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Rüstung: Grundsätze / Kriterien

 

 

Fähigkeitsperspektive: egal

12. Februar 2008

Die “Deutsche Gesellschaft für Wehrtechnik” (DWT www.dwt-sgw.de ) hat uns wieder zum Nachhilfeunterricht eingeladen: “Perspektiven der Verteidigungswirtschaft” in Bad Godesberg.

Wie immer lernt man, denn die Referenten sind oft die Häuptlinge ihres jeweiligen Faches:

  • Ministerialdirigent Schmidt-Franke, Chef der Rüstungsabteilungen I + II des BMVg, hat uns wichtige Vorhaben mitschreiben lassen:

    - ANSOR (Radar): Ein gemeinsames Forschungs- und Technologieprojekt (F, UK, D, I)
    (zu gern hätten wir einmal einen Überblick über das gesamte Feld des Themas “Radar”. Auf diesem zukunftsträchtigen Feld, wo es kaum zivile Anwendungen gibt, scheint es einen Technologie-Wettbewerb der Nationen zu geben, dessen Schärfe enorm sein muss);

    - WERA: Deutschland hat auf dem Feld der weltraumgestützten Aufklärung erhebliche Ambitionen; man muss die Nachfolge von SAR-Lupe anpacken;

    - Bei unbemannten Systemen für Land und Wasser geht es um einen 25 kg-Roboter für Stadtkampf incl. Gebäudeaufklärung, Unterwasser-Vehikel der 100 - 1.000 kg-Klasse sowie unbemannte Landfahrzeuge;

    - Die Effizienz-Steigerung von Rohrwaffen bleibt Thema. Was mit dem “abstandsaktiven Schutzsystem - Hohlladung gegen Luftfahrzeuge” genau gemeint ist, müssen wir nachschlagen. IDAS, eine von U-Booten abzuschiessende Rakete gegen Luftbedrohung (DIEHL), bisher weltweit ohne Konkurrenz, steht weiter auf der Agenda;

    Bei den genannten aktuellen Beschaffungsvorhaben sind herausragend:
    - 155 EAGLE IV ab 2008 bis 2010,
    - 230 schwere MG-Waffenstationen und 190 leichte sowie 40mm-Granatwerfer,
    - Panzerabwehrrakete EUROSPIKE für PUMA und später die Infantrie,
    - “Realignment” METEOR,
    - 5 PREDATOR (B?) und 2 Bodensegmente für die Aufklärung in der Tiefe (man hat uns deutlich gemacht, dass nach dieser “Anfangsbefähigung” der Auftrag für die “Grundbefähigung” nach Europa gehen wird, wohl nicht vor 2015 meinen wir).
     
  • Flotillenadmiral Lange, im Führungsstab der Streitkräfte (Fü S VI) für Planung und Konzeption zuständig, hat zwei Bereiche detailliert beschrieben, die hochinteressant sind:

    Die Faktoren, die für die Priorisierung in der Rüstungsplanung dienen (“Prio-Systematik”):
    1. Fähigkeitsschwerpunkte
    2. Fähigkeitszuwachs
    3. Systemzusammenhang
    4. Kräftekategorien
    5. NetOpFü
    6. Betriebskosten
    7. Multilateralität
    Angehängt wurde der Faktor rüstungswirtschaftliche Bedeutung (95 % aller Beschaffungsvorhaben sind 25Mio.Vorlagen für das Parlament).

    Ausschneiden sollte man, was im Fü S VI in “frühen Phase” der Fähigkeitsanalyse steckt:

    - Fähigkeit zur nicht-lethalen Wirkung
    - Luftraumüberwachung im Einsatzraum
    - Identifizierung von Objekten am Boden
    - Neutralisierung von IED’s
    - Zentrale Führungseinrichtungen (Objektschutz).

Ex-UBoot-Fahrer (falsch; richtig: Ex-Schnellboot-Fahrer) Lange hat nebenbei den Hinweis auf die schöne Dienstweisheit gegeben, die man nicht nur unter Wasser gelten lassen sollte:

{“Hauptsache, es geht voran - die Richtung ist egal”}

 

IG-Metall/LRI: German Vote

18. Januar 2006

Nach unserer Erfahrung verspricht die Lektüre von Texten des Arbeitskreises “Wehrtechnik und Arbeitsplätze in der IG Metall” unter der Leitung von Peter Schaaf immer einen erheblichen Erkenntnisgewinn. Die jüngst beschlossene “Ottobrunner Erklärung” (21 Seiten)
“Zur Lage der militärischen Luft- und Raumfahrtindustrie
in Deutschland” (.pdf)”

bestätigt u. E. diese Einschätzung.

Erfrischend ist, dass die IG Metall

  • grundlegende politische Wirkungsmechanismen beim Namen nennt (S. 9):
    “Als Partner im internationalen Bereich, besonders bei Hochtechnologien, wird nur ernst genommen, wer auf eigene Leistungen und Zielvorstellungen gestützte Autorität besitzt”;
     
  • eindeutig die nationale Interessenbestimmung als Ausgangspunkt für die multilaterale Positionsbestimmung in Europa hervorhebt (auch S. 9) und den Fachbegriff “German Vote” in Europa beschreibt (S. 20);
     
  • keine Angst vor als politisch inkorrekt angesehener Kritik an dem französischen Regierungskurs hat und deutschen “Gegendruck” fordert (S. 11);
     
  • versteht, was “Systemführerschaft” bedeutet (S. 16);
     
  • die deutsche Raumfahrtpolitik mit “illusionären Raumfahrtprojekten” verbindet, die die 3 - 5 Mrd. EUR teuere Leiche des “Columbus” im Keller begraben hat (S. 10).

Wäre man wehmütig, würde man angesichts des die deutsche Gesellschaft beherrschenden Diskurses, ob man einen Untersuchungsausschuss über vergossene Milch oder die ganz oder teilweise Beitragsfreiheit des Kindergartenbesuches einführt, sich noch den ultimativen “Chardonnay” einschütten. Der Effekt wäre fatal, weil man nicht mehr in der Lage ist, zu erkennen, daß die NASA gerade einen 700 Mio. USD teueren Satelliten gen Pluto schicken will, der im Jahr 2015 (!) vielleicht irgendwelche Ergebnisse liefern soll.

Gibt es 2015 noch ein “German Vote”? Wir sind sicher, dass die Herrschaften auf diese Frage ins Stocken geraten.

{Rückwärtsgewandtheit ist auch ein Feigenblatt}

 

Panzer-Schutz: gewahrt

12. Dezember 2005

Wenn man sich irgendwann einmal nachhaltig hat belehren lassen, dass Feuerkraft, Beweglichkeit und Schutz die grundlegenden und entscheidenden Faktoren für das Gefecht sind, wird man sich angesichts der technischen Daten von

seine Gedanken machen können:

  • Je mehr man das Credo “Schutz - Schutz - Schutz” der Heeresführung teilt, desto teuerer wird es zukünftig.
     
  • Es wird Zeit, dass auf europäischer Ebene (European Defense Agency - EDA) die entsprechenden Informationen über das Schutz-Niveau aller eingeführten (und projektierten) gepanzerten Fahrzeuge offengelegt wird. Wenn die Soldaten aller europäischen Armeen offen ablesen könnten, welchen Schutz ihre Regierungen für sie einkaufen, wäre die Standardisierung keine Frage.
     
  • Wenn die EDA die “Stiftung Rüstungstest” werden würde, laden wir das Jahrbuch auf jeden Fall ab.

Wer uns ordentliche Gedanken senden möchte, sollte sich ganz frei fühlen.

{Der Schutz wird immer gewahrt}

 

Beschaffungs-Trend: fliegen

18. September 2003

Es hat uns wirklich nicht wenig Zeit gekostet, eine Tabelle (als pdf.) zu erstellen,

  • die aus den Entwürfen der Haushaltspläne des Verteidigungsministeriums die Summen für die militärischen Beschaffungen (Soll, Gruppe 554) herauszieht,
     
  • die hoffentlich Trends erkennen lässt.

Was die Beurteilung der Trends angeht, sind wir etwas unsicher. Relativ klar erscheint uns nur:

  • Der Aufwuchs bei Kapitel 1403 kennzeichnet den erheblichen Bedarf, der durch die Auslandseinsätze der Bundeswehr bedingt ist und im strukturellen Geflecht der Beschaffungen eine neue Grössenordnung darstellt.
     
  • Das Kapitel 1415 (Feldzeugwesen) ist die charmante Umschreibung für den Bereich der Truppengattung Heer; der Abwärtstrend ist deutlich.
     
  • Unter Kapitel 1418 segelt die Marine. In den Jahren nach 2004 wird der Trend nach unten eintreten, weil abnehmenden Beiträge für die Fregatte 124 und das U-Boot U 212 den zwischendurch zunehmenden Betrag für die Korvette K 130 nicht aufwiegen.
     
  • Einzig die Luftwaffe mit ihrem Haushaltskürzel “1419” ärgert die restlichen Truppengattungen. Nach Insider-Kenntnissen wird sie 2008 mit etwa 68 % aller Beschaffungs-Gelder davonfliegen.

Gar nicht beantwortet diese Tabelle die entscheidende Frage, ob die Aufgaben und Fähigkeiten der Bundeswehr auf den Nenner der langfristigen Finanzierbarkeit gebracht werden können.

{Sun Tsu sagt: “Hadere nicht mit der Zukunft - sie kommt”}

 

Rüstung: schimmernd

2. Dezember 2002

Für die “Nachsteuerung” der Scharping’schen Bw-Reform (Reform der Reform ist regierungs-”verbotenes” Wording) gibt es nun die erste Vorlage des General-Inspekteurs Schneiderhan an den Verteidigungsminister. Der Grund ist bekannt: Die für die Modernisierung der Rüstung notwendigen Finanzen fehlen weitgehend - Scharpings späte Insolvenz.

Zunächst werden früher geplante Stückzahlen reduziert:

  • Heer:

    - Das Multi-Missions-Fahrzeug GTK (Gepanzertes Transport-Kraftfahrzeug), dessen Proto-Typ am 12. Dez. bei Krauss-Maffei/Wegmann Roll-Out feiert, wird nicht erst in  Vorserie, sondern sofort in Serie produziert;

    - Statt 212 Hubschrauber des Typs Tiger werden nur 80 Stück gekauft. Vor mehr als 10 Jahren als Panzer-Abwehr-Hubschrauber konzipiert, später als Kampf-Hubschrauber gewünscht, wird das am 16. Dez. ausrollende erste Serien-Flugzeug nun schamhaft auch als UHU (Unterstützungs-Hubschrauber) tituliert;

    - Die für den TIGER vorgesehene Panzer-Abwehr-Rakete PARS LR (Long Range) wird auf absehbare Zeit nicht beschafft, sondern nur weiterentwickelt;

    Der hauptsächlich für das Heer (120 Stück), aber auch für Luftwaffe (85) und Marine (38) vorgesehene taktische Transport-Hubschrauber NH-90 wird in seinem Zulauf abgetaktet.
     
  • Luftwaffe:

    - Durch Änderung des Auftrages der Luftwaffe (kein Vorhalten von Flug-Gerät für die Aufgabe “Evakuierung” sowie Ausbildung und Friedens-Betrieb - 80 % = 13 Flugzeuge) wird die bisherige Forderung von 73 A400M auf 60 abgesenkt. Damit erreicht die anfangs bei 288 Stück liegende Bestell-Summe des Transport-Flugzeuges mit 180 Exemplaren die von AIRBUS genannte Mindest-Bestell-Summe in einem Segment, dessen Markt auf rund 1.000 Flugzeuge geschätzt wird. Die zwischenzeitlich vom Verteidigungsminister favorisierte Abkehr vom fälschlich als “Commercial Approach” betitelte Beschaffungs-Methode wird nun doch angewandt. Alle Kosten bis zur Lieferung (Entwicklung etc.) müssen zwischenfinanziert werden, was allein 850 Mio. EUR kostet (bei 73 Flgz.). Die Begründung dafür ist klar: Lt. Beschaffungs-Vorlage des BMVg vom März 2002 würde die übliche Bezahlung des A400M bereits im Haushalt 2003 mit 313 Mio. EUR (2004: 450 Mio. EUR) zu Buche schlagen, was die Rüstungsplanung entgültig sprengen würde;

    - Der noch in 2002 zu erwartende Beschaffungs-Vertrag über die Luft/Luft-Rakete IRIS-T (europ. Konkurrenz-Entwicklung zur “Sidewinder”-Linie der USA) wird in den Stückzahlen gekürzt;

    - Das Entwicklungs-Projekt einer über 120 km Reichweite wirkenden Luft/Luft-Rakete mit Namen METEOR soll nur noch mit einem Drittel der bisher geplanten Anzahl (1.800) beschafft werden. Da die Beschaffung im allergünstigsten Fall ab 2012 anlaufen könnte, ergeben sich kurzfristig finanzielle Reduzierungen nur bei dem deutschen Anteil der Entwicklungskosten; die Beschlussfassung über den Entwicklungs-Beginn wird seit längerem von Franzosen und Briten erwartet.
     
  • Marine:

    - Die Bundesmarine, die bisher einen Bedarf von 16 Fregatten/Zerstörern reklamiert hat, wird sich mit 12 bescheiden müssen;

    - Bei den U-Booten wird der bisher geplante Bedarf von 12 auf 8 abgesenkt;

    - Der für 2003 geplante Anschub für ein neues MPA (Maritime Patrol Aircraft, Nachfolge ATLANTIC) wird verschoben; angestrebt wird eine reine Kauf-Lösung. Damit scheitern wahrscheinlich Entwicklungs-Lösungen der EADS. Die einzigen Kooperations-Partner, die Italiener, werden US-Anbieter (Raytheon) bevorzugen;

    - Für die Freunde der Korvette K-130 wird die Bedarfs-Zahl ebenfalls gedrittelt; es bleibt beim 1. Los von 5 Schiffen.

Im zweiten Abschnitt der Reform der Reform geht es um die Reduzierung der Betriebskosten:

  • Die noch bestehenden Schnellboot-Geschwader sollen schneller aufgelöst werden; ebenso die Flug-Abwehr-Raketen-Geschwader mit Systemen des Typs HAWK und Transport-Hubschrauber UH1D;
     
  • Beim Heer ist noch ungeklärt, wieviel Kampfpanzer des Typs Leopard verbleiben. Der System-Bedrohung entsprechend werden sowieso nur rund 350 Leos modernisiert;
     
  • Der kosten-sparendste Vorschlag von General Schneiderhan ist die Ausser-Dienst-Setzung eines Geschwader-Equivalents, denn die Betriebskosten eines Luftwaffengeschwaders (mit je 2 Staffeln) belaufen sich auf etwa 1 Mrd. EUR. Spannend wird, ob sich der General-Inspekteur in der Auseinandersetzung zwischen Luftwaffe und Marine auf die Seite der Marine-Flieger schlägt, denn sie haben im einzigen Marineflieger-Geschwader in Tarp/Eggebek 3 Staffeln mit Tornados. Geschwader-Fans verweisen darauf, dass die Eggebeker ihren Luftwaffen-Kameraden bei Leistungs-Überprüfungen gut voraus sind, aber das “Manko” eingestehen müssen, noch nie im Einsatz gewesen zu sein. Wahrscheinlich wird ein JABO-Geschwader der Luftwaffe gestrichen, weil Jagdbomber im Gegensatz zu “Luft-Verteidigern” doch zu offensiv für die “Zivilmacht Deutschland” sind.

Die Beurteilung des 1. Streich-Konzertes der “Reform der Reform” fällt kritisch aus:

  • Die “Los”-Kürzungen im Bereich der Rüstungs-Modernisierung erzielen zweifellos etwa ab dem Jahr 2008 ihre Wirkung, helfen aber nicht gegen die Rüstungs-Aufwüchse bis dahin;
     
  • Schnellere Ausser-Dienst-Setzungen sind schon vor Jahren vorgeschlagen worden. Die für die betroffenen Soldaten entstehende Frage, was man denn bis zum Zulauf des neuen Waffensystems macht, wird damit im Kleingedruckten nicht beantwortet;
     
  • Die milliarden-schwere Streichung eines Jagdbomber(?)-Geschwaders weist in die Richtung, dass sich die militärische und politische Führung des Verteidigungs- Ministeriums vor dem Febr. 2003 noch nicht in den Bereich wirklicher Einsparungen vorwagen will. Denn die Themen Wehrpflicht und Umfang (der Bw) sollen lt. Order noch nicht thematisiert werden. Aber sie kommen.

{Unausbleiblich ist ein wundervoll schimmernder Begriff}

 

Rüstung 2003: L. Marleen

30. Sept. 2002

Intern ist im Bundes-Verteidigungsministerium die Weisung schon erteilt: Erarbeitung einer neuen Rüstungs-Priorisierung - Guideline ist die Kassenlage. Der Grund ist nicht das aktuelle Sparpaket des Finanzministers Eichel über 10 Mrd. EUR. Nein, die Weisung ist vor der Wahl ergangen. Nach dem Minister-Wechsel hat man (urplötzlich) festgestellt, dass die Kassenlage noch nicht einmal die Beschaffung einer zusätzlichen Patrone erlaubt. Der Nach-Vollzug dieser Tatsache ist relativ einfach:

  • Seit März 2002 haben wir die Liste der sog. “Wesentlichen Gross-Vorhaben” veröffentlicht. In Verbindung mit dem Betrag, der sich für die “sonstigen militärischen Beschaffungen” lt. der Darstellung des Bundesrechnungshofes für 2003 ergibt, ist für 2003 von einer Anforderung von 5,6 Mrd. EUR auszugehen. Dazu zu rechnen sind 665 Mio. EUR für das IT-Projekt “Hercules” (zivile IT der Bw), die im März 2002 nicht in den Wesentlichen Gross-Vorhaben gelistet waren; zusammen also: 6,265 Mrd. EUR in 2003.
     
  • Der Blick in den “Entwurf zum Bundeshaushaltsplan 2003, Einzelplan 14, Bundesministerium der Verteidigung (Anlage zur Drucksache 14/9750)”, S. 127, zeigt, dass
    - für (militärische) “Beschaffungen”, (Titel-Gruppe 554) 4,049 Mrd. EUR eingesetzt sind;
    - für “Wehrforschung” (Titelgruppe 551) 877 Mio. EUR geplant sind.
    Zusammen ergeben sich also aufgerundet 4,927 Mrd. EUR (Beschaffungen und Wehrforschung werden hier zusammengerechnet, weil die Systematik der Rechnungen des “Datenwerks” über Wesentliche Gross-Vorhaben und “sonstige militärische Beschaffungen” ebenso verfährt).
     
  • Zwischen den Anforderungen (6,265 Mrd. EUR) und den tatsächlich geplanten Mitteln (4,927 Mrd. EUR) ergibt sich das DELTA von 1,33 Mrd. EUR für 2003.

So man nach Einspar-Möglichkeiten in dieser Grössen-Ordnung sucht, wird man bei den Wesentlichen Gross-Vorhaben (WGV) wenig Glück haben. Versuchen Sie es selbst: Gehen Sie die Liste der WGV durch unter dem Gesichtspunkt, welche Vorhaben bereits vertraglich abgesichert sind, bzw. zwingend unter Vertrag genommen werden müssten.

Über die Einzelheiten der “Sonstigen Militärischen Beschaffungen” in Höhe von rund 2,3 Mrd. EUR für 2003 haben wir keine Ahnung, nur: Um das DELTA zu schliessen, müssten sie um 1,33 Mrd. EUR auf 1 Mrd. EUR gekürzt, also mehr als halbiert werden!

Letzte Hilfe könnten die “Scharping’schen” Super-Einsparungen und Veräusserungs-Gewinne von bis zu 613 Mio. EUR (1,2 Mrd. DM) sein. Allerdings glaubt im BMVg seit dem Abgang des Rechenkünstlers Scharping kein Mensch mehr an solche Märchen, schon gar nicht der Nachfolger. Minister Dr. Peter Struck wird beweisen müssen, ob er:

  • wie gehabt - unter höchster Geheimhaltung - weiterhin die Probleme unter den Teppich mauschelt;
     
  • aus allen eindeutig vorliegenden Indikatoren den sachlich-logischen Schluss zieht, dass der Scharping’schen Reform die “Weizsäcker-Reform” folgen muss;
     
  • den Mut und den Willen aufbringt, diese staatsmännische Leistung auch zu “exekutieren”.

Natürlich sind wir auch wie “Carola von Gästern”: Wir glauben, dass Hans Eichels Streichquartett (in Höhe von 10 Mrd. EUR) vor den Kasernen-Toren halt macht. Wie immer hilft

{Lilly Marleen}

 

Bw/Industrie: Ping-Pong

19. April 2002

Vorgestern hatte die nicht unbedeutende “Deutsche Gesellschaft für Wehrtechnik” ihr Jahrestreffen in der Stadthalle Bonn-Bad Godesberg. Rund 750 sachkundige Teilnehmer aus Wehr-Bürokratie, Wehrtechnik sowie uniformierte Wehr-Schaffende lauschen hochkarätigen Vorträgen.

Gleich zu Beginn das “Hightlight”: Rüstungs-Staatssekretär Dr. Stützle spricht zum Thema “Partnerschaft zwischen Bundeswehr und Industrie - Ziele, Motive ... :

  • Die Stimm-Modulation ist unglaublich bedeutungschwanger;
  • Hochwürden parliert erstmal 20 min frei ganz weltmännisch, liest zwischendurch ein wenig ab, um dann wieder mächtig Platitüden zu schwadronieren;
  • Beide Arme bundesadler-haft mächtig auf die Seitenwände des Pultes abgestützt, lässt sich die personifizierte Staatsgewalt ab und an doch zu weiträumigen Einarm-Bewegungen hinreissen;
  • Eine geschlagene Stunde die Zuhörer mit den oberflächlichsten Gemeinplätzen zu ärgern, sich zweimal gekünstelt daneben zu erregen und derart hoch vom Dache zu kotzen - das muss man erstmal so können. Grandios, denn die Teilnehmer haben auch noch geklatscht. In der Pause war allerdings sehr Drastisches zu hören.
  • Nach unserem Urteil ist das Ertragen der Rede schmerzensgeld-pflichtig - die Höhe des Schmerzengeldes ergibt sich aus: 1h x durchschnittl. Stundengehalt von ca. 28 EUR x 750 Teilnehmer = 21.000 EUR.

Später betrat allerdings Mario Gabrielli die Redner-Position. Das Vorstandsmitglied des grössten deutschen Rüstungskonzerns, Rheinmetall DeTec AG, war mit dem Thema
“Die Sicht der Industrie zu den neuen Kooperationsformen im Bereich Rüstung - eine Soll/Ist-Analyse” angekündigt.

Seit gut zwei Jahren haben wir die Partnerschafts-Schalmeien von Vertretern der Industrie und der Administration gehört; alles war super-toll, die Herrschaften lagen sich liebevoll in den Armen. Nachdem auf der 39. Kommandeur-Tagung vom General-Inspekteur Harald Kujat schon die ersten Warnmeldungen kamen, hat Gabrielli von Seiten der Industrie die Wirklichkeit komplettiert.

Er hat klar die “Erwartungen aus Sicht der Industrie” beschrieben:

  • “Beschleunigung in den Verfahren und Privatisierungsbemühungen”;
  • Vereinfachung, um die Reformen nicht durch Regularien zu ersticken;
  • Transparenz, um einen industrie-kompatiblen und fairen Vergleich zu erlauben;
  • Wirtschaftlicher Nutzen, um Kooperationsmodelle nach wirtschaftlichen Regeln zu ermöglichen.”

Gabrielli nennt die folgenden “wesentlichen Hürden und Hindernisse”:

  • “Personal
    Veränderung der öffentlich-rechtlichen Strukturen erforderlich, da sonst keine signifikanten Einsparungen möglich sind (“Bei den meisten Pilot-Projekten ergeben sich die Effizienz-Gewinne nur über das Personal”);
  • Projektlaufzeiten
    Verlängerung der Laufzeiten auf 10 - 15 Jahre erforderlich, um wirtschaftliche Finanzierungs- und Abschreibungsmodelle zu ermöglichen.
  • Einbindung Mittelstand
    Modelle müssen eine Nutzung und Auslastung der industriellen Ressourcen zulassen;
  • Übernahme Altgerät
    Weiterverwendung muss wirtschaftlich bleiben und einen Anreiz für den neuen Nutzer bieten;
  • Ausschreibungsbedingungen
    müssen verhandelbar gemacht werden.”
  • Preisrecht
    “Wenn das Preisrecht weiter so gilt, wird es keine Finanzierungsmodelle geben.”

Warum das Vorzeige-Modell - das Gechtsübungszentrum (GÜZ) des Heeres - erfolgreich sei, erklärt Gabrielli an der “Hindernis-Skala”:

  • “Geringe Personalverpflichtung
  • + ausreichende Projektlaufzeit
  • + keine Übernahme von Altgerät”.

Die folgenden “Bronze-Sätze” des Mario Gabrielli haben wir - nach all den bisherigen wohlfeilen Marketing-Lullen - genossen:

  • Es muss eine echte Partnerschaft geben, kein “Ping-Pong-Spiel”;
  • “So wie heute damit umgegangen wird, glaube ich nicht, dass wir zum Ziel kommen.”
  • “Die Pilot-Projekte sind für die Industrie nicht lukrativ.” “Wir brauchen die Einsicht, dass die Industrie nicht nur Nutzen stiftet, sondern für sich selbst einen Nutzen in Form von Gewinn realisieren muss.”
  • “Die Finanzierungsmodelle verlangen Bonität der Verteidigungs-Industrie.”
  • “Die Verteidigungsindustrie ist nicht nur der Problem-Löser für den Kunden, sondern muss auch Gewinn machen. Die Risiken müssen halbwegs kalkulierbar sein. Mit steigendem Risiko muss auch eine Chance auf höheren Gewinn möglich sein.”
  • “Wir brauchen die Einsicht, dass Reformen Geld kosten, bevor sie Geld bringen.”
  • “Ich bin mir nicht sicher, ob es eine Partnerschaft zwischen Bundeswehr und Wirtschaft geben wird.”

Schön, dass man in dieser Republik noch Momente erlebt, wo sachlich, offen und mutig die Dinge beim Namen genannt werden - und nicht in ängstlicher Untertanen-Verdrossenheit und hybrider Egomanie die Sargnägel für das Siechtum eingehämmert werden.

{Wenn alles schweigt, Blöde tosen, geht mit Sicherheit was in die Hosen}

 

BDI/Kraemer: Aufstand

11. März 2002

Von einem alten Freund haben wir ein Fax bekommen: Der Brief des Vorsitzenden der Arbeitsgruppe Verteidigungswirtschaft des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI), Dr. Ernst Otto Kraemer, an den Bundesminister der Verteidigung, Rudolf Scharping, MdB, mit Datum vom 5. März 2002.

Man könnte das ja als Gemaggel von Verbandsfürsten abtun, vor allem, weil Dr. Kraemer immerhin Vorstandsvorsitzender der Rheinmetall-Detec und damit des grössten deutschen Rüstungskonzerns ist. Das Neue aber ist, dass die deutsche Rüstungsindustrie

  • sich erstmals von ihrer selbst so verordneten Rolle als handzahmer Zuwendungs-Empfänger staatlicher Honorigkeit löst,
     
  • konkret die seit drei Jahren versprochenen Minister-Direktiven hinsichtlich der Positionierung der deutschen Verteidigungs-Wirtschaft einfordert und
     
  • deutlich das Ende der Geduldsphase mit diesem Verteidigungsminister signalisiert.

Bezugspunkt des Kraemer-Kanonade ist der BMVg-Bericht zur “Lage der deutschen wehrtechnischen Industrie” . Hier die Hits aus dem zwei-seitigen Brief:

  • “Der zitierte Bericht weist zwar an verschiedenen Stellen auf die wirtschaftlich schwierige Lage hin, in der sich unsere Branche befindet. Er ist aber nicht geeignet, die prekäre Situation vollständig zu erfassen, in der sich viele Unternehmen der deutschen Wehrtechnik gegenwärtig befinden. Noch schwerer wiegt allerdings der Umstand, dass der Bericht an keiner Stelle für die Industrie greifbar konkrete Perspektiven aufzeigt, die auf einen unbedingten Willen des staatlichen Auftraggebers zum Erhalt der nationalen wehrtechnischen Kompetenzen hindeuten.”
     
  • “Bei allem Verständnis für gesamtstaatliche Aufgaben und für die Absicht der Bundesregierung zu Konsolidierung des Bundeshaushaltes halten wir es deshalb für unsere dringende Pflicht, Sie erneut darauf hinzuweisen, dass der industrielle Beitrag zur nationalen Sicherheitsvorsorge unter den gegebenen Umständen nicht mehr im erforderlichen Umfang gewährleistet und aufrecht erhalten werden kann.”
     
  • “Die im Bericht angesprochenen “intensiven Anstrengungen” der Durchsetzungsfähigkeit nationaler Positionen in diesem Konsolidierungsprozess (in Europa; d. V.) zu sichern, mögen bei unseren europäischen Nahcbarn sprübar sein - in Deutschland sind sie es derzeit jedenfalls nicht.”
     
  • “Für weite Teile der wehrtechnischen Industrie in Deutschland, insbesondere für die vielen mittelständischen Betriebe, sind Zeitverluste und Verzögerungen mittlerweise mit existentiellen Gefahren verbunden. Es ist deshalb höchste Zeit für klare und realistische Perspektiven. Der politische Wille zum Erhalt von nationalen Kernfähigkeiten in der Wehrtechnik darf nicht in Zweckoptimismus münden. Glaubwürdig wird dieser Wille erst dann, wenn er durch politische Entscheidungen und mit verlässlichen Zahlen belegt wird.
    - Es wäre ein erster kleiner Schritt in diese Richtung, wenn die entscheidungsreifen Vorlagen, für die im laufenden Haushaltsjahr 2002 Finanzmittel verfügbar sind, ohne weitere Verzögerung auf den Weg gebracht würden.
    - Es wäre ausserdem ein positives Signal, wenn bürokratische und wirtschaftliche Hürden, die im Zusammenhang mit der möglichlichen Übernahme von Bundeswehraufgaben durch die Industrie errichtet wurden, entschlossen abgebaut würden.
    -Speziell die heerestechnische Industrie erwartet Lösungen für das Problem der in den kommenden Jahren zunehmenden Mittelbindung durch die Grossvorhaben bei Marine und Luftwaffe.
    - Für die deutsche wehrtechnische Industrie insgesamt muss kurzfristig absehbar sein, ob und in welchem Zeitraum, die politisch Verantwortlichen den Modernisierungsbedarf der Bundeswehr mit einem Anstieg der dafür notwendigen Investitionsmittel verbinden.”

Sicher ist, dass eine mögliche Wirkung des Briefes vollständig verpufft ist, falls der Bundeskanzler keine Kopie erhalten hat. Es kann keinen Eingeweihten geben, der von diesem Verteidigungsminister und seinem Rüstungs-Staatssekretär noch irgend etwas vernünftiges erwartet. Aber vielleicht erkennen auch die Rüstungsindustriellen irgendwan, dass ihre Hoffnungen auf mehr Mittel für den Verteidigungshaushalt Träume sein müssen - und nur eine radikale Bundeswehr-Reform die allerletzte Chance ist. Nach diesem Strategen halten wir noch Ausschau - auch mit Restlicht-Verstärker.

{Sun Tsu sagt: “Nur der letzte Schritt ist der entscheidende”}

 

D-Rüstungs-Industrie: Gestelzt

15. Februar 2002

Die Experten des Bundes-Verteidigungsministeriums haben ihren (6.) Bericht “zur Lage der deutschen wehrtechnischen Industrie” verfasst, am 8. Febr. 02 im Verteidigungs-Ausschuss eingegangen; “er deckt Struktur und Auslastung der deutschen wehrtechnischen Industrie bis zum 30. Sept. 2001 ab” (23 Seiten).

Beginnen wir also mit dem “Rahmen” und “brechen” dann alles “runter”:

  • “Die Zahl der Beschäftigten in der deutschen wehrtechnischen Industrie hat sich dabei seit 1989 von rund 280.000 auf unter 90.000 verringert, was einem Anteil von 0,2 Prozent am Gesamtumfang der Erwerbstätigen entspricht. Der Anteil der Produktion der Verteidigungsgüter an der Produktion des verarbeitenden Gewerbes liebt bei 1,5 Prozent und an der gesamten volkswirtschaftlichen Produktion bei 0,3 Prozent.”

Zur “Lage der deutschen wehrtechnischen Industrie, gegliedert nach wehrtechnischen Bereichen”:

  • “Gepanzerte Fahrzeuge”
    - “Rückführung der jährlichen Auftragsvolumina von etwa 1,2 Mrd. EUR auf rund 256 Mio. EUR ...
    - “Die Gesamtzahl der in der Panzertechnik Beschäftigten sank im Zeitraum 1989 bis 200 von zirka 44.000 auf zirka 10.000 Personen.”
    - “... noch keine nennenswerte ausländische Beteiligungen.”
    - “... ist insgesamt eine wirtschaftliche Auslastung der vorhandenen nationalen Gesamtkapazitäten nicht mehr gewährleistet.”
     
  • “Rohrwaffen”
    - “... sind derzeit noch auf zwei deutsche Unternehmen konzentriert.”
    - “Die Fertigungskapazitäten liegen seit 1995 brach.” (nicht bei Eurofighter-Kanone, bei G 36 noch bis 2004 ausgelastet).
     
  • “Munition”
    - “ ... zum Teil hohe Depot-Bestände der Bundeswehr, die grössere Aufträge in diesem Bereich erst wieder in einigen Jahren zulassen.”
    - “Auch diese reduzierten Kapazitäten können mittelfristig durch Bundeswehraufträge nicht gehalten werden.”
    - “intelligente Rohrwaffenmunition”: “verhältnismässig gut ausgelastet ...”
    - Panzer-Munition: “... bis 2006 ausgelastet”.
    - “Auf dem Gebiet der Artillerieraketen ist die Fertigung seit 1999 eingestellt.”
    - “Insgesamt ist festzuhalten, dass weder für die Entwicklung noch für die Fertigung von Munition die zum Erhalt der notwendigen nationalen Kapazitäten erforderliche Auslastung erreicht wird.”
     
  • “Luftfahrzeuge und Hubschrauber”
    Können wir übergehen, weil hier die Zahlen glänzen, dass einem schwindelig wird.
    - (Interessant ist der Aspekt der Ausrüstungsindustrie, denn ihr Anteil z. B. an militärischem Luftfahrt-Gerät  beträgt ca. 45 %. Problem sind die “bevorzugten Zulieferer”: Die System-Firmen sind in einer Machtpostion sondergleichen, die deutschen mittelständischen Unternehmen können letztlich nur durch ihre Produkt-Brillanz bestehen.)
     
  • “Unbemannte Luftfahrzeuge (Drohnen)”
    - “In der mittelständischen Industrie hat sich eine leistungsfähige Drohnen-System-Kompetenz ausgebildet.” (gemeint ist natürlich STN Atlas)
    - Die EADS kann mit schnell fliegenden Drohnen (CL 289 Upgrade) und Drehflüglern (Seamos) bei der Auslastung der Fertigungskapazitäten erst ab 2005 hoffen.
    - Die “Luna”-Freunde hoffen diesbezüglich ab 2003/4.
     
  • “Flugkörper”
    - Fähigkeiten sind “bedingt noch vorhanden. In Erwartung der Realisierung künftiger Vorhaben wurden Industriekapazitäten vorgehalten.”
    - Konkret geht es um DIEHL und die kränkelnde EADS-Tochter LFK, die wohl in der MBDA (EADS-Anteil 37,5 %) aufgehen wird.
    - “Insgesamt wird der Flugkörpermarkt als Markt mit zukünftigen Wachstumsraten von jährlich 10 bis 20 Prozent betrachtet.”
    - mit den diversen genannten Programmen (IRIS-T, TAURUS, RAM, PARS 3 LR) “könnten die bestehenden Fertigungskapazitäten ausgelastet werden.”
    - “Mit der deutschen Entscheidung zum Einstieg in die Technologie-Machbarkeitsstudie von MEADS können industrielle Mindestfähigkeiten und -kapazitäten für die Entwicklung ovn FlaRak-Systemen mittlerer Reichweite auf Systemebene und verschiedenen Subsystemebenen für weitere drei Jahre erhalten werden.”
     
  • “Schiffe und Marinetechnik”
    Wie der Bereich Luftfahrt-Industrie ist auch dieser so dick bedacht worden, dass sich nur noch die Frage der Übernahme des “Rests” in Europa stellt.
     
  • “Aufklärungssysteme, Navigation, Elektronische Kampfführung”
    - “Vorhandene Kapazitäten und Fähigkeiten erlangen zunehmend strategische Bedeutung.”
    -Simulation für Ausbildung und Übungen:
    “Die Entwicklungs- und Fertigungskapazitäten sind nicht mehr ausgelastet. Mittelfristig sind auf Grund absehbarer Kürzungen extreme Probleme für die vorhandenen Kapazitäten abzusehen.”
    - Navigation:
    “Auf dem Gebiet Navigation ist ein starker Trend zur Übernahme deutscher Firmen - überwiegend durch amerikanische Rüstungskonzerne - festzustellen.”
    - Identifizierung:
    “Eine verstärkte internationale Arbeitsteilung wäre möglich, wird jedoch von den NATO-Partnern unter den Aspekten Verlust von Arbeitsplätzen und nationale Abhängigkeit nur zögerlich umgesetzt.”
    - Aufklärungssysteme”:
    “Auf dem Gebiet der Aufklärungssysteme ist das Radar der einzige allwetterfähige Sensor ... Der Zugriff auf diese kritische wehrtechnische Fähigkeit muss erhalten bleiben. Im Bereich der Entwicklung sind die zum Erhalt dieser Hochtechnologie erforderlichen Kapazitäten bereits weit unterschritten. Die Mindestauslastung der Fertigungskapazitäten wird mittelfristig unterschritten ... Die Möglichkeiten einer nationalen Konsolidierung sind ausgeschöpft.”
    - “Auf dem Gebiet optischer beziehungsweise optronischer Luftaufklärungssensoren gehört die deutsche Industrie derzeit noch zur Weltspitze ... Es ist jedoch fraglich, wie lange sie diese Postion halten kann, wenn Aufträge der Bundeswehr für die modernen optronischen (elektro-optischen) Luftaufklärungskameras weiter ausbleiben.”
    - “Optronik”
    “Auf dem Gebiet der Optronik (Wärmebildtechnik einschliesslich Infrarot-Suchkopf-Technik) gibt es keinen zivilen Markt ... “werden jeweils nur noch von einer Firma angeboten.” (die Super-Spezies von ZEISS Optronic, beinahe an THALES verkauft).
    - “Elektronische Kampfführung”
    - “Es ist daher besonders wichtig, eigene nationale Fähigkeiten zu erhalten.”
    - “Langfristig ist der Know-How-Erhalt gefährdet. Die Fertigungskapazitäten sind mittelfristig ausgelastet.”
     
  • “Informationstechnik”
    - “Informationsverarbeitung”:
    “In einigen dieser Bereiche sind die Mindestkapazitäten durch Abwanderung von Spezialisten zu Branchen, die nicht von der Stagnation betroffen sind, bereits unterschritten.”
    - “Der zunehmende Einfluss ausländischer Firmen führt in Einzelfällen zu einem Konflikt mit den deutschen Sicherheitsinteressen.”
    - “IT für Informations-Übertragung”:
    “Generell sind der Erhalt von Know-How, z. B. auf dem Gebiet der Millimeterwellen-Technik, und Systemfähigkeit wegen der ungewissen Finanzierbarkeit anstehender Vorhaben stark gefährdet.”
    - “Ohne die Umsetzung des Vorhabens satellitengestütztes Kommunikations-System der Bundeswehr (SATCOMBw) wir die Auslastungssituation der deutschen Industriekapazitäten auf diesem Gebiet äusserst kritisch. Gleiches gilt auch für den schlüsseltechnischen Bereich Funk-Kommunikation, in dem ein Know-How-Verlust nicht hingenommen werden kann.”
    “IT für IT-Sicherheit”
    - “Die aus sicherheits- und kooperations-politischen Gründen notwendigen nationalen Kapazitäten und speziellen Fähigkeiten sind nur noch kurzfristig ausgelastet. Die Bundesregierung hält aus Gründen der Sicherheit von Staat, Wirtschaft und Gesellschaft die Fähigkeit deutscher Hersteler zur Entwicklung und Herstellung von sicheren und leistungsfähigen Verschlüsselungsprodukten für unverzichtbar. Für die mittelfristige Auslastung, die essentielle Bedeutung für die Bedarfsdeckung auch für das Auswärtige Amt und das Bundesministerium des Innern hat, sind jedoch dringend Entwicklungs- und Beschaffungsaufträge erforderlich ... Eine internationale Zusammenarbeit speziell bei der Entwicklung von Kryptosystemen und Kryptogeräten existiert derzeit auf Grund des gegenseitigen Misstrauens, vor allem in den USA, nur mit wenigen Ausnahmen.”
    - “Der Erhalt wehrtechnischer Kapazitäten und Fähigkeiten auf dem Gebiet der Abstrahlsicherheit wird ohne öffentliche Aufträge mittel- bis langfristig als sehr kritisch beurteilt und die Abhängigkeiten von anderen Nationen werden sich verstärken.”

Soweit das zugegeben verkürzte und anstrengende Referat der Einzel-Themen des WT-Lage-Berichts. Wenn Sie immer noch nicht genug haben, können Sie unsere (unmassgeblichen) Anmerkungen konsumieren, die nicht den Verfassern gelten, sondern den ihnen vermittelten politischen Richtlinien, für die nur der Verteidigungsminister verantwortlich ist:

  1. Wohl kaum ein Dokument wie dieses vermittelt den staatlichen “deutschen”  Anspruch an “seine” (private) wehrtechnische Industrie. Diese Ziele werden auf der Seite 4 des Berichtes klassisch formuliert und werden deshalb hier nicht im Wortlaut zitiert, weil das hochtrabende Lippizaner-Gestelzel selbst wieder abgemäht wird:
    “Eine existenzsichernde Auslastung für die wehrtechnische Industrie wird jedoch mit dem derzeit absehbaren Ausrüstungsbedarf deutscher Streitkräfte nicht erreichbar sein.”
     
  2. Geradezu lachhaft wird die Geschichte, wenn regierungsamtlich die Übernahme einer Führungsposition Deutschlands in der europäischen Rüstungsindustrie das (hier gedrechselte) Wort geredet wird (an anderer Stele viel deutlicher): “Ziel sollte es sein, dass am Ende dieses Prozesses eine ausgewogene Repräsentanz zukunftsfähiger Rüstungsunternehmen Deutschlands auf dem europäischen Markt gewährleistet ist.”
     
  3. Irgendwan kommt der Tag, wo der Verteidigungsminister entweder selbst (wenig wahrscheinlich) - oder Andere - die sehr konkreten Daten seiner langfristigen Rüstungsplanung auf den Tisch legen muss. Dann wird das komplexe, letztlich aber sehr einfache, Gesamt-Gebäude transparent und verständlich sein - und seine unaufhaltbare, aber langandauernde Zusammenbruchs-Tendenz für Jederman vorhersehbar werden.
     
  4. Eigentlich müssten sich die “Wissenden” schon heute zusammenschliessen, um - vielleicht vorerst verdeckt - ein Netzwerk zu bilden. Dazu gehört aber eine gemeinsame Sach-Vernunft - und eine klare “Sprache” gegenüber den “Göttern” der Politik (Hof-Schranzentum war schon immer ein Kennzeichen von “failed states”). Ist aber auch wenig wahrscheinlich.

{Murphy’s Law: Halb gestelzt ist ganz veräppelt}

 

Modernisierung der Bw-Ausrüstung: GI Kujat’s Grundsätze und Kriterien

23. April 2001

Im folgenden ist aus dem Abschnitt 5 (“Modernisierung der Ausrüstung”) der Wortlaut der Kapitel “5.1 Grundsätze” sowie “5.2 Kriterien” des Erlasses “Material- und Ausrüstungskonzept für die Streitkräfte der Zukunft (MatKonz)” von General-Inspekteur Harald Kujat vom 16. März 2001 wiedergegeben (im Original S. 29 + 30).

“5. Modernisierung der Ausrüstung

5.1 Grundsätze

Insbesondere in der Phase der Neuausrichtung der Streitkräfte kommt es darauf an, einen geordneten und priorisierten Einstieg in die Umsteuerung des Materials und der Ausrüstung zu erreichen. Priorität haben die Vorhaben, Systeme und Dienstleistungen der Wirtschaft, die unmittelbar aus dem Fähigkeitsprofil der Streitkräfte abgeleitet und nicht oder nicht angemessen verfügbar sind.

Die Ausrüstung der Einsatzkräfte ist zügig an die neuen Anforderungen anzupassen. Die Dringlichkeit der Realisierung ergibt sich aus der Gewichtung der Aufgaben. Zur Sicherstellung der Handlungsfähigkeit hat die gezielte materielle Ausstattung geschlossener Verbände Vorrang vor der gleichzeitigen Ausrüstung aller Truppenteile. Qualitative Unterschiede zwischen Einsatzkräften und Militärischer Grundorganisation dürfen nicht zu unvertretbaren Einschränkungen im einsatzbezogenen Ausbildungsbetrieb, in der Durchhaltefähigkeit oder in der Interoperabilität beider Streitkräftekategorien führen. Langfristiges Ziel ist es, die Streitkräfte insgesamt auf ein gleiches, hohes technisches Niveau zu bringen. Notwendige Umsteuerungen sind schrittweise und in einem kontinuierlichen Übergang vorzünehmen. Zeitlich befristet sind durch Ressourcenmangel erzwungene Beschränkungen auf Teilfähigkeiten oder Teilausstattungen auch bei den Einsatzkräffen hinzunehmen. Die Durchführung laufender Einsätze ist sicherzustellen.

Gesetzliche Auflagen, Abwendung von Gefahr für Leib und Leben sowie begründete Anforderungen aus laufenden Einsätzen sind mit höchster Priorität zu erfüllen. Mit Blick auf die streitkräftegemeinsame und multinationale Aufgabenwahrnehmung bei Einsätzen im Frieden haben in zweiter Linie diejenigen Systeme, Vorhaben und Dienstleistungen Vorrang, die im Systemverbund zu den nicht oder nicht ausreichend materiell abgebildeten Fähigkeiten beitragen. Dies sind vor allem Interoperabilität und Leistungsfähigkeit der Informations- und Kommunikationssysteme, strategische Aufklärung, strategische Verlegefähigkeit sowie Schutz des Einsatzpersonals. Insellösungen sind zu vermeiden. Die zum Betrieb und Einsatz der Hauptwaffen- und Wirksysteme zwingend benötigten Peripheriegeräte und Munitionsanteile sind mit gleicher Priorität einzuplanen. Die Steuerung der Modemisierungsmaßnahmen erfolgt strikt nach operativem Bedarf unter Berücksichtigung wirtschaftlicher Gesichtspunkte.

Das vorhandene, im Zulauf befindliche und geplante Material ist daraufhin zu überprüfen, ob und inwieweit es dem neuen Fähigkeitsprofil entspricht. Defizite sind aufzuzeigen, zu bewerten und unter Abwägung der Dringlichkeit abzustellen. Funktional nicht mehr benötigtes Material ist mit Blick auf einzusparende Kosten zügig, jedoch strukturell verträglich und unter Beachtung der Wirtschaftlichkeitsgrundsätze außer Dienst zu stellen, auszusondern, zu veräußern oder anderweitig zu verwerten. Der Ersatz nicht mehr geeigneter, betriebskostenintensiver Systeme durch neues Material hat generell Vorrang vor Kampfwertsteigerungen urid nutzungsdauerverlängernden Maßnahmen. Das Suboptimieren von Teilsystemen ist grundsätzlich als nachrangig zu betrachten.

Der im Dezember 1999 geschlossene Rahmenvertrag „Innovation, Investition und Wirtschaftlichkeit in der Bundeswehr“ begründet eine Partnerschaft der Bundeswehr mit mehreren hundert gewerblichen Unternehmen unterschiedlicher Branchen. Ziel ist es, die Innovationsfähigkeit der deutschen Industrie zu nutzen, die Investitionskraft der Bundeswehr zu stärken, sowie die Wirtschaftlichkeit der Betriebs- und Beschaffungsabläufe zu verbessern. Damit sollen zusätzliche Haushaltsmittel für die Modernisierung der Ausrüstung der Streitkräfte freigesetzt werden. Pilotprojekte (Anlage 2) dienen als Erkerntnisquelle, anhand derer über neue Formen der Zusammenarbeit entschieden wird. Das den Pilotprojekten zugrunde liegende Prinzip vergabefähiger Leistungen wird auf seine systematische Anwendbarkeit hin umfassend geprüft.

5.2 Kriterien

Mit dem vorliegenden Konzept wird die bestehende Matenal- und Ausrüstungsplanung überprüft, an relevanten Kriterien gemessen und konsequent an die geänderten Bedingungen angepasst. In einem ersten Schritt werden dazu die Systeme und Elemente isoliert betrachtet und bewertet, in einem zweiten Schritt wird der für Aussonderung, Entwicklung und Beschaffung entscheidende Gesamtzusammenhang im Systemverbund hergestellt. Es kommt darauf an, mittel- bis langfristige Entwicklungslinien aufzuzeigen - punktuelle Betrachtungen reichen hierzu nicht aus. Da die Eingangsgrößen einem steten Wandel unterliegen, ist das Planungsergebnis regelmäßig zu überprüfen und an aktuelle Erfordernisse anzupassen. Die relevanten Kriterien werden wie folgt zusammengefasst:

  • Der fähigkeitsorientierte Ansatz ist das dominierende Kriterium. Das Planungsergebnis beruht auf einer detaillierten Untersuchung der Frage, welchen spezifischen Beitrag die ausgewählten, wesentlichen Systeme für die Aufgabenerfüllung in den Fähigkeitsbereichen leisten. Die Betrachtung von Teilfähigkeiten erfolgt dort, wo sie zielführend ist. Vorhandene Redundanzen werden auf ihre operative Notwendigkeit hin überprüft. Alle Systeme werden den entsprechenden Fähigkeiten zugeordnet.
     
  • Für jedes System wird überprüft, inwieweit es der Verteidigungsinitiative der Allianz und dem European Headline Goal der EU entspricht. Dies erlaubt in der Gesamtschau eine verlässliche Aussage zur Bündnis- und Europafähigkeit. Der Grad der Bündnisinteroperabilität geht als wesentliche Rahmenbedingung in die Bewertung ein.
     
  • Bei der Bewertung sind die Gewichtung der Aufgaben (Anlage 1) und der Grad bereits vorhandener Fähigkeiten zu berücksichtigen.
     
  • Wichtiges Kriterium für die künftige Ausrüstungsplanung ist der jeweilige Beitrag der Systeme zur streitkräftegemeinsamen Aufgabenerfüllung. Die Wirkung teilstreitkraftspezifischer Systeme lässt sich in vielen Fällen über Synergieeffekte im streitkräftegemeinsamen Verbund verbessern. Systeme, die dem streitkräftegemeinsamen Ansatz Rechnung tragen, sind deshalb in der Priorisierung regelmäßig gegen Systeme abzuwägen, die ausschließlich den teilstreitkraftspezifischen Wirkverbund optimieren.
     
  • Für jedes betrachtete System wird geprüft, ob sich Rationalisierungspotenzial aus Formen der internationalen Zusammenarbeit, der gemeinsamen Aufgabenwahrnehmung und einer möglichen Rollenteilung ergibt. Die mögliche Vergabe von Leistungen an gewerbliche Unternehmen wird berücksichtigt. Diesbezügliche Vorgaben fließen als wesentliche Bestimmungsgröße in die Bewertung ein.
     
  • Mengengerüste sind unmittelbar aus strukturellen Vorgaben beziehungsweise aus den Einsatzgrundsätzen der militärischen Organisationsbereiche abzuleiten. Sie ergeben sich zum Teil aus Konzepten.
     
  • Kooperationspolitische und rüstungswirtschaftliche Aspekte fließen als weitere wichtige Parameter ein. Das Planungsergebnis wird iterativ an den finanzplanerischen Möglichkeiten gespiegelt.” (Wie gesagt: dieser letzte Satz ist unser Pulitzer).

 

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