftlichen Rechte des Staates (VII),
  • gegenseitigen technischen Information (VIII),
  • Unterstützung des Handes mit Gütern der Wehrtechnik (IX),
  • zukünftigen operativen und administrativen Durchführung, Ausführungsbestimmungen (X).

(Recherche wird fortgesetzt)

 

1. Rüstungsexport-Bericht der Bundesregierung

Der “1. Bericht der Bundesregierung über ihre Exportpolitik für konventionelle Rüstungsgüter im Jahr 1999 (Rüstungsexportbericht 1999)”  ist am 20. Sept. 2000 vom Bundeskabinett verabschiedet worden. Der Bericht steht unter www.bmwi.de zum Download bereit.

Beachtenswert bei der Beurteilung ist, dass alle im Jahr 1999 entschiedenen Anträge nach den alten politischen Grundsätzen zum Rüstungsexport von 1982 entschieden worden sind. Einen wirklichen Vergleich kann man erst anstellen, wenn der 2. Rüstungsexportbericht im nächsten Jahr vorliegt, denn der enthält alle Anträge auf Rüstungsexporte, die nach den seit dem 19. Januar geltenden Regeln (Beachtung der Menschenrechte in jedem Empfängerland) entschieden worden sind.

Schön ist, dass jedem Interessierten die Grundlagen der RüstungsExport-Politik der Bundesregierung ordentlich erklärt werden. Dabei werden auch Artigkeiten nicht vergessen. Bei der Aufzählung der wesentlichen Merkmale der seit 19. Januar 2000 gültigen politischen Grundsätze der Bundesregierung zum Waffenexport lautet der 3. Spiegelstrich:

“Das ‘besondere Interesse’ der Bundesregierung an der fortbestehenden Kooperationsfähigkeit der deutschen wehrtechnischen Industrie im NATO- und EU-Bereich wird gerade auch vor dem Hintergrund der Entwicklung einer gemeinsamen europäischen Verteidigungspolitik hervorgehoben.”

Von den Deklarationen zur Action-Policy: Auszüge des Berichts (Unterstreichungen wie im Bericht):

In 1999 entschiedene Anträge

  • “Im Jahr 1999 wurden in Deutschland insgesamt 9.373 Einzelanträge für endgültige Ausfuhren von Rüstungsgütern genehmigt ...
    Der Gesamtwert dieser Anträge betrug
    5.918.670.288,-- DM.
    Darüber hinaus wurden Sammelausfuhrgenehmigungen im Gesamtwert von 654.550.000,-- DM erteilt, aufgrund derer die Unternehmen mehrere Ausfuhren an denselben oder verschiedene Empfänger im Ausland (vor allem im Rahmen der Zusammenarbeit bei regierungsamtlichen Kooperationsprojekten) vornehmen konnten.
     
  • Im Jahr 1999 wurden 85 Anträge für die Genehmigung von Rüstungsgüterausfuhren abgelehnt. Der Gesamtwert der abgelehnten Anträge belief sich auf 10.183.744,-- DM. Diese Zahl enthält keine Anträge, die seitens des Antragstellers wegen mangelnder Erfolgsaussichten zurückgenommen wurden.”

Nachfolgend die interessantesten Entscheidungen über Anträge, die 1999 positiv entschieden wurden:

Land

Wert in Mio. DM

Bemerkungen

Türkei

1.909,2

Marinetechnik (98 %)

Israel

477,2

U-Boot und Teile für Kriegsschiffe (74,8 %); Unfertige Teile (6,4 %)

Vereinigte Arabische Emirate

336,7

LKW und Teile für gepanzerte Fahrzeuge (52,1 %); elektronische Ausrüstung (24,4 %); Aufklärungssysteme (13,8 %)

Republik Korea

130,2

Teile für Kriegsschiffe (29,8 %); Teile für gepanzerte Fahrzeuge (25 %); Hubschrauber und Teile für Fluggeräte (17,2 %); Herstellungs- und Testausrüstung für militärische Geräte (15,1%)

Nigeria

118,8

Teile für Flugzeuge (92,6%)

 

In 1999 durchgeführte Ausfuhren

Zu unterscheiden ist der Wert der Anträge (knapp 6 Mrd. DM) von dem Wert der tatsächlich 1999 abgeflossenen Kriegswaffen-Exporte (also ohne “sonstige Rüstungsgüter”):

“Im Jahr 1999 wurden nach Feststellungen des Statistischen Bundesamtes Kriegswaffen im Wert von insgesamt 2,844 Mrd. DM (= 0,3% aller deutschen Exporte) aus Deutschland ausgeführt ...
Von den kommerziellen Exporten entfielen 1,27 Mrd. DM auf Ausfuhren ausserhalb des Bereichs der EU-, NATO und diesen gleichgestellten Staaten. Von diesen 1,27 Mrd. DM entfielen 0.936 Mrd. DM auf die Ausfuhr von 2 U-Booten nach Israel.”

Von den “wichtigsten Empfängerländer(n) kommerzieller Ausfuhren von Kriegswaffen” 1999 sind die folgenden interessant:

Israel

940 Mio. DM

Türkei

645 Mio. DM

Brasilien

212 Mio. DM

Südkorea

117 Mio. DM


Die interessanteste Lektüre: Anlage 8

In Anlage 8 des uns vorliegenden Entwurfes des 1. Rüstungsexportberichtes sind über 23 DIN-A4-Seiten alle Staaten aufgeführt, die Anträge gestellt haben, die Kategorie ihres Antrages sowie die Anzahl der Ablehnungen.

Interessant ist bei verschiedenen Ländern die “Anzahl der Genehmigungen” im Vergleich zu der “Anzahl der Ablehnungen”. Lesenswert sind die Einträge über

  • Botswana, Burkina Faso, China, Gabun, Ghana, Jemen, Jugoslawien und Kasachstan;
  • Kenia mit der oft angeführten Kategorie “Munition für Revolver und Jagd- und Sportmunition” für rund 160.000 DM (!);
  • Munition für Kuba im Werte von 5.000 DM, Libanon Handfeuerwaffen für 6.000 DM;
  • Namibia: 42 Genehmigungen für Handfeuerwaffen, 0,49 Mio. DM (“Gewehre ohne KWKG, Pistolen, Revolver”);
  • Sambia: 27 Genehmigungen, 0,11 Mio. DM, “Revolver, Pistolen, Jagd- und Sportwaffen” plus Munition;
  • Sierra Leone: 1 Genehmigung, 0,13 Mio. DM (LKW 92,5%, Rest “verschiedene Ausrüstungen”);
  • Simbabwe: 11 Genehmigungen, 0.062 Mio. DM (Handfeuerwaffen und Munition)
  • etc. usw. add
  • Und als wichtiger Merkposten für die Wiedervorlage zum Erscheinungstag des 2. Exportberichts der Bundesregierung:
    Türkei   -    Anzahl der Genehmigungen: 288   -    Positionen der Ausfuhrliste: von oben bis unten    -   Wert: 1.909,2 Mio. DM    -   Anzahl der Ablehnungen: keine

Was den Export von “Revolver, Pistolen, Jagd- und Sportwaffen” insbesondere nach Afrika angeht, ist es makaber schwierig, die entsprechenden Worte zu finden, denn polemische Verleumdungen helfen nicht weiter. Eines ist sicher: Wer angesichts der Lage ein solches “Wording” ohne entsprechende Erklärung und Aufhellung der näheren Umstände unterschreibt, darf sich über dementsprechende Diskussionen nicht wundern.  {das ist die verständnisvolle Version}

Es bleibt abzuwarten, wie sich die UNICEF-Initiative “Stoppt Kleinwaffen!” entwickelt. Die UNICEF-Botschafter Sabine Christiansen und Oliver Bierhoff haben schon unterschrieben. Im UNICEF-Text heisst es:

  • “Kleinwaffen sind heute die Massenvernichtungswaffen. Drei Millionen Menschen - die meisten von ihnen Kinder und Frauen - starben allein in den letzten zehn Jahren durch den Einsatz von Maschinenpistolen, Gewehren und anderen Kleinwaffen. Weltweit sind schätzungsweise 500 Millionen davon im Umlauf. Kleinwaffen sind billig und leicht zu bedienen - kinderleicht. Sie machen es möglich, dass über 300.000 Kinder und Jugendliche als Soldaten missbraucht werden ...”

Man kann diese Aktion auch im Internet unterstützen: www.unicef.de

 

Das Struck-Interview: Kein Panzer-Export in die Türkei

Der Fraktionsvorsitzende der SPD-Fraktion im Deutschen Bundestag, Dr. Peter Struck, hat der “WELT” (9. Sept. 2000) in einem Interview auf die Frage nach der Entscheidung zum Panzer-Export (Lizenz-Fertigung von 1.000 Leopard II) geantwortet:

“Das scheint mir klar zu sein, dass wir angesichts der Lage in der Türkei die Lizenzen zum Bau dieser Panzer nicht geben werden.”
Frage “Welt”: Ist das auch in der Regierung unstrittig?
Struck: “Da sind wir uns völlig einig, der Kanzler, der Verteidigungsminister und ich, dass die Bundesregierung dieses Projekt nicht genehmigen wird. Nicht nur die Bschlusslage der SPD ist dazu klar, sondern es
gibt keinen objektiven Grund, warum man eine neue Menschenrechtsentwicklung in der Türkei unterstellen könnte. Die türkische Regierung bemüht sich zwar, aber es sind keine Erfolge abzusehen. Von daher halte ich die Panzer nicht für genehmigungsfähig. Ausserdem liegt noch keine offizielle Anfrage vor.”

Fragen, die man MdB Peter Struck stellen sollte:

  1. Nach den Rüstungs-Export-Richtlinien der Bundesregierung, die seit dem 19. Jnuar 2000 in Kraft sind, sollen in eine Prüfung der Menschenrechtssituation “Feststellungen der EU, des Europarates, der Vereinten Nationen, der OSZE und anderer internationaler Gremien einbezogen” werden (Export-Richtlinien, Ziff. I, 1., Ziff. 4). Wären Sie bereit, der interessierten Öffentlichkeit die gesammelte Dokumentation dieser Berichte zur Verfügung zu stellen, um nachzuprüfen, ob man wie Sie zu dem Urteil kommen muss, dass es keinen “objektiven Grund (gibt), warum man eine neue Menschenrechtsentwicklung in der Türkei unterstellen könnte”?

     
  2. Sie Sie der Meinung, dass die Aussagen, die der 5. Menschenrechts-Bericht der Bundesregierung vom 28. Juni 2000 zur Situation in der Türkei enthält, Ihr Urteil sowie das der von Ihnen erwähnten Regierungs-Mitglieder rechtfertigt?
     
  3. Werden Sie konsequent darauf drängen, dass die Ziff. II, Abs. 5, letzter Satz (Anm. 1) der Rüstungs-Export-Richtlinien eingehalten wird, falls bei der Auswahl des US-Panzers Abram mit den “bedeutenden” Teilen Antrieb (von MTU) und Waffe (120 mm-Kanone von Rheinmetall-DeTec) deutsche Firmen gegenüber der US-Kooperationsfirma Endverbleibsklauseln vorsehen müssen?
     
  4. Können Sie versichern, dass Ihre Interview-Aussage nichts damit zu tun hat, dass Sie, nachdem die SPD der Partei und Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen in den letzten Monaten in wichtigen und grundsätzlichen politischen Fragen Kompromisse abgetrotzt hat, Ihrem Koalitionspartner um der Stabilität der Regierung willen nicht auch noch eine positive Entscheidung in der Panzer-Export-Frage abverlangen wollen, gemäss Ihrer Aussage in dem gleichen WELT-Interview: “Doch wäre es völlig falsch, einen Partner demütigen zu wollen”?

Anmerkung 1:
Der Satz lautet: “ Zu diesem Zweck wird sie (Bundesregierung) verlangen, dass sich der deutsche Kooperationspartner bei Zulieferung von Teilen, die nach Umfang oder Bedeutung für eine Kriegswaffe wesentlich sind, vertraglich in die Lage versetzt, der Bundesregierung rechtzeitig die nötigen Informationen über Exportabsichten seiner Partner geben zu können und vertragliche Endverbleibsklauseln vorzusehen.”

Neuester Stand, 14. Sept. 2000:

  1. Die Interview-Aussage, dass noch keine “offizielle Anfrage” (der Türkei?) vorläge, ist in zweifacher Hinsicht irreführend: 1. stellt die Türkei keine Anfrage, sondern die Firma, die Kriegswaffen exportieren will. 2. kann eine Firma erst einen Antrag auf Export stellen, wenn zwischen ihr und dem Empfänger ein Vertrag abgeschlossen worden ist.  Da kein Kunde mit einer deutschen Firma einen Vertrag abschliessen würde, wenn die Export-Genehmigung unsicher wäre, hat sich die Praxis der sog. Vor-Anfrage etabiliert: Die exportierende Firma stellt eine “informelle” oder “formelle” “Voranfrage”, die - falls positiv beantwortet - hinreichende Gewissheit gibt, dass der spätere formelle Antrag auf Export auch genehmigt wird (Rüstungs-Exportbericht der Bundesregierung für 1999: 9.373 genehmigte Einzelanträge, 85 Ablehnungen von Einzelanträgen).
     
  2. Seit April 2000 liegt eine solche Voranfrage der Firma Krauss-Maffei Wegmann im (zuständigen) Wirtschaftsministerium vor. Über sie ist bis heute von seiten der Bundesregierung keine Entscheidung gefällt worden.
     
  3. Geduldig kann man aufgrund der folgenden Zeit-Schiene sein:

    1. Da die USA mit ihrem M1 Abrams (turbinen-getrieben) nach der Winter-Erprobung 99/2000 zu der Sommer-Erprobung mit einem MTU-Diesel anfuhren, haben die türkischen Offiziellen dies abgelehnt und sind nach mehr oder minder massivem US-Begehren auf den Kompromiss eingeschwenkt, für den M1-MTU-Diesel noch eine extra Winter-Erprobung (2000/2001) zuzulassen. Das bedeutet, dass vor April 2001 keine offizielle türkische Schluss-Bewertung möglich ist.
     
  4. Nach Top-Insider-Informationen ist die derzeitige Menschrechts-Bewertung durch die EU deshalb nicht so positiv, um weiter Druck auf die Türkei auszuüben.
     
  5. Bei der Regierungs-Fraktion der Grünen hat eine Diskussion der Rüstungs-Export-Regelungen begonnen (siehe anschliessender Text). Vielleicht kommen die Sozialdemokraten auch ‘mal auf die Hufe.

 

Anstoss zur Debatte über Rüstungsexport-Kriterien: Kaestner/Weißhuhn

Roland Kaestner, Oberstleutnant, derzeit Wissenschaftlicher Mitarbeiter der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Bundestag (nicht wie fälschlich von uns zuerst gemeldet, der Abgeordneten Angelika Beer - sorry) hat mit Datum vom 8.9.2000 eine “Kurz-Analyse zur Rüstungsexport-Situation in Deutschland” ((10 S.) intern vorgelegt mit der Absicht, die Debatte der Grünen über die Frage des deutschen Rüstungsexports zu befördern:
“Ziel der Überlegungen ist es, ein Modus Vivendi zu finden, der eine gemeinsame, stringente Postition nach aussen und gegenüber der Industrie ermöglicht.”

Reinhard Weißhuhn, Wissenschaftlicher Mitarbeiter im Abgeordneten-Büro des Aussenministers Joschka Fischer, MdB, hat zu Kaestner’s Arbeit einen “Kommentar zur ‘Kurz-Analyse’ zum Rüstungsexport” verfasst (2 S., Datum: 6.9.00):
“Wie auch immer: auch wenn der Sonderfall Türkei immer problematisch bleiben wird - eine hoffentlich klärende Diskussion könnte wenigstens dazu beitragen, eine bewusste, in ihren Konsequenzen hinreichend klare Position zum Rüstungsexport insgesamt zu formulieren bzw. zu bestätigen und öffentlich vertreten zu können. Der gegenwärtige Zustand wirkt vor allem nach aussen ausserordentlich unbefriedigend, defensiv bis hilflos. Wir brauchen mehr Selbstbewusstsein.”

Abseits aller politischen “Kriegshandlungen”, die natürlich gleich einsetzten, sollten diejenigen, die sachlich bleiben wollen, sich zunächst der Grundsatzfrage nähern, ob die politische Position der Grünen tatsächlich “stringent” ist. Weißhuhn: “Auf Dauer werden die Menschenrechte als Hauptkriterium nicht tragen können.”

Roland Kaestner kommt unter der Überschrift “Thesen” zu folgender Reihung:

  1. “Auch in Zukunft wird der deutsche Rüstungsexport unter einer deutlichen politischen Kontrolle stehen und sich an den sicherheitspolitischen Interessen Deutschlands ausrichten.
     
  2. Umso wahrscheinlicher der Einsatz von eigenen und verbündeten Soldaten in einer Region ist, umso restriktiver wird der Rüstungsexport in eine solche Region zu handhaben sein.
     
  3. Auf Grund der engen Verflechtung europäischer Sicherheitsstrukturen mit den USA muss Europa Rücksicht auf globale amerikanische sicherheitspolitische wie wirtschaftliche Interessen nehmen. Dies bedeutet grundsätzlich Zurückhaltung bei Rüstungsexporten.
     
  4. Die Regionen, die am ehesten für Rüstungsexporte in Frage kämen, wegen europäischer Interessen und der ökonomischen Potenz der möglichen Empfängerländer (in Südwest-Asien und Südost-Asien), sind auch für die USA die wichtigsten sicherheitspolitischen Regionen.
     
  5. Auch im Hinblick auf russische und chinesische Interessen und deren Berücksichtigung durch Europa werden die Rüstungsexportmörkte in Asien und Zentralasien kaum zu nutzen sein.
     
  6. Sowohl aus sicherheitspolitischen als auch aus Gründen der inneren Stabilität der Länder des Nahen Ostens liegt ein ökonomisch motivierter Rüstungsexport nicht im europäischen Interesse.
     
  7. Ein liberalisierter Rüstungsexport kann darüber hinaus sowohl die bündnispolitische Kohärenz als auch die wirtschaftliche und technologische Zusammenarbeit mit den USA gefährden.
     
  8. Einer Politik der Beeinflussung von Schlüsselstaaten in für Europa wichtigen Regionen durch Rüstungsexporte wird abgesehen von Einzelbeispielen enge Grenzen gesetzt, da Europa keine Weltmachtrolle übernehmen kann und will.
     
  9. Die wichtigsten Märkte, insbesondere für militärische Hightech-Güter, bleiben Europa und die USA, insbesondere unter dem Aspekt, dass durch die NATO-Erweiterung ein besonderer Modernisierungsbedarf erwächst, der allerdings durch die begrenzte ökonomische Belastbarkeit der neuen Mitgliedstaaten eher zu einer zusätzlichen Belastung der reicheren NATO-Staaten werden wird.
     
  10. Der Rüstungsexport der deutschen Industrie im Rahmen eines entstehenden einheitlichen europäischen Rüstungsmarktes (ESVP) und einer europäischen Rüstungsindustrie wird zunehmen.
     
  11. Die Liberalisierung des amerikanischen Rüstungstechnologie-Exports innerhalb der NATO (US-Initiative von Florenz) unter der Bedingung einer restritiveren Exportpraxis und die Tatsache, dass der amerikanische neben dem europäischen Markt umfangsmässig und in seiner Bedeutung der Wichtigste für die europäische Rüstungsindustrie ist, wird zu weiteren Einschränkungen der europäischen Rüstungsexport-Praxis in Länder ausserhalb der NATO und EU führen.
     
  12. Auch das Interesse Europas an einer Non-Proliferations-Politik, die eine ABC-Waffen-Bedrohung des europäischen Kontinents als auch des amerikanischen Partners verhindern hilft, wird in den nächsten Jahrzehnten zu einer eher restriktiveren europäischen Rüstungsexport-Politik führen als heute.”

Roland Kaestner kommt danach zu folgender Zusammenfassung:

“ Nimmt man alle diese Gründe zusammen, gibt es keinen Anlass, die restriktive deutsche  Rüstungsexport-Politik zu lockern, sondern man wird sie mit den europäischen Alliierten eher noch verschärfen müssen. Allerdings ist zu überlegen, ob auch Deutschland zukünftig wie die anderen europäischen Staaten und insbesondere der amerikanische Partner die Rüstungsexport-Politik gegenüber einzelnen Staaten als Instrument politischer Einflussnahme nutzt.”

Beurteilung

  • Art. 26, Abs. 2 des Grundgesetzes bedeutet nach wie vor und ohne jeden Zweifel, dass Rüstungsproduktion unter den Primat der Politik fällt. Danach gilt: Sollte es der Politik gefallen, die Angelegenheit zu einer ökonomischen Frage zu machen, o. k., ist die Politik halt ohne Werte. Wenn nicht, dann sollen sich diejenigen, die in erster Linie schlicht Waffengeschäfte machen wollen, neues Volk wählen.
     
  • Wenn jemand die “Achtung der Menschenrechte” als ein sehr wichtiges, wenn nicht entscheidendes Kriterium ansieht, dann hat er allen Grund, selbstbewusst und offensiv auf folgendes verweisen:

    “Kriterium Zwei” des “Verhaltenskodex der Europäischen Union für Waffenausfuhren”, angenommen vom Rat der EU am 8. Juni 1998, ist so eindeutig, wie man sich das nur wünschen kann: “Interne Repression umfasst unter anderem Folter sowie grausame, unmenschliche und erniedrigende Behandlung oder Bestrafung, summarische oder willkürliche Hinrichtungen, das Verschwindenlassen von Personen, willkürliche Verhaftungen und andere schwere Verletzungen der Menschenrechte und Grundfreiheiten ...”
     
  • Wenn Prinzipien richtig sind, dann kann es keinen “Sonderfall Türkei” geben (richtig ist, dass dies ein Verstoss gegen die “Regel” ist, nach dem es eine Ausnahme von der Regel geben muss! Aber diese “Regel” muss falsch sein, denn sie ist eine wunderbare Ausrede).
     
  • Es gibt keinen Widerspruch zwischen Moral- und Interessenpolitk, denn “Interesse” heisst, einfach übersetzt: Was ist mir wichtig? Wenn Moral mein Interesse ist, kommt es darauf an, meine Politik so zu instrumentieren, dass ich meine (Moral)Ziele erreiche.
     
  • Wenn die Türkei (oder wer auch immer) nachgewiesener massen und ohne erkennbare Einsicht gegen Kriterium Zwei des europäischen “Code of Conduct” verstossen würde ... wo ist dann das Problem? Dabei kann der Staat  Bündnispartner, EU-Kandidat oder “Kaiser von China” sein...
    Die Menschenrechts-Berichte und die sachkundige Debatte über Entwicklung, Stand und Perspektive in der Türkei werden zeigen, ob eine Export-Versagung im Lichte der Export-Richtlinien der Bundesregierung und des EU-Code-of-Conduct gerechtfertigt ist.
     
  • Sollte man als Staat (im europäischen Verbund) Einfluss-Mittel haben - und der Rüstungsexport ist wahrlich nicht ein gewaltiges - dann dürfte der Einsatz aller verfügbaren Mittel nicht in Frage stehen. Und wir wollen die Türkei doch als Teil Europas   {oder?}
     
  • (Mit Sicherheit eignet sich der Bereich der Aussen/Verteidigungspolitik nicht als Spielwiese für innerdeutsche Partei-Bolzereien, so sehr wir das auch immer mögen. Hoffentlich sucht sich MdB Dr. Struck für das 3. Sommerloch ein anderes Thema aus. Wir empfehlen die Kulturpolitik).

 

[Home] [News] [Mächte] [Allianzen] [Konzepte] [Kriege] [Szenarien] [i-Views] [Kontakt]