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N e w s   I I  /  2 0 0 4

 

Meinung: labern

30. Juni 2004

Es muss auch mal erlaubt sein, über nix zu schreiben. Man sollte sich auch einmal erlauben, nix zu lesen, einfach so. Was ist das denn für eine Zeit, in der

  • ein G-8-Gipfel mit mächtigen Beschlüssen vorbeirauscht,
  • ein EU-U.S.-Gipfel vielleicht bedeutende Übereinkünfte fabriziert,
  • die neue irakische Regierung die wie auch immer zu beschreibende Souveränität erhält,
  • der NATO-Gipfel in Istanbul tapfer Beschlüsse fasst, deren Fakten-Gehalt entweder kein Mensch versteht oder nach Belieben konsumiert wird?

Man kann höchstens sehen, wie sich die alte Unterscheidung zwischen action- und deklarierter Politik in atemberaubendem Masse auswaltzt.

Für Medien-Füchse gibt es eine quoten-verträgliche Alternative: Behaupte doch einfach, dass die Zukunft so ausgeht, wie Du es willst! Wenn sie anders ausginge, wird sich keine Sau an deiner dümmlichen Hoheit über der Zukunft erregen; die Quote ist mit Dir (wie die Macht).

Kleinmütig wollen wir aber auch gestehen: Wir unterliegen den gleichen Mechanismen, betteln gestelzt um gnädige Click-Quote und hoffen täglich bangend, dass wir den ganzen Käse noch viertel-wegs richtig lutschen.

Noch da?: Sorry, nehmen Sie es, wie es ist: Nicht schwer. Lernen Sie von uns: Über die eigene Schwäche muss man hinweglabern können - auf Teufel komm ‘raus! - den es nicht gibt !?

{Nice to meet You}

 

Finanz-Top-down: mild?

25. Juni 2004

Sorry, wenn wir uns schon wieder mit diesem ätzenden Thema Finanzen beschäftigen. Aber wir halten (leider) eine realistische Finanz-Planung für die erste Voraussetzung der Bundeswehr-Planung.

Vergleicht man die Daten der 38. Finanzplanung (2004 - 2008) für den Verteidigungs-Haushalt mit den Soll-Forderungen des “Bundeswehrplans 2005”, die als Voraussetzung für das Gelingen der Struck’schen Bundeswehr-Reform II definiert worden sind, ergeben sich “milde” Bedingungen:

  • 2005:
    - Der Bw-Plan 2005 fordert 24,25 Mr. EUR; zum 38. Fipl. fehlen 220 Mio. EUR;
     
  • 2006:
    Bw-Plan 2005/38. Fipl.: Fehl = 190 Mio. EUR;
     
  • 2007:
    Bw-Plan 2005/38. Fipl.: Fehl = 356 Mio. EUR;
     
  • 2008:
    Bw-Plan 2005/38. Fipl.: Fehl = 656 Mio. EUR.

Ob sich diese “milden” Zahlen, die alle zulasten der Rüstung gehen werden,  für die Bw-Planung aufrechterhalten lassen werden können, muss bezweifelt werden. Ein Blick auf die strategische Ebene der gesamtgesellschaftlichen Finanzwirtschaft, repräsentiert durch die
Daten-Trends der Netto-Kredit-Aufnahme zeigt,
dass die Rahmen-Daten keineswegs darauf hinweisen, dass die “Milde” der jetzigen Finanz-Aussichten den Gedanken an “Planungs-Sicherheit” für die Bw-Reform II nähren kann.

Mit anderen Worten (MaW): Während die Phrasendrescher mit Network-Centric-Warfare, Transformation und Concept Development & Evalutation schillernd über die Bühnen toben, sitzen die Buchhalter noch nicht einmal am “Katzen-Tisch”. Oder noch MaW:
Wer den ersten strategischen Treiber, die Finanz-Ressourcen, nicht akzeptieren will, verfällt automatisch dem Kujat-Verdikt.

Dies stimmt allerdings auch so nicht, denn es gilt das “Gestern”-Prinzip:
Wen wird es kümmern, wenn ich gestern oder morgen dieses und jenes gesagt habe, und das so oder ähnlich nicht ganz oder überhaupt nicht eingetroffen ist? Wer straft mich, mit fühlbarem Leiden, merklich ab - eigentlich zur recht?

Sorry, wenn wir vom Thema abgekommen sind:

{Beim Geld sollte die Freundschaft anfangen}

 

BMVg-Haushalt 2005: halb voll

23. Juni 2004

Sperrfrist: Bitte nicht vor 10.00 Uhr lesen.

Heute wird das Bundeskabinett - wahrscheinlich ohne Peter Struck, dem wir viel gesundheitliche Besserung wünschen - auch den Entwurf des Verteidigungshaushaltes 2005 sowie die 38. Finanzplanung verabschieden.

Betrachtet man die die Ausgangslage vom 24. März 2004 (Schreiben Struck an Haushalts-Ausschuss) ergibt sich:

Als “Trostpflaster” gilt ein Unikum:

  • Aus der Scharping-Vorzeit stammte eine Zusage des BMF, dass das BMVg Verkäufe, wie z.B. Liegenschaften, einbehalten dürfe.
     
  • Irgendwann muss das BMF diese Vereinbarung kassiert haben, denn in dem bereits erwähnten Struck-Schreiben vom 24. März gesteht der Verteidigungsminister ein, dass das BMVg auf das Recht dieser Einkünfte in Höhe von 376 Mio. EUR in den vergangenen Jahren schlicht verzichtet hat.
     
  • Für den Haushalt 2005 gesteht der BMF dem BMVg nun “grosszügig” zu, dass er Verkäufe nun wieder behalten darf (für wie lange auch immer).
     
  • Wenn das BMVg, wie zu erwarten, mehr als 100 Mio. EUR für Verkäufe in 2005 erlöst, wird die magische 24 im Militär-Haushalt erreicht, die die Duftmarke des Ministers sein soll.

Wenn das BMVg also grob 250 Mio. EUR verliert, ist das für die finanziellen Rahmen-Forderungen der Struck-Reform nicht der GAU. Der ist aber anzunehmen, denn das Gesamtgebilde Bundeshaushalt 2005 erscheint zu fragil, als das man hoffen könnte, dass die magische 24 am Ende des Jahres 2005 als IST-Zahl tatsächlich erscheint.

Auf der derzeit in Bonn stattfindenden Tagung der “Deutschen Gesellschaft für Wehrtechnik” ( www.dwt-sgw.de ) haben wir gelernt, dass der BEA (Beauftragte für Erziehung und Ausbildung - der jährlich nur dem General-Inspekteur der Bw ungefiltert über den Zustand der Bw berichtet) eine Forderung des “repräsentativen” Soldaten kolportiert:
“Wir wollen Planungssicherheit”.
Dagegen wird ein Spruch des General-Inspekteurs Schneiderhan zitiert, der ungefähr lautet:
“Wer als Soldat Planungs-Sicherheit einfordert, sollte sich überlegen, ob er den richtigen Beruf ergriffen hat.”

Die Abwandlung dieser Geschichte lautet folgerichtig:
“Wer als General-Inspekteur (finanzielle) Planungssicherheit fordert, sollte ...”

Statt des Begriffes Planungssicherheit haben die Marketing-Spin-Doktors im Rückzug den der “Planungs-Wahrscheinlichkeit” kreiert. Damit wird allerdings auch die Finanzplanung in die emotionale Intelligenz hinabgezogen, die - hier kulturell bedingt - dann negativ ist.

{Wenn das Glas (optimistisch) nur halb voll ist, ist es nur halb voll}

 

EUROSATORY: Top/Up

17. Juni 2004

EUROSATORY heisst, alle 2 Jahre in einer grossen Halle sowie einem ausgedehnten Freigelände Land- und Land/Luft-Waffensysteme incl. “Kleinkram” nahe Paris betrachten und diskutieren zu können, in aller Regel bei höchst-sommerlichen Temperaturen. Die aus aller Welt anreisenden Aussteller müssen sich eine Woche quälen, wir haben drei Tage “Urlaub” verbracht (sorry wegen unseres “Tech-Absturzes” - unable to link Schlepp-Top).

Man kann weder aus seiner Haut noch aus seinem Kopf. So man dort generalisierendes Hin- und Her-Gewusel zwischen Top-Down und Buttom-Up versucht, beginnt berichtendes Gestottere:

  • Man kennt die aktuellen Lehnstuhl-Phrasen: Network ...., Transformation, Capabilities-based, weg vom Plattform-Denken etc. Angesichts der Exponate erinnert man sich aber, dass es darum geht,
    - auf Land, in Luft und Wasser (möglichst schnell) Bewegung aufzunehmen,
    - zu wissen wo wer ist (vor allem der böse tarnende Feind, verniedlichend auch Gegner genannt),
    - nicht nur eigene Feuerkraft aus allen Kalibern über endlose Reichweiten gegen alle denkbaren harten und weichen Ziele präzise zu verbringen, sondern sich auch vor den gegnerischen Spiegel-Kräften zu schützen,
    - zuletzt alles zusammen informatorisch “just in time” und nachhaltig zu führen.

Dieses vielleicht harmlos erscheinende Top-Down-Gebilde verformt sich bei seiner Umsetzung bis zum “Boden” in eine Hybris von kompliziertester Hoch-Technologie, die tonnen- und notenschwer ist; der Boden der herkömmlichen Gesetze kann nicht verlassen werden.

Mit diesem Raster im Hirn (vereinfacht: Schutz - Feuerkraft - Beweglichkeit) haben uns einige Messe-Stücke besonders angerührt:

  • Die Gäste von der norwegischen KONGSBERG verfrachten zwei “Low Cost Precision Guided Rockets” auf ein Dreichachs-ATV (All-Terrain-Vehicle, allgemein als 4-Reifen-Motorad, Quad, bekannt).
     
  • Zum defizilen Punkt “Feind sehen” für den Häuserkämpfer bietet die deutsche DIEHL ein von einem einfachen Granat-Gewehr zu verschiessendes 40-mm-Gefährt, dass nach Verschuss in ca. 100 m Höhe eine Kamera am Fallschirm zu Boden gleiten lässt, deren Foto dem Soldaten die Feindlage um die Ecke auf seinen Handheld-PDA funkt. Muss der Soldat erst Aufklärung anfordern, wird gegen die “just in time”-Forderung verstossen (soldatisch drastisch: “quick and dirty”). Die nicht zu vernachlässigende EUR-Frage pendelt derzeit um 700.
     
  • Bei den nächst-höheren Aufklärungsmitteln, den kleinen Drohnen, spriesst eine Modellbauer-Vielfalt erster Güte. Aber man sieht auch: Die Gefährte und die aufzuhängenden Aufklärungs-Pötte werden richtig teuer. Man fliegt z.B. 500 m weit, 15 Minuten lang.
     
  • Wenn es speziell wird, hilft der Lausch-Angriff auf die wirklichen Experten. Beim Blick auf die neue 35-mm-Kanone von RHEINMETALL, auf Rad-Panzer montiert, hört man das Geraune über die gummierten Rückstoss-Bocksprünge und ahnt, dass man dazu nur ein ordentliches Ketten-Fahrzeug wie den PUMA gebrauchen kann; die Endlos-Schleife des Rad-Kette-Gefechts.
     
  • Als Anhänger von Billig-Lösungen haben wir uns die zivile “Auto-Dach”-Antenne der französischen OPENSAT angeschaut. Es ist Teil unseres Traums: IPv6 - Klein-PC - Satelliten-Empfang: Daten-Kommunikation incl. VoIP. Leider kostet die 2-MB/Down-Uplink-Schüssel auch 39.000 EUR.

Dass dann die Rückkehr auf den Top-Down-Hügel lehrreich ist, zeigt der Blick auf die erste Seite des Manuskriptes der Eröffnungsrede der französischen Verteidigungsministerin Alliot-Marie:

  • My ambition for France is a powerful and competitive industry, which must be capable of setting up strong European partnerships. It is the requirement for the emergence of a genuine European military industry and for our strategic autonomy. France’s political influence on the international stage is also related to them.”

Bei solchen Kanzel-Worten freut man sich als Deutscher, dass man (an einem amerikanischen Stand) ein kleines Notiz-Buch (“Rite in the Rain”) geschenkt bekommen hat: Auf diesem Papier kann man unter Wasser schreiben - und bleiben.

{Ride in the rain - quick and dirty}

 

Nix: einfach?

11. Juni 2004

Am liebsten hätten wir für heute eine Null-Meldung fabriziert. Aber gleichzeitig haben wir uns dann gedacht, dass man das auch genauso einfach machen kann:

  • Auf dem G-8-Gipfel haben die Herrschaften beschlossen, eine 75.000 starke Truppe zu finanzieren und zu trainieren, die weltweit ab 2010 “Peace-support-Operations” durchführen kann, speziell solche, die von den U.N. in “Sub-Saharan Africa” geleitet wird. Wird sich 2010 je jemand erinnern, dass die G-8 das Ding 2004 beschlossen hat?
     
  • Die G-8 hat sich auch zum israelisch-palästinensischen Konflikt geäussert. Ob die mitlesenden arabischen Augen den Text so unparteilich finden, kann vorab schon gar nicht angenommen werden.
     
  • Die OECD ( www.oecd.org ) hat einen Landwirtschafts-Bericht rausgehauen, der sich bis 2013 hinzieht. Wer den “erweiterten sicherheitspolitischen Begriff” so propagiert, wird das Ding auch gelesen haben müssen (Admiral a. D. Wellershoff z.B. oder HWZ).
     
  • Die “New York Times”, hier Christopher Marquis, berichtet, dass das amerikanische Parlament (House) jegliche Rüstungskooperation, sogar mit den allerbesten britischen und australischen Freunden, rabiat ablehnt. Wenn sich diese Linie verfestigt, müssten weltweit ausserhalb der U.S.A. strategische Entscheidungen fallen, die von enormer Reichweite sind (ganz praktisch: forget MEADS immediately, JSF and so on).
     
  • Wiederum die www.nytimes.com hat mit Warren Hoge zuerst über den U.N.-Security-Council-Report durch UNMOVIC berichtet:
    http://ods-dds-ny.un.org/doc/UNDOC/GEN/N04/368/92/PDF/N0436892.pdf?OpenElemen t
    Immerhin: Heutzutage findet man auf niederländischen Schrottplätzen 5 - 12 (!) Raketen-Triebwerke der Scud-Typologie, abgesehen von allen sonstigen Scherzen des U.N.-Berichts.

Wenn derweil - angesichts der Lage - liebe Kameraden wieder einfache Lösungen für die “mess” haben: Gratulation.

{Ein einfacher Tag  ist kein einziger}

 

Ronald Reagan: eindenken

10. Juni 2004

Wer etwa gegen 2 Uhr nachts den Beginn (!) der Trauer-Feierlichkeiten zu Reagans Ableben via CNN, n-tv und BBC nachverfolgt hat, wird reichlich Zeit für Stoffsammlungen gehabt haben.

Ganz einfach ist die imperiale Erklärung: Die Feier war nichts anderes als eine der grandiosesten Hollywood-Inszenierungen des derzeitigen “Roms”. Allerdings ist der deutsche TV-Aufwand bei europäischen “Königs”-Events wesentlich höher. So haben die Amis ihr Reagan-Begräbnis und die EU-Heros ihre Königshäuser-Hochzeiten; alles auf atemberaubende Perfektion hin inszeniert

Wenn man sich selbst befragt, welche Assoziationen Ronald Reagan auslöst, ist das natürlich sehr persönlich:

  • Man merkt, wie sehr man SPIEGEL-Titel-Bild-geprägt ist: “Ronnie-Rakete” war eben nur ein abgehalfterter B-Schauspieler, ein dummer Schiess-Prügel, in Western-Schwarzweiss dazu.
     
  • Die “Star-Wars”-Geschichte wird wahrscheinlich für ewig zu den Geheimnissen geschichtlicher Zick-Zacks gehören.
     
  • Wenn man aber die in die Reagan-Aera fallende Geschichtswende eindenkt, wird die bombastische Totenrede allerdings relativiert. Sind sich die redenden Akteure wirklich darüber im klaren, was sie im Spektrum von Über-Irdischem über ihren Erwählten berichten?

Es muss Zeiten gegeben haben, in denen die Deutschen einen unglaublichen Hang zu geschichts-philosphischen Betrachtungen gehabt haben. Es kann doch nicht sein, dass der deutsche Geist nur dann dazu fähig ist, wenn die Nazi-Flagge flattert. Oder andersherum: Können die Deutschen ihr Verhältnis zu den Werten finden, die eine demokratische Gesellschaft in der wirklichen Aussen-Welt ausmachen?

{www.tellmewereihavetogo.com}

 

Ölkrieg: Clausewitzbold

9. Juni 2004

Um die politische Bedeutung der gerade einstimmig verabschiedeten Resolution des U.N.-Sicherheits-Rates
http://www.iraq.net/displayarticle4125.html
zur Irak-Transition gerecht einzuordnen, müsste man wahrscheinlich ein mittel-prächtiges Loblied anstimmen; aber bitte nicht über die Bush-Strategie, denn das wäre in Europa nicht politisch korrekt.

Man sollte aber der Leichen und Schwer-Verwundeten des journalistischen Krieges gedenken, die im Laufe der vergangenen (fast) zwei Jahre gefallen, bzw. noch immer unter ihren Verwundungen leiden.

Die meisten der Opfer liegen in der schmierigen Öllache, die ihnen die Star-Journalisten der bekannten “Intelligenz-Community” bereitet haben:

  • Mit clausewitzianischem Augenzwinkern haben die Herrschaften börsianisch die Analysten-”Weisheit” verbreitet, dass die dollar-geilen Halliburtons der Bush-Administration mit ihrem Krieg nur die wahnwitzigen Öl-Vorkommen des Irak in  ihre teuflischen Imperialismus-Klauen bekommen wollen.

Nach Lage der Dinge deutet nun aber überhaupt nichts daraufhin, dass an dieser Öl-Mär auch nur ein Funken von Wahrheit ist (was man - un-quoten-geil - auch vorher hätte wissen können).

Es wäre unmenschlich, von den karl-may-ischen Ölprinzen ein Eingeständnis zu verlangen. Wieviel Mühe muss man sich denn tagtäglich geben, seine eigenen Fehler zu vertuscheln? Ein echter Clausewitzbold weiss Rat: die Vorwärts-Strategie lautet:

  • Wenn wir schmierigen Öl-Strategen nicht mit Nachdruck auf die hässliche Ami-Strategie verwiesen hätten, dann wäre diesen Mistkerlen am Ende ihr Coup noch gelungen! Durch unsere Helden-Schreiben haben wir die heimlichen Pläne der Bösewichte vereitelt!

Man könnte meinen, dass es eine ausser-irdisch gerichtete Konzertierung gibt, nach der sich am Ende alle Streithähne ermattet in ihr dumpfes Schicksal ergeben; man kann sich nur noch nach wirklicher Erleuchtung sehnen.

{Für lichte Momente reichen herkömmliche Energien nicht}

 

Terrorismus: auch haben

7. Juni 2004

Für diejenigen, die mit interkulturellem Dialog das Problem des aktuellen Terrorismus in den Griff bekommen wollen, fällt viel Lesestoff an.

Aufgrund der Terror-Anschläge im Mai 2004 (Riyad, gegen Saudis; Khobar, gegen Ausländer) haben sich die “Washington Post” und die “New York Times” mit der Situation beschäftigt:

http://www.washingtonpost.com/wp-dyn/articles/A17037-2004Jun4.html

http://www.nytimes.com/2004/06/06/weekinreview/06macf.html?pagewanted=all&position=

Wenn Mona Eltahawy in der “Post” berichtet, dass in Saudi-Arabien eine Fatwa gegen das Verschenken von Blumen bei Krankenhaus-Besuchen ausgesprochen ist, kann man vielleicht noch lächeln. Weniger lustig berichtet Neil MacFarquhar in der NYT, dass auf einer saudiarabischen Website eine Fatwa erklärt, wann man den Körper eines Ungläubigen schänden darf. Nach Lektüre der Artikel dürfte bei dem noch virtuellen Wettrennen, welches islamische Land freie Heimstatt für Gesinnungsgenossen des Islam-Verständnisses von Bin Laden bietet, Saudi-Arabien wieder zum Hit werden. Tröstlich ist, dass wir Deutschen das diesbezüglich begründete Ölpreis-Problem mit der 130-km/h-Debatte niederkartätschen werden - oder mit quoten-anbiedernden Schlagzeilen in der “Wut”-Presse.

Wer zu den Wurzeln des Problems vorstossen will, wird sich überwinden müssen: Shmuel Bar, ein Jude also, Wissenschaftler am “Institute for Policy and Strategy” des “Interdisciplinary Center Herzliya” in Israel, obendrein noch “Veteran” des israelischen Geheimdienstes, hat über die “Religiösen Quellen des islamischen Terrorismus” geschrieben:
http://www.policyreview.org/jun04/bar.html

Ein Gedanke ist uns während der Lektüre immer wieder gekommen: Ein “Wessi”, der mit dem in unseren Kulturbreiten vereinzelt vorkommenden christlichen Glauben wenig oder so recht gar nichts anfangen kann, wird die Dominanz der Religion in der muslimischen (Politik-) Welt noch nicht einmal erahnen. Weil man auch noch mit dem amerikanischen “Glaubens-Phänomen” konfrontiert ist, kann man sich nur noch in eine christiansische Diskussions-Kultur flüchten.

Getröstet hat uns U.S. Navy Commander James Pelkovsky, der mit seinem Artikel “Defeat al Qaeda at the Waterfront” in der Juni-2004-Ausgabe des U.S. Naval Institute-Organs “Proceedings” die Fährte zu einem aktuellen Militär-Handbuch von Al-Qaida gelegt hat, welches mühsam ausgedruckt werden muss:
http://www.thesmokinggun.com/archive/jihadmanual.html

Sorry, aber folgen Sie unseren Empfehlungen bitte lieber nicht:

  • Irgendwelche Schlaumeier haben empfohlen, nur den “erweiterten Sicherheitsbegriff” im Auge zu haben: Mit Goethe werden wir die Wahhabiten schlagen - oder mit Heidemarie WZ!
     
  • Bringen Sie in einer - wenn es geht - weltweiten Konferenz die Top-Down-Lehnstuhl-Strategen doch endlich mit diesen verdammten  Bottom-Up-Fliegenbeinzählern zusammen - den Eichels!
     
  • Es reicht heutzutage nicht mehr, Geld zu verdienen, die Welt zu retten und dabei auch noch Spass zu haben! Ein echter Narziss will sich auch noch von der (imaginären oder nicht) Jenseits-Plattform im geschichtlichen (?!) Spiegel eiteln.

Very sorry: Wir wollen das alles: “auch haben”

{“Auch haben” ist nur dieser unschuldige Kindheitstraum}

 

SWP: Netz-gefangen

4. Juni 2004

Schon im Dezember 2003 hat Sascha Lange, Technik-Freak der ehrwürdigen “Stiftung Wissenschaft und Politik ( www.swp-berlin.org ), seine 30-seitige Studie
“Netzwerk-basierte Operationsführung (NBO) - Streitkräfte-Transformation im Informationszeitalter” fertiggestellt; in absehbarer Zeit wird sie als Druck-Exemplar auf Tische stapeln.

Im Mittel-Teil ist die Studie ein Führer durch das von einer unendlichen Anzahl von Abkürzungen gekennzeichnetem Feld sachlicher Einzel- und Richtigkeiten, die unter den “Phrasen” von “Network-centric Warfare” und Transformation jedem Clausewitz von den Lippen gehen müssten.

Da zu befürchten steht, dass die (wenigen) Leser der Studie nur den Abschnitt “Problemstellung und Empfehlungen” sowie das “Fazit” (insg. gut 3 Seiten) schaffen, muss das zunächst abgehandelt werden:

  • Im markanten Unterschied zu uns (geschwind alternde Götz-von-Berlichingen-Fraktion) hat Sascha Lange wenigestens noch den jugendlichen Mut, den Bw-Forderungs-Katalog an die politische Führung so einzuleiten (S.6):
    “Damit die Bundesrepublik Deutschland bei multinationalen, hochintensiven militärischen Operationen nicht zusehends an Bündnisfähigkeit verliert und an Effizienz gewinnt (sic!), werden folgende Massnahmen empfohlen:
    - In der mittel- und langfristigen Planung der Bundeswehr muss die Politik dem NBO-Konzept Priorität einräumen ...
    - “Durch die Schaffung relevanter Streitkräfte-Fähigkeiten würde das politische Einflusspotential der Bundesrepublik über die bloße Kooperationsfähigkeit hinaus gestärkt. Deutschland könnte zu einem (auch militärisch) bedeutenden, im europäischen Rahmen führenden (sic!) potentiellen Kooperationspartner werden.”

    Im Fazit (S. 28) heisst es ähnlich:
    “Die Bundeswehr muß sich den internationalen Entwicklungen wenigstens anpassen, will sie überhaupt koalitionsfähig bleiben. Falls die Bundeswehr bei Entwicklung und Umsetzung der NBO zu einem bedeutenden Akteur würde, könnte Deutschland auf politischer Ebene international Ressourcen anbieten. Frankreich und Großbritannien versuchen dies zumindest.”

An diesen Formulierungen lässt sich phäno-typisch der Gegen-Entwurf zur Plakat-Empfehlung der europa-wahlkämpfenden SPD (Europa = Friedensmacht - im deutschen Interesse) ausmachen. Aber noch weitergehend: Sascha Lange will sich in der militärischen “Globalisierung” nicht nur behaupten, sondern (mit)führen. Damit eröffnet sich auf dem militärischen Sektor genau die gleiche Diskrepanz zwischen “Modernisierern” und Beharrern”.

U.E. eröffnet sich dem Leser auf Seite 18 ein Abschnitt, der dem vertieften, konzeptionellen Denken absolut förderlich ist, der das wirkliche Sahne-Häuptchen der Lange-Arbeit ist:

  • “In der aktuellen und künftigen Kampfführung herrscht kein Mangel an Waffeneffekten, sondern an identifizierten Zielen (Hervorheb. Verf.). Die Gewinnung von Informationen durch eine rasche Aufbereitung der ständig wachsenden Mengen an interpretationsbedürftigen Sensordaten und ihre optimale Zusammenführung (Datenfusion) und Darstellung in Lagebildern sind ebenso wie deren geeignete Weiterverbreitung die grösste Herausforderung für Entwickler.”

Mit anderen (unseren) Worten:

  • Während auf der makro-militärischen Ebene das europäische Militär den amerikanischen Fähigkeiten nachzuhecheln versucht, zeigt sich auf der (sorry: “zukunftsträchtigeren”) mikro-militärischen Ebene, dass sich seit “Black Hawk Down” fast (?) nichts geändert hat.

Man sollte sich bewusst sein, durch welche Ebenen von “sicherheits-politischem” Top-Down und militärischem Bottom-Up man gerade gerauscht ist. Genau in dieser Oszillation ist die Frage zu stellen, ob die deutsche Politik “willens und in der Lage (Ressourcen) ist”, gegebenenfallls einen Blutzoll im GWOT (Global War on Terrorism) fernab zu entrichten, der die Macht kosten kann. Nach dem strategisch-leitenden Grundsatz, dass Politik letztlich nur Innenpolitk ist, muss man nicht gespannt sein. Und wer tritt gern zurück?

{So sorry: Keine Rezepte}

 

UNSC: heiliger Gral?

3. Juni 2004

Welchen segensreichen Einfluss die U.N. auf die Entwicklung im Irak einnehmen, demonstriert nach www.spiegel.de gerade der U.N.-Sondergesandte für den Irak, Lakhdar Brahimi. Gegenüber der Presse in Bagdad soll er den U.S.-Zivilverwalter Paul Bremer als “Diktator des Irak” betitelt haben; er sei dies auch nach Ernennung der neuen irakischen Übergangsregierung. Ausserdem seien auch “nicht alle Iraker mit der neuen Interimsregierung zufrieden” (wir verzichten auf den Hinweis auf internationale Presse-Artikel, die Herrn Brahimi einer wesentlichen härteren und grundsätzlicheren Kritik unterziehen).

In Sachen Irak-Resulution des U.N.-Sicherheitsrates (UNSC) scheinen sich die üblichen Verdächtigen auch eher darauf zu kaprizieren, einer souveränen irakischen Regierung zum Zeitpunkt des Jahreswechsels 2005/6 verbindlich vorschreiben zu wollen, dass sie die “Besatzer” unter allen Umständen aus dem Land zu verweisen hat.

In dem Gewusel der Bericht-Erstattung zeigt sich, dass das Lesen der UNSC-Entwürfe von Vorteil ist:

  • Der erste Entwurf vom 23. Mai 04 sah in Ziffer 6 schon vor, dass die irakische Übergangsregierung (jederzeit) die Stationierung der “Multinational Force” einer “Review” unterziehen kann, sprich: hinauswerfen
    (1. Entwurfs-Text siehe:
    http://www.casi.org.uk/info/scriraq.html ).
     
  • Nach Ziffer 10 des zweiten UNSC-Entwurfs vom 1. Juni 04 ende das “Multinational-Force”-Mandat mit der Komplettierung des politischen Prozesses, wie er in Ziff. 3 des (2.) Entwurfs beschrieben sei. Dummerweise geht aus der Ziff. 3 des Entwurfs gar nicht hervor, wann das der Fall ist. Angegeben ist nur der 31. Januar 2005, zu dem die Verfassunggebende Versammlung gewählt werden soll, die wiederum eine Übergangs-Regierung bestimmen soll (man hat doch noch die vom 30.6.04??), eine Verfassung schreiben und damit zu einer verfassungsgemäss gewählten Regierung führen soll; wohlgemerkt: alles ohne Zeit-Daten!
    (2. UNSC-Entwurf:
    http://news.bbc.co.uk/1/hi/world/middle_east/3768769.stm ).

Für heute wird vermeldet: “Besatzer planen Abzug für Ende 2005” (spiegel.de). Natürlich ist das eine unilaterale Absichts-Erklärung der USA ohne jede völkerrechtlich bindende Wirkung. Dies und der zweite UNSC-Entwurf scheint dem französischen Staatspräsidenten incl. deutscher Unterstützung nicht zu reichen.

Sind die U.N. dieser heilige Gral friedenssichernder Endzeit-Beglückung, wie es in den Köpfen nicht weniger Zeitgenossen wabert? Wo die Bestechungs-Affäre in Sachen Oil-for-Food-Programm, das Ruanda-Trauma und die aktuell drohende Wiederholung in der (8)Hundertausend-Toten-Klasse im Sudan ansteht? Möchte Jacques Chirac der jetzt schon im Amt befindlichen, als souverän anerkannten, irakischen Regierung via UNSC-Beschluss vorschreiben, wann sie die “Besatzer” zu verjagen hat?

Aufregung tut nur in einem Falle not: Wenn das UNSC nicht zeitgerecht zu Potte kommt, könnte aus dem beliebten Bush-Bashing ein U.N.-Bashing werden: Natürlich nicht von den Träumern oder UNSC-Sitz-geilen Deutschen.

{Der Quoten-K(r)ampf ist alltäglich: Murmeltier-Tag}

 

Irak-Regierung: Start

2. Juni 2004

Es kommt wirklich nicht darauf an, welches Geschrei die Bild-Medien zu irgendeinem blutigen Event veranstalten und was die Alt-Herren-Riege der politisierten Experten dazu brabbelt. Gestern hat der Countdown zu der Frage begonnen, ob es die Iraker für die nächsten Jahrzehnte selbst schaffen, eine Nation zu werden, die vor den Augen des ALLMÄCHTIGEN (der wohlgemerkt seine gesamte Schöpfung liebt) Bestand haben kann.

Dass sich die führenden Politiker des Iraks vor dem 30. Juni 2004 auf die neue Regierung geeinigt haben, ist positives Zeichen genug. Aus der auf www.iraq.net von der Nachrichten-Agentur AP (1.6.04) übernommenen Liste zitieren wir die folgenden Daten (Auszug):

  • Präsident (repräsentative Funktion): Al-Yawer (prominenter Sunni),
  • Vize-Präsident: Al-Jaafari, Führer der schiitischen Dawa Islamic Party,
  • Vizepräsident Shaways: Mitglied der Kurdistan Democratic Party,
  • Premier-Minister Allawi: Schiite,
  • stellvertretender Premier-Minister Saleh, auch zuständig für nationale Sicherheit: Führer der Patriotic Union of Kurdistan,
  • Aussenminister Zebari: Ex-Guerrilla-Kämpfer der Kurden,
  • Innenminister Hassan: Sohn des unter S. Hussein geflohenen, stellvertretenden Generalstabs-Chefs,
  • Finanzminister Abdel-Mahdi: französisch erzogenener Schiite,
  • Justiz-Minister Al-Hassan: politischer Gefangener unter S.H. und Kulturminister Mitte der 60iger Jahre,
  • Öl-Minister Ghadbhan: seit Monaten verantwortlich für diesen Bereich.

Man wird sehen, wie sich diese Regierung angesichts ihrer Aufgabe aufstellt, die unter einer wohlverstandenen staats-, national-politischen oder muslimisch-theokratischen Idee immer auf das gleiche hinausläuft: sie hat den Menschen zu dienen - nicht umgekehrt.

{Schmeichelt wirkliches Dienen eigentlich dem eigenen Narzissmus?}

 

AI: Krieg den U.S.A.

28. Mai 2004

Wir haben es zunächst aus zweiter (empörter) Hand gehört, dann auf amnesty.usa.org gesucht und zuletzt in der Titel-Unter-Zeile bei Britta Meyer, ZEIT.de (23/2004): “Verlust der moralischen Orientierung” gefunden (dort allerdings auch ohne diesbezüglichen Zitat-Verweis):

  • “Für Amnesty International ist der von den USA angeführte Krieg gegen den Terror der schlimmste Angriff auf die Grundrechte seit 50 Jahren.”

Gerade weil Amnesty International zu recht ein hohes Prestige weltweit geniesst, müsste dieses vernichtende AI-Urteil eigentlich Gewicht haben, vor allem für AI selbst.

Die Forderung an die United Nations, die NATO und alle anderen mächtigen Organisationen sowie alle “self-empowered individuals” kann deshalb nur lauten, den U.S.A. den Krieg zu erklären. Die Weltgemeinschaft darf doch nicht, z.B. nach 2 Mio. Toten unter Pol Pot oder knapp 1 Mio. Toten nach dem Hutu-Massaker an den Tutsi in Ruanda, dem Top-Leader in dieser Holocaust-Liste erlauben, ungeschoren davon zukommen.

Ein Rückblick auf die furchtbarsten Menschenrechts-Verbrechen zeigt sehr schnell:

  • Weit über die “Peanuts”-Toten von Hutus oder Pol Pot müssten die zionistisch-gesteuerten Amis für die Hunderte Millionen Toten des vergangenen Jahrhunderts sowieso auch verantwortlich sein. Und die Forschungen, ob die Amis für die Abscheulichkeiten des 30-jährigen Krieges in Deutschland verantwortlich waren, sind keinesfalls abgeschlossen!

Das Leben ist so herrlich: Man kann den unglaublichsten Schwachsinn (wie wir gerade) absondern, und wird nicht erschossen, sitzt nicht in Guantanamo oder Abu Ghrahib ein, sondern bekommt Beifall auf internationaler Bühne.

Allzu traurig ist, dass die versammelte Schar der hochgeistig Bemittelten selbst gar nicht merkt, dass sie einen narzistischen Macht-Anspruch hat, der mindestens auf dem Level des amerikanischen Präsidenten dümpelt, allerdings (nach den selbstgesetzten Regeln) nicht legal legitimiert ist.

{“... denn sie wissen nicht, was sie tun” - “Schöne neue Welt”}

 

EU-RüstungsIndustrie: RAND-genäht

27. Mai 2004

In den Vorstands-Etagen von EADS, BAE Systems, Thales und Finmeccanica werden die Strategie-Analysten Überstunden schieben: Die “Mutter aller Denk-Panzer”, die amerikanische  RAND-Corporation, hat zur Zukunft der europäischen Rüstungsindustrie eine 188-seitige Studie veröffentlicht, die sie im Auftrag des “Office of the Secretary of Defense” geschrieben hat:
Katia Vlachos-Dengler, Off Track? The Future of the European Defense Industry:
http://www.rand.org/publications/MG/MG144/

Zu befürchten ist, dass die Studie an den entscheidenden Politbüros vorbeigehen wird. Treffend finden wir den Katia-Satz aus der Summary (S. xiii):

  • “Perversely, in their desire to protect a national defense industrial and employment base, European governments may be thwarting the entire continent’s defense industry.”

Die Fragestellung wirft leider ganz erhebliche Probleme der analytischen Herangehensweise auf:

  • Ob “grosser” oder “kleiner” Europäer: Man ist doch letztlich euro-skeptisch und vor allem auf nationale Vorteilsnahme bedacht;
     
  • Wenn man, z.B. als Engländer,
    - aus bitterer Erfahrung die “special relationship” zu den USA pflegt,
    - einen Rüstungs-Etat, die BAE Systems und Rüstungs-Forschung betreibt, hinter deren Grössenordnungen sich Deutschland und Frankreich verstecken können;
    - z.B. als Franzose,
    - sich seit Jahrhunderten als die intelligent-subtilste Workforce der Aussenpolitik sonnt,
    - eher den nationalen Freitod wählt als eine irgendwie geartete “Einreihung”,
    - als Englänger, Franzose oder Italiener auf die mikrigen deutschen Beiträge schaut (gleichzeitig aber vor dem Input-Output erschauert),
    wird man nicht im Traum auf die Idee kommen, in (deutsch und naiv - vorgespiegelte?) idealistische Gemeinsamkeits-Duseleien zu verfallen, die jenseits von “Augenhöhe” und “Workshare” angesiedelt sind.
     
  • Mit anderen Worten: Wer die Relationen (unser neues Lieblings-Tool) kennt, wird doch vor 12 Uhr mittags nicht die Hände heben wollen; bis zur finalen Dämmerung ist noch so viel Zeit.
     
  • Sind denn solche Raptoren wie Globalisierung und Marktgesetze so blitzgefährlich, dass der olive Jurassic-Parc kein Happy-End verspricht?

So sorry, wenn wir uns wieder vergaloppiert haben; so sind die Western-Fans halt.

{Wo - und welche - Dots sind (bitteschön) zu verknüpfen?}

 

U.S.-Militär-Strategie: FSD

26. Mai 2004

Netzwerk-Freund Olivier hat uns (herzlichen Dank!) ein 23-seitiges Pdf. geschickt, welches noch nicht einmal in den Weiten der Mil.-Suchmaschinen zu finden ist:

Noch komplizierter ist, dass die “National Defense Strategy of the United States” des U.S.-Verteidigungsministers (2004 NDS), die die NMS implementieren will (S. IV), auf defenselink.mil und in den Mil-Suchmaschinen auch nicht zu finden ist (weiss darüber jemand etwas?).

Wie dem auch sei: Wer sich durch den Wunsch-Katalog der NMS lesen mag, ist selbst schuld. Eigentlich reicht die Aufnahme einer neuen Abkürzung: FSD:

  • “The goal is Full Spectrum Dominance - the ability to control any situation or defeat any adversary across the range of military operations.”

Lesenswert wären auf jeden Fall die Anlage A (“assessment of risk and mitigation options”) und Annex B (“detailed regional assessment and includes projected allied and partner contributions to achieving the objectives of the NMS”). Diese zwei Annexe (S. 20) sind dem Dokument, aus verständlichen Gründen, leider nicht angehängt.

Bei der Aufzählung aller “frommen Wünsche” der NMS ist auch von “Decision Superiority” die Rede. Bei der Darstellung (S. 17 f.) ist hinreichend Wert auf technisches gelegt worden. Wenigstens in diesem Kapitel hätte man aber einiges zum Thema “Führung” fordern können. Um welche Ebene oder Bereich es auch immer geht: Führungs”kunst” ist der eigentliche “Force-Multiplier”, der in keiner konzeptionellen Darstellung in die Ebene von Ressourcen eingemengt werden darf, sondern immer als Kategorie “sui generis” behandelt werden sollte.

Wenn im U.S.-Generalstab Führung stattfinden würde, wäre dieses krude NMS-Marketing-Papier nicht entstanden.

{Sind Generale Weihnachtsmänner?}

 

U.S.-Präsident Bush: Wind

25. Mai 2004

Wer immer die Bush-Rede nachlesen will, die derzeit diskutiert wird, kann keine Schwierigkeiten haben, seine Meinung dazu zu finden:
http://www.whitehouse.gov/news/releases/2004/05/print/20040524-10.html

Man sollte ja auch nicht unbedingt mit dem Anspruch antreten, von Deutschland aus die amerikanische Präsidenten-Wahl entscheiden zu wollen. Phantastisch wird die Beobachtung des Wechsel-Spiels von Strategie und Taktik sein, dass sich aus dem Countdown ergibt; 37 Tage sind es noch bis zur Übernahme der Regierungsgewalt durch eine weitgehendst souveräne irakische Regierung:

  • Bedeutend ist, dass der U.N.-Sondergesandte Lakhdar Brahimi die Aufgabe hat, die Namen des neuen irakischen Präsidenten, seiner zwei Stellvertreter, des Premierministers und der 26 Minister zu finden;
     
  • Der U.N.-Sicherheitsrat wird mit seiner Kompetenz zu beweisen haben, ob er lieber auch im U.S.-Wahlkampf mitmischen möchte oder den Irakern helfen will;
     
  • Erst im November wird sich entscheiden, ob die USA als sicherheitspolitischer Faktor für die Welt-Ordnung in der speziellen Wahrnehmung (Regierungen und Terroristen) bestehen oder nicht. Im Somalia des Jahres 1993 ging ein “Black Hawk down”; in sechs Monaten könnte der weisse See-Adler des U.S.-Wappens abfliegen.

So martialisch die Szenare auch erscheinen: Der Mantel der Geschichte scheint zu flattern wie er will.

{Der Wind ist ein himmlisches Kind}

 

Menschenrechte: Puzzle

18. Mai 2004

Nachdem die Welt wochenlang diskutiert hat, was die U.S.-Regierung in Sachen Abu Ghraib gegen die Menschenrechte zu verantworten hat, könnte man nun im Regierungsdokument “Supporting Human Rights and Democracy: The U. S. Record 2003 - 2004” nachlesen, was die Bush-Administration (nach Selbst-Einschätzung) weltweit für die Menschenrechte getan hat:
http://www.state.gov/g/drl/rls/shrd/2003/

Schön, wenn man einen Überblick hätte, welche Medien weltweit über das Erscheinen (geschweige denn über die Inhalte) berichtet haben. Wer wird wenigstens Teile des Berichtes lesen? Oder sich gar dadurch überzeugen lassen, dass die US-Regierung doch schon ein wenig für die Demokratie mit den Mitteln einer Zivilmacht kämpft? Die Chancen stehen vermutlich schlecht bis sehr schlecht.

Es könnte aber auch sein, dass es auf Meinungsbilder in Staaten oder weltweit, die ja in der Regel auf die Gegenwart bezogen sind, gar nicht so sehr ankommt. Langsamer als eine Schnecke zieht sich die Geschichte hin, und übermorgen ist die Meinung von vorgestern nur noch Einzelteil eines 1000er-Puzzles.

{Gesichtspunkte sind manchmal nur Sommersprossen}

 

Deutsche Marine: Brunnen

17. Mai 2004

Aus alter Zuneigung zum sicherheitspolitischen Denk-Panzer “Stiftung Wissenschaft und Politik” können wir nicht unberührt sein, wenn uns die Studie “Die Zukunft der Deutschen Marine” (S 17, Mai 2004, Berlin, 30 S.) vor den Augen schwimmt. Autor Thomas Papenroth ist Fregatten-Kapitän, zeitweise zur SWP abgeordnet; nach Lektüre des Papiers sieht man bestätigt, dass die Marine bezüglich ihrer Rüstungs-Begründung immer glänzend navigiert hat.

Ausserdem kann man nicht erwarten, dass sich ein aufstrebender Marine-Offizier seine ersehnten zukünftigen Kolbenringe durch Friendly Fire zerschiesst. Obwohl FK Papenroth alle Faktoren (vor allem Geld) erwähnt, die ein uneingeschränktes Flattern der Seekriegs-Flagge verhindern, fordert er Systeme, die längst abgesoffen sind:

  • Eine “seegestützte Combined-Joint-Taskforce-Headquarter-Plattform (CJTF-HQ)”
    (UHUs erinnern sich noch an die MS “Naumann”);
     
  • Zurecht erscheint die Frage nach der Beschuss-Festigkeit des “strategischen gewerblichen Seetransports”. Obwohl die militärische Seetransport-Fähre ETRUS mangels Finanzen bereits untergegangen ist, heisst es:
    “Eine militärische Seetransportkomponente mit begrenzter Führungsfähigkeit ist in jedem Fall für das künftige Aufgabenspektrum der Bundeswehr unerlässlich.”
    (Papenroth will sie allerdings von Bündnispartnern abzweigen);
     
  • Vorsichtig wird eine “amphibische Komponente” für die “nationale Aufgabe von Rettung und Evakuierung deutscher Bürger” gefordert;
     
  • Für die zukünftige Fregatte F 124 ist nicht nur der Einbau von weitreichenden Marschflugkörpern angesagt, sondern auch der Einbau der 155mm-Kanone der Panzer-Haubitze PzH 2000 für den Landziel-Beschuss für 40 km +. Diesbezüglich verwirrt die Definition von Randmeer-Kriegführung (littoral warfare), die der Autor selbst gibt: 100 Seemeilen seewärts und (“derzeit”) 10 Seemeilen landeinwärts.
     
  • Die unerwähnte Marine-Drohne SEAMOS, ebenfalls abgeschossen, wird ersetzt durch eine unerfüllbare Forderung:
    “Unbemannte Systeme sollten gleichermassen von Bord und von Land aus einsetzbar sein.”
     
  • Tricky verfährt Papenroth mit dem versenkten Flugkörper-Projekt Polyphem, denn er erwähnt es nur als landzielbekämpfendes System. Diese lichtwellen-gesteuerte Rakete war aber gerade für U-Boote das Angebot für die Hubschrauber-Bekämpfung, die dringend gefordert wird:
    “Für die Durchhaltefähigkeit von U-Booten wird allerdings eine Hubschrauberabwehr-Komponente erforderlich, da der U-Jagd Hubschrauber noch immer die grösste Bedrohung für U-Boote darstellt.”
     
  • Folgendes ist allerdings schon Komik:
    “Ein Jagdbomber, der zu Operationen vom Flugzeugträger befähigt ist, wäre für die Bundeswehr eine Neuerung, die den sicherheitspolitischen Herausforderungen entspräche. Im Verbund künftiger integrierter europäischer maritimer Streitkräfte könnten deutsche Jagdbomber von Flugzeugträgern anderer europäischer Nationen aus operieren.”
    Über so etwas freuen sich höchstens die Orderbook-Schreiber der EADS. Die Techniker des Konzerns werden ob der entsprechenden Technik-Anpassung von EuroFighter oder gar Tornado vermutlich den Freitod wählen.
     
  • Dass die Fregatte F-124 mit der “Standard Missile 3” zur Abwehr ballistischer Flugkörper von See aus eingerüstet wird, versteht sich von selbst. Da das Heer von Land aus mit MEADS schiesst, wird die Luftwaffe sich beeilen müssen, ihr Rüstungsprojekt für die Raketen-Abwehr aus der Luft nachzuschiessen.
     
  • Blass vor Neid muss man angesichts der Formulierungskunst werden, wenn es um “Modularität” geht (S. 21, rechte Spalte, oben). Wir empfehlen allen Marketing-Experten, wenigstens diesen Abschnitt abzukupfern. Diese unser Empfehlung ist aber sicherlich unnütz, denn es heisst:
    “Die Industrie hat entsprechende Pläne bereits ausgearbeitet.”
     
  • Richtigen Sachstress haben wir bei folgender Feststellung bekommen:
    “Die Beschaffungsverträge, zum Beispiel Fregatte Klasse 124, Korvette Klasse 130 und U-Boot Klasse 212A, wurden bereits Mitte der neunziger Jahre geschlossen.” (Wirklich?)
     

Die hier angeführten Peanuts sollten nicht über den Wert der Arbeit hinwegtäuschen. Wir vermuten, dass der Autor geschickt von seiner Fundamental-Kritik ablenken will, die er unter der Überschrift “Komplementärer Küstenschutz” verpackt hat (S. 11 f.). Die erwähnten Fakten sind derart haarsträubend, dass man allen verantwortlichen Politikern - man weiss noch nicht einmal, wer die sind - nur herzlich zu ihrer grandiöden Amtsführung gratulieren will. Ein übriges tut die S. 9 zum Thema “Piraterie”.  Dass das BMVg diesbezüglich Handlungsbedarf hat, steht ausser Frage. Wenn Peter Struck allerdings auf “SPIEGEL Online” schon als Kanzlerkandidat abgefeiert wird und Innenminister Schily immer noch mit Scharfrichter-Miene jeden Widersacher abkanzelt, kann man nur noch auf das die Besserung auslösende Event warten. Der Flieger über Frankfurt brachte das Luftsicherstellungs-Gesetz - wer kreuzt seewärts irre vor Hamburg?

{Kinder fallen in Brunnen - wir nicht}

 

BMVg-Finanzen: technisch K.O.

14. Mai 2004

Die gestern vorgelegten Daten der Steuer-Schätzung liefern für die Finanzplaner (und den Minister) im Verteidigungsministerium klare Indizien-Beweise, ob ihre Position für den Haushalt 2005 und die 38. Finanzplanung (2004 - 2008) durchsetzbar ist oder nicht.

Die neuen Daten sind auf dem Hintergrund der “Eckwerte zum Finanzplan des Bundes 2003 bis 2007” des 37. Finanzplanes zu sehen (Drucksache 15/1501, S. 9):

  • Geht man zunächst von gleichen Werten der “Sonstigen Einnahmen” im 37. Finanzplan aus, dann ergeben sich im Vergleich der Netto-Kreditaufnahme zwischen 37. und 38. Finanzplan (wird im August 2004 vorgelegt) die folgenden Steigerungen:

    - 2004: Statt 30,8 Mrd. EUR (lt. 37. Fipl.) 33,4 Mrd. EUR im 38. Fipl.
    - 2005: Statt 21 Mrd. (37. Fipl.) dann 38,6 Mrd. EUR;
    - 2006: Statt 15 Mrd. jetzt 34,9 Mrd.;
    - 2007: Statt 10 Mrd. nun 30,6 Mrd. EUR.
     
  • Absehbar ist, dass die Netto-Neuverschuldung nicht die o.a. Werte erreichen wird, weil die Bundesregierung “Tafelsilber” verkaufen will, und damit die “Sonstigen Einnahmen” steigen würden. Allerdings ist dieser hier nicht abschätzbare Betrag gegen die Gesamtsumme der Steuerausfälle von 2004 bis 2007 zu rechnen, der sich ja auf 70,7 Mrd. EUR addiert.
     
  • Um auch über die Ausgaben-Seite der Haushalte bis 2008 die Netteo-Neuverschuldung zu drücken, wird jeder dann verantwortliche Finanzminister das Instrument der Globalen Minderausgabe einsetzen. Das bedeutet wiederum, dass der Verteidigungshaushalt, noch zu den grösseren Einzel-Etats gerechnet, auch mit einem relativ hohen Beitrag zur Globalen Minderausgabe beitragen muss; nach dem Eichel-Entwurf waren das bisher, also vor der Steuerschätzung, rund 500 Mio. EUR. Nach der Steuerschätzung darf man diese Summe als Mindest-Beitrag ansehen.

Da sich Verteidigungsminister Struck und sein Generalinspekteur Schneiderhan schon sehr deutlich öffentlich festgelegt haben, dass die vor der Steuer-Schätzung geäusserten Vorstellungen des Finanzministers den Tod der Struck’schen (2.) Bundeswehrreform bedeuten würden, darf man nach dem 13. (!) Mai 2004 getrost die 3. Bw-Reform-Runde einläuten. Nicht wenige Zeitgenossen werden sich damit trösten, dass das - im wahrsten Sinne des Wortes - den “technischen” K.O. für die Bundeswehr bedeutet.

{Bretter bedeuten die Welt - auch vor dem Kopf}

 

Op-ed: Kaffee-Sätze

10. Mai 2004

Man erinnert sich: Wieviele Clausewitze haben im vergangenen Jahr prophezeit, dass die kriegslüsternden Amis nun bald in Syrien, im Iran, Nord-Korea oder sonstwo mit mordsmässigen  Pre-emptiv-Schlägen Freiheit und Demokratie verbreiten.

Für die Kriegsführung dürfte der Bush-Regierung - spätestens nach Abu Ghraib - der entscheidene Strategie-Faktor bei demokratischen Politik-Systemen abhanden gekommen sein:
Die Akzeptanz im System.

Offensichtlich ist auch, dass die als allmächtige U.S.-Militärmacht mit allem Transformations-Geplapper nicht in der Lage ist, rund 140.000 Soldaten in einem der Situation angepassten Rotations-Zeitraum von 6 Monaten aufzubringen, in Bezug auf das Material (z.B. M1114) und für alle Bereiche entsprechend qualifiziertes Personal, ohne einen derartigen Rückgriff auf Rerservisten.

Man wird sehen, ob diejenigen, die das freut, auch durchgehend Spass an der Sache haben werden. Hoffentlich bekommen die ganzen Kaffeehaus-Strategen diese Einzelheiten auch ausreichend mit. Denn Allerwelts-Sprüche wie die über die U.S.-Hegemonie sollten wenigstens in nächster Zeit überdacht werden.

{Nochmal bitte - ab “Sehr geehrte Damen und Herren”}

P.S. Wer Rumsfelds Erklärungen incl. Debatte im U.S.-Senat und House will, sollte auch an die Druckkosten denken: Auf www.washingtonpost.com sind das 51 und 58 Seiten!

 

Taguba-Report: relativ?

6. Mai 2004

Wenn wir nicht den 41-seitigen Untersuchungs-Bericht des U.S.-Generals Antonio M. Tabuga zum Thema Abu Ghraib gelesen hätten, würden wir lieber ein anderes Thema finden. Aber die Lektüre von Original-Stoff lohnt sich:
http://www.globalsecurity.org/intell/library/reports/2004/800-mp-bde.htm

Der Schwerpunkt der “Lessons learned” sollte in der Fragestellung liegen, ob U.S.-General George W. Casey, Vize-Chef des Führungsstabes des Heeres, mit seiner Aussage recht hat:
“It is a complete breakdown in discipline”. Nein, es ist ein Zusammenbruch der Führung, für die er in der Kommando-Kette Mitverantwortung trägt:

  • Der katastrophale Zustand in Teilen der 800th Military Police Brigade hat natürlich seine Ursachen in den Verhältnissen für die U.S.-Soldaten selbst:
    - Sie leben unter primitiven Verhältnissen;
    - ihre oberste politische und militärische Führung ist nicht in der Lage, sie nach der Dienstzeit eines Jahres aus dem Irak zu holen - aufgrund mangelhafter Planung, die in die Führungs-Verantwortung des Verteidigungsministers fällt.
     
  • Gute militärische Führung in der Brigade hätte davon vieles ausgleichen können, aber die Beschreibung fast der gesamten Führungsleiste der 800th MP-Brigade ist so unglaublich desaströs, dass es als unmöglich erscheint, dass die höheren Führungs-Ebenen (natürlich bis ins Pentagon) davon keine Kenntnis hatten.
     
  • Ein herausragendes Beispiel ist Frau General Karpinski. Es ist undenkbar, dass die ihr völlig fehlende Führungsfähigkeit erst in Abu Ghraib zutage getreten ist. Wer hat denn im Army-Führungs-Stystem ihre Reserve-Verwendung im Irak entschieden? Was steht in ihrer Personal-Akte? Aus den TV-Szenen (CNN), die wir beobachtet haben, ist in Erinnerung, dass sie ganz wild auf den “Job” war.
     
  • Kritisch ist der Vorgang, den General Taguba in seinem Report (Ende Febr. 04 abgeliefert) auf S. 34 verzeichnet:

    - Am 17. Januar 04 bekommt Frau General Karpinski vom Oberkommandierenden und Führungsverantwortlichen für den Krieg im Irak (CJTF-7), General Ricardo Sanchez - der augenscheinlich unbedingt immer mit seinem Pistolen-Halfter vor der internationalen Presse auftreten will - eine saftige Rüge. In dieser Abmahnung erwähnt General Sanchez auch die  so genannten Misshandlungen (abuses), deren Bilder jetzt die Welt bewegen und die ja Ende Oktober/Anfang November vorgekommen sind. Wieweit ist dies im “Chain of Command”, im “System” nach oben gegangen - und wer hat sich im obersten System darüber “aufgeregt”?
     
  • Noch gefährlicher für die oberste Führungs des Systems ist die “Bucca”-Story. Lt. Taguba-Report (S. 31) gab es im Mai 2003 im Camp Bucca vergleichbare Abscheulichkeiten; lt. Ziff. 34, S. 39, gibt es darüber auch einen Untersuchungsbericht. Mit anderen Worten: Seit Juni 2003 hätte die oberste Führungsleiste der U.S.-Streitkräfte wissen müssen, dass Handlungsbedarf besteht.

Es gibt u.E. aber eine Erklärung für das Phänomen; und es stammt von General Karpinski. Sie behauptet (nach Taguba fälschlich), dass nach den Bucca-Vorfällen “das System” den einfachen Soldaten hinsichtlich “Abuse” kommuniziert hätte: Das Schlimmste, was dir passieren kann ist, dass sie dich nach Hause schicken.

Dies führt zu dem verhängnisvollen Verständnis von “Abuse” im soldatischen Bereich, augenscheinlich bis in die allerhöchsten Führungskreise incl. Minister (Rumsfeld: “The system works, the system works”)- und nicht nur in Amerika. Die Wirkung der Bilder via Medien ist im Kopf noch nicht angekommen.

Bei aller Abscheulichkeit von “Missbrauch”: Genauso wenig wird im Kopf der Medien-Generale eine Annäherung an das Relations-Prinzip stattfinden; vom eigenen Gebrauch des Missbrauchs im täglichen und nächtlichen Programm ganz zu schweigen.

Im gestrigen ARD-Tages-Themen-Kommentar wurde von Frau Tina Hassel diese Bush-Folter schon munter auf die Ebene des Massengräbers Saddam Hussein hochgequasselt (leider haben wir den Wortlaut nicht). Ist ja vielleicht gar nicht so schlecht: Vielleicht erscheinen die Verbrechen der Wehrmacht dann nicht mehr gar so schlimm?

{Sind Relationen relativ?}

 

SecDef Rumsfeld: 95 Delta (incl. Nachtrag)

5. Mai 2004

Gestern hat U.S. Secretary of Defense, Donald Rumsfeld, mit einem “Operational Update Briefing” zum Fall Abu Ghraib Stellung genommen:
http://www.defenselink.mil/transcripts/2004/tr20040504-secdef1423.html

Analysiert man die 13 Seiten Text, muss man u. E. feststellen, dass Donald Rumsfeld von den Vorgängen gar nicht so beeindruckt zu sein scheint:

  • Die Vorgänge sind “fundamental” oder “totally” “unacceptable” sowie “un-American”. Was ist die Bedeutung des Wortes “akzeptieren”? Man nimmt es für sich nicht an; aber vielleicht ist es für andere annehmbar?
    “un-amerikanisch”?: Misshandeln/foltern Amerikaner sonst per se nicht, sondern nur andere Nationalitäten?
    (siehe dazu unsere Entschuldigung im u.a. Nachtrag).
    Alles zusammen nennt Rumsfeld “deeply disturbing” - tiefgreifend störend, vielleicht verstörend? Hängt vielleicht ein Türschild an seinem Büro: Don’t disturb?
     
  • Im nächsten Absatz ist zu lesen, dass man diejenigen zur Rechenschaft zieht, “who may have violated the code of military conduct”. Nach unserem Sprachverständnis muss das besagte may doch sehr verstören.
     
  • In der vielsagenden, sechs wichtige Ereignisse aufzählenden Punktation fehlt die Erwähnung des Ryder-Reports vom 6. November 2003.
     
  • Auf S. 3 flackert perfektes Marketing-Vermögen auf: Auf eine kritische Frage stottert Rumsfeld: “It’s -- I guess the way to put it is ...”
     
  • An anderer Stelle (S. 6) nutzt der U.S.-Minister auch wieder die moderne Spezial-Ausrede “systemic”, aber auf S. 4 wiederholt er sich: “The system works. The system works”: Weil alles durch den “chain of command” gegangen ist, der Öffentlichkeit am 16. 1. durch CENTCOM eine Untersuchung angezeigt wurde und diese auch durchgeführt wurden.
    Das System arbeitet, aber wie:
    - Seit November liegt der Ryder-Report vor;
    - seit Februar der Taguba-Report;
    - für Mitte Jan. 04 meint Rumsfeld noch: “We didn’t know the scale;
    - eine kritische Frage nach der Geheim-Klassifizierung des Taguba-Papiers wird von Rumsfeld so abgebügelt: “.. you’d have to ask the classifier.”
    - Rumsfelds Taguba-Report-Exemplar fehlten die Bilder; das Transkript vermerkt (S. 8):
    “STAFF: We didn’t have them here, that’s for sure.”
     
  • Um seine eigene Rede-Aussage, dass U.S.-Streitkräfte nicht foltern, reduziert Rumsfeld die Vorgänge auf Missbrauch (Abuse), “which I believe technically (sic!) is different from torture” (S. 6).
     
  • Auf die Frage, was Rumsfeld am meisten schockiert habe, antwortet er:
    “I was stunned by all of it”.
    Sprachlos war er - Condoleezza Rice war im Interview mit Al Arabiya wenigstens “outraged”.
     
  • Auf S. 10 meint Rumsfeld: “ ... we hope an isolated case”. Danach folgt wonderful country, wonderful army. Anfangs (S. 2) hatte Rumsfeld aber darauf verwiesen, das der U.S.Navy Inspector General auch Guantanamo Bay und Charleston Naval Station untersuchen soll. Ausserdem tickert über die Nachrichten die Aussage von Genera Ryder über 35 Fälle mutmasslicher Misshandlungen seit Dez. 2002 mit insgesamt 25 Toten durch (Mehrzahl der Fälle noch unklar; abuse or torture - “technically”?).
     
  • Im gesamten Rumsfeld-Statement wird man nichts finden, was von ihm wirklich gesagt hätte werden müssen. Dafür hat es Aussenminister Powell getan:
    “I can assure you that no stone will be left unturned to make sure that justice is done and to make shure that not´hing like this ever happens again ... we’ll get to the bottom of this” (Roadmap-Meeting, 4.5.04).
     
  • Angesichts der Schwere des Vorgangs hätte Rumsfeld wenigstens einen Minimal-Katalog von sofort durchzuführenden Massnahmen vorlegen müssen.

Bei allem kann man auch lernen, dass

  • der normale U.S.-Militär-Polizist die “military occupational speciality designation”
    - 95 BRAVO hat,
  • der “Corrections Specialist”
    - 95 CHARLIE und
  • der “Criminal Investigation Specialist” ein
    “classified 95 DELTA”-Typ ist.
  • “Alle erhalten Instruktionen in der ethischen Behandlung von feindlichen Kriegsgefangenen, in Haft einsitzenden Personen und Flüchtlingen”.

Unsere unbeantwortbare Frage ist nur: Wieviel Lügen-Detektoren gibt es in Guantanamo Bay, Abu Ghraib und sonstwo? Ist es richtig, dass in mehr als 90 % aller Fälle damit Antworten als wahr oder falsch richtig identifiziert werden können (wohl wahr - man muss eine Frage formulieren, die mit Ja oder Nein beanwortet werden muss). Da der 95 DELTA aber so “classified” ist, werden wir auch nie erfahren, ob er mit einem Lügen-Detektor überhaupt umgehen kann.

{Man verliert sich leicht in Geheimnissen}

Nachtrag vom 17. Mai 2004: Tolle Post

Am 11. Mai hat uns der liebe Leser Jan T. aus Berlin per e-mail richtig “verprügelt”. Aus dem Wortlaut der Jan-T-mail geht eindeutig hervor, dass er recht haben muss; wir entschuldigen uns für unsere unkultivierte “un-american”-Passage, bitten um Streichung aus dem Protokoll und Einlass in die Köpfe, und danken Jan. T. herzlich für seinen Brief:

“In Ihrem Kommentar "SecDef Rumsfeld: 95 Delta" stellen Sie zu dem von Donald
Rumsfeld verwendeten Begriff un-American die süffisante rhetorische Frage:
"misshandeln / foltern Amerikaner sonst per se nicht, sondern nur andere
Nationalitäten?"
So ist das von Rumsfeld natürlich nicht gemeint gewesen! Die Verwendung des
Begriffes un-amerikanisch hat hier (wie auch an anderer Stelle) einen ganz
anderen Hintergrund.

Da sich das amerikanische Gemeinwesen und die Nation in erster Linie
moralisch definiert und von anderen abgrenzt (und weniger durch den Staat
als solchen, der in den USA historisch schwach ausgeprägt ist), müssen die
Teile dieses Gemeinwesens, die unmoralisch handeln, aus der Gemeinschaft
(symbolisch-verbal) ausgeschlossen werden, um nicht die Grundlagen des
Gemeinwesens selbst in Frage zu stellen. Dies geschieht, indem man die
Missetäter als un-amerikanisch, also außerhalb der moralischen Gemeinschaft
stehend, brandmarkt. Genau dies ist durch die Worte Rumsfelds mit den
US-Soldaten geschehen, die irakische Gefangene misshandelt haben.

Bei dem Wort "un-amerikanisch" handelt es sich also nicht um ein Mittel zur
Abgrenzung von anderen Nationen, sondern um einen internen
Reinigungsmechanismus, der es erlaubt, das moralische Ganze vor der
einzelnen Abweichung zu retten. Aus dem selben Grund ist dieser Begriff in
den 50er-Jahren durch die Arbeit des "Kommunisten-Jägers", Senator
McCarthy, in seinem Ausschuss über un-amerikanische Tätigkeiten verwendet
worden. Damals war es allerdings in dem oben erklärten Sinne ein Mißbrauch
dieses Begriffs, weil die Angeklagten ja gar nicht unmoralisch gehandelt
hatten, sondern ganz im Gegenteil, als Kommunisten das ur-amerikanische
Recht auf freie Meinungsäußerung in Anspruch nehmen wollten.

Hintergründe zu diesem faszinierenden kulturellen Identitätsritual und
anderen, historisch-strukturellen Unterschieden im Verständnis von Staat,
Nation und Religion zwischen den USA und Europa kann man dem hervorragenden
Buch "Die Grenzen der Solidarität" der schweizerischen Publizistin Gret
Haller entnehmen.”

{Solche Post mögen wir}

 

Terrorismus: paradox

30. April 2004

Das “Institut für Demoskopie Allensbach” ( www.ifd-allensbach.de ) hat gerade rechtzeitig eine Umfrage zum Terrorismus veröffentlicht, die die deutsche Szene beleuchtet:

  • 57 % gegen 28 % fürchten, “dass es auch bei uns zu Terror-Anschlägen kommt”;
    44 % gegen 31 % meinen, dass “mehr getan werden” müsste;
    61 % gegen 23 % halten “Überlegungen” für richtig, der Bundeswehr auch Polizei- und Bundesgrenzschutz-Aufgaben zu übertragen.

Die Befragten würden mehrheitlich wahrscheinlich ganz anders votieren, wenn sie die Statistik des Terrors nachlesen würden, wie sie im Bericht “Patterns of Global Terrorism 2003” des U.S.-Aussenministeriums nachzulesen ist:
http://www.state.gov/s/ct/rls/pgtrpt/2003/c12153.htm.

Demnach ist (nach der U.S.-Definition des Terrorismus - Tötung von Nicht-Kombattanten)

  • für 2003 eine geringe Abnahme der Anschläge auf 190 festzustellen (gegenüber 198 in 2002), aber gegenüber 2001 (346 Anschläge) eine Abnahme um 45 %;
     
  • für 2003 die niedrigste Ziffer der Terror-Opfer seit 1969 festzustellen!;
     
  • für 2003 “nur” die Tötung von 307 Menschen festzustellen. In 2002 waren es noch 725!
     
  • der Schwerpunkt 2003 in Asien: 70 Terror-Anschläge, 159 Tote und 951 Verwundete.

Irgendwann werden wir die ultimative Statistik des Makaberen fertigen:

  • Hunger-Tote pro Jahr;
  • AIDS-Tote pro Jahr;
  • Verkehrs-Tote pro Jahr;
  • tote U.S.-Soldaten im Irak pro Jahr
  • etc.

und werden sie messen an dem Medien-Gebrabbel der Quoten-Verdiener der Medien-Imperien.

{Der Tod verkauft sicht politisiert am besten}

 

Kanzler-Brief: 100 für Mrd.

29. April 2004

Es hat sich herumgesprochen: Verteidigungsminister Struck hat nach seinem Vorgänger die zweite (und damit letzte) Reiss-Leine für den freien Fall der Bundeswehr gezogen: Wenn seine finanzplanerischen Vorstellungen nicht umgesetzt werden können, scheitert nach dem Traumtänzer Scharping auch der bismark’sche Realist Peter Struck an der Reform der Bundeswehr. Nach dem ihm zu unterstellenden Ehrenkodex müsste er den Hut nehmen, wenn er versagt.

Unvermutet ist dem Minister ein sehr einflussreicher Parteigänger zur Seite gesprungen - mit einem Brief an den Kanzler; wir konnten ihn abfangen:

  • Sehr geehrter Herr Bundeskanzler, lieber Gerhard,

    erlaube mir bitte, Dir meinen Rat für Dein Gespräch mit den Freunden Struck und Eichel zur Finanzplanung der Bundeswehr am 11. Juni mitzuteilen.

    Du wirst mir sicherlich attestieren, dass ich den finanz- und gesellschaftspolitischen Hintergrund der derzeitigen und vor allem absehbaren Lage sehr wohl einordnen kann. Wenn ich es nachhaltig und ehrlich überdenke, kann ich eigentlich gar nicht so sicher sein, die Position von Peter generell zu unterstützen.

    Wenn ich mich aber auf die Fakten beziehe, stellt sich die Situation so dar:

    - Der “Unterschiedsbetrag” zwischen der Forderung von Peter und Hans bezieht sich bis 2007 auf 0,5 Mrd. EUR. Würde man die klassische Kompromiss-Mitte nehmen, einigt man sich bei 0,25, was als “unproblematisch” erscheinen könnte;

    - Sieh aber bitte auf die kumulativen Folgen: Ab 2008 beginnt ein immenser Aufwuchs des Rüstungs-Titels, der mit keinerlei Kompromissen mehr bewältigt werden kann. Vor dieser Situation werden wir im nächsten Jahr stehen, wenn die entscheidenden Landtagswahlen in NRW stattfinden.

    - Wir dürfen bei allem nicht die Grössenordnungen übersehen: Mit einem Minus in der 1-Mrd.-EUR-Klasse zerschlagen wir die längerfristige Funktionalität der Bundeswehr. Alle anderen genauso drängenden Politik-Bereiche der Innenpolitik bewegen sich aber weit über der Grössenordnung von 1 Mrd. EUR. Deshalb muss zunächst eine Transformation aller anderen Problembereiche auf die 1-Mrd.-Ebene stattfinden, ehe die Aufgabe der militärische Sicherheit (mit ihren vielfältigen Implikationen) vorab ungerechtfertigt auf den Status vernachlässigbarer Staatsaufgaben abgesenkt wird.

    Sieh mir bitte meinen ungefragten Ratschlag nach. Du weisst, dass ich Mich um Deine staatsmännische Verantwortung nicht sorge.

    m. h. G.
    Dein ..............................

Lieber Leser, spotten Sie nicht über diesen doch recht ominösen Brief, denn unsere Aufgabe folgt:

  • Versetzen Sie sich in die Lage:

    - Maastricht - deutsche Finanz-Wirtschaft - “Begehrlichkeiten” aller anderen Ressorts;
    - Entwicklungs-Trends des Verteidigungshaushaltes incl. aller Implikationen.
     
  • Aufgabe:

    Verfassen Sie einen “fiktiven” Brief an den Bundeskanzler, um ihn ernsthaft für die Belange der “Verteidiger” einzunehmen (alle kommunikativen “Gesetze” müssen beachtet werden).
     
  • Preis:

    GEOPOWERS wird den besten Brief-Entwurf an den Bundeskanzler mit 100 EUR prämieren und natürlich veröffentlichen (rechtzeitig vor dem 11. Juni). Wer Diskretion wünscht, bekommt den ausgelobten Betrag “in die Hand”. Wir schicken den Brief auch richtig ab (den Antwort-Modus kennen wir allerdings).
     
  • Das meinen wir richtig ernst!

{100 EUR für Milliarden?!?}

 

M1114: Preisfrage incl. Nachtrag 27. April

22. April 2004

So man auf http://www.defenselink.mil/releases/ die Presse-Erklärungen “DOD Identifies Army Casualties” durchgeht, wird man des öfteren finden, dass der Tod von sich in Fahrzeugen bewegenden U.S.-Soldaten durch sog. “Improvised Explosive Devices” (IED) verursacht wurde. Diese improvisiert gebastelten Sprengkörper durchschlagen die Bleche des Standard-Fahrzeuges der U.S.-Streitkräfte, den “Humvee” (HMMWV) leicht, mit den entsprechenden Folgen für die Insassen.

Allerdings gibt es eine Ausführung des Jeep-Nachfolgers HMMWV, die gepanzert ist: Typ-Bezeichnung M1114 (näheres auf www.globalsecurity.org Suchwort M1114). Mit Presse-Mitteilung vom 20. April hat die “Armor Holdings” mitgeteilt, dass bei ihrer Produktionsfirma O´Gara-Hess & Eisenhardt, Ohio, ein 110 $ Mio.-Auftrag der U.S.Army eingegangen ist und die Produktionsrate von 220 gepanzerten Humvees auf 300 im Juli 2004 gesteigert werden soll.

Leider fehlt uns die Recherche-Kapazität, um den gesamten Sachverhalt mit allen Zahlen, Zeiten und Daten aufzuklären. Wir vermuten aber, dass die U.S. Army bei all ihrer Vorliebe für speed und light dem Faktor Schutz nicht die gebührende Aufmerksamkeit geschenkt hat (das ist die “nette” Version). Möglicherweise gibt es eine Beweisführung, die da lautet:

  • Hätte die Army-Führung (bereits lange vor dem Irak-Krieg) in ihrer Beschaffungs-Politik einen eindeutigen Schwerpunkt auf den M1114 gelegt, wäre möglicherweise eine gewisse Zahl von Opfern vermeidbar gewesen.
     
  • Nur die U.S. Army verfügt über die entsprechenden Daten: Wie hoch ist der Anteil der M1114-Flotte am gesamten HMMWV-Fahrzeug-Park im Irak? Welchen Typs waren die Fahrzeuge, bei denen die Opfer zu beklagen waren? etc ...
     
  • In zivilrechtlichen Prozessen wären in den USA solche Fragestellungen heute millionen$-schwer.

Es spricht eine hohe Wahrscheinlichkeit dafür, dass irgendein “unbedeutender” Oberstleutnant in den Weiten der U.S. Militärbürokratie irgendwann ein Memo geschrieben hat, in dem der Hinweis auf die Problematik beschrieben ist.

Vor einiger Zeit hatten wir das Vergnügen, mit einem Oberstleutnant der Bundeswehr mit Kabul-Erfahrung zu sprechen. Das Gespräch hat sich ungefähr so entwickelt:

  • OTL.: “Wir haben in den Einsatzgebieten erhebliche Material-Lücken”.
  • Wir: “Kann doch gar nicht sein; die politische Führung sagt, dass allerhöchste Priorität für das Material im Einsatzgebiet gelte. Könnte man denn eine dementsprechende Fehl-Liste erstellen?”
  • OTL.: “Intern gibt es solche Listen schon.”

Danach haben wir uns gewunden, deutlich zu machen, eine solche Aufzählung doch gern zu haben. Auf unsere Visiten-Karte hat unser OTL. - ganz loyal - leider bisher nicht reagiert. Wir suchen die Fehl-Liste immer noch.

{Hat Loyalität mehr als einen Preis?}

Nachtrag vom 27. April 2004

Am 22. April haben uns gleich die lieben User Olivier und Sascha e-mails mit M1114-Hilfe geschickt:

  • Einen 5-seitigen Artikel von Greg Jaffe im “Wall Street Journal” vom 19.3.04, der die Geschichte umfassend erzählt; sie beginnt 1992 in Somalia!
     
  • Einen 1,5-seitigen Artikel im “Aerospace Daily” vom 9.3.04.

Heute lesen wir, dass “NEWSWEEK” (25.4.04)
http://www.msnbc.msn.com/id/4825948/
aus der Studie eines Defense Consultants zitiert:

  • Ungefähr jeder Vierte der insgesamt 789 Toten ( plus die ungezählten Verletzten) hätten dieses Schicksal evtl. nicht erleiden müssen, wenn sie mit geschützten Humvees ausgerüstet gewesen wären.

{Haben wir ein M1114-Problem?}

 

Way of War: Herausforderung

21. April 2004

U.S.-Oberstleutnant Antulio J. Echevarria II hat die Studie “Toward an American Way of War” verfasst, die es immerhin in die Charts der Presse-Agentur “Agence France Press” (afp) geschafft hat. Der derzeitige “Director of National Security Affairs” am “Strategic Studies Institute” des U.S. Army War College, ausgewiesen durch eine solide Heeres- und Wissenschafts-Karriere mit profunden Veröffentlichungen, hat auf 17 Seiten (insgesamt 35) eine Grundsatz-Kritik abgeliefert, die sich natürlich irgendwann konkret auf den Irak-Krieg kapriziert und die politische und militärische Führung kritisiert:
http://www.carlisle.army.mil/ssi/pubs/2004/wayofwar/wayofwar.pdf
(bei Nutzung von DSL keine Verbindung; nur ISDN oder analog).

Der Kern der Kritik von OTL. Echevarria II dürfte sein, dass die vorherrschende strategische Denkschule den Sieg im Gefecht anstrengt und dabei vergisst, den Krieg zu gewinnen.

Wer sich allerdings durch die 18 Seiten Kern-Text kämpft, wird feststellen, dass der Stratege alle Problem-Bereiche des Themas zwar anspricht, u.E. aber am Ende unzulässige Schlüsse zieht:

  • Mit dem Begriff des “strategischen (politischen) Erfolges” wird eine Zusammen-Ziehung des Ergebnisses der militärischen Kriegshandlungen mit den zeitlich wann auch immer endenden politischen Entwicklungen verstrickt, die systematisch unzulässig ist (wenn man zum x-ten Male in Haiti interveniert - who is to blame?);
     
  • Der politisch-strategische Erfolg ist eher von der politischen, denn von der militärischen Seite gefährdet. Soldaten haben wohl noch nie wegen ihres Blutzolls den Krieg beendet, wohl aber Politiker, die um ihre Wiederwahl bangen. Umgekehrt: Militärs haben zu verschiedenen Zeiten schon reichlich taktisch-operative Fehler begangen, aber nie strategische.
     
  • Der irakische Krieg ist noch nicht zu Ende. Den Ausschlag werden die Iraker selbst geben; als Gesamtheit ist dieses Volk entweder als intelligent oder zur Demokratie unreif (stellvertretend für den arabischen Raum) beschrieben worden. Wer in diese Region von aussen eintritt, ist ein “Spieler”, kein “Schatten-Parker”.

    Wer würde sich getrauen, andere Themen der “historischen Linie” zu diskutieren:

    - Wahrscheinlich nicht nur aus Al-Qaida-Sicht, geben die Amis immer dann Fersengeld, wenn ein paar Body-Bags über CNN flimmern, während der Präsident Praktikantinnen das Rauchen beibringt;
    - Was wäre, wenn die vietnam-traumatisierte U.S.-Army im ersten echten Counter-Insurgency-Warfare gewänne (nicht nur militärisch)?
    - Sollte umgekehrt den blöden Amis eine saftige Niederlage kredenzt werden? Hat jemand eine Strategie für diesen Fall?
     
  • OTL. Echevarria II beschreibt die nachvollziehbare Unlust der U.S. Warfighter, den THW-Polizisten zu spielen; die Bundeswehr kennt dieses Lied (Leid). Die westliche Politik hat auf dieses Problem aber leider bisher keine konzeptionelle Antwort gefunden; der brunnen-bohrenden, multi-lingualen, psycho- und kill-probaten sowie post-trauma-nachsorgenden Eiermilch-wollsaugenden-Wildsau fehlt noch das HWZ-Curriculum;
     
  • Der strategische Irrtum kann nur in der Übergabe-Geschwindigkeit liegen:
    - Die Europäer haben mit dem Kosovo bisher fünf Jahre vorgelegt;
    - in Afghanistan sind es bisher ?;
    - im Irak sind es ?
     
  • Wer sich in solche Gefilde begibt, wird sicherlich auch die Antwort wissen, ob die “politische Elite” eines x-beliebigen Staates umgepolt erneuerbar ist (ob in der DDR, Afghanistan oder Irak).

So sorry, wir wollten Ihnen eigentlich den Tag nicht mit solchen Bytes vermiesen; wir haben aber, und das ist perfide.

{Sun Tsu sagt: “Die Herausforderung ist dein Schicksal}

 

Justitia et Pax: verlassen

20. April 2004

Die “Deutsche Kommission Justitia et Pax”, die von der Deutschen Bischofskonferenz und dem Zentralkomitee der deutschen Katholiken “gemeinsam getragene Fachstelle für Friedens-, Entwicklungs- und Menschenrechtsfragen”, hat am 6. April über die “Frankfurter Rundschau” (6.4.04) ihre “Empfehlungen zu zivilen und militärischen Interventionen zum Schutz der Menschenrechte” veröffentlicht; alle Einzelheiten sind zu finden unter
http://www.uni-kassel.de/fb10/frieden/themen/Interventionen/kommission.html

Ein an Friedenspolitik interessierter Zeitgenosse sollte das enggedruckte 8-Seiten-Werk mit acht Empfehlungen schon lesen und sich fragen, was er denn nun gelernt habe. Wir sind hilflos:

  • Als militärische Granaten-Köpfe bekannt, bekommen wir schon in Empfehlung Nr. 1 einen Treffer, der weitere Kampfhandlungen absagt:

    “Militärisches Eingreifen kann daher in seinem Vollzug auch dort unerlaubt werden, wo eine Intervention vom Anlass her gerechtfertigt, wenn nicht sogar notwendig erscheint.
    Angesichts dieser nicht intendierten, aber regelmässig absehbaren und generell nur schwer vermeidbaren negativen Folgen von Interventionen muss politisch mit aller Anstrengung nach Wegen gesucht werden, um Entscheidungslagen nicht erst eintreten zu lassen, in denen als ultima ratio nur die Wahl zwischen Optionen verbleibt, die man im Grunde allesamt ablehnt.”
     
  • In Empfehlung Nr. 3 findet man eine der wundersamen Selbst-Entschuldungen - man fordert (von irgend jemand) die “Wunderwaffe”, die das irdische Friedensreich planieren wird.

    “ In jedem Fall müssen sich verstärkte Anstrengungen auf die Ausarbeitung praktisch umsetzbarer ‘intelligenter’ Sanktionen richten, die einen u.U. notwendigen politischen Druck ohne ungewollte Schädigung der Bevölkerung und ebenso ohne Griff zu physischer Gewaltanwendung zu erzeugen suchen.”
     
  • In Empfehlung Nr. 8 wird (wiederum) eine “seherische” Omnipotenz verlangt, die natürlich locker zu realisieren ist:
    “Es gehört vielmehr zur Verantwortung der Staatengemeinschaft, zu verhindern, dass als Ergebnis solcher Wahlen Personen an die Macht gelangen, die erwarten lassen, dass die begonnene Transformation der politischen und gesellschaftlichen Situation wieder revidiert wird.”

Nein, diese Kritik ist ungerecht. Wer immer

  • nach einer fein-formulierten Antwort für all seine Probleme sucht,
  • das kräftige Sowohl-als-auch vorbildhaft lebt,
  • göttliche Regelungs-Macht auf Erden in seine Hände transformiert sieht,
  • die Weisheit mit CAT-Löffeln gebaggert hat,

wird sich in Demut vor solch friedens-gerechter Verstandeskraft in den Staub kanten, hegeln und nietzschen.

Noch nicht einmal an verstecktester Stelle ist auch nur ein klitzekleiner Hinweis oder Bezug o.ä. auf den HERRN zu finden.

{Wenn Dich der Geist verlässt ...}

 

Parlaments-Heer: Fall

19. April 2004

Der sicherheitspolitische Denk-Panzer “Stiftung Wissenschaft und Politik” hat seinem Sponsor, der Bundesregierung, wieder Ärger bereitet. Auf 13 Seiten zum Thema “Implikationen der NATO Response Force für die Parlamentsbeteiligung” kommt Autor Nobert Eitelhuber zu dem Urteil, dass das Parlament für die deutsche Beteiligung an Einsätzen der NATO Response Force (NRF) kein vorheriges Zustimmungs-, sondern (lediglich) ein Rückholrecht vorsehen sollte.

Nicht den Volltext, aber eine freundliche Zusammenfassung bietet:
http://www.swp-berlin.org/produkte/swp_studie.php?id=3142&PHPSESSID=b9846607b081496c 231f6ba640ab6372

Logisch, dass die Lektüre der Langfassung der Eitelhuber-Studie bei jedem Leser andere Assoziationen auslöst. Bei uns ergaben sich die folgenden Gehörn-Ströme:

  • Ausweislich der Anmerkung Nr. 25 geht das ganze Problem nur die rot-grüne Regierungs-Koalition etwas an;
     
  • Dass den Autor die Bündnisfähigkeit der deutschen Republik nicht nur im NATO-, sondern auch im ESVP-Sinne anrührt, ist nur zu verständlich und gerechtfertigt. Er meint aber:
    “Die Bündnisfähigkeit sollte neben Eilbedürftigkeit bzw. Vereitelungsgefahr als eigenständiger Grund für eine zeitliche Verschiebung der parlamentarischen Mitwirkung gelten” (S. 12).

    Es ist zu erwarten, dass Kritiker die Einfügung an dieser Stelle als strukturell unzulässig markieren werden. Der Begriff der Bündnisfähigkeit ist ein politischer, der in der obersten Kategorie der politischen Strategie angesiedelt ist. Der dazu passende Satz von Eitelhuber schillert auf S. 11:
    “Will Deutschland weiterhin als Motor für die aus sicherheitspolitischen, militärischen und finanziellen Gründen wünschenswerte Integration gelten, wird es kurz- und mittelfristig kaum umhinkönnen, seine Etnscheidungsprozesse zu reformieren und sukzessive durch Verlagerung der Entscheidungskompetenz auf (die) europäische Ebene auf einen Teil seiner Souveränität zu verzichten.”
     
  • Nur Brachial-Strategen wird auffallen, dass der SWP-Stratege bei “show of force” - Einsätzen sensibel ist; er mag sie nicht unter der Kategorie “Gefahr im Verzuge” (das Einzige, was man abschreckt, sind Eier);
     
  • Wenn die Studie die Gefahr aufzeigt, dass bei Nicht-Beachtung der Empfehlungen das Reiz-Thema “Coalition of the willing” platzgreift, wird Nachdenkern klarwerden, dass sie sich genau dort befinden, wo sich U.S.-Verteidigungsminister Rumsfeld seit längerer Zeit tummelt.

Zur Entschuldung der o.a. Spezial-Maulerei ist aber zu bemerken: Die Eitelhuber-Studie trifft ins Zentrum. Die sachliche Schärfe wird vorrausichtlich keinerlei Wirkung in der Zielgruppe erzeugen und leider auf Wieder-Vorlage bis nach der nächsten Bundestags-Wahl gelegt werden müssen.

Die “Bündnisfähigkeit” Deutschlands, im NATO- wie EU-Sinne, ist leider ein sehr flüchtiges Phänomen. Man sollte von den erfolgreichen Vergemeinschaftungs-Strategien der EU im Bereich der Wirtschaft und der Agrar-Politik die “Lessons learned” abkupfern, um wenigstens den Anschein von Hoffnung zu generieren.

P.S.: Da die SWP auf der Steinbrück-Koch-Liste für “Subventions”-Kürzung steht, fürchten wir uns auch um den sicherheitspolitischen Verstand dieser Republik.

{Schreib doch endlich über den “Fall of the German Empire”}

 

U.S. -Info-Peak: Journaillismus

14. April 2004

Gestern hat es einen Zwischen-Höhepunkt der inner-amerikanischen Debatte um 9/11 und Irak-Krieg gegeben, dessen Auswirkungen von führenden deutschen Online-Medien wieder - wie gehabt - interpretiert werden. Wer sich sein Urteil verkomplizieren möchte, sollte:

  • den Mitarbeiter-Bericht der 9/11-Kommission zur “Intelligence”-Lage lesen.

    - Der Chef der Counter-Terrorism-Einheit des FBI, Dale Watson, offenbart, dass er zwei (!) Analysten für die bin-Laden-Bedrohung hatte (anstatt 500) - S. 4;

    - die CIA war “zone defense concentrated on ‘where’, not ‘who’ war. Wäre der FBI-Ansatz des “man-to-man” damit verknüpft worden, wäre man evtl. produktiver gewesen (S. 7);

    - Kluge Mitarbeiter seitens FBI und CIA leisteten gute Analysen. Trotzdem vergurgelten diese in einem seltsamen Orkus schicksalhafter Verschwörung (S. 8);

    - Die dem Gesetz entsprechende “Mauer” zwischen CIA und FBI beschreibt S. 11;

    - aufgeräumt wird mit zwei Legenden:
    -- “Flugschüler” Moussaowi hat in der Flugschule nie gesagt, dass er das Starten und Landen eines Flugzeuges gar nicht lernen wolle (S. 10),
    -- Die 9/11-Kommissions-Mitarbeiter haben keinerlei Hinweise für die kolportierte Geschichte gefunden, dass vor Wieder-Eröffnung des amerikanischen Flugverkehrs nach dem 13. September 2001 ein saudi-arabischer Charter-Flug (mit einem so behaupteten bin-Laden-Clan an Bord) vorzeitig “fliehen” durfte;

    - alles nachzulesen unter:
    http://www.9-11commission.gov/hearings/hearing10/staff_statement_10.pdf
     
  • sich die Video-Kassette mit der heutigen - für uns nächtlichen - Pressekonferenz von U.S.-Präsident George W. Bush kommen lassen - oder den Text bei
    www.whitehouse.gov abladen;
     
  • nachvollziehen, welche Wirkung Larry King’s Late-Night auf CNN mit seinen Gästen Bill Harvey, Debra Burlingame und den Wroblewski’s als Hinterbliebenen von 9/11 und dem Irak-Krieg hatte - und der Reklame-Einblendung “Rediscover Lebanon” (Werbung für Ski-Urlaub im Libanon!!);

Ernsthaft empfehlen wir allerdings das alles nicht, denn es verführt nur zu einer unglaublichen Zeitverschwendung eines nicht endenwollenden Gebrabbels über die U.S.-Wahl im November.

Bis dahin wird

  • die irakische Interims-Regierung fünf Monate im Amt sein (und damit die Lage im Irak gänzlich anders sein);
     
  • sich auch die Lage in Afghanistan geändert haben können;
     
  • Usama bin Laden tot sein können (was nichts ändert), und
     
  • ein neuer Anschlag der Terror-Gruppe Al-Qaida gegen die USA (abgesehen von sonstigen Anschlägen in Europa oder sonstwo)

eine Lage-Situation hervorbringen, die die U.S.-Wähler bei ihrem Urnengang nachhaltig beeinflussen wird.

So sorry, wenn wir von diesem dusseligen Gebrabbel selbst so ungeniert profitieren - das ist eben echter Journaillismus.

{Lesen ist ggfs. eitele Langweiligkeit für Kurzsichtige}

 

Islam-Report: Dia log

13. April 2004

Vom Auswärtigen Amt als Teil des Sonderprogramms “Europäisch-islamischer Kulturdialog” gefördert, hat das “Institut für Auslandsbeziehungen” (ifa, Stuttgart) unter der Beratung von Prof. Jochen Hippler den Report “Der Westen und die islamische Welt - Eine muslimische Postition” vorgelegt:
http://www.ifa.de/islamdialog/index.htm

Sechs muslimische Intellektuelle (Vitae S. 90 f.) haben den Text verfasst; das ausgewogene Geleitwort von Jochen Hippler haben die Autoren wohl erst im Nachhinein lesen dürfen.

Wer immer auf Dialog gepolt ist, wird eine feine Herausforderung finden:

  • Auf S. 27 wird man - anfangs frohgestimmt - vor eine aussichtslos erscheinende Aufgabe gestellt:
    “Wir sind der Auffassung, dass solche eine negative Wahrnehmung durch eine kritische Annäherung an das Studium und den Unterricht von Geschichte korrigiert werden kann - auf beiden Seiten. Selbstkritik ist bitter nötig, um die Geschichte von Mystifizierungen und ideologischen Fehlinterpretationen zu befreien.”
     
  • Sehr fraglich ist aber, ob man die Autoren von ihren eigenen “Fehlinterpretationen” befreien kann:

    - Der tiefe Griff in die Geschichte der “Kreuzzüge” wird jeden Muslimen von den imperialistischen Absichten der Westler erneut überzeugen;

    - der US-Krieg gegen Afghanistan war “geopolitisch” motiviert;

    - Palästina nimmt einen breiten Raum ein - von der Road-Map ist keine Rede. Der Westen und insbesondere die USA haben keine Chance;

    - schön, wie die Iran-Frage beurteilt wird (S. 49);

    - die Deutschen werden sich hinsichtlich der ihnen nicht offen ausgesprochenen Sympathie in der arabischen Welt wegen der Juden-Vernichtung nicht länger muslimisch-historische Schuldfreiheit reservieren dürfen, denn nach dem Dialog-Report ist folgende Sichtweise angesagt (S. 51):

    “Deutschland hat Gräueltaten gegen die Juden begangen und damit den Anstoss und die sogenannte Rechtfertigung für das zionistische Projekt geliefert.”

    Eingestandenermassen: Bei solcher Schreibe trennen wir uns von solcher muslimischer Intellektualität. Aber die deutsche Szene müsste darauf eine Antwort geben.

Komprimiert man alle Aussagen des Reports und spiegelt sie in die ab S. 86 verzeichneten “Empfehlungen”, dann öffnet sich ein Delta kafkaesker Qualität. Man muss schon sehr abgebrüht sein, sich so “dialogisch” zu positionieren. Aber mit dem Segen des Sonderprogramms des Auswärtigen Amtes dürfte das in Ordnung gehen.

{Das Dia log}

 

Ruanda: Toten-Puzzle

8. April 2004

Zum 10-jährigen Jahrestag des Massakers von Hutu-Milizen an der vermeintlichen Ethno-Gruppe der Tutsi, welches - am 7. April 1994 beginnend -, innerhalb von 100 Tagen .ca. 500.000 bis 800.000 Menschen das Leben gekostet hat, konnte man via TV die entsprechenden Trauerfeiern anschauen und auf www.zeit.de und www.spiegel.de   die entsprechenden Berichte lesen. Die U.N. hätten versagt, der Westen; nur die belgische Regierung war zu den Trauer-Feierlichkeiten vertreten.

Für ein gleich-gelagertes Szenar in der Zukunft suchen wir noch nach Operations-Plänen; die Eckpunkte sind zunächst:

  • Irritierend - und nicht als “Entschuldigung” gedacht - ist der Vermerk im Standardwerk “Globale Trends 1996” der “Stiftung Entwicklung und Frieden” (S. 377, Tabelle “Die brutalsten Fälle von Genozid und politischem Massenmord im 20. Jahrhundert”):
    “Massaker des Tutsi-Regimes in Burundi an den führenden und gebildeten Hutu” in den Jahren 1971/72: 150.000 Tote”;
     
  • Nach Darstellung des damals in Ruanda verantwortlichen U.N.-Generals, dem Kanadier Roméo Dallaire, hätten 5.000 Blauhelme der U.N. genügt, den Massenmord zu verhindern (über Dallaire gibt es einen eindringlichen TV-Film, der einen Preis verdient hätte);
     
  • Im Getümmel der Bericht-Erstattung haben wir die “Entschuldigung” aufgeschnappt, dass nach dem “Black Hawk Down”-Desaster der USA in Somalia (Okt. 93: Leichenschändung, 18 Tote an einem Tag, ca. 80 insgesamt) der Clinton-Regierung nicht nach einer Wiederholung in Ruanda zumute war (von Volker Rühe und Hans Rühle ganz zu schweigen);
     
  • Dann ist zu lesen: Lawrence F. Kaplan, “Tolerating Casualties, From the Top Down”, in “Washington Post”, 3. April 04, S. A23;
     
  • Zusätzlich zu verarbeiten ist General Mark Kimmit, der als U.S.-Militär bei den Pressekonferenzen der Provisorischen Regierung des Irak zu den aktuellen Vorgängen dieser Tage Stellung genommen hat. Von ihm stammt u.E. das Zitat des Leitsatzes der 1st (US)Army Division: “No better Friend - No worst Enemy”. Allein über dieses Spannungsverhältnis von persönlicher Apathie der Soldaten und ihrem Corps-Geist in der Aufgaben-Erfüllung ließen sich Romane schreiben.

Der langen Rede kurzer Sinn - mit anderern Worten:

  • Wenn morgen erneut ein Ruanda drohen würde, wäre als erstes der politische Wille zum militärischen Engagement in Frage. Die vom Kalkül des Überlebens gesteuerten Politiker in Europa würden sich im Wege des vorauseilenden Gehorsams den vermeintlichen Meinungstrends vorab beugen;
     
  • Wesentlich katastrophaler ist aber die Situation bei den militärischen Fähigkeiten des Westens. Mit dem Balkan und Afghanistan hat sich Europa bereits an seine Grenzen getastet. Niemand hat eine konzeptionelle Antwort auf das Grundproblem: Jede “aktuelle” Intervention hat eine militärische Jahrzehnt-Nachsorge der “polizeilichen” Stabilisierung zur Folge, die Militärs mit ihrem Blick für die Kriegsführungsfähigkeit der Truppe gar nicht mögen.

Andererseits ist es nicht empfehlenswert, deswegen speziell mit dem Finger auf die anscheinend konzeptionslosen Militärs zu zeigen. Dass “Zivilisten” möglicherweise noch eher Konzepte für die “erweiterte Sicherheit” beisteuern müssen, zeigt der “Krieg” gegen das tägliche “Ruanda”: HIV/AIDS. Nach U.S.-Aussenminister Colin Powell, der wie keiner anderer gegen diese “Pandemic” kämpft und sie in Haiti gerade als “grösste Bedrohung der Menschheit” gekennzeichnet hat, sterben dadurch täglich 8.000 Menschen. Nach Adam Riese darf man anmerken, dass in ruandischen 100 Tagen dies auch 800.000 Tote sind (sorry- wie gross war noch einmal die Zahl der Hungertoten - weltweit, 100-täglich?).

Wer sich konzeptionell in der Lage sieht, die “dots” richtig zu verbinden, um die Welt doch noch zu retten, dabei “Spass” haben und noch Geld verdienen will, möge sich melden.

{Paragraph 5 der rheinischen Strategie lautet: “Watt soll der Quatsch?”}

 

Kanzler-Geburtstag: bescheiden

7. April 2004

Wenn unser Kanzler heute seinen 60sten Geburtstag feiert, darf ein Festredner aus den Reihen der sicherheitspolitischen Community nicht fehlen. Nachfolgend veröffentlichen wir den Text der Fest-Rede eines Polit-Gratulanten, dessen Name sicherlich sehr bald herausgefunden werden wird (Sperrfrist 7.4.04 - Es gilt das gestochene Wort):

  • “Sehr geehrter Herr Bundeskanzler, lieber Gerhard,
    eingedenk meines Privilegs, Dir zu Deinem 60sten Geburtstag eine Laudatio auf die sicherheitspolitische Komponente Deines Wirkens halten zu dürfen, möchte ich mich auf den Kern beschränken, der Deinem Handeln zugrunde lag: der strategischen Bescheidenheit. Dieser Wert mag heute nicht hoch im Kurs stehen, aber die entscheidenden Wegmarken Deiner sicherheitspolitischen Führung haben ihre Wirksamkeit bewiesen:

    - Zur Amtsübernahme 1999 hast Du aus dem Kosovo-Krieg unschätzbare Lehren gezogen;

    - Im August 2002 hast Du die “Diplomatie des Marktplatzes” der handwerklichen Eleganz aussenpolitischer Subtilität vorgezogen;

    - Der Balance-Akt zwischen strategischer Gegnerschaft zum Krieg gegen den Irak und die operative Unterstützung desselben war unnachahmlich;

    - die Hindukusch-Dominanz als Offset für die Irak-Ablehnung wirkt plausibel;

    - über allem wird Deine Anstrengung für den Aufbau des Gegenpols Europa leider nicht deutlich genug erkannt;

    - dass Du mutig die uralte Forderung nach einem deutschen Sitz im Sicherheitsrat der U.N. formuliert hast, zeigt Zurückhaltung in weltlicher Einordnung.
     
  • Warum nenne ich diese Punkte als Beleg für eine Strategie der Bescheidenheit? Wir sind uns wohl alle des treibenden Motivs politischen Handels bewusst: Der Anerkennung durch und in der Geschichte. Bescheiden ist Gerhard Schröder deshalb, weil er darauf verzichtet, Staatsmann zu werden und Politiker zu bleiben.”

{Geschichte fängt spät, aber auch so früh an}}

 

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